Veranstaltungen im Wintersemester 2011/2012


Vorlesung:

PD DR. UWE SPIEKERMANN
081820 Vorlesung: Die Weimarer Republik. Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur
Di 12-14, Raum: F 2, Beginn: 18.10.2011

Die Geschichte der Weimarer Republik wird vielfach als die Geschichte ihres Scheiterns verstanden. Das Ende der 1918/19 neu gewonnenen parlamentarischen Demokratie und der Aufstieg des Nationalsozialismus verdecken jedoch die Scharnierfunktion der Zeit von 1918 bis 1930/33. Die Weimarer Republik steht für die krisenhafte Durchsetzung des Industriekapitalismus und eine beschleunigte soziale Differenzierung der Gesellschaft, nicht zuletzt neue Rollen von Frauen und Jugendlichen. Den politischen Fährnissen und materiellen Problemen zum Trotz war die Republik charakterisiert durch veränderte Konsummuster, neue Medien und Ausdrucksformen und eine vibrierende, weil polarisierende Kultur- und Kunstszene. Die Vorlesung wird die Entwicklungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in den Mittelpunkt rücken. Erst eine derart erweiterte Perspektive wird es ermöglichen, die erbitterten politischen Debatten und das letztliche politische „Scheitern“ der Weimarer Republik angemessen zu erklären.

Einführende Literatur: KLUGE, Ulrich: Die Weimarer Republik, Paderborn u. a. 2006; Büttner, Ursula: Weimar. Die überforderte Republik, 10. völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart 2010; LEHNERT, Detlef: Die Weimarer Republik, 2. überarb. Aufl. Stuttgart 2009; MAI, Gunther: Die Weimarer Republik, München 2009.

Proseminare:

CHRISTOPH LORKE
081963 Proseminar: Einführung in das Studium der Neueren Geschichte: Zwischen Abgrenzung und Verflechtung. Deutsch-deutsche Geschichte 1949-1989
Mo 12-14 und 14-16, Raum: F 043, Beginn: 17.10.2011

Die Wiedervereinigung von 1990 markierte einen grundlegenden Paradigmenwechsel für die zeitgeschichtliche Historiographie: Wie sollte deutsch-deutsche Geschichte für die Zeit der Teilung angemessen konzipiert und verfasst werden? Seither haben zahlreiche Zeithistoriker den Versuch unternommen, konzeptionelle Antworten auf diese Frage zu liefern und dabei neben abweichenden auch die integrierenden Elemente einer seit Beginn des Kalten Krieges prima vista getrennt verlaufenen Entwicklung zu berücksichtigen.
Das Proseminar nimmt die 40 Jahre zwischen beiden Staatsgründungen und dem Mauerfall in den Blick. Neben unbestritten starken Eigenentwicklungen in Bundesrepublik wie DDR gab es in jener Zeit der Teilung nicht zuletzt viele Elemente, die ohne die wechselseitige Verflechtung und Abgrenzung nicht angemessen zu verstehen sind. Dabei waren beide deutsche Staaten nicht nur in politisch relevanten Ereignissen – genannt sei der 17. Juni 1953, der Mauerbau 1961 oder die Entspannungspolitik in den 1970er Jahren – stets aufeinander bezogen, auch gesellschaftlich, ökonomisch und kulturell gab es zahlreiche Momente der Verflechtung und Abgrenzung. Diese Konstellation soll im Seminar aufgegriffen und im Sinne einer „asymmetrisch verflochtenen Parallelgeschichte“ (Christoph Kleßmann) beleuchtet werden. Dabei soll versucht werden, sowohl dem Trennenden als auch dem Verbindenden der deutsch-deutschen Beziehungsgeschichte nach 1949 nachzugehen.
Im Seminar sollen die Studierenden mit den grundlegenden Methoden und Techniken der Neueren und Neuesten Geschichte vertraut gemacht werden. Hierfür sind umfangreiche praktische Übungsanteile vorgesehen. Für einen Leistungsnachweis sind neben einer regelmäßigen und aktiven Teilnahme das Halten eines Referats, das Bestehen einer Klausur sowie das Verfassen einer Hausarbeit erforderlich.

Empfohlene Literatur zur Einführung: Bauerkämper, Arnd u.a. (Hg.): Doppelte Zeitgeschichte. Deutsch-deutsche Beziehungen 1945-2000, Berlin 1999; Bender, Peter: Episode oder Epoche? Zur Geschichte des geteilten Deutschland, München 1997; Jarausch, Konrad H.: „Die Teile als Ganzes erkennen“. Zur Integration der beiden deutschen Nachkriegsgeschichten, in: Zeithistorische Forschungen, 1 (2004), H.1, S. 1-14; Kleßmann, Christoph: Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955 - 1970, Bonn 1972; Möller, Frank/ Mählert, Ulrich (Hg.): Abgrenzung und Verflechtung. Das geteilte Deutschland in der zeithistorischen Debatte, Berlin 2008; Wengst, Udo/ Wentker, Hermann: Das doppelte Deutschland. 40 Jahre Systemkonkurrenz, Bonn 2008; Wentker, Hermann: Zwischen Abgrenzung und Verflechtung: deutsch-deutsche Geschichte nach 1945, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 1/2 (2005), S. 10-17 (auch online einsehbar).

DR. DANIEL SCHMIDT
081944 Proseminar: Einführung in das Studium der Neueren Geschichte: Krise und Untergang der Weimarer Republik 1929-1933 (A 4, B 2)
Di 10-12, Raum: F 6, Do 10-12, Raum: ULB 1, Beginn: 18.10.2011

Das Scheitern der Weimarer Republik stellte die Weichen für das „Dritte Reich“. Nicht zuletzt dieser Zusammenhang hat dazu geführt, dass die (zweite) Krisenphase der ersten deutschen Republik bis heute Gegenstand ebenso umfangreicher wie kontroverser Erörterungen der Geschichtswissenschaft ist. Im Mittelpunkt des Proseminars stehen die Ursachen für den Untergang der Republik, die anhand der eingehenden Untersuchung der verschiedenen politisch-sozialen Akteure und ihrer politisch-kulturellen Praktiken erarbeitet werden sollen. Es gilt also zu klären, unter welchen Umständen sich die ökonomische Krise seit 1929 zur letztlich tödlichen politischen und gesellschaftlichen Systemkrise ausweiten konnte.
Das Proseminar hat das Ziel, Studienanfänger am Beispiel seines inhaltlichen Schwerpunkts in die grundlegenden Methoden, Arbeitstechniken und Hilfsmittel der Neueren und Neuesten Geschichte einzuführen. Für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind neben regelmäßiger aktiver Teilnahme die Gestaltung einer Sitzung, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie das Verfassen einer schriftlichen Hausarbeit erforderlich.

Einführende Literatur: Blasius, Dirk: Weimars Ende. Bürgerkrieg und Politik 1930-1933, Göttingen 2005; Jasper, Gotthard: Die gescheiterte Zähmung. Wege zur Machtergreifung Hitlers 1930-1934, Frankfurt a. M. 1986; Marcowitz, Reiner: Die Weimarer Republik 1929- 1933, Darmstadt 2005; Swett, Pamela E.: Neighbors and Enemies. The Culture of Radicalism in Berlin, 1929-1933, Cambridge (UP) 2005.

Kurs:

DR. RÜDIGER SCHMIDT
082022 Kurs zur Neueren und Neuesten Geschichte: Deutsche Außenpolitik 1871-1939
Mo 18-20, Raum: F 2, Beginn: 2. Vorlesungswoche

In Fortsetzung einer älteren fachdisziplinären Tradition hat sich die deutsche Historiographie auch nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt der Geschichte der Außenpolitik zugewandt, bevor erst gegen Ende der sechziger Jahre im Rahmen der seinerzeit geführten Theorie- und Methodendebatte die Dominanz einer vor allem diplomatiegeschichtlich geprägten außenpolitischen Betrachtungsweise vehement in Frage gestellt worden war. Inzwischen ist der auch von seinen Protagonisten längst wieder verworfene “Primat der Innenpolitik” einer Sichtweise gewichen, in der jenseits verfehlter Kategorien irgendeines Primats der genuine Stellenwert der Außenpolitik ebenso Anerkennung findet, wie eine kohärente Betrachtungsweise von Innen- und Außenpolitik als methodisch leitender Perspektive der Forschung kaum noch in Frage gestellt wird. Der Kurs versucht u.a. Elemente der Kontinuität und Diskontinuität deutscher Außenpolitik zwischen 1871 und 1939 herauszuarbeiten und greift damit jene Fragestellung auf, die die Forschung über längere Zeit vorrangig stimuliert hat.

Literatur zur Einführung: Klaus Hildebrand, Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, Stuttgart 1995. Ders., Deutsche Außenpolitik 1871-1918, München 1989. Andreas Hillgruber, Bismarcks Außenpolitik, Freiburg 1972. Ders., Die gescheiterte Großmacht. Eine Skizze des Deutschen Reiches 1871-1945, Düsseldorf 1980. Peter Krüger, Die Außenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1993. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. II: Machtstaat vor der Demokratie, München 1992.

Hauptseminare:

PD DR. UWE SPIEKERMANN
082185 Hauptseminar: Die Mitte. Bürgertum und middle classes in Deutschland und Großbritannien im 19. und 20. Jahrhundert
Mo 12-14, Raum: F 3, Beginn: 17.10.2011

Seit mehr als einem Jahrzehnt werden hierzulande der Niedergang der Mittelschicht und die Auflösung des Wertekanons des Bürgertums lautstark beschworen. Der Verlust der Mitte lässt Deutschland – so warnende Stimmen – enger an das immer noch von klaren Klassengegensätzen geprägte britische Gesellschaftsmodell heranrücken. Das Hauptseminar hat die Aufgabe, diesen Debatten eine vergleichende historische Tiefenschärfe zu verleihen. Um die unterschiedliche soziale Entwicklung in Deutschland und Großbritannien zu analysieren, gilt es erst einmal einschlägige Begriffe zu definieren und verschiedene theoretische Ansätze zu erörtern, um das Spezifische der Mitte genauer zu fassen. In einem zweiten Teil wird die jeweilige Stellung und Bedeutung der deutschen und britischen Mittelschicht vom späten 18. Jahrhundert bis zur Nachkriegsprosperität im Mittelpunkt stehen. Drittens wird die innere Differenzierung der Mittelschichten in den Blick genommen werden, um das bunte Gemenge von Unternehmern und Bildungsbürgern, von Kleinbürgern und Angestellten genauer zu justieren. Das Hauptseminar wird sich abschließend der Frage widmen, welche Relevanz die Mitte in Deutschland und Großbritannien heute noch hat – und damit sicherlich auch zur Differenzierung der laufenden Debatten beitragen können.

Einführende Literatur: SCHÄFER, Michael: Geschichte des Bürgertums, Köln/Weimar/Wien 2009; NIETHAMMER, Lutz u.a.: Bürgerliche Gesellschaft in Deutschland. Historische Einblicke, Fragen und Perspektiven, Frankfurt a.M. 1990; GUNN, Simon/BELL, Rachel: Middle Classes. Their rise and sprawl, London 2003; HUNT, Margaret: Middle Classes, in: Encyclopedia of European Social History from 1350 to 2000, Bd. 3, Detroit u.a. 2003, 39-51.

PD DR. UWE SPIEKERMANN
082826 Hauptseminar: Die Stasi. Terror – Aufklärung – Aufarbeitung
Di 16-18, Raum: F 3, Beginn: 18.10.2011

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR war mit seinen 1989 mehr als 90.000 hauptamtlichen und zuvor bis zu 200.000 inoffiziellen Mitarbeitern eine zentrale Institution des ostdeutschen Unrechtsregimes. Die Stasi fungierte als Schwert und Schild der SED, war Geheimpolizei und Nachrichtendienst zugleich, ermittelte, richtete und exekutierte nach eigenem Recht; und konnte doch konnte sie den Zerfall der DDR nicht verhindern. Entgegen bequemen Vorstellungen eines „Stasilandes“ wird es im Hauptseminar darum gehen, die Bedeutung der Stasi für die ostdeutsche Gesellschaft genauer zu analysieren und damit auch zu entmythologisieren. Nach Klärung von Strukturen und Chronologien wird es gezielt um die Interaktion der Stasi mit der Bevölkerung der DDR gehen, um ihre nachrichtendienstliche und außenwirtschaftliche Aufgaben und um die seit der Wende 1989 intensiv geführte Debatte um Akten und das vergiftete Erbe des Ministeriums der Staatssicherheit.

Einführende Literatur: GIESEKE, Jens: Die Stasi, 1945-1990, München 2011; BRUCE, Gary: Firm. The inside story of the Stasi, New York 2010; GIESEKE, Jens (Hg.): Staatssicherheit und Gesellschaft. Studien zum Herrschaftsalltag in der DDR. Analysen und Dokumente, Göttingen 2007. Weiterführend: Bibliographie zum Staatssicherheitsdienst der DDR. Stand: Dezember 2010, Berlin 2011.

Oberseminar/Masterseminar:

PD DR. UWE SPIEKERMANN
082830 Oberseminar/Masterseminar: Transnationale Geschichte. Chancen und Grenzen
Mo 16-18, Raum: F 153, Beginn: 17.10.2011

Noch vor wenigen Jahren wurde beredt beschworen, dass „das Zeitalter der transnationalen Geschichtsschreibung“ (Hannes Siegrist) angebrochen sei. Derartige Vorstellungen wurden nicht nur genährt von den politischen und wirtschaftlichen Veränderungen der Jahrtausendwende, vornehmlich dem Ende des Kalten Krieges, dem Aufstieg der BRIC- Staaten und einer intensivierten Globalisierung. Sie waren auch Resultate intensiver und hoffnungsfroher konzeptioneller und theoretischer Grundsatzdebatten innerhalb der Geschichtswissenschaften und zahlreicher Nachbardisziplinen. Mittlerweile liegen zahlreiche empirische Arbeiten vor, so dass Chancen und Grenzen des Konzeptes präziser ausgelotet werden können. Im Seminar wird es auf Grundlage der Lektüre und Diskussion zentraler und beispielhafter Arbeiten erstens darum gehen, das Konzept der transnationalen Geschichte genauer zu verorten und zu definieren. Zweitens gilt es den Blick auf die zahlreichen teils konkurrierenden, teils ergänzenden Ansätze zu werfen, mit deren Hilfe die begrenzten Aussagemöglichkeiten einer dominant nationalstaatlichen Perspektive durchbrochen werden sollen (Global- und Weltgeschichte, Entangled History, Histoire Croisée, Transkulturalismus, Area Studies, etc.). Drittens wird es darum gehen, durch Lektüre und Analyse neuerer empirischer Arbeiten, Chancen und Grenzen einer transnationalen Geschichtswissenschaft realistisch zu bestimmen.

Einführende Literatur: GASSERT, Philipp: Transnationale Geschichte, in: Docupedia- Zeitgeschichte, 16.2.2010 (http://docupedia.de/zg/Transnationale_Geschichte); IRIYE, Akira/SAUNIER, Pierre-Yves (Hg.): The Palgrave Dictionary of Transnational History. From the mid-19th century to the present day, Houndsmill 2009; BUDDE, Gunilla/CONRAD, Sebastian/JANZ, Oliver (Hg.): Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen, Theorien, Göttingen 2006.

Übung:

DR. RÜDIGER SCHMIDT
082462 Übung: Zur Politik und Ideologie der „Mitte“: Soziale Ordnungsvorstellung und politischer Diskurs im 19. und 20. Jahrhundert
Mi 16-18, Raum: ULB 1, Beginn: 2. Vorlesungswoche

Die Vorstellung von sozialem Gleichgewicht, von politisch-sozialem Ausgleich und einer gesellschaftlichen Mitte hat bereits im Denken des 19. Jahrhunderts seinen Niederschlag gefunden. Doch erst die Prägung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch das „Zeitalter der Extreme“ (Hobsbawm) hat – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik bzw. der „Trentes Glorieuses“ in Frankreich – dazu beigetragen, der politischen „Mitte“ über die Parteigrenzen hinweg eine besondere Verantwortung für die Integration und politisch-soziale Stabilität des Gemeinwesens zuzuweisen. Die in der zeitgenössischen Soziologie prominente Vorstellung von einer „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ (Schelsky) und einer sozialen Prägung der Gesellschaft durch die Mittelschichten bestimmt die politische Debatte bis in die Gegenwart. Das Seminar bilanziert zunächst die Voraussetzungen und Ergebnisse des Mitte-Diskurses im politischen Denken des 19. Und 20. Jahrhunderts und beabsichtigt anschließend die um die „Mitte“ geführte Richtungsdebatte für die Geschichte der Bundesrepublik in den Blick zu nehmen.

Literatur zur Einführung: Herfried Münkler, Mitte und Maß. Der Kampf um die richtige Ordnung, Berlin 2010. Paul Nolte, Die Ordnung der deutschen Gesellschaft. Selbstentwurf und Selbstbeschreibung im 20. Jahrhundert, München 2000.