Nicht alle niederländischsprachigen Kinder sprechen gleich!
Wie in allen Sprachen gibt es auch im Niederländischen ein beträchtliches Maß an Dialektvariation. Herrschte bislang Pessimismus bezüglich des Weiterbestehens der Dialekte, so hat sich inzwischen gezeigt, dass Sprachvariationen keineswegs aussterben werden: Zwar beherrschen die meisten Niederländisch-Sprechenden eine Form der Standardsprache, aber sie entscheiden sich daneben relativ bewusst dafür, in bestimmten Situationen in Nicht-Standard-Varietäten des Niederländischen zurückzufallen. Diese Symbiose verschiedener Formen des Niederländischen stellt Kinder in der Zeit des Spracherwerbs vor eine große Herausforderung: Sie müssen sich eine Sprache aneignen, die von den verschiedenen Personen in ihrer Umgebung anders gesprochen wird und die überdies auch je nach Situation anders klingt. Dabei kommen unter anderem folgende Fragen auf: In welchem Maße stellt der Sprachgebrauch von Kindern eine wahrheitsgetreue Kopie des Sprachangebots dar? Orientieren sie sich dabei an ihren Eltern, an Altersgenossen oder an noch anderen Rollenvorbildern? Sind sie sofort in der Lage, verschiedene Sprachvarietäten voneinander zu unterscheiden, oder lernen sie dies erst in einem späteren Alter? Und können Kinder im 21. Jahrhundert eigentlich wirklich noch einen Dialekt erlernen? In dieser Vorlesung werden einige dieser Fragen beantwortet, aber es wird auch verdeutlicht, dass hier weiterhin noch viel Forschungsarbeit notwendig ist, nicht nur, um ein besseres Bild vom Prozess des kindlichen Spracherwerbs zu erhalten, sondern auch, um besser zu verstehen, wie sprachliches Wissen im menschlichen Gehirn gespeichert wird.
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