Veranstaltungen im Sommersemester 2011


Vorlesung:

PD. DR. SABINE MECKING
081587 Vorlesung: Das lange 19. Jahrhundert
Do 10-12, Raum: H3

Die Jahre zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg erscheinen als eine Epoche der Bewegung. Sie sind gekennzeichnet durch große Veränderungsprozesse wie z.B. Säkularisierung, Emanzipation, Industrialisierung, und Nationsbildung. Die großen politischen Ideologien bilden sich heraus. Beabsichtigt ist ein politik-, sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlich geprägter Streifzug durch das „lange“ 19. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklungen.

Literatur: Kocka, Jürgen, Das lange 19. Jahrhundert. Arbeit, Nation und bürgerliche Gesellschaft (Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte 13, 10.Aufl., Stuttgart 2002; Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1800–1918, 2 Bde., München 1990–1992; Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009; Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 5 Bde., München 1987–2008.

Proseminare:

CHRISTOPH LORKE
081701 Proseminar: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte: Reisen als kulturelle Praxis: Die Deutschen und der Tourismus im 19. und 20. Jahrhundert
Mo 12-14 und 14-16, Raum: S 030

1894 beschrieb Theodor Fontane das Reiseverhalten seiner Zeitgenossen: „Zu den Eigentümlichkeiten unserer Zeit gehört das Massenreisen [. . . ] Viele Menschen betrachten elf Monate des Jahres nur als eine Vorbereitung auf den zwölften, nur als die Leiter, die auf die Höhe des Daseins führt [. . . ] Was der Schlaf im engen Kreise der vierundzwanzig Stunden ist, das ist das Reisen im weiten Kreis der 365 Tage. Der moderne Mensch, angestrengter, wie er wird, bedarf auch größerer Erholung.“ Eine solche Fixierung auf die „schönsten Wochen des Jahres“ ist kein Novum unserer Zeit; wachsende Freizeit/Urlaubszeit für immer mehr Menschen, größere finanzielle Spielräume breiterer Bevölkerungsschichten, aber auch verbesserte Organisation und Rationalisierung, Technisierung sowie Vermarktung führten ab dem 19. Jahrhundert dazu, dass Reisen einen größeren Stellenwert für zunehmend mehr Menschen inne hatte. Tourismus kann dabei als (Zerr-)Spiegel der allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse stehen: So repräsentiert er nicht nur für die technischen Möglichkeiten einer Zeit, sondern auch die jeweiligen Unterkunft- und Hygienevorstellungen, den epochen- und zeittypischen touristischen Habitus und vorherrschende Ungleichheitsstrukturen. Das Seminar bietet eine Einführung in die Geschichte des Tourismus vom „Prototourismus“ bis zum Massentourismus des ausgehenden 20. Jahrhunderts, wobei unterschiedliche Zeitenund Themen exemplarisch behandelt werden: „Sommerfrische“ in Bergen und am Meer, politisch-ideologisch motivierte Überformungen des Tourismus im Nationalsozialismus und der DDR, Reiseverhalten im geteilten Deutschland, Entwicklung des sog. „Post-Tourismus“ u. a. Im Zentrum stehen dabei Fragen nach den Ursachen bzw. den soziologisch-psychologischen Motivationen und Funktionen des Tourismus zu einer bestimmten Zeit.
Im Seminar sollen die Studierenden mit den grundlegenden Methoden und Techniken der Neueren und Neuesten Geschichte vertraut gemacht werden. Hierfür sind umfangreiche praktische Übungsanteile vorgesehen. Für einen Leistungsnachweis sind neben einer regelmäßigen und aktiven Teilnahme ein Referat, das Bestehen einer Klausur sowie das Verfassen einer Hausarbeit erforderlich.

Empfohlene Literatur zur Einführung: Hachtmann, Rüdiger: Tourismus-Geschichte, Göttingen 2007; Keitz, Christine, Reisen als Leitbild. Die Entstehung des modernen Massentourismus in Deutschland, München 1997; Spode, Hasso (Hg.), Goldstrand und Teutonengrill. Kultur- und Sozialgeschichte des Tourismus in Deutschland 1945 bis 1989, Berlin 1996; Ders.: Wie die Deutschen „Reiseweltmeister“ wurden, Erfurt 2003; Wolter, Heike: „Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd.“ Die Geschichte des Tourismus in der DDR, Frankfurt am Main 2009.

DR. DANIEL SCHMIDT
081716 Proseminar: Einführung in das Studium der Neueren und Neuesten Geschichte: Der Erste Weltkrieg (A 4, B 2)
Di 10-12, Raum: S 029, Do 14-16, Raum: S 6

Der Erste Weltkrieg bedeutete die „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) und gleichzeitig den Auftakt des „kurzen“ 20. Jahrhunderts. Mit diesem ersten totalen Krieg ging die europäisch dominierte Weltordnung des „langen“ 19. Jahrhunderts unter. Im Mittelpunkt des Seminars stehen nicht nur die politischen und militärischen, sondern auch die sozioökonomischen und kulturellen Entwicklungen, die für die (Kriegs-)Gesellschaften Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens kennzeichnend waren. Trotz dieser pragmatischen Konzentration auf die Hauptkontrahenten der europäischen Westfront soll auch den globalen Dimensionen des Konflikts Rechnung getragen werden. Das Proseminar hat das Ziel, Studienanfänger am Beispiel seines inhaltlichen Schwerpunkts in die grundlegenden Methoden, Arbeitstechniken und Hilfsmittel der Neueren und Neuesten Geschichte einzuführen. Für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind neben regelmäßiger aktiver Teilnahme die Gestaltung einer Sitzung, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie das Verfassen einer schriftlichen Hausarbeit erforderlich.

Einführende Literatur: Becker, Jean-Jacques/Krumeich, Gerd: Der Große Krieg. Deutschland und Frankreich im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Essen 2010; Chickering, Roger: Das Deutsche Reich und der Erste Weltkrieg, München 2002; Hirschfeld, Gerhard/ Krumeich, Gerd/Renz, Irina (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn u. a. 2003; Horne, John (Hrsg.): A Companion to World War I (= Blackwell Companions to History), Oxford 2010; Ziemann, Benjamin: Front und Heimat. Ländliche Kriegserfahrungen im südlichen Bayern 1914–1923, Essen 1997.

Kurs:

DR. RÜDIGER SCHMIDT
081807 Kurs: Entwicklungslinien und Grundzüge des deutschen Parteiensystems von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik
Mo 18-20, Raum: S 1, Beginn: 2. Vorlesungswoche

Die in jüngerer Zeit in der Historiographie zu beobachtendeWiederentdeckung einer um den Gegenstandsbereich der politischen Kultur erweiterten Politikgeschichte ist nicht zuletzt auch als Reflex auf Strömungen der Sozialgeschichtsschreibung zu verstehen, in denen historische Strukturen und Prozesse weitgehend „with the politics left out“ thematisiert worden sind. Dabei hat die Geschichte der politischen Parteien seit jeher das Interesse beider Teildisziplinen auf sich gezogen und mit der verstärkten Einbeziehung des Theorieund Methodenangebots der systematischen Sozialwissenschaften, in denen die politischen Institutionen erneut das Interesse der Forschung auf sich gezogen haben, hat die Thematik erneut eine Aktualisierung erfahren. Der Grundkurs, der sich primär an Studierende im Grundstudium wendet, will nach einem einleitenden Überblick über den Wandel der Öffentlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Grundlinien der Parteienentwicklung aufzeigen, aber darüber hinaus auch die politische Ideengeschichte mit einbeziehen und mit der Frage nach den Ursprüngen und der Persistenz politisch-sozialer Milieus und Lager Knotenpunkte der Forschung thematisieren.

Literatur zur Einführung: H. Fenske, Deutsche Parteiengeschichte, Paderborn/ München/Wien 1994; T. Nipperdey, Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918, Düsseldorf 1961. G. A. Ritter, Die deutschen Parteien 1830–1914. Parteien und Gesellschaft im konstitutionellen Regierungssystem, Göttingen 1985; K. Rohe, Wahlen und Wählertraditionen in Deutschland, Frankfurt a.M. 1992.

Hauptseminar:

PD. DR. SABINE MECKING
081902 Hauptseminar II: Nationalismus, Nationen, Nationalstaaten
Do 14-16, Raum: S 029

Die Frage, warum der Nationalstaat im Europa des 19. Jahrhunderts zum leitenden politischen Ordnungsmodell aufstieg und wie sich Gefühle der nationalen Zugehörigkeit in heterogenen Bevölkerungen generalisierten, hat die historische Forschung in den letzten Jahrzehnten intensiv beschäftigt und soll auch in diesem Seminar im Mittelpunkt stehen. Die Nationalisierung der europäischen Gesellschaften hatte mit Modernisierungsprozessen zu tun. Sie setzte ein gewisses Maß an überregionaler Kommunikation und Mobilität, an politischer Partizipation und Bildung voraus. Die Folgen, die sich hieraus für das Bedürfnis nach politischer und gesellschaftlicher Identifikation und Legitimation staatlicher Herrschaft ergaben, sind in der Veranstaltung nachzuzeichnen und zu analysieren.

Literatur: Hobsbawm, Eric, Nationen und Nationalismus: Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt 1992; Hroch, Miroslav, Das Europa der Nationen. Die moderne Nationsbildung im europäischen Vergleich, Göttingen 2005; Weichlein, Siegfried, Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa, Darmstadt 2006.

Übungen:

THOMAS KÖHLER
082143, 082158, 082162, 082177 Übungen zur Einführungsvorlesung: Einführung in die Neuere und Neueste Geschichte
Termine: Mo 16-18, Raum: H 4 (082143); Di 10-12, Raum: S 030 (082158); Di 14-16, Raum: S 3 (082162); Mi 10-12, Raum: H 18 (082177)
; Beginn: 1.Vorlesungswoche

Abgestimmt auf die Inhalte der Vorlesung werden in dieser Übung wichtige Texte zur Neueren und Neuesten Geschichte gelesen und in der Sitzung analysiert und diskutiert. Methodische Zugänge zur Geschichtswissenschaft stehen dabei im Mittelpunkt. Hierfür haben die Studierenden einen zum Semesterbeginn verfügbaren Reader in Franks Copy-Shop, Frauenstr. 28 zu kaufen. Die Studienleistung besteht in Exzerpten zu diesen Texten sowie einem Essay.

Literatur: Stefan Jordan. Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft, Paderborn u. a. 2008.

Es findet zur Platzvergabe ein zentrales Anmelde- und Verteilverfahren statt: Zwischen dem 17.01.2011 und dem 03.02.2011 (bis 12 Uhr) muss ein Wahlzettel mit drei Wünschen in die Urne des Historischen Seminars, die an der Bibliotheksaufsicht aufgestellt ist, eingeworfen werden.

DR. MARTIN KNAUER
082689 Übung: Bild und Bekenntnis: Die Bilderfrage zwischen Reformation und Konfessionalisierung
Di 16-18, Raum: S 042

Die Frage des Umgangs mit religiösen Bildwerken war zu allen Zeiten umstritten. Die Reformatoren wandten sich gegen die Verehrung von Andachtsbildern, die sie mit Idolatrie gleichsetzten. Allerdings stellte sich im Verlauf des Konstitutionalisierungsprozesses heraus, dass die Bilderfeindlichkeit der Zwinglianer und Calvinisten eher eine Minderheitenposition darstellte. Lutheraner und Katholiken bekämpften sich nicht nur unter Einsatz von Schmähbildern. Sie fanden im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts jeweils zu einem neuen Bilderkanon, der die christliche Ikonographie bis zum Beginn der Moderne prägte. Im Fokus der Übung stehen die Analyse konfessioneller Bildpropaganda, reformatorischer und gegenreformatorischer Bildthemen und -traktate. Untersucht werden Idolatrie und Ikonoklasmus im Urteil der Reformatoren (Karlstadt, Luther, Zwingli, Calvin) sowie ihrer vor- und nachtridentischen Widersacher (Eck, Borromäus, Molanus, Belarmin). Das Seminar ist auch als Quellenkurs für das Masterstudium anrechenbar.

Einführende Literatur: Blickle, Peter u. a. (Hg.): Macht und Ohnmacht der Bilder. Reformatorischer Bildersturm im Kontext der europäischen Geschichte, München 2002; Hecht, Christian: Katholische Bildertheologie im Zeitalter von Gegenreformation und Barock. Studien zu Traktaten von Johannes Molanus, Gabriele Paleotti und anderen Autoren, Berlin 1997; Reinitzer, Heimo: Gesetz und Evangelium. Über ein reformatorisches Bildthema, seine Tradition, Funktion und Wirkungsgeschichte, 2 Bde., Hamburg 2006

DR. MASSIMILIANO LIVI/DANIEL DROSTE
082272 Übung: Freiheit, Nation und Religion: Die Entstehung des italienischen und deutschen Nationalstaats (1814–1914)
Mo 16-18, Raum: H 18

Im Herbst 2010 feierte Italien den 140. Jahrestag eines für die Einigung des Landes wichtigen historischen Ereignisses: Am 20. September 1870 drangen die Bersaglieri, eine Infanterietruppe des italienischen Königs Viktor Emanuel II., durch eine Bresche am antiken Stadt-tor der Porta Pia nach Rom ein. Die Stadt der Päpste wurde ein Teil des Königreichs Italien und – in der Nachfolge von Florenz – zu dessen neuer Hauptstadt. Im selben Jahr bildete der Deutsch-Französische Krieg den Ausgangspunkt für die anschließende Einigung der deutschen Einzelstaaten unter preußischer Führung im Deutschen Kaiserreich. Damit enstanden sowohl in Italien als auch in Deutschland nach langer politischer Zersplitterung erstmals einheitliche Nationalstaaten. In dieser Übung werden historische Persönlichkeiten und Ereignisse beider Länder vorgestellt und kontextualisiert, um anhand der drei Kernaspekte „Freiheit“, „Nation“ und „Religion“ einen komparativen Überblick über das im 19. Jahrhundert gesamteuropäisches Phänomen der „Revolution der Nationalitäten“ zu schaffen. Grundlage dafür wird die Analyse zeitgenössischer Quellen und Texte bilden. Italienischkenntnisse sind willkommen, aber nicht Voraussetzung für eine Teilnahme.

Empfohlenen Einführungsliteratur: Banti, Alberto Mario: Il Risorgimento italiano, Roma, 2. ed., 2004; Feldbauer, Gerhard: Geschichte Italiens. Vom Risorgimento bis heute, Köln, 2008; Esch, Arnold/Petersen, Jens (Hg.): Deutsches Ottocento. Die deutsche Wahrnehmung Italiens im Risorgimento, Tübingen, 2000; Woller, Hans, Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert (Erster Teil), München 2010; Wehler, Hans- Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 2. Von der Reformära bis zur industriellen und politischen ‚Deutschen Doppelrevolution‘ 1815–1845/49, München 41996; ders.: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3. Von der ‚Deutschen Doppelrevolution‘ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1845/49–1914, München 1995; Kocka, Jürgen: Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte. Band 13. Das lange 19. Jahrhundert, Stuttgart, 2002; Fehrenbach, Elisabeth: Verfassungsstaat und Nationsbildung 1815– 1871, München, 2007.

PD. DR. SABINE MECKING
082291 Übung: Die Olympische Bewegung zwischen Idealisierung, Politisierung und Kommerzialisierung (1896–2008)
Mi 10-12, Raum: S 3

Neben den Fußball-Weltmeisterschaften gehören die Olympischen Spiele heute zu den größten Sportereignissen der Welt. Dabei haben sich die neuzeitlichen Spiele von ihrer ersten Austragung in Athen 1896 bis heute sowohl als Sportveranstaltung als auch als gesellschaftliches Ereignis stark gewandelt. Gesellschaftliche Umbrüche, weltpolitische Anschauungen oder ökonomische Innovationen prägten das Gesicht der alle vier Jahre stattfindenden Spiele. In der Übung soll dieser „Wettstreit der Nationen“ als eine Art Brennglas betrachtet werden, der politische Großwetterlagen und gesellschaftliche Konfliktlinien im 20. Jahrhunderts besonders deutlich hervortreten lässt.

Literatur: Balbier, Uta, Kalter Krieg auf der Aschenbahn. Deutsch-deutscher Sport 1950–72, eine politische Geschichte, Paderborn u. a. 2006; Martschukat, Jürgen/Heinsohn, Kirsten/Olaf Stieglitz, Sportreportage: Sportgeschichte als Kultur- und Sozialgeschichte, in: H-Soz-u-Kult, 28. 5. 2009.