Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2024
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herr Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. Marcel Bubert
Prof. Dr. Wolfram Drews
Vorlesung: Einführung in die mittelalterliche Geschichte
Mi. 10-12, Raum: JO 1 (Johannisstr. 4) Beginn: 10.04.2024
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, wird nicht nur die Geschichte des lateinischen Europas behandelt; ebenso werden Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums vorgestellt. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefassten – Mittelmeergebiet vor und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike und Früher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Hauptseminar: Soziale Gruppen im Mittelalter
Mo. 14-16, Raum: F -102 (F-Haus) Beginn: 08.04.2024
Gemeinhin gilt die Gesellschaft der Neuzeit als dynamisch, die des Mittelalters hingegen als statisch. Die Wirklichkeit war und ist, wie so oft, komplexer: Auch im Mittelalter gab es sozialen Aufstieg, wenn auch nur in beschränktem Maß, und es war sogar möglich, sich mehr oder weniger freiwillig Gruppen anzuschließen, denen man nicht von Geburt aus angehörte. Neben sozialen Schichten gab es funktional differenzierte Gruppen und religiöse Sondergruppen. Daneben kommen auch sogenannte Randgruppen zur Sprache, und ein vergleichender Blick richtet sich auf Gruppenbildungsprozesse außerhalb des lateinischen Europas. Das Seminar behandelt unterschiedliche soziale, kulturelle und religiöse Gemeinschaften des Mittelalters und blickt dabei auch auf die gegenseitige Wahrnehmung solcher Gruppen. Damit verbunden ist auch die Frage, welche Vorurteile es gab und ob es angemessen ist, schon im Mittelalter von Rassismus zu sprechen.
Übung: Hebräische Quellen zu Judenverfolgungen während des Ersten Kreuzzugs
Mi. 14-16, Raum: F -041 (F-Haus) Beginn: 10.04.2024
Auch wenn sich die Kreuzzugspredigt Papst Urbans II. 1095 in Clermont vornehmlich an ritterliche Kämpfer gerichtet hatte, folgten bald auch Personen nichtritterlichen Standes diesem Aufruf, die häufig von Kreuzzugspredigern dazu animiert worden waren. Die ältere Forschung hat diesen Zug häufig als Volkskreuzzug bezeichnet, auch wenn sich hieran ebenfalls Ritter beteiligten, etwa der berüchtigte Emicho von Leiningen bzw. von Flonheim. Unter seiner Führung kam es ich mehreren rheinischen Städten zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen die örtlichen Judengemeinden. Über die Pogrome berichten nicht nur lateinische Quellen, sondern auch hebräische Texte, die in der Forschung oft als Kreuzzugschroniken bezeichnet wurden, obwohl sie primär keineswegs als Historiographie zu bezeichnen sind, denn sie sollten eher der Memoria, dem Totengedächtnis, dienen. Doch spielen Deutungen des Geschehens und der Gewalterfahrungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Übung wendet sich ausgewählten Texten in deutscher Übersetzung zu; dabei werden die Entstehungs- und Lebensbedingungen des aschkenasischen Judentums vorgestellt sowie mögliche Vorbilder für die Berichte über die jüdischen Martyrien diskutiert. Die Übung führt insgesamt ein in die Entstehungszeit des deutschen Judentums zu Beginn des hohen Mittelalters.
Übung: Quellen zur angeblichen Christenverfolgung in al-Andalus unter islamischer Herrschaft
Mo. 16-18, Raum: F -33 (F-Haus) Beginn: 08.04.2024
Im islamisch beherrschten Spanien (al-Andalus) kam es Mitte des 9. Jahrhunderts zu einer Reihe von Martyrien, die von einer kleinen Gruppe christlicher Propagandisten zu einer Christenverfolgung durch die islamischen Autoritäten stilisiert wurde. Die Mehrheit der christlichen Gemeinde lehnte solche öffentlichen Schmähungen des Propheten Mohammed jedoch ab. Neben Eulogius war Paulus Alvarus der Hauptpropagandist der vermeintlichen Märtyrer; in seinen Schriften versucht er, den Einwänden seiner Gegner zum Trotz die (angeblichen) Glaubenszeugen als wahrhafte Märtyrer für den christlichen Glauben zu charakterisieren. Auf Akzeptanz stießen seine Schriften jedoch nur außerhalb von al-Andalus, im christlich beherrschten Nordspanien und im Frankenreich. Die Übung diskutiert das Leben von Christen als Schutzbefohlene („Volk des Buches“) unter islamischer Herrschaft, ihr religiöses und kulturelles Überleben und die Bedingungen ihrer Existenz unter islamischer Herrschaft.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2023/24
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Prof. Dr. Wolfram Drews
Hauptseminar: Die frühmittelalterlichen Barbarenreiche – Ende der Spätantike oder Beginn des Mittelalters?
Mi. 10-12, Raum: F - 102 (F-Haus) Beginn: 18.10.2023
Die Spätantike war durch zahlreiche Veränderungsprozesse gekennzeichnet: Im römischen Militär erlangten Soldaten barbarischer (also germanischer) Herkunft allmählich eine immer stärkere Stellung. Zeitgleich zog sich das Herr aus immer mehr Gebieten zurück, und barbarische Völker wurden durch den Kaiser auf Reichsterritorium angesiedelt, wo sie als Bundesgenossen des Kaisers agierten. Schließlich gelang es den Barbarenherrschern, weitgehend unabhängig vom Kaiser zu herrschen. Allerdings blieb das Imperium als Ordnungsvorstellung präsent, und die Barbarenkönige strebten danach, ihre Herrschaft vom Kaiser immer wieder aus Neue legitimieren zu lassen. Zeitgleich vollzogen sich Transformationsprozesse auf politischem, religiösem und sozialem Gebiet. Die Frage, ob es sich hier um eine Epochenschwelle handelte, ist umstritten; die Antwort hängt unter anderem davon ab, wie man das Verhältnis von Kontinuität und Wandel gewichtet.
Hauptseminar: Die spanische „Reconquista“
Mo. 14-16, Raum: F -102 (F-Haus) Beginn: 16.10.2023
Zu Beginn des 8. Jahrhunderts eroberten muslimische Truppen fast die gesamte Iberische Halbinsel. Das Reich von al-Andalus konnte sich bis 1492 behaupten, wenn auch in stark verkleinerten Ausmaßen. Über die Jahrhunderte hinweg erlebte das von Muslimen beherrschte Gebiet Spaniens vielfältige Wandlungsprozesse. Zugleich behaupten sich im Norden einige christlich beherrschte Gebiete, deren Herrscher in den folgenden Jahrhunderten in der Lage waren, die Grenzen ihrer Territorien immer weiter nach Süden zu verschieben. Handelte es sich hierbei um eine Rückeroberung, wie es manche christlichen Quellen nahelegen, die allerdings erst in späteren Jahrhunderten des Mittelalters eine solche Deutung verbreiteten? Oder sollte man besser einfach von Eroberung sprechen? Diese terminologischen Fragen sind bis heute stark umstritten, nicht zuletzt auch in der spanischen Öffentlichkeit. Die Antwort hängt vom jeweiligen Geschichtsbild ab, unter anderem davon, welche Personengruppen man als „Spanier“ betrachtet, sie ist also eng verknüpft mit Fragen der Identitätspolitik und der Geschichtskultur.
Übung: Petrus Alfonsi – Dialogus
Mo. 16-18, Raum: F -153 (F-Haus) Beginn: 16.10.2023
Zu Beginn des 12. Jahrhunderts konvertierte der spanische Jude Moses zum Christentum; nach seiner Taufe nahm er den Namen Petrus Alfonsi an. Er versuchte, als Astronom und Gelehrter Karriere an europäischen Höfen zu machen, hatte aber vermutlich nur begrenzten Erfolg. Berühmt ist er für seine Übersetzung von Fabeln und Exempla, die Weisheitstraditionen aus der indisch-persischen Kultur überliefern. In einem autobiographisch grundierten literarischen Dialog zwischen den beiden Personen Petrus und Moyses, die also seinen eigenen Namen vor bzw. nach der Taufe tragen, versuchte er, seine Bekehrung zum Christentum zu rechtfertigen. In seinem Dialog überliefert er erstmals im lateinischen Mittelalter Traditionen aus dem jüdischen Talmud, aber auch aus dem Koran, von dem zuvor noch keine lateinische Übersetzung vorlag. Petrus Alfonsi war also ein cultural broker, der den Menschen des westlichen Mittelalters profane und religiöse Traditionen aus dem arabisch-islamischen Raum überlieferte. Dies sollte jedoch nicht einfach als Kulturtransfer verstanden werden, sondern als Übernahme jüdischer und islamischer Inhalte in christliche Argumentationsmuster, die letztlich dazu dienten, den Wahrheitsanspruch des Christentums zu untermauern.
Übung: Pius II. – Epistula ad Mahumetem (Brief an Sultan Mehmed den Eroberer)
Mi. 14-16, Raum: ULB 202 (Krummer Timpen 5) Beginn: 18.10.2023
Die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 löste eine gewaltige Erschütterung in ganz Europa aus. Schon vor dem Fall der alten Kaiserstadt waren zahlreiche griechischsprachige Gelehrte in den Westen emigriert, vor allem nach Italien, wo sie einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung humanistischer Studien leisteten. Der vielleicht bedeutendste Humanistenpapst war Enea Silvio Piccolomini, der als Papst den Namen Pius II. annahm. Er hatte sich schon vor seiner Papstwahl darum bemüht, europäische Verteidigungsanstrengungen gegen die Osmanen anzustoßen. Als Papst verfasste er einen Brief an Sultan Mehmed II, den Eroberer, in dem er diesen auffordert bzw. dazu einlädt, sich taufen zu lassen, um fortan als würdiger Nachfolger der römischen Kaiser regieren zu können. Der Text steht in der Tradition der sogenannten Sultansbriefe, ergreift aber auch humanistische Perspektiven auf und wirft ein unverwechselbares Schlaglicht auf eine Epoche des Umbruchs, in der die Frage der „Zugehörigkeit“ islamisch beherrschter Gemeinwesen zum „christlichen“ Europa wie niemals zuvor auf der tagespolitischen Agenda stand.
400-1500. Forschungskolloquium Mittelalter
Mi. 18-20, Raum: F -3 (F-Haus) Beginn: 18.10.2023
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2023
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Prof. Dr. Wolfram Drews
Hauptseminar: Die Normannen – Akteure europäischer Verflechtungsprozesse
Mo. 14-16, Raum: F -072 (F-Haus) Beginn: 03.04.2023
Seit dem Frühmittelalter gelangten Seefahrer skandinavischer Herkunft in unterschiedliche Regionen Europas, des Mittelmeerraums und sogar Nordamerikas. Sie wurden als Händler, Seeräuber oder Plünderer wahrgenommen, aber auch als Söldner, Krieger, Kreuzfahrer, Wallfahrer oder Gründer von Territorialherrschaften in Ost- und Westeuropa, sowie im Mittelmeerraum. Wohl keine ethnische Gruppe ist in derart unterschiedlichen geographischen Räumen aktiv gewesen, und Menschen keiner anderen Gruppe dürften Anlass zu derart vielfältigen Rollenzuschreibungen gegeben haben. Das Seminar gibt einen Überblick über militärische, ökonomische, religiöse, kulturelle und politische Aspekte des Wirkens unterschiedlicher Gemeinschaften, die als Wikinger, Normannen oder Waräger bezeichnet worden sind. Dabei werden Fragen der Kultur- und Sozialgeschichte angesprochen, ebenso wie aktuelle Forschungsprobleme wir Hybridisierung, Verflechtung und Aneignung.
Vorlesung: Einführung in die mittelalterliche Geschichte
Mi. 10-12, Raum: S -2 (Schloss) Beginn: 05.04.2023
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, wird nicht nur die Geschichte des lateinischen Europas behandelt; ebenso werden Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums vorgestellt. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefassten – Mittelmeergebiet vor und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike und Früher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Übung: Jüdische Reiseberichte aus dem Mittelalter
Mi. 14-16, Raum: ULB 1 (Krummer Timpen 5) Beginn: 05.04.2023
Seit der Antike gilt das Judentum als eine Religion, deren Angehörige besonders mobil gewesen sein sollen, weil sie in der Diaspora (Zerstreuung) lebten, Gemeinden in vielen unterschiedlichen Regionen begründeten, als Kaufleute und Händler aktiv waren, aber häufig auch zu Opfern von Ausgrenzung und Verfolgung wurden, was Migrationsprozesse auslöste. Auch wenn die Wahrnehmung von Juden als besonders mobil eher eine Fremdzuschreibung sein dürfte, die auf zumindest einseitiger Wahrnehmung beruht, ist nicht zu leugnen, dass Angehörige des Volkes Israel seit der Antike mobil waren, sei es aus Anlass der biblischen Wallfahrtsfeste, zum Zweck des Studiums an berühmten Akademien, zum Sammeln und Überbringen religiöser Abgaben, oder aber aus ökonomischen Gründen. Im Mittelalter wurden von einigen jüdischen Reisenden Berichte verfasst, die faszinierende Einblicke in kulturelle Wahrnehmungsmuster, in Interessenlagen und Vorurteile bieten.
Übung: Jüdische Geschichtsschreibung im Spätmittelalter – Shlomo ibn Verga`s Shevet Jehuda
Mo. 16-18, Raum: ULB 101 (Krummer Timpen 5) Beginn: 03.04.2023
Nach einer Blüte in der Spätantike erlebte das Genre der Historiographie innerhalb des Judentums während des Mittelalters einen Niedergang; die literarische Produktion entfaltete sich weitgehend in anderen Bereichen. Erst der zunehmende Verfolgungsdruck am Ausgang des Mittelalters, besonders im Gefolge der Vertreibung aus Spanien und Portugal, führte zu einem Aufschwung jüdischer Historiographie. Ein berühmtes Beispiel ist das Werk Shevet Yehuda des spanischen Autors Shlomo ibn Verga, das er nach der Vertreibung aus seiner iberischen Heimat im Exil verfasste. Ibn Verga bietet eine eigenwillige Deutung der jüdischen Geschichte seit der Antike, geprägt von einer Einsicht in Grundkonstellationen der Diasporaexistenz, aber auch nicht frei von Selbstkritik. Auffallend ist sein distanziertes Verhältnis zu den rabbinischen Gelehrten; am überraschendsten mutet sein Vertrauen in einsichtsvolle christliche Herrscher an, die sich - so sein Plädoyer - auf fähige, gelehrte Ratgeber stützen sollen. Auch wenn eine solche Einschätzung angesichts des persönlichen Schicksals des Autors überrascht, so lässt sich nicht leugnen, dass sich das Werk in der Neuzeit einer ausgesprochen großen Popularität erfreute. Jüdische Gemeinden sahen hier offenbar eine zutreffende, hilfreiche Analyse ihrer Situation. Ibn Verga verstand es, unter Aufnahme von volkstümlichen Überlieferungen auf unterhaltsame Weise Wissen zu vermitteln, das Jüdinnen und Juden bei der Bewältigung von Schwierigkeiten der Diasporaexistenz von Nutzen sein konnte. Geschichtsschreibung aus jüdischer Perspektive diente also dem Überleben, wozu sie hilfreiche Einsichten zu vermitteln vermochte.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2022
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herr Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. Marcel Bubert
Prof. Dr. Wolfram Drews
088279 Kolloquium: 400-1500. Forschungskolloquium Mittelalter
Mi.18-20, Raum: F -3 (F-Haus) Beginn: 06.04.2022
Das Forschungskolloquium bietet Gelegenheit, mit Wissenschaftler/innen aus Münster und insbesondere mit Gästen von anderen Universitäten laufende Forschungsprojekte zu diskutieren. Die Vortragenden berichten aus ihren aktuellen Projekten.
Alle Interessierten sind zur Teilnahme eingeladen und die aktive Mitwirkung von Studierenden ist sehr erwünscht. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vortragsthemen vermittelt neue Einblicke in die Entwicklung der Mittelalterforschung. Studentische Teilnehmer können außerdem Kenntnisse und Erfahrungen in der Vortrags- und Diskussionstechnik gewinnen.
088239 Übung: Der Codex Carolinus – Papstbriefe an Karolingerherrscher
Mi.14-16, Raum: Cont BH-1 (Haus C) Georgskommende 33, Beginn: 06.04.2022
Das Bündnis der neu auf den fränkischen Königsthron gelangten Karolinger mit den römischen Päpsten gilt als eine der Weichenstellungen für die fränkische, wenn nicht europäische Geschichte. Päpste und Karolinger knüpften „familiäre“ Beziehungen, also Tauf- und Firmpatenschaften; darüber hinaus reiste erstmals in der Geschichte ein Papst über die Alpen, um direkt mit einem fremden Herrscher zu verhandeln; bei dieser Gelegenheit kam es vermutlich auch zur ersten fränkischen Königskrönung. Ein wichtiges Zeugnis für die so zukunftsweisenden Beziehungen sind die zwischen beiden Seiten gewechselten Briefe, die im Codex Carolinus gesammelt worden sind. Sie gewähren Einblicke in die frühmittelalterliche Vorstellungswelt sowohl im Bereich der Politik als auch der Religion und Kultur.
088270 Hauptseminar: Die Mozaraber – Forschungsperspektiven auf christliche „Identitäten“ im Einflussbereich der arabisch-islamischen Weltkultur
Mo.14-16, Raum: F - 072 (F-Haus) Beginn: 04.04.2022
Seit Jahrhunderte leben Christen in der arabisch-islamischen Welt; in der Vormoderne unterstanden sie als sogenannte Schutzbefohlene der islamischen politischen Autorität. In Bezug auf al-Andalus, das islamische Spanien, bezeichnet man sie häufig als Mozaraber, weil sie sich „arabisiert“ hätten. Doch handelt es sich nicht um eine Selbstbezeichnung; vielmehr ist der Begriff erstmalig im christlichen Nordspanien, wohl für Einwanderer aus dem Süden, belegt. Die arabischsprachigen Christen bieten ein Beispiel dafür, dass religiöse und kulturelle „Identitäten“ keineswegs eindeutig sind. Sie sind Beispiele für die Figur des cultural broker, des Mittlers zwischen unterschiedlichen, vermeintlich voneinander getrennten Kulturen.
Das Masterseminar führt in unterschiedliche Themenberieche ein: den Status der Schutzbefohlenen, die sogenannten freiwilligen Märtyrer von Córdoba, die mozarabische Architektur, mozarabische Handschriften, die Mozaraber von Toledo, die über ein eigenes Autonomiestatut verfügten und einen eigenen Bürgermeister stellten, und schließlich in die Bedeutung der westgotisch-mozarabischen Liturgie, die bis heute in einer Kapelle der Kathedrale von Toledo gefeiert wird.
Das Thema eignet sich hervorragend als Einführung in aktuelle geschichtswissenschaftliche Ansätze wie die transkulturellen Studien, die Verflechtungsgeschichte sowie zur Veranschaulichung von Konzepten wie Hybridität, aber auch zur Diskussion älterer Ansätze wie Akkulturation und Kulturtransfer.
088242 Übung: Europäische Reiseberichte im Spätmittelalter
Mo.16-18, Raum: F -030 (F-Haus) Beginn: 04.04.2022
Nachdem jüdische und islamische Reisende bereits im hohen Mittelalter von Europa aus Vorderasien und zum Teil auch Südasien bereist hatten, machten sich im späteren Mittelalter zunehmend auch aus Lateineuropa Reisende auf, die den Weg zu den Mongolen und nach China auf sich nahmen, um neue Informationen zu sammeln, Nachrichten zu überbringen oder Handelsverbindungen anzubahnen. Hierzu zählen Wilhelm von Rubruk und Johannes von Plano Carpini, aber auch Odorico von Pordenone und nicht zuletzt auch Marco Polo.
088227 Hauptseminar: Kaiser Friedrich II.
Mi.10-12, Raum: F -33 (F-Haus) Beginn: 06.04.2022
Friedrich II. ist eine der widersprüchlichsten und vielseitigsten Herrschergestalten des Mittelalters. Geboren im süditalienischen Königreich Sizilien, entstammte er dem Herrscherhaus der Normannen, die an ihrem Hof auch byzantinische und arabisch-islamische Traditionen pflegten. Durch seinen Vater Erbe der Staufer, gelangte er als Schützling des Papstes nach Deutschland, wo er sich gegen seinen welfischen Rivalen, Kaiser Otto IV., erfolgreich behaupten konnte. Programmatisch stellte er sich hier in die Nachfolge Karls des Großen, dessen Schrein, den bis heute erhaltenen Karlsschrein in Aachen, er symbolisch schloss. Bald schon geriet er in Konflikt mit verschiedenen Päpsten, die sich von seinen Herrschaftsansprüchen herausgefordert fühlten. Als vom Papst Gebannter unternahm Friedrich einen Kreuzzug ins Heilige Land, wo er durch friedliche Unterhandlungen mit muslimischen Herrschern freien Zugang zum Heiligen Grab in Jerusalem aushandelte.
In Deutschland gehen auf seine Regierungszeit einige grundlegende Verfassungsgesetze zurück, die das politische System des Reiches bis in die Neuzeit hinein bestimmen sollten. Im Königreich Sizilien regierte Friedrich eines der modernsten zeitgenössischen Staatswesen, was sich insbesondere an der Gesetzgebung ablesen lässt. Sowohl in Deutschland als auch in Sizilien erließ er Regelungen zum Umgang mit religiösen Minderheiten, den Juden und Muslimen. Friedrich korrespondierte mit arabisch-islamischen Gelehrten und trat selbst als Autor hervor. In den Formen seiner Herrschaftsrepräsentation ahmte er antik-römische, aber auch orientalische Vorbilder nach.
Seine Gegner, namentlich die Päpste, verteufelten ihn, wohingegen er seinen Anhängern, aber noch mehr späteren Verehrern als das „Staunen der Welt“ erschien, was nicht zuletzt damit zusammenhing, dass das Herrschergeschlecht der Staufer kurz nach seinem Tod unterging. Im Rückblick erschien Friedrichs Herrschaft daher als Goldenes Zeitalter, als Epoche eines starken und mächtigen Kaisertums. In der Moderne ist Friedrich gerade wegen der transkulturellen Aspekte seiner Herrschaftspraxis ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Das Hauptseminar behandelt die unterschiedlichen Aspekte von Leben und Wirken Friedrichs II. und stellt sie jeweils in den forschungsgeschichtlichen Kontext.
Dr. Colin Arnaud
088216 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: „Kapitalismus“ und „Proletariat“ im Spätmittelalter: Köln und Florenz in Vergleich
Di. 8-12, Raum: Cont BH-6 (Haus C) Georgskommende 33, Beginn: 05.04.2022
Gab es einen Kapitalismus, gab es ein Proletariat im Mittelalter? Wir werden hier nicht die frühen Formen von Handels- oder Finanzkapitalismus diskutieren, die in der Vormoderne gewiss die größten Vermögen hervorbrachten. Wir werden auch nicht die Armen im Allgemein untersuchen. Wir werden vor allem nach der Verbreitung und nach den unterschiedlichen Ausprägungen der Lohnarbeit bzw. des Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses in spätmittelalterlichen Städten fragen. Dafür werden wir auf das Textilgewerbe in Florenz und Köln fokussieren. Diese zwei europaweit bedeutenden Produktionszentren wiesen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der Stellung des Unternehmers, in der gewerblichen Arbeitsteilung, und in der Rolle der Lohnarbeit bei politischen Aufständen. Während der sogenannte Ciompi-Aufstand (1378) in Florenz von einigen Forschern als eine frühproletarische Revolte angesehen wird, waren es die Ansprüche der Wollunternehmer auf Vertretung im Stadtrat, die den sogenannten Kölner Weberaufstand (1369) auslösten.
Dr. Marcel Bubert
088209 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Mongolen
Do.12-14, Do.16-18, Raum: F 072 (F-Haus) Beginn: 07.04.2022
Im 13. Jahrhundert gelang es den Mongolen, durch rapide Eroberungen ein Reich zu errichten, das sich vom fernen Osten Asiens bis nach Europa erstreckte. Als im Laufe des Jahrhunderts Nachrichten vom Ansturm der Mongolen und ihren Eroberungen nach Europa drangen, lösten diese Neuigkeiten dort zahlreiche Spekulationen darüber aus, warum die Mongolen aufgebrochen waren, was sie beabsichtigten, welche größeren Pläne sie verfolgten und mit wem möglicherweise heimliche Bündnisse geschlossen hatten. Schnell kursierte das Gerücht, die Mongolen wollten sie Weltherrschaft an sich reißen. Manche Zeitgenossen vermuteten, die Mongolen seien gezielt von bestimmten Fürsten in Europa gerufen worden, um eigene Machtinteressen durchzusetzen. Die europäische Wahrnehmung des Mongolensturms zeigt, wie sich (falsche) Nachrichten, Gerüchte und Verdächtigungen angesichts einer sich abzeichnenden Bedrohung im mittelalterlichen Europa verbreiten konnten. Freilich geschah diese Verbreitung auf ganz anderen Wegen als heute. Im Seminar soll dieser Prozess nachgezeichnet und zugleich in die Geschichte der Mongolen im Mittelalter, deren Reich sich bald in Teilreiche ("Horden") auspaltete, eingeführt werden. Dabei werden besondere auch die Kontakte behandelt, die europäische Herrscher über Gesandte zu den Mongolen aufnahmen. Die Reisebericht der Gesandten stellen besonders eindrucksvolle Quellen aus diesem Kontext dar, die im Seminar auszugsweise gelesen werden sollen. Schließlich führt das Proseminar in die Themen, Fragestellungen und Arbeitstechniken der mittelalterlichen Geschichte ein.
Lehrveranstaltungen im wintersemester 2020/21
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Frau PD Dr. Christine Kleinjung , Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. Marcel Bubert
PD Dr. Christine Kleinjung
082234 Hauptseminar: Die Karolinger und die Kirche
Di., 16-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 03.11.2020 (die Veranstaltung wird vorerst digital angeboten)
In dem Seminar werden die Verflechtungen von Religion und Politik zur Zeit der Karolinger von ca. 750-900 untersucht. Als Untersuchungsgegenstände dienen die Beziehung zum Papsttum, die religiöse Legitimierung von Königserhebungen und Königsideologie, die Rolle der Bischöfe im karolingischen Reich und die karolingische Klosterpolitik.
082213 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Königserhebungen im Früh- und Hochmittelalter
Mi.,10-14, Beginn: 11.11.2020 (die Veranstaltung wird vorerst digital angeboten)
In dem Proseminar werden die Königserhebungen im fränkischen und römisch-deutschen Reich von der Karolingerzeit bis 1257 untersucht. Unser Raster wird dabei sein: Welche Abläufe und Elemente einer Königserhebung gibt es: Wie wird man König, wer nimmt an der Königserhebung in welcher Form teil, wie werden Kandidaten bestimmt. Außerdem wird es um die Unterschiede zu den Erbmonarchien in Frankreich und England gehen.
082250 Übung Mittelalterliche Heiligenviten, Mirakel- und Translationsberichte
Mi.,16-18, Raum: Georgskommende 14-G32; Beginn: 04.11.2020 (die Veranstaltung wird vorerst digital angeboten)
Viten, Mirakel und Translationsberichte sind von der sozial- und kulturhistorischen Forschung der letzten Jahrzehnte stark beachtete Quellen. Sie geben Einblicke in Mentalität, Ordnungsvorstellungen, Geschlechterkonzepte und Frömmigkeitsformen. In der Übung sollen gemeinsam hagiographische Quellen des Früh- und Hochmittelalters gelesen und diskutiert werden. Die Texte werden auf Latein und falls vorhanden in deutscher, französischer oder englischer Übersetzung gelesen.
Dr. Colin Arnaud
082212 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Kloster und Orden im Mittelalter
Di., 8-12, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 10.11.2020
Die religiösen Orden haben das europäische Mittelalter maßgeblich geprägt, doch die Vielfalt der Orden und der Wandel der monastischen Institutionen kommt in der heutigen gängigen Vorstellung der mittelalterlichen Kirche meist zu kurz. Dabei spiegelte der Erfolg neuer Orden häufig neue Trends im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben. Der Aufgang der Abtei Cluny um 1000 zeichnete eine Emanzipation des Mönchtums von den weltlichen Herrschern. Der Verzicht auf Hörige seitens der Zisterzienser im 12. Jahrhundert verwies auf tiefe Veränderungen in der Verfassung der Grundherrschaft. Die Franziskaner passten wiederum im 13. Jahrhundert ihre religiöse Lebensweise auf die neuen Rahmenbedingungen des Stadtlebens: Ausgerechnet der Überfluss an Reichtümern, die in den Städten durch die Geld- und Marktwirtschaft ständig zirkulierten, ermöglichte den Franziskanern die komplette Entsagung von Geld und Besitzungen, weil die Bettelordensbrüder nur in der Stadt genug Almosen und Lohnarbeitsmöglichkeiten fanden.
Das Proseminar wird einen Überblick über die unterschiedlichen vorhandenen Orden im gesamten Mittelalter geben und somit wichtige Aspekte der politischen und sozialen Veränderungen der Epoche thematisieren, wie die gregorianische Reform, die Friedensbewegungen, die Kreuzzüge, die Veränderungen in der Grundherrschaft auf dem Land und das Aufblühen der Marktwirtschaft in den Städten.
Dr. Marcel Bubert
082217 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Häresien und Inquisition im Mittelalter
Do., 12-14; Raum: F 072 (F-Haus) 16-18; Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 12.11.2020
Die Auseinandersetzung mit „Häresien“ begleitet die Geschichte des Christentums bereits seit ihren Anfängen. Hatten schon die Theologen und Kirchenvertreter der Spätantike mit Strömungen zu kämpfen, die andere Lehren vertraten, so führte das Aufkommen neuer religiöser Bewegungen seit dem hohen Mittelalter zu einer besonderen Aktualität und Intensivierung dieses Konflikts. Prominente „Ketzer“ des Mittelalters, wie die Katharer und Waldenser, bewegten zu dieser Zeit die Gemüter. Die im 13. Jahrhundert unter Papst Gregor IX. eingerichtete Inquisition, die gegen die Häretiker vorgehen sollte, entwickelte sich zu einer mächtigen Institution, deren Aktivitäten das Bild der mittelalterlichen Kirche bis heute nachhaltig geprägt haben. Warum und unter welchen Bedingungen es zur Einrichtung der Inquisition kam, welche Ereignisse und Entwicklungen ihre Geschichte bis zum Ende des Mittelalters in verschiedenen Regionen Europas bestimmten, gegen welche häretischen Gruppen sie sich richtete und wie sich ein Inquisitionsverfahren eigentlich gestaltete, soll im Seminar anhand ausgewählter Themen und Quellen erörtert werden. Zudem bietet das Proseminar eine Einführung in grundlegende Arbeitstechniken und Fragestellungen der mittelalterlichen Geschichte.
Lehrveranstaltungen im wintersemester 2019/20
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. Marcel Bubert
Prof. Dr. Wolfram Drews
088213 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Das Zeitalter Theoderichs des Großen
Mo., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 14.10.2019
Theoderich der Große läßt sich ganz unterschiedlich charakterisieren: als germanischer König, als barbarischer Anführer, als römischer Magistrat, als Vertreter des Kaisers, vielleicht sogar als kaisergleicher Herrscher in Italien. Am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter spielte der König offenbar ganz verschiedene Rollen, und vor dem Hintergrund ganz unterschiedlicher Interessen der Neuzeit wurde sein Bild auch durchaus vielfältig gezeichnet. Seine Gestalt bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Bereiche der Geschichte vorzustellen: die politische Situation Italiens nach dem Endes des römischen Kaisertums im Westen, das frühe byzantinische Reich, die konfessionelle Spaltung zwischen Katholiken und sogenannten arianischen Christen, die Rolle des ostgotischen Militärs, die Bedeutung römischer Senatoren für die Überlieferung der antiken Literatur und Kultur an das Mittelalter, die Heiratsverbindungen und das Bündnissystem zwischen unterschiedlichen barbarischen Herrschern im Westen, und nicht zuletzt Kunst und Kultur in einem poströmischen, vielleicht barbarischen Königreich im frühen Mittelalter.
Literaturempfehlungen: Kasperski, Robert, Propaganda im Dienste Theoderichs des Großen, Frühmittelalterliche Studien 52 (2019), 13-42. Wiemer, Hans-Ulrich, Theoderich der Große: König der Goten - Herrscher der Römer: eine Biographie, München.
Prof. Dr. Wolfram Drews
088229 Hauptseminar: Chlodwig I. und die Anfänge der Merowinger
Mi., 10-12, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 16.10.2019
In der üblichen französischen und deutschen Meistererzählung gilt König Chlodwig als Begründer des fränkischen Großreichs. Als vielleicht skrupelloser Herrscher beseitigte er andere fränkische Kleinkönige, obwohl er zu anderen Barbarenherrschern familiäre Verbindungen knüpfte. Er verdrängte die Westgoten aus Südgallien, wofür ihm Gregor von Tours religiöse Motive zuschreibt – Chlodwig habe geradezu einen Religionskrieg geführt, was ein singuläres Zeugnis im gesamten frühen Mittelalter darstellt. Geschickt bediente sich Chlodwig religiöser Argumente zur Rechtfertigung seiner Herrschaft, er knüpfte Beziehungen zur gallorömischen Senatsaristokratie und etablierte eine Dynastie, die als einzige barbarische Dynastie des frühen Mittelalters mehrere Jahrhunderte hindurch die Herrschaft behaupten konnte. In der historischen Überlieferung finden sich ganz unterschiedliche, auch legendenhafte Begründungen für das postulierte Herrschercharisma der Merowinger; die bekanntesten sind das lange Königshaar und die behauptete Abstammung von einem Meerungeheuer, doch stellt sich die Frage, wie sich dies mit dem durchaus christlich begründeten Königtum der Merowinger in Übereinstimmung bringen läßt. Das Hauptseminar führt in unterschiedliche Bereiche der spätantiken und frühmittelalterlichen Geschichte ein und berücksichtigt dabei auch die durchaus wechselhafte Forschungsgeschichte.
Literaturempfehlungen: Becher, Matthias, Chlodwig I. Der Aufstieg der Merowinger und das Ende der antiken Welt, München 2011. Meier, Mischa / Patzold, Steffen (eds.), Chlodwigs Welt: Organisation von Herrschaft um 500 (Roma aeterna 3), Stuttgart 2014.
Prof. Dr. Wolfram Drews
088249 Übung: Quellen zu Germanen in der Völkerwanderungszeit
Mi., 14-16, Raum: ULB 201(Krummer Timpen 5); Beginn: 16.10.2019
Seit der Wiederentdeckung der „Germania“ des Tacitus in der Zeit des Humanismus dienten die „Germanen“ als Projektionsfläche für unterschiedliche Identitätskonstruktionen, vornehmlich innerhalb des römisch-deutschen Reiches. Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bildete die sogenannte germanische Völkerwanderung einen unhinterfragten Grundbaustein des deutschen Geschichtsbildes, das in Abgrenzung zum römischen Reich, aber auch gegenüber modernen romanischen Staaten und Völkern konstruiert wurde. Mit den Forschungen von Reinhard Wenskus, Herwig Wolfram, Walther Pohl und der übrigen Wiener Schule, aber auch durch die angelsächsische Forschung, deren gemeinsame Bemühungen sich nicht zuletzt in der Reihe „The Transformation of the Roman World“ niedergeschlagen haben, sind die Annahmen der älteren, sogenannten Germanischen Altertumswissenschaft zunehmend ins Wanken geraten. In der Übung sehen wir uns unterschiedliche frühmittelalterliche Quellentexte in synoptischen Ausgaben an und analysieren ihre Aussagen vor dem Deutungshorizont unterschiedlicher wissenschaftlicher Ansätze.
Literaturempfehlungen: Goetz, Hans-Werner (ed.), Die Germanen in der Völkerwanderungszeit: Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen von der Mitte des 3. Jahrhunderts bis zum Jahre 453 n. Chr. (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 1b), Darmstadt 2013.
Dr. Colin Arnaud
088210 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Weltstadt. Groß- und Hauptstädte in der mittelalterlichen Welt
Di., 8-12, Raum: F 043 (F-Haus); Beginn: 15.10.2019
Obwohl die Großstadt als ein Merkmal der Moderne erscheint, gab es bereits im Mittelalter Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern, insbesondere wenn man das Sichtfeld über Westeuropa hinaus erweitert. Diese Großstädte waren häufig Hauptstädte eines Imperiums und verfolgten deswegen eine Eigenlogik. Jedoch stellten nicht nur die Repräsentationspflichte, sondern auch die große Anzahl der Einwohner besondere städtebauliche Herausforderungen dar. Im Seminar werden die großen Muster der Weltstädte (Rom, Jerusalem, Babylon) betrachtet und die topographische sowie städtebauliche Struktur mehrerer Großstädte des Mittelalters analysiert. Paris, Venedig und Konstantinopel kommen in Betracht, aber auch Städte wie Bagdad, Peking und Angkor.
Dr. Marcel Bubert
088214 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Karl der Große und Byzanz
Do., 12-14, Raum: F 102 (F-Haus) / Do., 16-18, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 17.10.2019
Die Herrschaftszeit Karls des Großen (768-814) ist für die europäische Geschichte mit Prozessen und Weichenstellungen von großer Tragweite verbunden. Die politische und militärische Konsolidierung des Frankenreichs, die Reformbestrebungen in unterschiedlichen kulturellen und religiösen Feldern, sowie die Wiederbegründung des weströmischen Kaisertums im Jahre 800 schufen gesellschaftliche und politische Bedingungen, welche die Geschichte Europas nachhaltig prägten. Auch daher hat man Karl den Titel „Vater Europas” – neben vielen anderen Sinngebungen – zugeschrieben. Nicht immer im Mittelpunkt des Interesses standen Karls mitunter intensive Kontakte oder Konflikte mit Herrschern und Akteuren außerhalb des lateinischen Europa. So kommunizierte der Karolinger etwa wiederholt über Gesandte mit den Kalifen von Bagdad. Von besonderer Relevanz aber waren die Beziehungen zum byzantinischen Reich. Für die oströmischen Kaiser, die im griechisch geprägten Konstantinopel herrschten, war die Kaiserwürde Karls zunächst eine Provokation. Das „Zweikaiserproblem”, das aus dieser Konfliktsituation erwuchs, führte zu diplomatischen Kontakten, militärischen Handlungen und Aushandlungsprozessen, aber auch „transkulturellen Verflechtungen” zwischen der westlichen und der östlichen Welt. Das Seminar bietet eine Einführung in die Herrschaftszeit Karls des Großen, die frühe byzantinische Geschichte, sowie die Beziehungen zwischen den lateinischen und griechischen Kulturräumen.
Literaturempfehlungen: Becher, Matthias, Karl der Große, München 2004; Stefan Weinfurter, Karl der Große. Der heilige Barbar, München 2013; McKitterick, Rosamond, Charlemagne: The Formation of a European Identity, Cambridge 2008; McCormick, Michael (Hg.), Charlemagne‘s Survey of the Holy Land. Wealth, Personnel, and Buildings of a Mediterranean Church between Antiquity and the Middle Ages, Washington, DC 2011; Grünbart, Michael, Das Byzantinische Reich (Geschichte kompakt), Darmstadt 2014; Thümmel, Hans Georg, Karl der Große, Byzanz und Rom: eine Positionsbestimmung am Beispiel des Bilderstreits, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 120 (2009) S. 58-70; Tinnefeld, Franz Hermann, Formen und Wege des Kontaktes zwischen Byzanz und dem Westen zur Zeit Karls des Großen, in: Karl der Große und das Erbe der Kulturen, hg. von Franz-Reiner Erkens, Berlin 2001, S. 25-35.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2019
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. des. Marcel Bubert
prof. Dr. wolfram drews
086213 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Otto von Freising – Zisterzienser, Bischof und Geschichtsschreiber
Mo., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 01.04.2019
Für einen Menschen des Mittelalters hatte Otto von Freising erstaunlich viele, unterschiedliche Rollen inne. Er entstammte dem österreichischen Herrscherhaus der Babenberger, war aber zugleich Enkel Kaiser Heinrichs IV. Er verbrachte einige Studienjahre in Frankreich und schloß sich dort dem ersten neu entstandenen Mönchsorden überhaupt, den Zisterziensern, an, die eine Rückkehr zur ursprünglichen Strenge der Mönchsregel des heiligen Benedikt propagierten und mit diesem Erneuerungsprogramm eine geradezu umwerfende Resonanz erfuhren. Schließlich wurde Otto Bischof der bayerischen Diözese Freising und mußte sich dort mit konkurrierenden Territorialgewalten auseinandersetzen. Berühmt wurde er jedoch vor allem als Geschichtsschreiber: Nicht nur verfaßte er eine Lebensbeschreibung seines Neffen, Kaiser Friedrich Barbarossas, sondern auch ein Hauptwerk mittelalterlicher Weltchronistik, die „Geschichte der zwei Staaten“, in dem er die berühmte Unterteilung des Kirchenvaters Augustinus zwischen einem himmlischen Gottesstaat und einem irdischen Weltstaat aufgriff und diese Unterscheidung auf den von ihm dargestellten Ablauf der geschichtlichen Ereignisse anwandte. Aus heutiger Perspektive erscheint merkwürdig, daß das achte und letzte Buch dieser Chronik der Geschichte der Zukunft gewidmet ist, der Zeit bis zum Jüngsten Gericht. Das Proseminar behandelt die unterschiedlichen Lebensstationen Ottos von Freising und ordnet sein Leben in den politischen und geistesgeschichtlichen Kontext des Hochmittelalters ein.
Literaturempfehlungen: Ehlers, Joachim, Otto von Freising - ein Intellektueller im Mittelalter. Eine Biographie, München 2013. Mégier, Elisabeth, Christliche Weltgeschichte im 12. Jahrhundert: Themen, Variationen und Kontraste. Untersuchungen zu Hugo von Fleury, Ordericus Vitalis und Otto von Freising (Beihefte zur Mediaevistik 13), Frankfurt a. M. 2010.
prof. Dr. wolfram drews
086227 Hauptseminar: Kaiser Friedrich II. – das „Staunen der Welt“
Mi., 10-12, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 03.04.2019 Hinweis: am 08.05.2019 fällt das Hauptseminar aus!
Friedrich II. ist eine der widersprüchlichsten und vielseitigsten Herrschergestalten des Mittelalters. Geboren im süditalienischen Königreich Sizilien, entstammte er dem Herrscherhaus der Normannen, die an ihrem Hof auch byzantinische und arabisch-islamische Traditionen pflegten. Durch seinen Vater Erbe der Staufer, gelangte er als Schützling des Papstes nach Deutschland, wo er sich gegen seinen welfischen Rivalen, Kaiser Otto IV., erfolgreich behaupten konnte. Programmatisch stellte er sich hier in die Nachfolge Karls des Großen, dessen Schrein, den bis heute erhaltenen Karlsschrein in Aachen, er symbolisch schloß. Bald schon geriet er in Konflikt mit verschiedenen Päpsten, die sich von seinen Herrschaftsansprüchen herausgefordert fühlten. Als vom Papst Gebannter unternahm Friedrich einen Kreuzzug ins Heilige Land, wo er durch friedliche Unterhandlungen mit muslimischen Herrschern freien Zugang zum Heiligen Grab in Jerusalem aushandelte. In Deutschland gehen auf seine Regierungszeit einige grundlegende Verfassungsgesetze zurück, die das politische System des Reiches bis in die Neuzeit hinein bestimmen sollten. Im Königreich Sizilien regierte Friedrich eines der modernsten zeitgenössischen Staatswesen, was sich insbesondere an der Gesetzgebung ablesen läßt. Sowohl in Deutschland als auch in Sizilien erließ er Regelungen zum Umgang mit religiösen Minderheiten, den Juden und Muslimen. Friedrich korrespondierte mit arabisch-islamischen Gelehrten und trat selbst als Autor hervor. In den Formen seiner Herrschaftsrepräsentation ahmte er antik-römische, aber auch orientalische Vorbilder nach. Seine Gegner, namentlich die Päpste, verteufelten ihn, wohingegen er seinen Anhängern, aber noch mehr späteren Verehrern als das „Staunen der Welt“ erschien, was nicht zuletzt damit zusammenhing, daß das Herrschergeschlecht der Staufer kurz nach seinem Tod unterging. Im Rückblick erschien Friedrichs Herrschaft daher als Goldenes Zeitalter, als Epoche eines starken und mächtigen Kaisertums. In der Moderne ist Friedrich gerade wegen der transkulturellen Aspekte seiner Herrschaftspraxis ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Das Hauptseminar behandelt die unterschiedlichen Aspekte von Leben und Wirken Friedrichs II. und stellt sie jeweils in den forschungsgeschichtlichen Kontext.
Literaturempfehlungen: Sommerlechner, Andrea, Stupor mundi? Kaiser Friedrich II. und die mittelalterliche Geschichtsschreibung (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom 1, 11), Wien 1999. Wolf, Gunther G. (ed.), Stupor mundi. Zur Geschichte Friedrichs II. von Hohenstaufen (Wege der Forschung 101), Darmstadt 2. Aufl. 1982.
prof. Dr. wolfram drews
086200 Einführungsvorlesung: Das Mittelalter
Mi., 14-16, Raum: F 4 (F-Haus); Beginn: 03.04.2019 Hinweis: am 08.05.2019 fällt die Einführungsvorlesung aus!
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, wird nicht nur die Geschichte des lateinischen Europas behandelt; ebenso werden Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums vorgestellt. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefaßten – Mittelmeergebiet vor und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike und Früher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Literaturempfehlungen: Borgolte, Michael, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400, München 2006. Borgolte, Michael / Dücker, Julia / Müllerburg, Marcel / Predatsch, Paul / Schneidmüller, Bernd (eds.), Europa im Geflecht der Welt. Mittelalterliche Migrationen in globalen Bezügen (Europa im Mittelalter 20), Berlin 2012. Mitterauer, Michael, Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs, München 2003. Rexroth, Frank, Deutsche Geschichte im Mittelalter (Beck‘sche Reihe 2307), München 3. Aufl. 2012.
Dr. Colin Arnaud
086215 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Friedrich II., ein translokaler Herrscher im 13. Jahrhundert
Do., 08-12, Raum: ULB 101 (Krummer Timpen 5); Beginn: 04.04.2019
Der Herrscher Friedrich (1194-1250) stammte aus dem schwäbischen Adelsgeschlecht der Staufer, verbrachte aber seine Jugend in Süditalien. 1198 wurde er König von Sizilien, 1212 römisch-deutscher König, 1220 Kaiser und 1225 zudem König von Jerusalem. Die Herrschaft über so viele, räumlich voneinander getrennte Gebieten sowie die Beteiligung an vielfältigen politischen Konflikten hat zur langfristigen Berühmtheit des Kaisers beigetragen. Gerühmt wurde und wird Friedrich II. in vielfältiger Art und Weise: Als nationales Vorbild, etwa als „Kaiser des geheimen Deutschlands“ (Kantorowicz 1927), als ein Star der apulischen Regionalgeschichte, oder als ein Kaiser „zwischen den Kulturen“ (Abulafia 1991). Auch seine konfliktreiche Beziehung zu den Päpsten und seine guten Verhältnisse zu den Muslimen führten zu einer zwiespältigen Bewertung des Kaisers: mal Antichrist, mal Reformator und mal moderner Mensch avant la lettre, mal konservativer, frommer mittelalterlicher Herrscher. Im Seminar werden wir sowohl die Konsequenzen translokaler Herrschaft im 13. Jahrhundert für die damalige Zeit als auch für die Mythenbildung um Friedrich II. bis heute diskutieren.
Literaturempfehlungen: Hubert Houben: Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Herrscher, Mensch und Mythos, Stuttgart 2008.
Dr. des. marcel bubert
086214 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Kreuzzüge
Do., 12-14, Raum: F 102 (F-Haus) / Do., 16-18, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 04.04.2019
Die Kreuzzüge zählen zu den prominentesten Themen der mittelalterlichen Geschichte. So verschieden sich die Verwendungsweisen und Vereinnahmungen des Begriffs bis in die jüngste Vergangenheit gestalten, so unterschiedlich sind auch die historischen Deutungen und Erklärungen, welche die Forschung an das Phänomen der Kreuzzüge herangetragen hat. Das Seminar bietet eine Einführung in die Geschichte der „Orientkreuzzüge“, die mit dem Aufruf Papst Urbans II. von 1095 ihren Anfang nahm und mit dem Fall Akkons von 1292 endete. Dabei sollen die verschiedenen Erklärungsansätze im Hinblick auf religiöse, politische oder ökonomische Faktoren beleuchtet und die komplexen historischen Rahmenbedingungen der Kreuzzugsbewegung in den Blick genommen werden. Zudem zielt das Seminar darauf ab, nicht nur die westeuropäische Sicht der lateinischen Welt, sondern auch die byzantinische und arabische Perspektive sowie die Folgen der Kreuzzüge für den Vorderen Orient zu berücksichtigen. Schließlich bietet das Proseminar eine Einführung in die Themen, Methoden und Arbeitstechniken der mittelalterlichen Geschichte.
Literaturempfehlungen: Thomas S. Asbridge, Die Kreuzzüge, Stuttgart 2010; Nikolas Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt 2010; Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 2005; Peter Thorau, Die Kreuzzüge, München 32007; Amin Maalouf, Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber, München 2008; A. Haverkamp (Hg.), Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge (Vorträge und Forschungen 47), Sigmaringen 1999; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Lehrveranstaltungen im wintersemester 2018/19
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Dr. Colin Arnaud und Herrn Dr. des. Marcel Bubert
prof. Dr. wolfram drews
084215 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Karl der Große
Mo., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 15.10.2018
Nicht nur im Zusammenhang mit dem alljährlich verliehenen internationalen Karlspreis der Stadt Aachen wird Karl der Große heute manchmal als Vater Europas bezeichnet. Für solche Bezeichnungen gibt es nur wenige zeitgenössische Belege, doch sind seine Gestalt und sein Wirken schon im Mittelalter, aber auch in der Neuzeit wiederholt für ganz unterschiedliche Unternehmungen in Anspruch genommen wurden. Er gilt etwa als Begründer des westlichen Kaisertums und als vermeintlicher Kreuzfahrer, er wird als Heiliger verehrt, im modernen Frankreich gilt er als Begründer des Schulwesens, und selbst die Nationalsozialisten wollten ihn zur historischen Legitimation ihres europäischen „Einigungswerkes“ heranziehen. Wohl kaum ein historischer Akteur hat so unterschiedliche Wertungen und Instrumentalisierungen erfahren. Das Proseminar fragt nach den historischen Grundlagen seiner Herrschaft, seinen wesentlichen Erfolgen und Mißerfolgen sowie nach den Langzeitwirkungen der von ihm vorgenommenen Weichenstellungen. Auch die Rezeptionsgeschichte in Mittelalter und Neuzeit wird dabei berücksichtigt.
Literaturempfehlungen: Bastert, Bernd, Karl der Große in den europäischen Literaturen des Mittelalters. Konstruktion eines Mythos, Tübingen 2004. Becher, Matthias, Karl der Große (Beck‘sche Reihe 2120), München 2004. McCormick, Michael (Hrsg.), Charlemagne‘s Survey of the Holy Land. Wealth, Personnel, and Buildings of a Mediterranean Church between Antiquity and the Middle Ages, Washington, DC 2011. McKitterick, Rosamond, Charlemagne: The Formation of a European Identity, Cambridge u.a. 2008 (Karl der Große, Gestalten des Mittelalters und der Renaissance, Darmstadt 2008).
prof. Dr. wolfram drews
084232 Hauptseminar: Juden und Christen im Frühen Mittelalter
Mi., 10-12, Raum: SRZ 215 (Orléans-Ring 12); Beginn: 17.10.2018
Im Römischen Reich besaß das Judentum den Status einer erlaubten Religion; auch nachdem die Kaiser den christlichen Glauben angenommen hatten, respektierten sie diese Tradition. Trotzdem sahen sich jüdische Gemeinden zunehmendem Druck seitens kirchlicher und staatlicher Autoritäten ausgesetzt. Andererseits begründete der Kirchenvater Augustinus die Lehre, daß die Juden – wenn auch unfreiwillig – für die Christen die Funktion unfreiwilliger Zeugen der christlichen Wahrheit erfüllen würden; damit hatte er eine Art ideologischer Lebensversicherung für die Juden entwickelt, denn in dieser ihnen zugeschriebenen Funktion konnten sie von keiner anderen Gruppe ersetzt werden. Den größten Einschnitt im christlich-jüdischen Zusammenleben bildeten die Pogrome, die sich im 11. und 12. Jahrhundert im Zuge der Kreuzzugsbewegung ereigneten, die aber paradoxerweise am Beginn der Blütezeit des aschkenasischen Judentums standen. Das Seminar stellt Grundzüge der jüdisch-christlichen Beziehungen in politischer, theologischer und sozialer Hinsicht in der Zeit zwischen der Zerstörung des zweiten Tempels im Jahre 70 und den Anfängen des aschkenasischen Judentums in Europa vor.
Literaturempfehlungen: Becker, Adam / Reed, Annette (Hrsg.), The Ways that Never Parted. Jews and Christians in Late Antiquity and the Early Middle Ages (Texte und Studien zum antiken Judentum 95), Tübingen 2003. Cohen, Jeremy (Hrsg.), From Witness to Witchcraft: Jews and Judaism in Medieval Christian Thought (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 11), Wiesbaden 1997. Cohen, Mark R., Under Crescent and Cross: The Jews in the Middle Ages, Princeton 1994. / Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München 2005. Geisel, Christof, Die Juden im Frankenreich. Von den Merowingern bis zum Tode Ludwigs des Frommen (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 10), Frankfurt a. M. u. a. 1998. Limor, Ora / Stroumsa, Guy G. (Hrsg.), Contra Iudaeos: Ancient and Medieval Polemics Between Christians and Jews (Texts and Studies in Medieval and Early Modern Judaism 10), Tübingen 1996.
prof. Dr. wolfram drews
084249 Übung: Die Herrscherbiographien Ludwig des Frommen
Mi., 14-16, Raum: BA 006 (Bispinghof 3); Beginn: 17.10.2018
Mehrere Jahrzehnte nach Etablierung des karolingischen Großreiches begannen einzelne Autoren, nach spätantikem Vorbild Herrscherbiographien zu verfassen, in denen sie zum einen bestimmte Herrscher priesen, zum anderen jedoch auch auf subtile Weise Kritik an anderen, gerade auch zeitgenössischen Machthabern zum Ausdruck bringen konnten. Das bekannteste Werk ist sicherlich Einhards Vita Karoli Magni, doch auch die zwei Lebensbeschreibungen seines Sohnes, Ludwigs des Frommen, verfaßt vom sogenannten Astronomus sowie von Thegan, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. In der Übung werden ausgewählte Kapitel aus den beiden letztgenannten Texten gelesen, kontextualisiert und miteinander verglichen.
Literaturempfehlungen: Tischler, Matthias M., Einharts Vita Karoli. Studien zur Entstehung, Überlieferung und Rezeption (MGH Schriften 48/1-2), Hannover 2001. Tremp, Ernst, Studien zu den Gesta Hludowici imperatoris des Trierer Chorbischofs Thegan (MGH Schriften 32), Hannover 1988. Tremp, Ernst, Thegan und Astronomus, die beiden Geschichtsschreiber Ludwigs des Frommen, in: Peter Godman / Roger Collins (eds.), Charlemagne’s heir. New perspectives on the reign of Louis the Pious (814-840), Oxford 1990, 691-700.
Dr. Christian Scholl
084213 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Das Frankenreich
Di., 10-14, Raum: SRZ 5 (Orléans-Ring 12); Beginn: 16.10.2018
Das Reich der Franken war das einzige Nachfolgereich des Imperium Romanum, das auf Dauer bestehen sollte. Das Proseminar behandelt die Geschichte des Reiches von seinen Anfängen unter den Merowingern im 5. Jahrhundert bis zum Ende der letzten Karolinger im 10. Jahrhundert. Ein Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf Karl dem Großen, unter dem das Frankenreich nicht nur seine größte territoriale Ausdehnung erlebte, sondern der auch das Kaisertum in Westeuropa nach mehr als 300 Jahren neu begründete. Neben solchen Aspekten der politischen Geschichte nimmt das Seminar die wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Grundlagen des Frankenreiches in den Blick, wobei dem Prozess der Christianisierung ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Anwesenheit in der ersten Sitzung ist zwingend erforderlich; Abwesenheit kann nur durch ein ärztliches Attest oder eine Praktikumsbescheinigung entschuldigt werden und ist vor Beginn der ersten Sitzung mitzuteilen.
Literaturempfehlungen: Matthias Becher, Merowinger und Karolinger, Darmstadt 2009; Bernhard Jussen, Die Franken. Geschichte, Gesellschaft, Kultur, München 2014; Reinhard Schneider, Das Frankenreich (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 5), München 2001; Stefan Weinfurter, Karl der Große. Der heilige Barbar, München 2013; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart ³2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Dr. Christian Scholl
084217 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Das 13. Jahrhundert
Do., 14-18, Raum: G 209 (Georgskommende 14); Beginn: 18.10.2018
Das 13. Jahrhundert zählt zu den bewegendsten Jahrhunderten des mittelalterlichen Jahrtausends: Während zu Beginn des Jahrhunderts (1204) Konstantinopel unter dem Ansturm der Kreuzfahrer zugrunde geht, erreicht das Papsttum zeitgleich unter Innozenz III. den Höhepunkt seiner Macht. Weitere Kreuzzüge folgen, nicht nur nach Palästina, sondern auch ins Innere Europas, entweder gegen „Heiden“ oder „Häretiker“ wie die Albigenser. Häretische Gruppierungen wie diese stehen im frühen 13. Jahrhundert in ihrem Zenit, aber auch kurz vor ihrer Auslöschung. Im Kontext dieser religiösen Neuordnung entstehen bedeutende Orden wie die der Dominikaner und Franziskaner ebenso wie eine neue päpstliche Organisation, die Inquisition. In Frankreich und im Reich stehen sich mit Ludwig IX. „dem Heiligen“ und Friedrich II. zwei der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters gegenüber. Während deren Herrschaft wird Osteuropa zunächst von den Mongolen verheert, bevor sich daran anschließend die ersten Europäer zum Hof der mongolischen Großkhane aufmachen. Das Reich wird nach dem Aussterben der Staufer vom Interregnum (1254-1273) zerrüttet, bevor der erste Habsburger auf den Thron kommt und das Reich befriedet. Das Seminar nimmt diese und weitere Aspekte des 13. Jahrhunderts in den Blick und versucht so, zu einer Gesamtschau dieses Jahrhunderts zu kommen.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Anwesenheit in der ersten Sitzung ist zwingend erforderlich; Abwesenheit kann nur durch ein ärztliches Attest oder eine Praktikumsbescheinigung entschuldigt werden und ist vor Beginn der ersten Sitzung mitzuteilen.
Literaturempfehlungen: Gabriela Signori, Das 13. Jahrhundert. Einführung in die Geschichte des spätmittelalterlichen Europas, Stuttgart 2007; Hubertus Seibert, Werner Bomm, Verena Türck (Hgg.), Autorität und Akzeptanz. Das Reich im Europa des 13. Jahrhunderts, Ostfildern 2013; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Dr. Colin Arnaud
084209 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Galeeren und Feluken. Die Wahrnehmung des Mittelmeers im arabischen und lateinischen Mittelalter
Mi., 08-12, Raum: F 040 (F-Haus); Beginn: 17.10.2018
Das Mittelmeer wird in der Forschung gerne als Raum der Hegemonie unterschiedlicher imperialer Herrschaften dargestellt. Nach Henri Pirenne entstand das mittelalterliche Europa durch die Abschottung vom Mittelmeerraum, das wiederum ab dem 7. Jahrhundert von den Arabern dominiert wurde. Araber gegen Europäer, Mittelmeer als Grenze: Das Narrativ wirkt erstaunlich aktuell. Das Mittelmeer als zu verteidigende Grenze ist ein Aspekt, den man tatsächlich im Mittelalter wiederfindet. Die Angst vor Plünderungen der italienischen und provenzalischen Städte und Klöster seitens muslimischer ‚Piraten‘ antwortete auf die arabische Verteidigung der nordafrikanischen Küste gegen christlichen ‚Piraten‘ durch Ribate. Doch die Geschichte des Kriegs, der Grenzziehungen und des gegenseitigen Vorwurfs vor Piraterie darf nicht die gemeinsamen Erfahrungen mit dem Mittelmeer überschatten. Jenseits der politischen Grenzen herrschten ein ähnlicher Klima und ähnliche ökologische und ökonomische Verhältnisse. Muslimische und christliche Pilger nutzten dieselben Schiffe, Ströme und Routen für ihre Reisen. Kommerzielle Interdependenzen bildeten sich und erzwungen neue Regeln für eine friedliche gemeinsame Nutzung des Meeres.
Dr. des. marcel bubert
084216 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Staufer
Do., 12-14, Raum: F 102 (F-Haus) / Do., 16-18, Raum: F 040 (F-Haus); Beginn: 18.10.2018
Das Geschlecht der Staufer zählt ohne jeden Zweifel zu den prominentesten Herrscherdynastien des Mittelalters. Vor allem Friedrich I. Barbarossa (gest. 1190) und Friedrich II. (gest. 1250) erfreuen sich weitreichender Bekanntheit. Dies liegt einerseits an der besonderen Aufmerksamkeit, die den staufischen Königen und Kaisern im Deutschland des 19. Jahrhunderts entgegengebracht wurde, als die Sage vom im Kyffhäuserberg schlafenden Kaiser Barbarossa verstärkte politische Aktualität erhielt. In der deutschen Mittelalterforschung nahm die Dynastie seither auch jenseits national motivierter Interessen einen zentralen Platz ein. Zum anderen ist die Zeit der Staufer durch eine Reihe aufsehenerregender Ereignisse und Entwicklungen geprägt, welche die politischen und soziokulturellen Verhältnisse in Europa nachhaltig veränderten. Das Seminar bietet eine Einführung in die Geschichte der Dynastie, deren Mitglieder zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert von schwäbischen Herzögen zu sagenhaften Kaisern avancierten, die das „Staunen der Welt“ (stupor mundi) erregten. Dabei sollen sowohl das politische Handeln der staufischen Herrscher, wie es etwa in den Konflikten mit dem Papsttum und den oberitalienischen Städten oder im Rahmen der Kreuzzüge zu beobachten ist, als auch die gesellschaftlichen Bedingungen und kulturellen Kontexte dieses Handelns in den Blick genommen werden. Darüber hinaus wird das Seminar in die Fragestellungen, Methoden und Arbeitstechniken der mittelalterlichen Geschichte einführen.
Literaturempfehlungen: Jan Keupp, Die Staufer, Darmstadt 2017; Odilo Engels, Die Staufer (Kohlhammer-Urban-Taschenbücher 154), Stuttgart 2005; Knut Görich, Die Staufer. Herrscher und Reich, München 2011; Knut Görich, Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011; Wolfgang Stürner, Friedrich II. 1294-1250, Darmstadt 2009; Theo Kölzer (Hrsg.), Die Staufer im Süden. Sizilien und das Reich, Stuttgart 2000; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2018
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Dr. des. Colin Arnaud und Herrn Dr. des. Marcel Bubert
prof. Dr. wolfram drews
082286 Masterseminar: Klima, Seuchen, Naturkatastrophen. Umweltgeschichte des Mittelalters
Mo., 16-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 09.04.2018
Während das Thema des Schwarzen Todes, der Pest, seit langem große Aufmerksamkeit hervorgerufen hat, ist die Umweltgeschichte des Mittelalters erst in jüngerer Zeit in den Fokus der Forschung gerückt. Beide Bereiche gehörten jedoch in der Wahrnehmung mittelalterlicher Zeitgenossen durchaus zusammen, denn es handelte sich um Sphären, die dem Einfluß des Menschen scheinbar entzogen waren, in denen Gott bzw. die Vorsehung ihren unerforschlichen Ratschluß zu vollstrecken schien. Das Seminar behandelt ausgewählte Themen der Klima-, Umwelt- und Seuchengeschichte in vergleichender Perspektive vor dem Hintergrund globalgeschichtlicher Ansätze.
Literaturempfehlungen: Aberth, John, An Environmental History of the Middle Ages: the Crucible of Nature, London u.a. 2013. Bergdolt, Klaus, Der Schwarze Tod in Europa. Die Große Pest und das Ende des Mittelalters, München 42017. Radkau, Joachim, Humans and the Environment. Tension and Co-evolution, in: Benjamin Zeev Kedar u. Merry E. Wiesner-Hanks (Hrsg.), The Cambridge History of the World 5: Expanding Webs of Exchange and Conflict, 500 CE - 1500 CE, Cambridge 2015, S. 43-69. Schenk, Gerrit Jasper, Der Mensch zwischen Natur und Kultur. Auf der Suche nach einer Umweltgeschichtsschreibung in der deutschsprachigen Mediävistik – eine Skizze, in: François Duceppe-Lamarre u. Jens Ivo Engels (Hrsg.), Umwelt und Herrschaft in der Geschichte. Environnement et pouvoir: une approche historique (Ateliers des Deutschen Historischen Instituts Paris 2), Berlin 2008, S. 27–51. Schenk, Gerrit Jasper, Lektüren im Buch der Natur. Wahrnehmung, Beschreibung und Deutung von Naturkatastrophen, in: Susanne Rau u. Birgit Studt (Hrsg.), Geschichte schreiben. Ein Quellen- und Studienbuch zur Historiographie (ca. 1350-1750), München 2009, S. 507-520. Schenk, Gerrit Jasper Vormoderne Sattelzeit? Disastro, Katastrophe, Strafgericht – Worte, Begriffe und Konzepte für rapiden Wandel im langen Mittelalter, in: Carla Meyer, Katja Patzel-Mattern u. Gerrit J. Schenk (Hrsg.), Krisengeschichte(n). ‚Krise‘ als Leitbegriff und Erzählmuster in kulturwissenschaftlicher Perspektive (Beihefte der Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 210), Stuttgart 2013, S. 177–212.
prof. Dr. wolfram drews
082201 Vorlesung: Religion und Politik im Mittelalter
Di., 16-18, Raum: F 2 (F-Haus); Beginn: 10.04.2018
Die Bereiche von Religion und Politik waren in unterschiedlichen mittelalterlichen Reichen eng miteinander verzahnt: Der Herrscher galt beispielsweise als Stellvertreter oder Schatten Gottes auf Erden, und Monarchen nutzen religiöse Argumente zur Herrschaftslegitimation und zur Begründung politischer Ansprüche. Zugleich dienten religiöse Riten zur Integration städtischer Gemeinschaften und Korporationen oder zur Manifestation göttlicher Erwählung. Zugleich kam es in unterschiedlichen politischen Konstellationen zu Auseinandersetzungen zwischen Exponenten politischer und religiöser Eliten; nie führte dies jedoch zu einer Trennung beider Bereiche (dies ist ein häufig anzutreffendes Mißverständnis); vielmehr wurde das Verhältnis zwischen Politik und Religion in bestimmten Krisenzeiten neu austariert. Die Vorlesung stellt überblicksartig ausgewählte Beispiele aus dem lateineuropäischen, byzantinischen, islamischen und (ansatzweise) auch aus dem jüdischen Bereich vor.
Literaturempfehlungen: Alfonso, Isabel/Hugh Kennedy/Julio Escalona (Hrsg.), Building Legitimacy. Political Discourses and Forms of Legitimation in Medieval Societies (The Medieval Mediterranean 53), Leiden 2004. Al-Azmeh, Aziz, Muslim Kingship. Power and the Sacred in Muslim, Christian and Pagan Polities, London/New York 1997. Black, Anthony J., Islamic and European Political Thought. A Comparative Overview, 700-1650, in: Joseph Canning/Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Politisches Denken und die Wirklichkeit der Macht im Mittelalter (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 147), Göttingen 1998, S. 269-276. Erkens, Franz-Reiner (Hrsg.), Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wechsel der Zeiten und Räume. 15 Interdisziplinäre Beiträge zu einem weltweiten und epochenübergreifenden Phänomen, Berlin 2002. Erkens, Franz-Reiner, Vicarius Christi – sacratissimus legislator – sacra majestas. Religiöse Herrschaftslegitimierung im Mittelalter, Zeitschrift für Rechtsgeschichte. Kanonist. Abtlg. 89 (2003), S. 1-55. Kantorowicz, Ernst H., Deus per Naturam, Deus per Gratiam. A Note on Medieval Political Theology, in: id., Selected Studies, Locust Valley 1965, 121-137. Löther, Andrea, Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipation, obrigkeitliche Inszenierung, städtische Einheit (Norm und Struktur 12), Köln/Weimar/Wien 1999. Schieffer, Rudolf, Papst Gregor VII. Kirchenreform und Investiturstreit, München 2010. Weinfurter, Stefan, Canossa. Die Entzauberung der Welt, München 2007.
prof. Dr. wolfram drews
082227 Hauptseminar: Die europäische Expansion im Mittelalter
Mi., 10-12, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 11.04.2018
Während der politische, ökonomische und kulturelle Schwerpunkt der europäischen Geschichte in der Antike im Mittelmeerraum lag, verlagerte er sich im frühen Mittelalter in den Norden des Kontinents. Mit der karolingischen Expansion begann erneut eine Reichsbildung, die nicht nur politisch an die antike Geschichte anzuknüpfen versuchte, sondern auch auf kulturellem Gebiet. Erst im Hochmittelalter setzte sich die lateineuropäische Expansion verstärkt fort, indem Nord- und Ostmitteleuropa christianisiert wurden; dies ging einher mit dem sogenannten Landesausbau jenseits der Elbe, aber auch mit einer Welle von Städtegründungen. Im Zuge der Kreuzzüge expandierten die lateineuropäischen Herrschaften dann auch in den Nahen Osten, später auch in den byzantinischen Raum. Ganz am Ende des Mittelalters schließlich begann die Expansion der iberischen Königreiche, zunächst in Richtung Kanarische Inseln, später auch nach Westafrika. Das Seminar fragt nach Ursachen, Akteuren, Begleitumständen und Folgen der europäischen Expansion im Mittelalter und wagt abschließend einen Blick auf das Problem, ob schon während dieser Epoche die Grundlagen für den „Aufstieg“ Europas während der Frühen Neuzeit und der Moderne gelegt wurden.
Literaturempfehlungen: Feldbauer, Peter/Morrissey, John, Italiens Kolonialexpansion – östlicher Mittelmeerraum und die Küsten des Schwarzen Meeres, in: Peter Feldbauer, Gottfried Liedl u. John Morrissey (Hrsg.), Vom Mittelmeer zum Atlantik. Die mittelalterlichen Anfänge der europäischen Expansion, Wien/München 2001, S. 83-102. Fernández Armesto, Felipe, Before Columbus. Exploration and Colonisation from the Mediterranean to the Atlantic, 1229-1492, Philadelphia 1987. Herbers, Klaus, Die Eroberung der Kanarischen Inseln - Ein Modell für die spätere Expansion Portugals und Spaniens nach Afrika und Amerika?, in: Heinz Duchhardt, Jörg A. Schlumberger u. Peter Segl (Hrsg.), Afrika. Entdeckung und Erforschung eines Kontinents (Bayreuther Historische Kolloquien 3), Köln u.a. 1989, S. 51-95. Herbers, Klaus, Die Europäische Expansion. Akteure und Strukturen, Voraussetzungen und Ziele, in: Ders. u. Florian Schuller (Hrsg.), Europa im 15. Jahrhundert. Herbst des Mittelalters – Frühling der Neuzeit?, Regensburg 2012, S. 223-240. North, Michael, The Expansion of Europe: 1250 – 1500 (Manchester Medieval Studies), Manchester u.a. 2012.
prof. Dr. wolfram drews
082252 Übung: Reisen zu den Mongolen – Wilhelm von Rubruk und Johannes von Plano Carpini
Mi., 14-16, Raum: SRZ 216 (Orléans-Ring 12); Beginn: 11.04.2018
Aus dem Hochmittelalter sind Reiseberichte mehrerer europäischer Autoren überliefert, die Reisen nach Ostasien unternahmen, entweder als Händler, wie Marco Polo, oder aber als Gesandte und Missionare, die in päpstlichem oder königlichem Auftrag aufbrachen, um die Herrscher ferner Länder zum Christentum zu bekehren und sie als militärische Bundesgenossen im Rücken der Muslime zu gewinnen; in diesem Kontext entstand etwa die berühmte Legende vom Priesterkönig Johannes. Die Übung behandelt die einschlägigen Texte der beiden bekanntesten mendikantischen Gesandten, die im 13. Jahrhundert in den Fernen Osten aufbrachen. Die Quellen werden in Auszügen gelesen und diskutiert sowie in den jeweiligen politischen, religiösen und kulturellen Kontext gerückt.
Literaturempfehlungen: Brincken, Anna-Dorothee von den, Eine christliche Weltchronik von Qara Qorum. Wilhelm von Rubruck OFM und der Nestorianismus, in: Archiv für Kulturgeschichte 53 (1971) S. 1-19. Fryde, Natalie M., Wilhelm von Rubrucks Reise nach Zentralasien, 1254/5, in: Christof Dipper u. Martin Vogt (Hrsg.), Entdeckungen und frühe Kolonisation, Darmstadt 1993, S. 91-107. Gastgeber, Christian, John of Piano Carpini and William Rubruck. Rereading their Treatises about the Mongols from a Sociolinguistic Point of View, in: Florin Curta u. Bogdan-Petru Maleon (Hrsg.), The Steppe Lands and the World Beyond Them. Studies in Honor of Victor Spinei on his 70th Birthday, Iasi 2013, S. 355-376.
Dr. christian scholl
082213 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Mongolen
Di., 10-14, Raum: F 043 (F-Haus); Beginn: 10.04.2018
Im Verlauf des 13. Jahrhunderts eroberten die Mongolen ein Reich, das sich zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung von China über weite Teile Asiens bis nach Europa erstreckte. Während ihrer Expansion setzten die Mongolen gezielt Terror und Brutalität als Waffen ein, was dazu führte, dass sich die Angst vor dem „Mongolensturm“ über Jahrhunderte hinweg ins kollektive Gedächtnis Europas und Asiens einbrannte. Im Proseminar soll nachgezeichnet werden, wie das Riesenreich der Mongolen entstand, wie es verwaltet und befriedet wurde (Pax Mongolica), wie sich die Beziehungen zwischen Eroberern und Unterworfenen gestalteten und wie das mongolische Imperium schließlich in diverse Teilreiche (u.a. „Horden“) zerfiel. In diesem Zusammenhang sollen auch das Alltagsleben sowie die religiösen Vorstellungen der Mongolen untersucht werden, soweit sich diese rekonstruieren lassen. Ein besonderer Schwerpunkt des Seminars liegt schließlich auf den vielfältigen Beziehungen, die die Westeuropäer mit den Mongolen vor allem über Gesandtschaften unterhielten.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Anwesenheit in der ersten Sitzung ist zwingend erforderlich; Abwesenheit kann nur durch ein ärztliches Attest oder eine Praktikumsbescheinigung entschuldigt werden und ist vor Beginn der ersten Sitzung mitzuteilen.
Literaturempfehlungen: Karénina Kollmar-Paulenz, Die Mongolen. Von Dschingis Khan bis heute, München 2011; Felicitas Schmieder, Europa und die Fremden. Die Mongolen im Urteil des Abendlandes vom 13. bis in das 15. Jahrhundert (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 16), Sigmaringen 1994; Michael Weiers, Geschichte der Mongolen, Stuttgart 2004; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte. Mittelalter, Stuttgart 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Dr. christian scholl
082247 Übung: Das fremde Mittelalter
Mi., 10-12, Raum: F 040 (F-Haus); Beginn: 11.04.2018
Gottesurteile und Tierprozesse, „Hunde tragen“ als Strafe und grausame Hinrichtungen, die als Gottesdiente inszeniert werden, in der Öffentlichkeit weinende Könige und exzessive, aber gleichwohl völlig legale Gewaltanwendung gegen Zivilisten: In vielen Bereichen erscheinen uns soziale Praktiken aus dem Mittelalter heute „fremd“ und auf den ersten Blick kaum nachvollziehbar. In der Übung sollen verschiedene, uns besonders fremd vorkommende Aspekte des Mittelalters näher beleuchtet und erklärt werden; Schwerpunkte sollen dabei auf symbolisch höchst aufgeladene Bereiche wie Rechtsprechung und Urteilsvollstreckung sowie öffentliche Kommunikation gelegt werden. Indem etwa erklärt wird, aus welchen Gründen im Mittelalter Gerichtsverfahren gegen Ratten und Schweine geführt wurden, das Tragen glühender Eisenstangen zur Urteilsfindung in einem Gerichtsprozess diente oder Könige vor aller Öffentlichkeit in Tränen ausbrachen, soll die uns auf den ersten Blick so fremde Vorstellungswelt des Mittelalters gedeutet und verstanden werden.
Literaturempfehlungen: Gerd Althoff, Empörung, Tränen, Zerknirschung. „Emotionen“ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters, in: Frühmittelalterliche Studien 30 (1996), S. 60-79; Peter Dinzelbacher, Das fremde Mittelalter. Gottesurteil und Tierprozess, Essen 2006; Peter Schuster, Verbrecher, Opfer, Heilige. Eine Geschichte des Tötens 1200-1700, Stuttgart 2015; Barbara Stollberg-Rilinger, Rituale (Campus Historische Einführungen 16), Frankfurt am Main 2013.
Dr. des. colin arnaud
082217 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Zünfte im Mittelalter. Das Beispiel der Stadt Köln
Di., 12-16, Raum: SRZ 214 (Orléans-Ring 12); Beginn: 10.04.2018
Zünfte gelten im kollektiven Bewusstsein als verkrustete berufliche Zwangsverbände, die Wettbewerb in der vormodernen Wirtschaft verhinderten und dabei zur wirtschaftlichen Stagnation beitrugen. Im Seminar wird anhand des Beispiels Köln diskutiert, warum dieses Bild revidiert werden soll. Erstens ermöglichten die Kölner Zünfte mit ihren spezialisierten Kaufhäusern einen transparenten Markt und eine faire Konkurrenz. Zweitens spiegelt die Vielfalt der Zünfte die Dynamik der spätmittelalterlichen Wirtschaft wider: In Köln gab es Zünfte sowohl für Kleinhandwerker als auch für Händler, für Textilunternehmer oder Textilarbeiter. Sogar rein weibliche Zünfte existierten. Drittens spielten die Zünfte keineswegs nur eine wirtschaftliche Rolle. Nur unter Berücksichtigung ihrer religiös-karitativen, sozialen, militärischen und vor allem politischen Funktionen sind die Zünfte zu verstehen. In vielen Städten war die Zugehörigkeit zu einer Zunft die Bedingung für den Erhalt des Bürgerstatus. Im Spätmittelalter wurden manche beruflichen Verbände – die Gaffeln – zu festen Bestandteilen der bürgerlichen Verfassung und ernannten Vertreter im Stadtrat. Die Analyse der Kölner Zünfte soll daher als Einführung in die Stadtgeschichte des Mittelalters dienen.
Dr. des. marcel bubert
082215 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Europa im 11. Jahrhundert. Universale Tendenzen und regionale Diversität
Do., 12-14, Raum: F 102 (F-Haus) / Do., 16-18, Raum: F 029 (F-Haus); Beginn: 12.04.2018
Das 11. Jahrhundert ist durch eine lange Reihe von Entwicklungen und Ereignissen in verschiedenen Regionen Europas gekennzeichnet, die mitunter tiefgreifende Veränderungen von langfristiger Tragweite zur Folge hatten. Die Fülle der historisch bedeutsamen Prozesse, die sich in dieser Zeit vollzogen, kann zunächst verwirrend sein, doch zeigt sich bei näherem Hinsehen, dass viele dieser Vorgänge miteinander verbunden sind. Eine ‚Gesamtsicht‘ des Jahrhunderts kann dabei helfen, diese Zusammenhänge zu erklären, eignet sich aber ebenso dazu, die regionale Diversität des europäischen Mittelalters zu thematisieren. Um die kulturelle Vielfalt Europas in diesem spektakulären Jahrhundert in den Blick zu nehmen, sollen im Proseminar sowohl die Zentraleuropa betreffenden Themen als auch solche Aspekte behandelt werden, die mit den geographischen Peripherien Europas verbunden sind. Mit einschlägigen Vorgängen in Skandinavien, England, Wales und Irland, auf der Iberischen Halbinsel und in Sizilien bietet das 11. Jahrhundert viele Ansatzpunkte, um über derartige Dinge nachzudenken, und ist zugleich mit Themen wie dem Reformpapsttum, dem sog. Investiturstreit, der Entstehung von Stadtkommunen, der Gottesfriedensbewegung und dem Kreuzzugsgedanken verbunden. Neben diesen Aspekten wird das Proseminar schließlich in die Fragestellungen und Arbeitstechniken der Mediävistik einführen
Literaturempfehlungen: Michael Borgolte, Europa entdeckt seine Vielfalt 1050-1250, Stuttgart 2002; Alheydis Plassmann, Die Normannen. Erobern – Herrschen – Integrieren, Stuttgart 2008; Timothy Bolton, The Empire of Cnut the Great. Conquest and the Consolidation of Power in Northern Europe in the Early Eleventh Century (The Northern World 40), Leiden 2009; Máire Ní Mhaonaigh, Brian Boru: Ireland's Greatest King, Stroud 2007; Horst Fuhrmann, Papst Gregor VII. und das Zeitalter der Reform: Annäherungen an eine europäische Wende. Ausgewählte Aufsätze, Wiesbaden 2016; Graham A. Loud, The Age of Robert Guiscard: Southern Italy and the Norman Conquest; London 2000; Alexander Pierre Bronisch, Reconquista und Heiliger Krieg. Die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frühe 12. Jahrhundert, Münster 1998; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte. Mittelalter, Stuttgart 2014.
Lehrveranstaltungen im wintersemester 2017/18
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Dr. des. Marcel Bubert und Herrn Nadeem Khan, M.A.
Dr. Christian scholl
080212 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Der Erste Kreuzzug
Di., 14-18, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 17.10.2017
Der thematische Teil des Proseminars befasst sich mit dem Ersten Kreuzzug, der durch den Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. im November 1095 ausgelöst wurde und der mit der blutigen Eroberung Jerusalems im Juli 1099 endete. Dabei wird zunächst der Frage nachgegangen, welche Faktoren zur Entstehung des Kreuzzugsgedankens in Westeuropa beitrugen. Darüber hinaus wird der sog. Volkskreuzzug thematisiert, der für zahlreiche Pogrome an den Juden verantwortlich war, bevor der sich daran anschließende Kreuzzug der Ritter untersucht wird. Im Verlauf des Seminars wird jedoch nicht nur die westeuropäische Sicht auf den Kreuzzug in den Blick genommen, sondern es wird auch danach gefragt, wie Byzantiner und Muslime die Kreuzfahrer wahrnahmen und welche Konsequenzen sich aus dem Eindringen der lateinischen Christenheit in den Vorderen Orient für Byzanz und die arabische Welt ergaben. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Anwesenheit in der ersten Sitzung ist zwingend erforderlich; Abwesenheit kann nur durch ein ärztliches Attest oder eine Praktikumsbescheinigung entschuldigt werden und ist vor Beginn der ersten Sitzung mitzuteilen.
Literaturempfehlungen: Thomas S. Asbridge, Die Kreuzzüge, Stuttgart 2010; Thomas S. Asbridge, The First Crusade. A New History, London 2004; Nikolas Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt 2010; Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 2005; Peter Thorau, Die Kreuzzüge, München 2007; Ralph Johannes Lilje, Byzanz und die Kreuzzüge, Stuttgart 2004; Paul M. Cobb, Der Kampf ums Paradies. Eine islamische Geschichte der Kreuzzüge, Darmstadt 2015; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte. Mittelalter, Stuttgart 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Dr. Christian scholl
080207 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Christen, Juden und Muslime: Religion(en) im Mittelalter
Mi., 14-18, Raum: SRZ 114 (Orléans-Ring 12); Beginn: 18.10.2017
Entgegen zahlreicher Vorurteile war das europäische Mittelalter keineswegs durchgängig monoreligiös geprägt: Jüdische Gemeinden zogen sich quer durch Europa und Begegnungen zwischen Christen und Muslimen gab es in Spanien, Süditalien und dem Heiligen Land. Im Proseminar werden zunächst die religiösen Grundlagen der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam geklärt, bevor daran anschließend die Ausbreitung von Christentum und Islam im Mittelalter thematisiert werden. In diesem Zusammenhang werden auch verschiedene Strömungen innerhalb einzelner Religionen („Häresien“) in den Blick genommen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Beziehungen zwischen Christen, Juden und Muslimen, wobei sowohl die friedliche Koexistenz zwischen Angehörigen verschiedener Religionen als auch Konflikte bis hin zu Krieg (Kreuzzüge, Reconquista) und Verfolgung zur Sprache kommen werden. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Anwesenheit in der ersten Sitzung ist zwingend erforderlich; Abwesenheit kann nur durch ein ärztliches Attest oder eine Praktikumsbescheinigung entschuldigt werden und ist vor Beginn der ersten Sitzung mitzuteilen.
Literaturempfehlungen: Arnold Angenendt, Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900, Stuttgart 2001; Michael Borgolte, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400 n. Chr., München 2006; Christoph Cluse (Hg.), Europas Juden im Mittelalter. Beiträge des internationalen Symposiums in Speyer vom 20 bis 25 Oktober 2002, Trier 2004; Jörg Oberste, Ketzerei und Inquisition im Mittelalter, Darmstadt 2007; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte. Mittelalter, Stuttgart 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 2011.
Dr. des. marcel bubert
080209 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Reformen, Reformprojekte und Utopien im Mittelalter
Mi., 12-14, Raum: F 153 (F-Haus) / Mi., 16-18, Raum: ES 227 (Johannisstr. 12-20); Beginn: 18.10.2017
‚Reformen‘ und ‚Reformprojekte‘ im europäischen Mittelalter haben viele Gesichter. Kaum ein Jahrhundert, in dem nicht in bestimmten Bereichen der Gesellschaft Reformen verfolgt oder vehement gefordert wurden. Das Seminar hat das Ziel, die Vielgestaltigkeit der mittelalterlichen Reformbestrebungen in den Blick zu nehmen, ihre Begriffe, Ziele und Funktionen zu erörtern. In welchen gesellschaftlichen Sphären wurden Reformen in Angriff genommen? Bis zu welchem Grad und unter welchen Bedingungen wurden sie realisiert? Wer forderte Reformen und zu welchem Zweck? Inwiefern lassen sich Unterschiede zwischen mittelalterlichen und modernen Reformkonzepten feststellen? Dabei werden so verschiedene Reformkontexte betrachtet wie die karolingischen Reformen des 8. und 9. Jahrhunderts, das Reformpapsttum des 11. Jahrhunderts, monastische und religiöse Reformbewegungen, die verschiedenen Programme einer Studienreform im Umfeld der mittelalterlichen Universitäten, die Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts, sowie, natürlich, die ‚Reformation‘. Thematisch mit Reformen verknüpft sind schließlich utopische Entwürfe im Mittelalter. Im Hinblick auf die Formen und Funktionen von Einfachheitsutopien im politischen Diskurs der Gegenwart lohnt sich eine historische Betrachtung der Konstruktionsprinzipien utopischer Konzeptionen und der spezifischen Funktionen, die sie in den mittelalterlichen Gesellschaften erfüllten.
Literaturempfehlungen: Hellmut Zschoch: Die Christenheit im Hoch- und Spätmittelalter. Von der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts zu den Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts, Göttingen 2004; Karl Augustin Frech, Reform an Haupt und Gliedern. Untersuchung zur Entwicklung und Verwendung der Formulierung im Hoch- und Spätmittelalter, Frankfurt am Main 1992; Raymund Kottje/Helmut Maurer (Hrsg.), Monastische Reformen im 9. und 10. Jahrhundert, Sigmaringen 1989; Horst Fuhrmann, Papst Gregor VII. und das Zeitalter der Reform: Annäherungen an eine europäische Wende. Ausgewählte Aufsätze, hrsg. von Martina Hartmann, Wiesbaden 2016; Sebastian Dümling, Träume der Einfachheit. Gesellschaftsbeobachtungen in den Reformschriften des 15. Jahrhunderts, Husum 2017; Thomas Kaufmann, Erlöste und Verdammte. Eine Geschichte der Reformation, München 2017; Heiko Hartmann/Werner Röcke (Hrsg.), Utopie im Mittelalter. Begriff – Formen – Funktionen, Berlin 2013; Christian Hoffarth, Urkirche als Utopie. Die Idee der Gütergemeinschaft im späteren Mittelalter von Olivi bis Wyclif, Stuttgart 2016.
nadeem khan, m.a.
080210 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Religionskriege? Christentum und Islam im Vergleich.
Do., 14-18, Raum: F 030 (F-Haus); Beginn: 19.10.2017
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2017
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. des. Colin Arnaud und Herrn Sebastian Rothe
Prof. Dr. Wolfram Drews
088275 Masterseminar: Fernhandel im Mittelalter
Mo., 16-18, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 24.04.2017
Neben Migrationen und Imperiengeschichte ist Fernhandel eines der Forschungsgebiete der neueren Globalgeschichte. Dabei gilt es zu beachten, daß sich Handelsbeziehungen im Mittelalter überwiegend auf lokaler und regionaler Ebene vollzogen. Gleichwohl war Fernhandel ein für Sozial- und Kulturgeschichte wichtiges Phänomen. Im frühen Mittelalter kam in diesem Zusammenhang dem Mittelmeerhandel eine besondere Bedeutung zu; zu fragen ist dabei danach, welche Güter getauscht wurden und welche Bevölkerungsgruppen Träger dieser Austauschbeziehungen waren. Im hohen und späten Mittelalter waren nicht nur italienische Seestädte, sondern auch katalanische Kaufleute führend im Mittelmeerhandel, was mit der Etablierung maritimer Handelsimperien (Thalassokratien) verbunden war. In Nord- und Osteuropa etablierte die Hanse ein Nord- und Ostsee umspannendes Handelsnetzwerk. Die Beschäftigung mit der Hanse kann Anlaß sein, sich mit politischen Folgen von Fernhandelsbeziehungen auseinanderzusetzen, mit Auswirkungen auf die Verfassungs- und Sozialgeschichte baltischer Städte und mit Implikationen der Austauschbeziehungen für die künstlerische Produktion in den solcherart vernetzten Gebieten.
Literaturempfehlungen: Bohn, Robert (ed.), Fernhandel in Antike und Mittelalter, Darmstadt 2008. Ewert, Ulf Christian / Selzer, Stephan, Netzwerkorganisation im Fernhandel des Mittelalters. Wettbewerbsvorteil oder Wachstumshemmnis? in: Sydow, Jörg / Berghoff, Hartmut (eds.), Unternehmerische Netzwerke. Eine historische Organisationsform mit Zukunft?, Stuttgart 2007, 45-70. McCormick, Michael, Origins of the European economy: Communications and commerce, A.D. 300-900, Cambridge 2002.
Prof. Dr. Wolfram Drews
088245 Übung: Egeria, Ibn Battuta und Marco Polo: Reise- und Pilgerberichte im Mittelalter
Di., 16-18, Raum: F 029 (F-Haus); Beginn: 18.04.2017
Unter den überlieferten Pilgerberichten des Mittelalters ragt das Zeugnis der spanischen Pilgerin Egeria (Aetheria) heraus, nicht nur wegen seiner weiblichen Autorin, sondern auch wegen der detaillierten Beschreibung des Heiligen Landes, seiner Wallfahrtsziele, Kirchen und liturgischen Bräuche. Ibn Baṭṭūṭa war einer der bedeutendsten muslimischen Reisenden des Mittelalters, der die gesamte islamische Welt und Asien bis nach China, aber auch Ostafrika erkundete; obwohl seine Berichte teilweise übertrieben und wohl auch passagenweise erfunden sind, erlauben sie einen faszinierenden Einblick in die von mehreren Glaubensgemeinschaften geprägte mediterrane Welt. Marco Polo schließlich war der bedeutendste christliche Reisende des späteren Mittelalters; auch er gelangte bis nach China, und auch seine Reiseerlebnisse kennen wir nur aus seinen eigenen Berichten; auch in seinem Fall kam es zu gelegentlichen Zweifeln an der Wahrhaftigkeit seiner Schilderungen. Die Übung stellt ausgewählte Passagen aus den drei Quellen vor.
Literaturempfehlungen: Aetheria/Egeria, Reise ins Heilige Land. Lateinisch-deutsch, herausgegeben und übersetzt von Kai Brodersen, Berlin 2016. Egeria's travels / Aetheria, Oxford 32006. Conermann, Stephan Die Beschreibung Indiens in der „Riḥla“ des Ibn-Baṭṭūṭa, Berlin 1993. Münkler, Marina, Marco Polo: Leben und Legende, München 2015. Ménard, Philippe, Marco Polo: die Geschichte einer legendären Reise, Darmstadt 2009. Die Reisen des Ibn Baṭṭūṭa. Herausgegeben und übersetzt von Horst Jürgen Grün, München 2007.
Prof. Dr. Wolfram Drews
088200 Einführungsvorlesung: Das Mittelalter
Mi., 10-12, Raum: F 4 (F-Haus); Beginn: 19.04.2017
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, werden Grundzüge der Forschungsgeschichte überblicksartig vorgestellt. Thematisiert werden nicht nur die Geschichte des lateinischen Europas, sondern ebenso auch Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefaßten – Mittelmeergebiet vor und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike und Früher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Literaturempfehlungen: Borgolte, Michael, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400, München 2006. Mitterauer, Michael, Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs, München 2003
Prof. Dr. Wolfram Drews
088230 Hauptseminar: Migrationen im Mittelalter
Mi., 14-16, Raum: ETH 302 (Universitätsstr. 13-17); Beginn: 19.04.2017
Migrationen sind nicht nur ein politisches und gesellschaftliches Problem der Gegenwart; auch die Geschichte der Vormoderne, namentlich des Mittelalters, war von unterschiedlichen Wanderungsbewegungen geprägt. In der aktuellen Geschichtswissenschaft bilden Migrationen neben der Imperiengeschichte und der Erforschung von Handelsbeziehungen eines der Hauptforschungsgebiete der neuen Globalgeschichte. Vor dem Hintergrund aktueller Diskussion in der Öffentlichkeit ist es bemerkenswert, daß Migrationen im Mittelalter keineswegs als ungewöhnlich angesehen wurden; vielmehr ging man davon aus, daß die meisten „Völker“ im Laufe ihrer Geschichte aus- bzw. eingewandert waren; Migrationen waren also eine Grundkonstante der Erinnerung und der Wahrnehmung. Das Hauptseminar behandelt ausgewählte Fallbeispiele, ausgehend von der sogenannten Völkerwanderung der Spätantike über die Wanderungen und Raubzüge der Wikinger und Normannen, die Entstehung und Entfaltung der jüdischen Diaspora bis hin zu Migrationsphänomenen im Umfeld der frühen islamischen Expansion sowie der Etablierung slawischer Siedlungsformen in Mittel- und Osteuropa.
Literaturempfehlungen: Borgolte, Michael (ed.), Migrationen im Mittelalter: ein Handbuch, Berlin 2014. Borgolte, Michael / Dücker, Julia / Müllerburg, Marcel / Predatsch, Paul / Schneidmüller, Bernd (eds.), Europa im Geflecht der Welt. Mittelalterliche Migrationen in globalen Bezügen, Berlin 2012. Borgolte, Michael, Migrationen als transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Europa. Ein neuer Pflug für alte Forschungsfelder, Historische Zeitschrift 289 (2009) 261-286.
Dr. des. colin arnaud
088215 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Shades of Deviance: Religiöse Bewegungen zwischen tolerierter Erneuerung und bekämpfter Häresie (11.-13. Jahrhundert)
Mi., 14-18, Raum: F 029 (F-Haus); Beginn: 19.04.2017
Im Hochmittelalter entstanden abseits der kirchlichen Hierarchie religiöse Strömungen, die eine neue Religiosität vertraten. Diese neuen religiösen Einstellungen antworteten auf gesellschaftliche Umwälzungen: Während sich in den wachsenden Städten ein neuartiger Wohlstand etablierten, propagierten Katharer, Waldenser, Humiliaten, Amalrikaner und Franziskaner eine radikale Idee der freiwilligen Armut. Die Kirche betrachtete diese devianten Bewegungen mit Skepsis, konnte aber deren Erfolg nicht ignorieren. Manche Bewegungen wie die Humiliaten oder die Franziskaner wurden in die kirchlichen Institutionen integriert, andere wie die Katharer und Waldenser der Ketzerei bezichtigt und hart bekämpft. Im Seminar sollen diese Schattierungen religiöser Devianz und ihr Aushandlungsprozess mit dem katholischen Mainstream thematisiert werden.
Literaturempfehlungen: Grundmann, Herbert: Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Untersuchungen über die geschichtlichen Zusammenhänge zwischen der Ketzerei, den Bettelorden und der religiösen Frauenbewegung im 12. und 13. Jahrhundert und über die geschichtlichen Grundlagen der deutschen Mystik, Berlin 1935, ND Berlin 1977; Little Lester Knox, Religious poverty and the profit economy in medieval Europe, 2. Aufl., Ithaca (NY) 1983.
sebastian rothe
088249 Übung: Ausgewählte Quellen zur Spanischen Inquisition
Mi., 16-18, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 26.04.2017
Die Spanische Inquisition gilt als Inbegriff des finsteren Mittelalters, der religiösen Intoleranz und Willkürherrschaft kirchlicher Amtsträger. Dieser Vorstellung, deren Wurzeln bereits in der protestantischen Kritik des 16. Jahrhunderts zu suchen sind, ist in der historischen Forschung die Bedeutung der Inquisition für die europäische Rechts- und Bürokratiegeschichte gegenübergestellt worden. Im Mittelpunkt der Übung stehen Quellen zur formativen Phase der Spanischen Inquisition im ausgehenden Mittelalter. Bis 1478 war die päpstliche Ketzerinquisition in Kastilien inexistent. Dementsprechend nimmt die Frage nach den Gründen für die Etablierung der Spanischen Inquisition in der Forschung einen breiten Raum ein. Anhand dieser Frage soll die kritische Lektüre unterschiedlicher Quellengattungen wie historiographischer Quellen, päpstlicher und königlicher Urkunden, kanonischer und weltlicher Gesetzestexte sowie theologischer Traktate eingeübt werden. Die Frage nach den rechtlichen und theologischen Grundlagen erfordert einen Blick auf die Geschichte des Umgangs mit religiöser Devianz seit frühchristlicher Zeit. Daneben werden wir uns der Inquisition als Organisation und insbesondere dem Verfahren der Glaubensprozesse widmen. Einmal etabliert, um gegen sogenannte „Judaisierer“ vorzugehen, eröffnete die Inquisition bald auch Prozesse gegen Konvertiten aus dem Islam und Mystiker, ja selbst gegen die altchristliche Bevölkerung wegen Blasphemie, sexueller Devianz, Hexerei und Aberglaube. Da die Akten dieser Prozesse einen überaus reichen Fundus für eine Vielzahl kultur- und sozialgeschichtlicher Fragestellungen bieten, werden wir uns nicht zuletzt mit ebenjenen quellenkritisch auseinandersetzen. Die Quellen werden in englischer Übersetzung gelesen. Latein- oder Spanischkenntnisse sind nicht zwingend erforderlich, aber durchaus von Vorteil. Bei Interesse wären auch paläographische Arbeiten und Übersetzungen als Studien- bzw. Prüfungsleistungen denkbar.
Literaturempfehlungen: Ángel Alcalá (Hrsg.), The Spanish Inquisition and the Inquisitorial Mind, New York 1987; Henry Kamen, The Spanish Inquisition. A Historical Revision, New Haven u. a. 1998; Benzion Netanyahu, The Origins of the Inquisition in fifteenth century Spain, New York u. a. ²2001; Klaus Herbers, Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Stuttgart 2006; Klaus Herbers/Nikolas Jaspert (Hrsgg.), Integration – Segregation – Vertreibung. Religiöse Minderheiten und Randgruppen auf der Iberischen Halbinsel (7. - 17. Jahrhundert) (= Geschichte und Kultur der Iberischen Welt 8), Berlin u. a. 2011; Jörg Oberste, Ketzerei und Inquisition im Mittelalter, Darmstadt 2007; The Spanish Inquisition, 1478 – 1614. An Anthology of Sources, hrsg. u. übers. von Lu Ann Homza, Indianapolis u. a. 2006.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2016/17
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Dr. des. Colin Arnaud und Herrn Marcel Bubert, M.A.
Prof. Dr. Wolfram Drews
086274 Masterseminar: Welt- und Globalgeschichte im Mittelalter
Mo., 16-18, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 17.10.2016
Neuere Ansätze der Globalgeschichte konzentrieren sich häufig auf die Neuzeit; nur manchmal werden gewissen Vorstufen in der Antike oder im Mittelalter eingeräumt. Ist eine solche Herangehendweise berechtigt? Gibt es eigene, mittelalterliche Ansätze zur Konzeptualisierung einer „weltumspannenden“ Perspektive auf die Geschichte? Welche Unterschiede bestehen zwischen Welt-, Global- und Universalgeschichte? Im Seminar werden einige Ansätze zum Entwurf von Welt- oder Globalgeschichten diskutiert; daneben finden auch Fallstudien Berücksichtigung, die eine transkulturelle Perspektive einnehmen und als Beitrag zu einer Globalgeschichte des Mittelalters aufgefaßt werden können. Themenvorschläge der Studierenden zur thematischen Gestaltung werden gerne berücksichtigt.
Literaturempfehlungen: Kedar, Benjamin Z. / Merry E. Wiesner-Hanks (eds.), The Cambridge world history, V: Expanding webs of exchange and conflict, 500 CE - 1500 CE, Cambridge 2015; Borgolte, Michael, Wie Weltgeschichte erforscht werden kann. Ein Projekt zum interkulturellen Vergleich im mittelalterlichen Jahrtausend, Zeitschrift für Historische Forschung 43 (2016), 1-27; Darwin, John, After Tamerlane. The Global History of Empire since 1405, London 2007; Drews, Wolfram, Transkulturelle Perspektiven in der mittelalterlichen Historiographie. Zur Diskussion welt- und globalgeschichtlicher Entwürfe in der aktuellen Geschichtswissenschaft, Historische Zeitschrift 292 (2011), 31-59; Flüchter, Antje / Michael Jucker, Wie globalisiert war die Vormoderne? Ein Plädoyer für einen neuen Blick in den asiatischen Raum, Traverse 14 (2007), 97-111.
Prof. Dr. Wolfram Drews
086226 Hauptseminar: Imperien des Mittelalters im globalen Vergleich
Di., 16-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 18.10.2016
Seit dem Aufschwung der postcolonial studies ist das Interesse der Forschung für Imperien gewachsen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln analysiert werden: Unter dem Aspekt des Verhältnisses von Zentren und Peripherien, der imperialen Eliten, der imperialen Ressourcen oder auch der imperialen „Mission“. Diesen neueren Ansätzen steht die traditionelle Reichsgeschichte gegenüber, die zu den etablierten Kerngebieten der deutschen Mediävistik zählt. Die Ergebnisse der älteren Reichsgeschichte können heute mit den Postulaten neuerer Ansätze konfrontiert werden und erscheinen so in einem ganz anderen Licht: Das römisch-deutsche Kaisertum kann nicht nur mit dem byzantinischen Reich verglichen werden, sondern auch mit anderen regionalen Kaisertiteln, die nicht auf Rom bezogen waren (etwa bei den Angelsachsen und in Spanien); das Interesse der Forschung richtet sich aber auch auf den außereuropäischen Bereich, wo nicht nur das islamische Kalifat in den Blick genommen wird (zeitweise gab es drei rivalisierende Kalifate, die auch mit christlichen Imperien konkurrierten), sondern auch das chinesische Kaisertum, manchmal ergänzt um andere ostasiatische Kaisertümer wie in Japan. Nicht zuletzt findet auch das mongolische Weltreich Berücksichtigung, das – neben dem byzantinischen Kaisertum – eine Legitimationsquelle für das Moskauer Imperium des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit darstellte. Das Seminar thematisiert unterschiedliche Kaisertümer und berücksichtigt dabei insbesondere die Frage der möglichen Vergleichbarkeit.
Literaturempfehlungen: Gehler, Michael (ed.), Imperien und Reiche in der Weltgeschichte. Epochenübergreifende und globalhistorische Vergleiche, I: Imperien des Altertums, mittelalterliche und frühneuzeitliche Imperien, Wiesbaden 2014; Drews, Wolfram, Antje Flüchter u.a., Monarchische Herrschaftsformen der Vormoderne in transkultureller Perspektive (Europa im Mittelalter. Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik 26), Berlin 2015; Drews, Wolfram, Imperiale Herrschaft an der Peripherie? Hegemonialstreben und politische Konkurrenz zwischen christlichen und islamischen Herrschern im früh- und hochmittelalterlichen ‛Westen’, Frühmittelalterliche Studien 46 (2012), 1-3; Höfert, Almut, Kaisertum und Kalifat. Der imperiale Monotheismus im Früh- und Hochmittelalter (Globalgeschichte 21), Frankfurt/M. 2015
Prof. Dr. Wolfram Drews
086211 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens
Mi., 10-14, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 26.10.2016
1935 veröffentlichte der Historiker Carl Erdmann sein Standardwerk zur Entstehung des Kreuzzugsgedankens, das die Forschung bis heute nachhaltig prägt. Als einer von wenigen deutschen Mediävisten bewahrte der Autor Distanz zum nationalsozialistischen Regime, weshalb der Historikerverband seinen seit 2011 verliehenen Preis für neu Habilitierte nach ihm benannt hat; bekanntlich war es schwierig, politisch unbelastete Historiker zu finden, die noch dazu wegweisende Forschungsarbeiten vorgelegt hatten, nach denen ein Preis zur Förderung des sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchses benannt werden konnte. Das Seminar führt anhand von Erdmann und seinem Werk in die Geschichte des Faches und in das historische Arbeiten ein. Thematisch behandelt werden die Frage nach „heiligen Kriegen“, nach der Sakralisierung der Kriegführung, nach dem Verhältnis von Klerus und Krieg, nach dem Verhältnis des Papsttums zum Einsatz militärischer Gewalt und zuletzt die konkreten historischen Voraussetzungen für den Aufruf Papst Urbans II. in Clermont von 1095, der den Anstoß zum ersten Kreuzzug lieferte.
Literaturempfehlungen: Erdmann, Carl, Die Entstehung des Kreuzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6), Stuttgart 1935; Riley-Smith, Jonathan, The First Crusade and the Idea of Crusading, London 1986; Harnack, Adolf v., Militia Christi. Die christliche Religion und der Soldatenstand in den ersten drei Jahrhunderten, Tübingen 1905, ND Darmstadt 1963.
dr. christian scholl
086207 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
England im Mittelalter
Achtung: Raumänderung!!! Jetzt: Di., 10-12, Raum: VSH 17 (vom Stein Haus) / Di., 12-14, Raum: S 055 (Schloss); Beginn: 25.10.2016
Aufgrund seiner Insellage nahm die Geschichte Englands im Mittelalter in vielerlei Hinsicht einen anderen Verlauf als die Geschichte auf dem Kontinent, auch wenn das Land während der gesamten mittelalterlichen Jahrhunderten in engen Kontakten zum Festland stand. Die ungleiche Entwicklung begann schon bald nach dem Rückzug der Römer aus Britannien, als die römischen Traditionen und „Einflüsse“ auf der Insel in ungleich schnellerem Maße verschwanden als auf dem Kontinent. Im Proseminar soll zunächst die politische Geschichte Englands vom Ende der römischen Herrschaft und dem Beginn der angelsächsischen Besiedlung im 5. bis zum Beginn der Tudor-Herrschaft im späten 15. Jahrhundert behandelt werden. Schwerpunkte sollen dabei u.a. auf der Zeit der Wikingereinfälle, der normannischen Eroberung im Jahre 1066 sowie den Auseinandersetzungen zwischen der Krone und den Baronen, die in der 1215 verabschiedeten Magna Carta mündeten, liegen. Neben der politischen Geschichte sollen auch sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche Themen im Seminar besprochen werden. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Da mehrere im Proseminar besprochene Quellen und Sekundärwerke nur in englischer Übersetzung bzw. Sprache vorliegen, sind gute Englischkenntnisse Voraussetzung für den Besuch des Seminars.
Literaturempfehlungen: Michael Maurer, Geschichte Englands, Stuttgart 2014; Jürgen Sarnowsky, England im Mittelalter, Darmstadt 2002; Hanna Vollrath, Natalie Fryde (Hg.), Die englischen Könige im Mittelalter. Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III., München 2004; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 42014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
dr. christian scholl
086210 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Kirchenreform und Investiturstreit
Mo., 14-18, Raum: F 072 (F-Haus); Beginn: 24.10.2016
Kaum ein Ereignis hat die mittelalterliche Welt so sehr erschüttert wie der in der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts wurzelnde sog. Investiturstreit, dessen dramatischer Höhepunkt ohne Zweifel der berühmt-berüchtigte Gang Kaiser Heinrichs IV. nach Canossa im Januar 1077 war. Im Proseminar soll danach gefragt werden, aus welchen Gründen es ab der Mitte des 11. Jahrhunderts zunehmend zu Konflikten zwischen den beiden mittelalterlichen Universalgewalten Kaisertum und Papsttum kam, die schließlich in der Auseinandersetzung zwischen Papst Gregor VII. und Kaiser Heinrich IV. eskalierten. Zu diesem Zweck werden zunächst die ursprünglich vom Kloster Cluny ausgehenden innerkirchlichen Reformen des 10./11. Jahrhunderts unter der Fragestellung in den Blick genommen, inwiefern diese den Investiturstreit mitverursachten. Daran anschließend werden der Weg in den Konflikt, der letztlich über die von Heinrich III. einberufene Synode von Sutri vom salischen Kaiserhaus selbst eingeleitet wurde, der Verlauf des Investiturstreits sowie dessen Beendigung durch das Wormser Konkordat von 1122 thematisiert. Ein letzter Schwerpunkt liegt auf der Rezeption des Investiturstreits, der gerade die deutschsprachige Mediävistik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts entscheidend prägte und der noch heute heftige Kontroversen unter Historikern auslöst.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literaturempfehlungen: Gerd Althoff, Heinrich IV. Darmstadt 2006; Werner Goez, Kirchenreform und Investiturstreit 910-1122, Stuttgart 22008; Wilfried Hartmann, Der Investiturstreit (Enzyklopädie deutscher Geschichte 21), München 32007; Johannes Laudage, Der Investiturstreit. Quellen und Materialien (lateinisch-deutsch), Köln 22006; Stefan Weinfurter, Canossa. Die Entzauberung der Welt, München 2006; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 42014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
dr. des. colin arnaud
086215 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Natural- und Geldwirtschaft im frühen Mittelalter
Mi., 08-12, Raum: SRZ 105 (Orléans-Ring 12); Beginn: 26.10.2016
Bis zum Spätmittelalter war der Geldgebrauch relativ gering. Gerade deswegen aber ist es interessant, die An- und Abwesenheit des Geldes im Wirtschaftsleben des frühen Mittelalters als Fokus für ein tieferes Verständnis der damaligen Wirtschafts- und Sozialstrukturen zu untersuchen. Im Seminar werden wir versuchen zu verstehen, welche konkrete Funktion das Geld einnnahm. Dabei ist das fiktive Geld als rein theoretische Rechnungseinheit vom praktischen Umgang mit Münzen zu unterscheiden.
Wir werden die Sekundärliteratur über Domanial- und Villikationsbetriebe, über Grundherrschaft und über die sogenannte Feudalgesellschaft mit den Dokumenten der Zeit konfrontieren. Urkunden und Urbare (Besitzungenverzeichnisse) der karolingischen Zeit werden deswegen im Mittelpunkt des Seminars stehen. Die Quellenanalyse wird uns auch die Gelegenheit geben, Grundlagen der historischen Mediävistik zu thematisieren, wie etwa Paläographie, Diplomatik, Chronologie.
Die Studenten werden an dem Seminar aktiv und regelmäßig teilnehmen, ein Referat halten und abschließend eine Klausur sowie eine Hausarbeit schreiben.
marcel bubert, M.a.
086248 Übung: Irland und Europa im Mittelalter
Mi., 14-16, Achtung: Raumänderung!!! Jetzt Raum: JO 1 (Johannisstr. 4); Beginn: 19.10.2016
Irland nimmt im europäischen Mittelalter nicht nur geographisch eine exzentrische Position ein. In vieler Hinsicht lässt sich Irland als eigener kultureller Raum begreifen, der spezielle politische Strukturen, kirchliche Organisationsformen sowie literarische und gelehrte Traditionen aufweist. Die besonderen Charakteristika Irlands, die mit der starken Kontinuität vorchristlicher ("keltischer") Traditionen zusammenhängen, sollen in der Übung im Vergleich mit den Verhältnissen auf dem europäischen Festland herausgearbeitet werden. Besonderes Augenmerk soll, neben der politischen Geschichte, der Klosterkultur des irischen Mittelalters geschenkt werden, in der sich ein in Europa singuläres Gelehrtentum entwickelte, das etwa für die Bewahrung und Verschriftung des weltlichen (keltischsprachigen) Rechts sowie der archaischen irischen Dichtung verantwortlich ist. In einem zweiten Schritt nimmt die Übung die vielfältigen Austausch und Transferprozesse zwischen Irland und dem europäischen Festland in den Blick. Dabei wird es etwa um die irischen Klostergründungen auf dem Kontinent gehen, um irische Gelehrte an den karolingischen Höfen, sowie um die damit verbundene Vermittlung von Büchern und Texten. Bezogen auf diese Thematik werden auch kulturtheoretische Fragen aufgeworfen und diskutiert.
Literaturempfehlungen: Thomas Charles-Edwards, Early Christian Ireland, Cambridge 2000; Michael Richter, Irland im Mittelalter. Kultur und Geschichte, München 1996; Próinséas NíChatháin/Michael Richter (Hgg.), Irland und Europa im frühen Mittelalter. Bildung und Literatur/Ireland and Europe in the Early Middle Ages. Learning and Literature, Stuttgart 1996; Dáibhí Ó Cróinín, Early Medieval Ireland, 400-1200, London 1995; Próinséas NíChatháin/Michael Richter (Hgg.), Irland und Europa. Die Kirche im Frühmittelalter/Ireland and Europe. The Early Church, Stuttgart 1984; Heinz Löwe (Hrsg.), Die Iren und Europa im früheren Mittelalter, 2 Bde., Stuttgart 1982.
marcel bubert, m.a.
086214 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Was Herrscher wollen. Absichten, Pläne und Strategien in der politischen Praxis des frühen Mittelalters
Mi., 16-18, Raum: G 32 (Georgskommende 14) / Do., 16-18, Raum: KTh IV (Johannisstr. 8-10); Beginn: 26.10.2016
Das Seminar richtet sich auf zwei thematische Aspekte: Einerseits sollen einschlägige Beispiele von ‚planmäßigem‘ oder ‚strategischem‘ Handeln in der Herrschaftspraxis des frühen Mittelalters betrachtet werden. Dabei wird es unter anderem um die Reformbemühungen der Karolinger im 8. und 9. Jahrhundert gehen, also um das Projekt einer Vereinheitlichung kultureller und religiöser Praktiken im Frankenreich. Ebenso werden die militärischen Unternehmen dieser Zeit in den Blick genommen. Welche Ziele wurden dabei verfolgt und inwieweit konnten sie umgesetzt werden? Der zweite Aspekt, den das Seminar verfolgt, ist mit der Frage verbunden, ob oder in welchem Maße es dem Historiker überhaupt möglich ist, die ‚Absichten‘ historischer Personen zu erschließen, und welche methodischen Probleme sich dabei ergeben. Inwieweit lässt sich politisches Handeln eigentlich als erfolgreiches oder vergebliches Umsetzen zuvor getroffener ‚Pläne‘ interpretieren? In welchem Verhältnis stehen die jeweiligen Vorhaben zu dem, was tatsächlich politisch realisiert wurde? Und wie geht man damit um, wenn sich die Akteure gar nicht über ihre ‚Absichten‘ geäußert haben oder keine entsprechenden Quellen vorliegen? Mit der Behandlung dieser und anderer Fragen soll im Seminar das Problem reflektiert werden, dass Historiker in vielen Fällen gezwungen sind, Absichten und Strategien schlicht zu unterstellen, um auf diese Weise eine ‚nachvollziehbare‘ Geschichte schreiben zu können. Von diesem Punkt ausgehend lassen sich schließlich die zentralen Fragen der Quellenkritik und Quelleninterpretation, mit denen die historische Arbeit verbunden ist, ableiten und diskutieren.
Das Proseminar bietet gleichzeitig eine Einführung in die gängigen Arbeitstechniken und Methoden, Hilfsmittel und Fragestellungen der mittelalterlichen Geschichte.
Literaturempfehlungen: Karl Ubl, Die Karolinger. Herrscher und Reich, München 2014; Rudolf Schieffer, Die Karolinger, 5. Aufl., Stuttgart 2014; Matthias Becher, Karl der Große, 6. Aufl., München 2014; Mayke de Jong, The Penitential State. Authority and Atonement in the Age of Louis the Pious, 814-840, Cambridge 2009; Stuart Airlie/Walter Pohl/Helmut Reimitz (Hgg.), Staat im frühen Mittelalter, Wien 2006; Josef Fleckenstein, Die Bildungsreform Karls des Großen als Verwirklichung der Norma rectitudinis, Bigge 1953; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, 4. Aufl., Stuttgart 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, 3. Aufl., Konstanz 2011.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2016
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Frau Prof. Dr. Almut Höfert, Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Tobias Hoffmann, M.A. und Herrn Nadeem Khan, M.A.
Prof. Dr. almut höfert
084229 Hauptseminar: Märtyrer im Mittelalter
Mi., 16-18, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 13.04.2016
Märtyrer und Märtyrerinnen waren im Mittelalter omnipräsent. Als älteste und größte Gruppe unter den Heiligen veränderte sich ihr Kult fortwährend, neue Märtyrer kamen – in geringerer Zeit – hinzu. Auch in den Kirchen in und um Münster ist die Gruppe der Märtyrer unter anderem mit Paulus, Petrus, Stephanus, Clemens, Sebastian, Agathe, Margarete und Lambert gut vertreten. Dieses Seminar wird einen Bogen von den spätantik-frühmittelalterlichen Märtyrern über christliche und islamische Märtyrer während der Kreuzzüge bis in die Heiligenkulte von Märtyrern ins Spätmittelalter schlagen und dabei unterschiedliche Analysemethoden anwenden.
Literaturempfehlungen: Beat Näf: Städte und ihre Märtyrer. Fribourg 2011; Diana Wood (Hg.): Martyrs and martyrologies. Oxford 1993; Robert Bartlett: Why Can the Dead Do Such Great Things? Saints and Worshippers from the Martyrs to the Reformation. Princeton, Oxford 2013.
Prof. Dr. almut höfert
084228 Hauptseminar: Männlichkeiten im Mittelalter
Do., 10-12, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 14.04.2016
Als sich die Geschlechtergeschichte in den 1980er Jahren aus der Frauengeschichte entwickelte, kamen auch Männer und männliche Geschlechterrollen in den Blick historischer Forschungen. In diesem Seminar werden wir uns mit den methodischen Grundlagen der historischen Männlichkeitsforschung befassen und fragen, wie unterschiedliche Gruppen von Männern – vom Adligen über den Bettelordensmönch hin zum Handwerker – in ihrem Selbstverständnis und ihren Praktiken im Mittelalter die Frage beantworteten: Wann ist der Mann ein Mann?
Literaturempfehlungen: Hadley, D. M. (Hg.): Masculinity in Medieval Europe. London, New York 1999; Karras, Ruth Mazo: From Boys to Men. Formations of Masculinity in Late Medieval Europe. Philadelphia 2003; Schmale, Wolfgang: Geschichte der Männlichkeit in Europa (1450-2000). Wien 2003; Martschukat, Jürgen / Stieglitz, Olaf: Geschichte der Männlichkeiten. Frankfurt am Main 2008.
Prof. Dr. almut höfert
084250 Übung: Jenseits des Eurozentrismus: Ansätze der transkulturellen Geschichte
Do., 16-18, Raum: F 3 (F-Haus); Beginn: 14.04.2016
Was ist eigentlich Globalgeschichte? Ist es die Summe aller großen weltgeschichtlichen Entwicklungen, die entweder additiv oder mit der Suche nach Strukturmustern zusammengebracht werden? Oder sollten Phänomene mit einer globalen Verbreitungsrate in den Blick genommen werden? Läßt sich in diesem Fall dann eine Globalgeschichte vor der Globalisierung schreiben? In dieser Übung werden wir unterschiedliche Ansätze von der Universalgeschichte der Aufklärung über die Weltgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts bis zu den jüngeren Arbeiten der neueren Globalgeschichte kennenlernen. Neben theoretischen Diskussionen werden dabei auch praktische Beispiele behandelt werden.
Literaturempfehlungen: Bayly, Christopher: Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780–1914. Frankfurt am Main 2006 (engl. Original Oxford 2004); Mintz, Sidney: Die süße Macht. Kulturgeschichte des Zuckers. Frankfurt am Main 2007 (eng. Erstausgabe New York 1985); Osterhammel, Jürgen (Hg.): Weltgeschichte (Basistexte Geschichte 4). Stuttgart 2008; Bang, Peter (Hg.): Universal Empire. A Comparative Approach to Imperial Culture and Representation in Eurasian History. Cambridge 2012; Osterhammel Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München 2011; Conrad, Sebastian: Globalgeschichte. Eine Einführung. München 2013.
Prof. Dr. almut höfert
084250 Übung: Einführung in die Globalgeschichte
Fr., 10-12, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 15.04.2016
Seit einiger Zeit wird die Tatsache, daß die Geschichtswissenschaft in großen Teilen auf Europa und „den Westen“ ausgerichtet ist, in der Forschung thematisiert. Auch wenn die meisten HistorikerInnen darin übereinstimmen, daß eurozentristische Zugriffe und Analysemethoden zu vermeiden sind, erweist sich diese Vorgabe in der Praxis schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint. Die Diskussionen, wie der Eurozentrismus überwunden werden kann, sind gleichzeitig mit grundsätzlichen methodischen Fragen der Geschichte verknüpft. In dieser Übung werden wir unterschiedliche Ansätze wie den Zivilisationsvergleich der historischen Soziologie, die Postcolonial Studies, „transnationale“ und „verflochtene“ Geschichte kennenlernen und diskutieren. Falls die Teilnehmenden in überwiegender Zahl wünschen, kann das Programm der Übung auch Methoden und beispielhafte Studien aus der Globalgeschichte umfassen.
Literaturempfehlungen: Eisenstadt, Shmuel: “Multiple Modernities.” In: Daedalus 129 (2000), S. 1-29; Chakrabarty, Dipesh: Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference. Princeton 2000 (2. Aufl. 2008); Conrad, Sebastian / Randeria, Shalini (eds.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt/Main 2002 (2. Aufl. 2012); Pernau, Margrit: Transnationale Geschichte (Grundkurs Neue Geschichte). Göttingen 2011.
Dr. Christian Scholl
084210 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Kriminalität im Mittelalter
Di., 10-14, Raum: F 042 (F-Haus); Beginn: 12.04.2016
Wohl „kaum etwas charakterisiert eine Gesellschaft anschaulicher als das, was sie als abweichendes Verhalten definiert“ (Gerd Schwerhoff). Aus diesem Grund fragt das Proseminar aus einer dezidiert sozialgeschichtlichen Perspektive, welche Taten in den mittelalterlichen Jahrhunderten als „kriminelle“ Vergehen (Diebstahl, Mord, Totschlag, Sexual- bzw. Sittenvergehen etc.) definiert und unter welche Strafen (Bußen, Geld-, Kerker-, Schand- und Körperstrafen, Hinrichtungen etc.) diese gestellt wurden. Ebenso werden Wege der Rechtsfindung (Gottesurteile, Akkusations- vs. Inquisitionsverfahren etc.) sowie nicht zuletzt die rituelle Inszenierung von Urteilsverkündung und -vollstreckung thematisiert. Dabei findet eine Vielzahl von Quellentypen aus den mittelalterlichen Teilepochen, von den frühmittelalterlichen leges und Bußbüchern über die hochmittelalterlichen Rechtsbücher bis hin zu chronikalischen Erzählungen und Gerichtsprotokollen aus dem späten Mittelalter, Berücksichtigung. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literaturempfehlungen: Andreas Blauert, Gerd Schwerhoff (Hg.), Kriminalitätsgeschichte. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte der Vormoderne, Konstanz 2000; Ernst Schubert, Räuber, Henker, arme Sünder. Verbrechen und Strafe im Mittelalter, Darmstadt 2007; Peter Schuster, Eine Stadt vor Gericht. Recht und Alltag im spätmittelalterlichen Konstanz, Paderborn u.a. 2000; Gerd Schwerhoff, Historische Kriminalitätsforschung (Historische Einführungen 9), Frankfurt, New York 2011; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 42014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
Tobias hoffmann, m.a. / Nadeem Khan, M.a.
084253 Übung: Heiligkeit, Heilige und Heiligtümer im muslimisch-christlichen Vergleich
Di., 14-16, Raum: SRZ 150 (Orléans-Ring 12); Beginn: 19.04.2016
In Islam und Christentum lebt die Vorstellung von „heiligen“ Männern und Frauen, Personen, die eine besondere Gottesnähe auszeichnet, die sie zu Lebzeiten und nach ihrem Tod als Medien und Vermittler göttlicher Gnade, als Gefäße göttlichen Wirkens und Willens kennzeichnen. Mit diesem Konzept verbunden sind kultische Praktiken, die etwa die Verehrung dinglicher Überreste (Reliquien) und Orte, die Ziel von Pilgerreisen sind, einschließen. In der Übung sollen unterschiedliche Konzepte von Heiligkeit anhand von Beispielen aus dem muslimischen respektive christlichen Kulturkreis vergleichend betrachtet werden.
Literaturempfehlungen: Arnold Angenendt, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München ²1997; Joseph Chelhod, Les structures du sacré chez les arabes, Paris 1964; James Howard-Johnston, The Cult of Saints in Late Antiquity and the Middle Ages, Oxford 1999; Dieter von der Nahmer, Die lateinische Heiligenvita. Eine Einführung in die lateinische Hagiographie, Darmstadt 1994; Ludwig Zoepf, Das Heiligenleben im 10. Jahrhundert, Leipzig/Berlin 1908.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2015/16
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Frau Prof. Dr. Almut Höfert, Herrn Dr. Christian Scholl und Herrn Torben Gebhardt, M.A..
Prof. Dr. almut höfert
082201 Vorlesung: Der Mittelmeerraum im Mittelalter
Mi., 16-18, Raum: F 4 (F-Haus); Beginn: 28.10.2015
Der Mittelmeerraum ist seit dem berühmten Buch von Fernand Braudel ein Raum für historische Forschungen, der in der Antike das Römische Reich und im Mittelalter christliche und islamische Reiche, Fürstentümer und Stadtrepubliken umfasst. Ausgehend von der spätantiken Einheit bietet diese Vorlesung einen Überblick über die mittelalterlichen Mächte, die den Mittelmeerraum von der iberischen Halbinsel bis nach Kleinasien prägten und geht dabei auf gesamtmediterrane Kontaktzonen im Rahmen von Pilgerwesen, Handel und den Kreuzzügen ein.
Literaturempfehlungen: Fernand Braudel: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. Darmstadt 2001; David Abulafia: Das Mittelmeer. Eine Biographie. Frankfurt am Main 2013.
Prof. Dr. almut höfert
082230 Hauptseminar: Körper und Geschlecht im Mittelalter
Do., 10-12, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 29.10.2015
Wenn es eine Konstante in der Menschheitsgeschichte gibt, so ist es der Körper des homo sapiens, der sich aus evolutionsgeschichtlicher Sicht in den letzten 5000 Jahren kaum verändert hat, so könnte man meinen. In diesem Seminar werden wir jedoch sehen, dass Körper, Körperlichkeiten und Geschlecht im Mittelalter ganz anders aufgefasst wurden als in der Moderne: Dieses Spektrum umfasst unter anderem die antike Vier-Säfte-Lehre, fließende Geschlechtergrenzen, Monstren, körperliche Strafen (anstelle des modernen Gefängnisses), die Gegenwart des Todes und den Reliquienkult und die große Frage, was Männer und Frauen im Mittelalter eigentlich ausmacht. Um dieses weite Thema zu strukturieren, werden wir auch einige theoretische Texte zur Geschlechter- und Körpergeschichte lesen.
Literaturempfehlungen: LeGoff, Jacques / Truong, Nicolas: Die Geschichte des Körpers im Mittelalter (frz. Erstausgabe 2003). Stuttgart 2003; Claudia Opitz: Geschlechtergeschichte (Campus Historische Einführungen). Frankfurt am Main 2011; Cordula Nolte: Frauen und Männer in der Gesellschaft des Mittelalters. Eine Kultur- und Sozialgeschichte (Geschichte Kompakt). Darmstadt 2011; Jürgen Martschukat / Olaf Stieglitz: Geschichte der Männlichkeiten (Campus Historische Einführungen). Frankfurt am Main 2009; Maren Lorenz: Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte. Tübingen 2000.
Prof. Dr. almut höfert
082249 Übung: Einführung in die Geschichte des Islams
Do., 14-16, Raum: SRZ 203 (Orléans-Ring 12) / Do., 16-18, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 29.10.2015
In der gesellschaftlichen Debatte um Minarett- und Burkaverbot, die „kulturellen“ Verschiedenheiten zwischen Europa und Islam nehmen historische Argumente einen zentralen Platz ein: Im Gegensatz zu Europa sei der Islam aufgrund seiner Geschichte nicht in der Lage, Religion und Staat von einander zu trennen, weil der Prophet Muhammad die islamische umma als religiöse und politische Gemeinschaft zugleich geschaffen habe. Die politisch-gesellschaftliche Relevanz von bestimmten Geschichtsbildern ist derzeit in Bezug auf den Islam besonders brisant. In diesem Kolloquium werden wir uns zum einen die Frage behandeln, wie in Teilen der islamwissenschaftlichen und historischen Forschung das Islambild konstruiert wird, mit dem in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte historisch argumentiert wird. Dabei werden wir uns mit aktuellen geschichtstheoretischen Ansätzen zur Überwindung eurozentristischer Sichtweisen auseinander setzen. Zum anderen werden wir uns mit ausgewählten Themen der islamischen Geschichte im Nahen Osten bis ins 21. Jahrhundert beschäftigen (wobei der Schwerpunkt auf der Vormoderne liegen wird) und dabei den Islam nicht als mit dem Propheten vom Himmel gefallene, exotische und abgeschottete Kultur, sondern als Teil allgemeiner historischer Entwicklungen betrachten.
Literaturempfehlungen: Al-Azmeh, Aziz: Die Islamisierung des Islams. Imaginäre Welten einer politischen Theologie. Frankfurt 1996; Berkey, Jonathan: The Formation of Islam. Religion and Society in the Near East, 600-1800. Cambridge 2003; Heinz Halm: Die Araber. Von der vorislamischen Zeit bis zur Gegenwart (Reihe Beck Wissen). München 3. Aufl. 2010; Ders.: Der Islam. Geschichte und Gegenwart (Reihe Beck Wissen). München 8. Aufl. 2011.
Prof. Dr. almut höfert
082229 Hauptseminar: Sizilien im Mittelalter
Fr., 10-12, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 30.10.2015
Sizilien lag im Mittelalter im Kreuzungspunkt byzantinischer, islamischer und lateinischer Einflüsse. Vor allem die Herrschaft der Normannenkönige (1061/1130–1194), unter denen weiterhin arabische Muslime auf Sizilien lebten, ist als Epoche der Toleranz und hybrider Kultur, aber auch einzigartig zentralisierte Herrschaft mit ungewöhnlicher Strenge beschrieben worden. In diesem Seminar werden wir anhand verschiedener Zugänge die unterschiedlichen Aspekte der sizilianischen Geschichte diskutieren und auch fragen, inwiefern es einen „sizilianischen Sonderweg“ gab.
Literaturempfehlungen: Alex Metcalfe: Muslims and Christians in Norman Sicily. Arabic speakers and the end of Islam. London 2003; Thomas Dittelbach: Geschichte Siziliens. Von der Antike bis heute. München 2010 (Reihe Beck Wissen); Theo Broekmann: Rigor iustitiae. Herrschaft, Recht und Terror im normannisch-staufischen Süden (1050–1250). Darmstadt 2005; Graham A. Loud: Roger II. and the Making of the Kingdom of Sicily. Selected sources translated and annotated. New York 2012
Dr. Christian Scholl
082210 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Von der Einheit zur Vielfalt: Der Mittelmeerraum im frühen Mittelalter
Mo., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 26.10.2015
Im Zuge des Spatial Turn ist der geographische Raum in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der historischen Forschung gerückt. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei dem Mittelmeerraum als Kontaktzone zwischen den drei Kontinenten Asien, Afrika und Europa zuteil. Im thematischen Teil des Proseminars werden die vielschichtigen Transformationsprozesse untersucht, die zwischen ca. 400 und 900 nach Christus dazu geführt haben, dass die politische, wirtschaftliche und kulturelle Einheit des Mittelmeerraums unter römischer Herrschaft zunehmend zersplitterte, was schließlich in einer Dreiteilung der Mittelmeerwelt in westeuropäisches ‚Abendland‘, Byzanz und islamischen Machtbereich mündete. In diesem Zusammenhang werden auch einflussreiche historische Kontroversen wie die um die sog. Pirenne-These vorgestellt und diskutiert. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literaturempfehlungen: David Abulafia, Das Mittelmeer. Eine Biographie, Frankfurt am Main 32013; Michael McCormick, Origins of the European Economy. Communications and Commerce, A.D. 300-900, Cambridge 2001; Ernst Pitz, Die griechisch-römische Ökumene und die drei Kulturen des Mittelalters. Geschichte des mediterranen Weltteils zwischen Atlantik und Indischem Ozean 270-812 (Europa im Mittelalter 3), Berlin 2001; Henri Pirenne, Mohammed und Karl der Große. Die Geburt des Abendlandes, Stuttgart 1987 (Originaltitel: Mahomet et Charlemagne, Paris 1937); Chris Wickham, Framing the Early Middle Ages. Europe and the Mediterranean, 400-800, Oxford, New York 2005; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 42014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
Torben Gebhardt, M.a.
082251 Übung: Money makes the (medieval) world go around - Wirtschaftsgeschichte des Mittelalter
Mi., 16-18, Raum: F 042 (F-Haus); Beginn: 21.10.2015
Dass Geld die Welt regiert, denkt man meistens nur von unserer heutigen Zeit. Dabei galt dies für die Vormoderne nicht weniger. Zölle, Handel, landwirtschaftliche oder handwerkliche Erträge prägten die mittelalterliche Welt. Die Übung hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Aspekt der mittelalterlichen Geschichte, der in letzter Zeit eine größere Aufmerksamkeit genossen hat, in den Mittelpunkt zu stellen. Entsprechend sollen weniger die häufig beleuchteten Großereignisse der Geschichte unter die Lupe genommen werden, sondern die Maschinerie hinter dem System. So werden mikrokosmische Fragen, wie die finanzielle Abhängigkeit des Landherrn vom Bauer, ebenso ein Thema sein wie makrokosmische Bereiche, beispielsweise der Fernhandel. Die Facetten des Themas reichen dabei von Wettereinflüssen auf Ernten bis zu kulturellen Unterschieden bei Handelspartnern.
Einführende Literatur: Gilomen, Hans-Jörg: Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters (C.H.Beck Wissen 2781), München 2014. Malanima, Paolo: Europäische Wirtschaftsgeschichte. 10. Bis 19. Jahrhundert (UTB P3377), Stuttgart 2010. Niemann, Hans-Werner: Europäische Wirtschaftsgeschichte. Vom Mittelalter bis heute (Geschichte Kompakt), Darmstadt 2009.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2015
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl und Herrn Torben Gebhardt, M.A..
Prof. Dr. Wolfram Drews
082231 Lektüreübung: Mittelalterliche Pilgerberichte
Mo., 16-18, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 13.04.2015
Muslimische, jüdische und christliche Reisende des Mittelalters haben Berichte hinterlassen, die allgemein als Reiseberichte, aber auch spezieller als Pilgerberichte charakterisiert werden können. Während manche Autoren durchaus erzählfreudig über Details ihrer Reisen unterrichten, konzentrieren sich andere mehr auf die Beschreibung heiliger Stätten und das dortige Geschenken, das in vielfältiger Weise religiöse Praktiken spiegelt. Für die historische Forschung ergeben sich aus der Auswertung derartiger Quellen Aufschlüsse im Hinblick auf die Konstruktion religiöser und sozialer Grenzen, auf Selbst-und Fremdwahrnehmung, auf kultische Praktiken von Klerus und Laien, aber auch auf diverse Phänomene der Alltagsgeschichte.
Literaturempfehlungen: Benjamin von Tudela, Syrien und Palästina nach dem Reisebericht des Benjamin von Tudela (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 12), Wiesbaden 1990; Egeria’s travels, Warminster 3
2006; Fabri, Felix, Galeere und Karawane. Pilgerreise ins Heilige Land, zum Sinai und nach Ägypten 1483, Stuttgart 5 1996; Ibn Battuta, Die Reisen des Ibn Battuta, München 2007; Ibn Gubair, Tagebuch eines Mekkapilgers, Lenningen 2004; Meshullam da Volterra, Von der Toskana in den Orient. Ein Renaissance-Kaufmann auf Reisen, Göttingen 2012
Prof. Dr. Wolfram Drews
081713 Einführungsvorlesung: Mittelalterliche Geschichte
Di., 14-16, Raum: H 4 (Schlossplatz 46); Beginn: 14.04.2015
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, werden Grundzüge der Forschungsgeschichte überblicksartig vorgestellt. Thematisiert werden nicht nur Grundzüge der Geschichte des lateinischen Europa, sondern ebenso auch Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums, sowohl im sephardischen als auch im aschkenasischen Bereich. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden
Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der
Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefaßten – Mittelmeergebiet vor, vermittelt einen Überblick über einige grundlegende Perioden der Forschungsgeschichte und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike undFrüher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Literaturempfehlungen: Borgolte, Michael, Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes 300 bis 1400 n. Chr., München 2006; Mitterauer, Michael, Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs, München 2003.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081838 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Bernhard von Clairvaux - Zisterzienser, Prediger, Kirchenpolitiker
Mi., 10-14, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 08.04.2015
Bernhard war einer der bedeutendsten Intellektuellen und Kirchenpolitiker des 12. Jahrhunderts; manchen gilt er als der eigentliche Begründer des Zisterzienserordens, des ersten Mönchsordens im strikten Sinne, der im lateinischen Mittelalter entstand. Das Proseminar behandelt den sozialen, politischen und kirchengeschichtlichen Hintergrund des Wirkens Bernhards; das Augenmerk liegt dabei u.a. auf seiner Rolle im entstehenden Zisterzienserorden sowie auf seinem Engagement gegen vermeintliche Häretiker sowie als Kreuzzugsprediger und als Förderer der Entstehung des Templerordens. Zeit seines Lebens war Bernhard in Auseinandersetzungen verwickelt, sei es mit dem bedeutenden Philosophen Abälard, sein es mit dem abtrünnigen Mönch Radulf, der im Rheinland zur Judenverfolgung aufrief. Doch Bernhard war auch geschätzter Briefpartner und Berater, etwa seines vormaligen Schülers, Papst Eugens III. Berühmtheit erlangte er nicht zuletzt auch als Bibelexeget und
als Vertreter einer Spielart mystischer Gotteserkenntnis. Anhand der Beschäftigung mit Bernhard von Clairvaux lassen sich verschiedene Teilbereiche der mittelalterlichen Gesellschaft exemplarisch darstellen und in ihrer gegenseitigen Bedingtheit verstehen.
Literaturempfehlungen: Bulst-Thiele, Marie Luise, The Influence of St. Bernard of Clairvaux on the Formation of the Order of the Knights Templar, in: Michael Gervers (ed.), The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992, 57-65; Dinzelbacher, Peter, Bernhard von Clairvaux. Leben und Werk des berühmtesten Zisterziensers, Darmstadt 2012; Evans, Gillian R., Bernard of Clairvaux (Great Medieval Thinkers), Oxford 2000;
Fleckenstein, Josef, Die Rechtfertigung der geistlichen Ritterorden nach der Schrift De laude novae militiae
Bernhards von Clairvaux, in: id., Ordnungen und formende Kräfte des Mittelalters, Göttingen 1989, 377-392;
Köpf, Ulrich, Bernhard von Clairvaux. Monastische Theologie, in: id. (ed.), Theologen des Mittelalters. Eine Einführung, Darmstadt 2002, 79-95.
dr. christian scholl
081819 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Globalisierung im Mittelalter/ Introduction to Medieval Studies: Globalization in the Middle Ages
Mo., 14-18, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 13.04.2015
Gerade im öffentlichen Bewusstsein Westeuropas herrscht nach wie vor die Auffassung vor, dass die Verflechtung der Welt, die heute im Allgemeinen als „Globalisierung“ bezeichnet wird, monodirektional vom europäischen Kontinent ausging und erst durch die Entdeckungsfahrten eines Christoph Kolumbus und anderer Europäer in der Neuzeit ermöglicht worden sei. Im Mittelalter dagegen hätten die Menschen auf den einzelnen Kontinenten nahezu völlig isoliert voneinander gelebt. Wenn überhaupt, dann seien sie in Form von Kriegen wie den Kreuzzügen oder den „Mongolenstürmen“ mit den Einwohnern anderer Kontinente in Kontakt gekommen. Dieser Sichtweise möchte das Proseminar entgegenwirken, indem es anhand verschiedener Bereiche
(Reisen, Verkehr, Handel, Religion, Wissens- bzw. Technologietransfer etc.) herausstellt, dass gerade die drei Kontinente Europa, Asien und Afrika bereits im Mittelalter auf vielfältige Art und Weise miteinander verknüpft waren. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in
die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literatur: Jerry H. Bentley, Old World Encounters. Cross-Cultural Contacts and Exchanges in Pre-Modern Times, New York 1993; Wolfram Drews, Transkulturelle Perspektiven in der mittelalterlichen Historiographie. Zur Diskussion welt- und globalgeschichtlicher Entwürfe in der aktuellen Geschichtswissenschaft, in: Historische Zeitschrift 292 (2010), S. 31-59; Thomas Ertl, Seide, Pfeffer und Kanonen. Globalisierung im Mittelalter (Geschichte erzählt), Darmstadt 2008; Thomas Ertl/Michael Limberger (Hg.), Die Welt 1250-1500 (Globalgeschichte. Die Welt 1000-2000), Wien 2009; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 4 2014; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 3 2011.
torben gebhardt, m.a.
082270 Übung: 1066: Die normannische Eroberung Englands
Mo., 12-14, Raum: F 042 (F-Haus); Beginn: 13.04.2015
Selten sind Epochengrenzen so klar umrissen wie bei Englands Wechsel vom Früh- ins Hochmittelalter. 1066 eroberte der normannische Herzog Wilhelm, später „der Eroberer“ genannt, das englische Königreich und bereitete damit der angelsächsischen Herrschaft endgültig ein Ende. Nicht nur wurde bei dem Herrscherwechsel die englische Elite gegen normannische Adlige ausgetauscht, mit dem Domesday Book wurde noch in der Zeit Wilhelm des Eroberers auch ein beispielloses Werk über die Eigentumsverhältnisse im Königreich geschaffen. Die Übung setzt bereits vor dem „epochalen“ Jahr an und hat zum Ziel die Umstände der Eroberung zu beleuchten, bevor dann die Ereignisse des Jahres 1066 und die Auswirkungen in den folgenden Jahren in den Fokus
gerückt werden. Gute Fähigkeiten in Englisch sind eine Voraussetzung um die Texte in dieser Übung
verstehen und bearbeiten zu können. Studierende müssen sich vor Beginn der Veranstaltung per E-Mail anmelden (torben.gebhardt@uni-muenster.de). Die Teilnehmerzahl ist auf 25 begrenzt.
Einführende Literatur: Garnett, George: The Norman Conquest: A Very Short Introduction (A Very Short Introductions 216), Oxford 2010. Thomas, Hugh M.: The Norman Conquest. England after William the Conqueror, Lanham, Md. 2008.
Lehrveranstaltungen im wintersemester 2014/15
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl, Herrn Torben Gebhardt und Herrn Jan Clauß.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082271 Lektüreübung: Karolingische Herrscherbiographien
Mo., 16-18, Raum: Übungsraum IStG (Königsstr. 46); Beginn: 06.10.2014
Mehrere Jahrzehnte nach Etablierung des karolingischen Großreiches begannen einzelne Autoren, nach spätantikem Vorbild Herrscherbiographien zu verfassen, in denen sie zum einen bestimmte Herrscher priesen, zum anderen jedoch auch auf subtile Weise Kritik an anderen Machthabern zum Ausdruck bringen konnten. Das bekannteste Werk ist sicherlich Einhards Vita Karoli Magni, doch auch die zwei Lebensbeschreibungen seines Sohnes, Ludwigs des Frommen, verfaßt vom sogenannten Astronomus sowie von Thegan, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. In der Übung werden ausgewählte Kapitel aus den Texten gelesen, kontextualisiert und miteinander verglichen.
Literatur: Matthias M. Tischler, Einharts Vita Karoli. Studien zur Entstehung, Überlieferung und Rezeption (MGH Schriften 48/1-2), Hannover 2001; Ernst Tremp, Studien zu den Gesta Hludowici imperatoris des Trierer Chorbischofs Thegan (MGH Schriften 32), Hannover 1988.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082047 Hauptseminar: Die frühmittelalterlichen Barbarenreiche: "Völkerwanderung", "Untergang Roms" oder "Transformation der römischen Welt"?
Di., 14-16, Raum: F 3 (F-Haus); Beginn: 07.10.2014
Populäre Geschichtsbilder assoziieren das „Ende der Antike“ häufig noch immer mit der sogenannten
Völkerwanderung („age of migrations“) oder mit dem vermeintlichen Untergang des Römischen Reiches. Modernere Interpretationen sprechen allerdings eher von der Transformation der römischen Welt, aber auch von der Spätantike oder dem Frühmittelalter als einer eigenen, spezifisch charakterisierten historischen Epoche. Das Seminar behandelt sowohl einige grundlegende Etappen der Forschungsgeschichte seit dem 18. Jahrhundert als auch die wichtigsten Barbarenreiche, die auf römischem Gebiet gegründet wurden und mit der provinzialrömischen Bevölkerungen auf dem jeweiligen eigenen Territorium, aber auch mit dem fortbestehenden byzantinischen Reich in widerspruchsreichen Wechselbeziehungen standen, die mit den modernen Begriffen Inklusion und Exklusion, Akkulturation, Verflechtung, Hybridität und Migration bezeichnet werden können. Das Seminar wird zeigen, welchen Sinn die Anwendung moderner Terminologie auf die Epoche des Frühmittelalters haben kann.
Literatur: Peter Heather, Invasion der Barbaren. Die Entstehung Europas im ersten Jahrtausend nach
Christus, Darmstadt 2011; Hans-Werner Goetz (ed.), Regna and gentes. The relationship between
late antique and early medieval peoples and kingdoms in the transformation of the Roman world
(The transformation of the Roman world 13), Leiden 2003; Richard Corradini (ed.), The construction
of communities in the early Middle Ages . Texts, resources and artefacts (The transformation of the
Roman world 12), Leiden 2003
Prof. Dr. Wolfram Drews
081916 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Isabella und Ferdinand: Das Zeitalter der "Katholischen Könige" im spätmittelalterlichen Spanien
Mi., 10-14, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 15.10.2014
Die Eheleute Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón, in der Geschichte meist mit dem ihnen
1496 verliehenen Titel „Katholische Könige“ bezeichnet, regierten in einer Umbruchszeit, die mit
dem angeblichen Beginn eines „einheitlichen“, „national“ geeinten Spaniens, mit der Errichtung
eines „modernen“ Staates, mit dem Übergang von „Reconquista“ zu Conquista, aber auch mit dem
Ende des multikulturell geprägten Spaniens des Mittelalters in Verbindung gebracht wird. Unabhängig davon, ob die Verwendung dieser Begriffe sinnvoll ist, wird man konstatieren können, daß in dieser Umbruchszeit zahlreiche Weichenstellungen erfolgten, die für die weitere Geschichte Spaniens, Europas und Amerikas von nicht zu unterschätzender Bedeutung waren. Als einschneidende Ereignisse seien hier nur die Errichtung der monarchischen Inquisition, die Vertreibung der Juden, die Eroberung des letzten islamischen Reiches auf der Iberischen Halbinsel, die Zwangsbekehrung der Muslime Kastiliens und die „Entdeckung“ Amerikas genannt. Das Seminar problematisiert die angesprochenen Politikbereiche sowie ausgewählte Aspekte des kulturellen Lebens und fragt danach, welche mittelalterlichen und neuzeitlichen Züge die spanische Gesellschaft in der Regierungszeit der Katholischen Könige aufwies.
Literatur: Miguel Angel Ladero Quesada, .Das Spanien der katholischen Könige. Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien, 1469–1516, Innsbruck 1992; Joseph Pérez, Ferdinand und Isabella. Spanien zur Zeit der katholischen Könige, München 1989; Klaus Herbers, „Das kommt mir spanisch vor“ Zum Spanienbild von Reisenden aus Nürnberg und dem Reich an der Schwelle zur Neuzeit, in: „Das kommt mir spanisch vor“– Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters, ed. Klaus Herbers / Nikolas Jaspert, Münster 2004, 1-30; Klaus Herbers, Pilgerfahrten und Nürnberger Pilger auf der Iberischen Halbinsel in der Zeit um 1500, in: Pirckheimer Jahrbuch für Renaissance-und Humanismusforschung 17 (2002), 53-78; Henry Kamen, Die spanische Inquisition, München 1967; ders., The Spanish Inquisition. A Historical Revision. New Haven 1997.
Dr. Christian Scholl
081897 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Häresie und Inquisition im Mittelalter
Mo., 14-18, Raum: F 153 (F-Haus); Beginn: 13.10.2014
Seit den ersten Jahrhunderten seines Bestehens hatte sich das Christentum mit Ansichten und Bewegungen auseinanderzusetzen, die von der „offiziell“ vertretenen Lehrmeinung abwichen. Das
Proseminar beschäftigt sich mit diesen Gruppen von den spätantiken Donatisten und Arianern über
die hochmittelalterlichen Waldenser und Katharer bis zu den spätmittelalterlichen Hussiten. Dabei
wird den Fragen nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen diese Bewegungen entstanden und
warum sie von „der Kirche“ als „häretisch“ eingestuft und bekämpft wurden. In diesem Zusammenhang liegt ein weiterer Schwerpunkt des Seminars auf der unter Papst Gregor IX. (1227-1241) eingerichteten Inquisition, die gegen Häretiker und ihre Anhänger vorgehen sollte. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich. Bitte beachten: Im Rahmen des Seminars wird eine Exkursion angeboten. Der Termin wird mit den Studierenden vereinbart.
Literatur: Arnold Angenendt, Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert, Münster 2006; Christoph Auffarth, Die Ketzer. Katharer, Waldenser und andere religiöse Bewegungen, München 2005; Herbert Grundmann, Religiöse Bewegungen im Mittelalter, Berlin 1935; Malcolm Lambert, Häresie im Mittelalter. Von den Katharern bis zu den Hussiten, Darmstadt 2001; Jörg Oberste, Ketzerei und Inquisition im Mittelalter, Darmstadt 2007; Gerd Schwerhoff, Die Inquisition. Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit, München 2004; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart ³2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
Torben gebhardt, m.a.
082927 Lektüreübung: Altenglische Quellen der christlichen Literatur
Fr., 12-14, Raum: F 153 (F-Haus); Beginn: 10.10.2014
Altenglisch ist für eine Vernakularsprache vergleichsweise gut erhalten und zeichnet sich durch ihre relative Nähe zur deutschen Sprache aus. Den überdurchschnittlich großen Korpus verdanken wir vor allem Alfred dem Großen, der weite Teile der christlich lateinischen Literatur ins altenglische übersetzen ließ, um sie einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Übung hat zum Ziel den Studierenden einen Einstieg in die altenglische Sprache zu vermitteln. Dafür wird zuerst die Sprache selbst in ihren Grundzügen vermittelt, um dann anhand ausgesuchter Beispiele eigene Übersetzungen anzufertigen.
Empfohlene Literatur: Mitchell, Bruce und Fred C. Robinson: A Guide to Old English, 8. Aufl., Oxford 2011. Clark Hall, J.R.: A Concise Anglo-Saxon Dictionary, 4. Aufl., Cambridge 1960. Lapidge, Michael et. al. : The Blackwell Encyclopaedia of Anglo-Saxon England Oxford 1999.
jan clauß, m.ED.
082912 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Die Teile und das Ganze - das Reich der Staufer die Staufer und das Reich
Fr., 12-16, Raum: F 042 (F-Haus); Beginn: 17.10.2014
Mit der Dynastie der Staufer bringt man gemeinhin die Namen vermeintlich großer Einzelpersönlichkeiten wie Kaiser Friedrich I. „Barbarossas“ und seinen Enkel Friedrich II. in Verbindung. Ob als Kreuzfahrer, erbitterter Gegner des lombardischen Städtebundes, (wiederholt) exkommunizierte Kontrahenten des Papstes oder als Staunen der Welt als stupor mundi haben die beiden Staufer sowohl unter ihren Zeitgenossen als auch bei späteren Generationen von Historikern bewundernde Anhänger und entschiedene Kritiker gefunden. Die schnell einsetzende Legendenbildung trug dazu bei, dass sie auch heute zu den bekanntesten Herrscherfiguren des (deutschen) Mittelalters gehören. Damit erscheinen die beiden Friedriche gewissermaßen als Fluch und Segen ihres Adelsgeschlechts und ihrer Zeit; einerseits regen sie zur Beschäftigung mit sich und ihrer Lebenswelt an. Gleichzeitig drohen sie den Blick auf die komplexen, dynamischen Konstellationen, in denen sie agierten, zu verstellen. Das Proseminar möchte daher besonders auf die weiteren strukturellen Bedingungsfaktoren staufischen König- und Kaisertums eingehen und damit Gelegenheit bieten, verschiedene politische und kulturelle Horizonte und Handlungsspielräume im ausgehenden Hochmittelalter zu thematisieren. Für den zu thematisierenden Ausschnitt des ausgehenden Hochmittelalters liegt eine große Anzahl von Quellen verschiedener Gattungen vor. Anhand einer thematisch relevanten Auswahl erfolgen im propädeutischen Teil des Seminars Einleitung und Einübung in die für das mediävistische Arbeiten erforderlichen Methoden, Hilfsmittel und -Wissenschaften. Für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige und aktive
Teilnahme am Seminar, worunter die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen in Form kleinerer (schriftlicher) Hausarbeiten fallen können, erforderlich. Zudem sind als Einzelleistungen Referat, Abschlussklausur und eine Seminararbeit erfolgreich zu absolvieren.
Literatur: Engels, Odilo: Die Staufer, 9. erg. Aufl., Stuttgart 2010. Goez, Werner: Lebensbilder aus dem
Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer, 3. Aufl., Darmstadt 2010. Keller, Hagen: Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024 bis 1250, Frankfurt a.M. 1990. Kölzer, Theo (Hrsg.): Die Staufer im Süden. Sizilien und das Reich, Stuttgart 2000.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2014
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Dr. Christian Scholl und Herrn Torben Gebhardt.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081730 Vorlesung: Die Kreuzzüge
Mi., 16-18, Raum: F 4 (F-Haus); Beginn: 09.04.2014
Bis heute werden die Kreuzzüge als einschneidendes Ereignis wahrgenommen, das die Beziehungen zwischen lateinischen Christen auf der einen sowie griechisch-orthodoxen Christen sowie Muslimen auf der anderen Seite belastet. Manchmal werden sie gar als ein frühes Phänomen des europäischen Kolonialismus betrachtet, als Beispiel für die europäische Expansion oder als Beleg für die Herausbildung einer „Verfolgungsgesellschaft“ (persecuting society). Die Vorlesung ordnet die Kreuzzüge in die hochmittelalterliche Religions- und Sozialgeschichte ein und analysiert die Voraussetzungen, die zur Entstehung des „Kreuzzugsgedankens“ führten. Ein Akzent liegt auf der Veränderung der Beziehungen von Christen zu Juden und Muslimen während des Hochmittelalters.
Literatur: C. Erdmann, Die Entstehung des Kreuzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6), Stuttgart 1935, ND Darmstadt 1965; N. Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt
2003; A. Haverkamp (ed.), Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge (Vorträge und Forschungen 47), Sigmaringen 1999; J. Cohen, Sanctifying the Name of God. Jewish Martyrs and Jewish Memories of the First Crusade, Philadelphia 2004; P. J. Cole, The Preaching of the Crusades to the Holy Land. 1095-1270, Cambridge/Mass. 1991
Prof. Dr. Wolfram Drews
081999 Hauptseminar: Die Karolinger, der Mittelmeerraum und die islamische Welt
Di., 14-16, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 08.04.2014
Schon der erste karolingische König Pippin hatte sporadisch Kontakt zur byzantinischen und islamischen Welt. Diese Verbindungen intensivierten sich unter Karl dem Großen ganz erheblich: Dieser baute nicht nur seine Beziehungen zum römischen Papsttum aus, sondern er rivalisierte auch mit dem byzantinischen Kaisertum, gegenüber dessen Exponenten er nach Gleichrangigkeit strebte. Von besonderem Interesse sind nicht zuletzt seine Gesandtschaften an den Hof des Kalifen von Bagdad und zum christlichen Patriarchen von Jerusalem. Bei diesen Kontakten in den Orient stand nicht etwa der berühmte Elefant im Zentrum des Interesses, den Karl vom Kalifen Harun al-Raschid als Geschenk erhielt, sondern Karls Anspruch auf Schutzherrschaft über alle rechtgläubigen Christen im Heiligen Land, dem Ursprungsgebiet des Christentums: Fränkische Königsboten erstellten dementsprechend im Auftrag des Kaisers eine Bestandsaufnahme des gesamten Besitzes der Kirchen im Heiligen Land. Das Hauptseminar analysiert die Beziehungen Karls zum römischen Papsttum, zu byzantinischen und nahöstlichen Christen sowie zu Muslimen im Osten sowie im Westen der Mittelmeerwelt und fragt nach deren Bedeutung für seine Herrschaftskonzeption und sein Selbstverständnis. Einbezogen wird auch die Wirkungsgeschichte dieser Kontakte: Die Rolle Karls bei der Öffnung des Pilgerwegs nach Santiago de Compostela, die Legende von seinem Kreuzzug ins Heilige Land sowie ausgewählte literarische Karlstraditionen, die sich etwa in den Legenden um Roland und die Schlacht in den Pyrenäen niedergeschlagen haben.
Literatur: P. Classen, Karl der Große, das Papsttum und Byzanz. Die Begründung des karolingischen Kaisertums (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 9), Sigmaringen 1965,
2 1988; M. Borgolte, Der Gesandtenaustausch der Karolinger mit den Abbasiden und mit den Patriarchen von Jerusalem (Münchner Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung 25), München 1976; M. McCormick, Charlemagne’s Survey 26f the Holy Land. Wealth, Personnel, and Buidlings of a Mediterranean Church between Antiquity and the Middle Ages, Washington 2011; H. G. Thümmel, Karl der Große, Byzanz und Rom. Eine Positionsbestimmung am Beispiel des Bilderstreits, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 120 (2009), 58-70; W. Berschin, Die Ost-West-Gesandtschaften am Hof Karls des Großen und Ludwigs des Frommen (768-840), in: Karl der Große und sein Nachwirken. 1200 Jahre Kultur und Wissenschaft in Europa, ed. Paul Leo Butzer / Max Kerner / Walter Oberschelp, Turnhout 1997, I, 157-172
Prof. Dr. Wolfram Drews / Prof. dr. johannes hahn
081491 Hauptseminar: Juden und Judentum in Spätantike und Frühmittelalter
Mi., 10-12, Raum: F 234 (F-Haus, Klassische Philologie); Beginn: 09.04.2014
Das im Römischen Reich privilegierte und blühende Judentum musste sich als religiöse und soziale Gemeinschaft in Spätantike und Frühmittelalter, angesichts des Triumphes zunächst des Christentums, später auch des Islam, und zugleich vor dem Hintergrund einer politisch und kulturell zerbrechenden Mittelmeerwelt unter immer schwieriger werdenden äußeren Rahmenbedingungen behaupten. Zugleich entstand mit den Hauptwerken Mischna und Talmud der rabbinische Kanon, der die jüdische Identität fortan nachhaltig prägen sollte. Das Seminar wird die religiösen, politischen, sozialen und ökonomischen Entwicklungen und Kräfte in den Blick nehmen, welche die Geschichte des Judentums in dieser Epoche bestimmten und tief in Mittelalter und Neuzeit hinein reichende Wirkungen zur Folge haben sollten. Teilnahmevoraussetzung: Ausreichende Grundkenntnisse des Lateinischen
Literatur: G. Stemberger, Juden und Christen im Heiligen Land. Palästina unter Konstantin und Theodosius. München 1987; T.S. Katz (ed.), The Late Roman-Rabbinic Period (The Cambridge History of Judaism IV), Cambridge 2006; W. Drews, The Unknown Neighbour. The Jew in the Thought of Isidore of Seville (The Medieval Mediterranean 59), Leiden/Boston 2006; M.R. Cohen, Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München 2005 (orig. engl. 1994); J. Heil, „Deep enmity“ and/or „Close ties“? Jews and Christians before 1096: Sources, Hermeneutics, and Writing History in1996, Jewish Studies Quarterly 9 (2002), 259-306; ders., Kompilation oder Konstruktion? Die Juden in den Pauluskommentaren des 9. Jahrhunderts (Forschungen zur Geschichte der Juden A 6), Hannover 1998; M. Toch, „Dunkle Jahrhunderte“. Gab es ein jüdisches Frühmittelalter? (Kleine Schriften des Arye-Maimon-Instituts 4), Trier 2001; ders., The Economic History of European Jews. Late Antiquity and Early Middle Ages (Etudes sur le Judaïsme Médiéval 56), Leiden/Boston 2013
Prof. Dr. Wolfram Drews / jan clauss, m.ed.
082904 Übung: Exkursion nach Spanien: Der Jakobsweg, Europas Weg nach Spanien - oder Spaniens Weg nach Europa?
1. Vorbesprechung: Di., 15.04.2014, 16-18, Raum: S 6 (Schloss) / 2. Vorbesprechung: Di., 29.04.2014, 16-18, Raum: S 062 (Schloss); Exkursion nach Nordspanien: 07.06. - 20.06.2014
In der Zeit vom 07.06. bis 20.06.2014 findet eine Exkursion per Bus nach Nordspanien statt. Der Camino de Santiago fasziniert nicht nur Menschen der heutigen Zeit, wie der Erfolg von Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg" und andere Zeugnisse moderner Popkultur zeigen. Das (vermeintliche) Apostelgrab im galicischen Santiago de Compostela war neben Jerusalem und Rom eines der drei wichtigsten Pilgerziele im europäischen Mittelalter. Im Zuge der Selbstbehauptung des asturischen Königreichs einerseits gegenüber den kirchenpolitischen Bestrebungen des im islamischen Spanien gelegenen alten kirchlichen Zentrums Toledo sowie andererseits gegenüber dem expandierenden Karolingerreich erfand man sehr geschickt eine eigene „apostolische“ Tradition, die geeignet war, die politische und kirchliche Unabhängigkeit unter Beweis
zu stellen bzw. zu untermauern. Im Zuge der Exkursion werden wesentliche Stationen auf dem Pilgerweg (camino francés) in Frankreich, vor allem aber in Nordspanien besucht (voraussichtliche Reiseroute: Tours, Saint-Jean-Pied-de-Port, Logroño, Burgos, León, Ponferrada, Lugo, Santiago de Compostela, Oviedo, Bilbao, Poitiers). Neben der mittelalterlichen werden auch einige wichtige Aspekte der neuzeitlichen Geschichte in den Blick genommen; voraussichtlich wird auch ein Besuch bei einer spanischen Partneruniversität auf dem Programm stehen. Um verbindliche Anmeldung bis zum Beginn des Sommersemesters wird gebeten; vor Exkursionsbeginn finden zur Klärung organisatorischer und inhaltlicher Details zwei Vorbesprechungen statt.
Im Rahmen der Exkursion besteht die Möglichkeit, an ausgewählten Stationen vor Ort Dokumentationen und Interviews zu drehen, die anschließend im Rahmen einer kleineren Ausstellung in Münster präsentiert und/oder in geeigneter Form ins Netz gestellt werden können, um ausgewählte Ergebnisse festzuhalten.
Literatur: K. Herbers, Apostelgrab im Westen Europas. Die großen Pilgerziele: Santiago de Compostela, in: Pilgerwege im Mittelalter, ed. K. Herbers u.a., Stuttgart 2005, 75-100; ders., Karl der Große und Santiago. Zwei europäische Mythen, in: ders (ed.), Jakobus und Karl der Große. Von Einhards Karlsvita zum Pseudo-Turpin (Jakobus-Studien 14), Tübingen 2003, 173-194
dr. christian scholl
081821 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Karl der Große und seine Zeit
Mo., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 07.04.2014
Im Jahr 2014 jährt sich der Todestag Karls des Großen zum zwölfhundertsten Mal. Karl ist ohne Zweifel einer der bekanntesten Herrscher des Mittelalters. So gilt er heute nicht nur gleich zwei Nationen als vermeintlicher Stammvater – die Franzosen verehren ihn als Charlemagne, in Deutschland trägt er den Beinamen „der Große“ –, sondern er wird auch als Gründer bzw. Vater Europas gesehen, was in der jährlichen Verleihung des Karlspreises zum Ausdruck kommt. Unter Karls Herrschaft (768-814) führten die Franken eine Reihe von blutigen Kriegen gegen ihre Nachbarn, darunter die Sachsen und die Langobarden, und schufen sich auf diese Weise ein Großreich, dem weite Teile Mittel- und Westeuropas angehörten. Neben seinen Kriegen und der an Weihnachten 800 erfolgten Kaiserkrönung, die die Erneuerung des römischen Kaisertums bedeutete, ist Karl außerdem für eine Reihe von Reformen bekannt geworden, die etwa im Bereich der Bildung oder des Kirchenwesens weit über das Mittelalter hinaus wirkten. Der inhaltliche Teil des Proseminar befasst sich mit dem Leben und Wirken Karls, geht darüber hinaus aber auch auf die weiteren Strukturen und die Geschichte des Frankenreichs ein. Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Im Rahmen des Proseminars wird eine Exkursion zur Ausstellung „Karl der Große. Charlemagne“ in Aachen (20.06.-21.09.2014) angeboten. Der Termin wird in Abstimmung mit den Studierenden
vereinbart.
Literatur: Matthias Becher, Karl der Große, München 5 2007; Matthias Becher, Merowinger und Karolinger, Darmstadt 2009; Johannes Fried, Karl der Große. Gewalt und Glaube, München 2013; Wilfried Hartmann, Karl der Große, Stuttgart 2010; Stefan Weinfurter, Karl der Große. Der heilige Barbar, München 2013; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart ³2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 3 2011.
torben gebhardt, m.a.
081817 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte:
Verwandtschaft im Mittelalter
Fr., 12-16, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 11.04.2014
Blut ist dicker als Wasser. Eine Aussage die wohl mit kaum einer anderen Epoche so verbunden wird, wie mit dem Mittelalter. Aber wenn das Mittelalter wirklich so viel Wert auf Verwandtschaft legte, warum sperrten die merowingischen Könige viele ihrer Verwandten mit geschorenen Haaren in Klöster? Oder warum entzog die Kaiserin Gisela ihrem Sohn Ernst jeglichen Schutz als dieser im Konflikt mit Kaiser Konrad II. stand? Mittelalterliche Verwandtschaftsgeflechte sind komplizierter als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Das beginnt mit der Frage was im Mittelalter überhaupt „Verwandtschaft“ bedeutete und berührt unter anderem Felder der Herrschaft, Ehe und Religion. Das Proseminar soll Studierenden einen Einblick darin geben was Verwandtschaft im Mittelalter bedeutete und den Blick dafür schärfen, dass moderne Konzepte nicht ohne weiteres auf das Mittelalter übertragbar sind. Dafür werden neben historischen auch literarische Quellen herangezogen. Des Weiteren werden den Studierenden die methodischen Grundzüge der Mediävistik vermittelt.
Einführende Literatur: Althoff, Gerd: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im frühen Mittelalter, Darmstadt 1990. Lubich, Gerhard: Verwandtsein
(Europäische Geschichtsdarstellung 16), Köln 2008. Mitterauer, Michael: Mittelalter, in: Andreas Gestrich, Jens-Uwe Krause und Michael Mitterauer (Hrsg.): Geschichte der Familie, Stuttgart 2003, S. 160 – 363.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2013/14
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Jan Clauß, Herrn Torben Gebhardt und Herrn Dr. Christian Scholl.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081823 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Politische Theorien im Mittelalter
Mi., 14-18, Raum: F 102 (F-Haus); Beginn: 23.10.2013
Das Seminar behandelt die Frage, wie sich Menschen des Mittelalters in Abhängigkeit von den sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Bedingungen die Ordnung des Gemeinwesens vorstellten. War die politische Ordnung „naturgegeben“, oder war sie von einer übergeordneten religiösen Instanz geregelt worden? Wer sollte an der Spitze des Gemeinwesens stehen, oder konnte es auch mehrere solcher Spitzen geben? War die politische Ordnung hierarchisch gegliedert, oder gab es konkurrierend hierzu auch Vorstellungen von einer Volkssouveränität? Das Seminar richtet sie Aufmerksamkeit vornehmlich auf die lateinisch-christliche Welt, berücksichtigt vergleichend aber auch die Entwicklung politischer Ordnungsvorstellungen im islamischen Kalifat.
Literatur: Canning, Joseph, A History of Medieval Political Thought 300-1450, London/New York 1996. Crone, Patricia, Medieval Islamic Political Thought 650-1250, Edinburgh 2004. Kaufhold, Martin (ed.), Politische Reflexion in der Welt des späten Mittelalters. Political Thought in the Age of Scholasticism. Essays in honour of Jürgen Miethke (Studies in Medieval and Reformation Traditions: History, Culture, Religion, Ideas 103), Leiden 2004. Miethke, Jürgen, Politische Theorien im Mittelalter, in: Hans-Joachim Lieber (ed.), Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart (Studien zur Geschichte und Politik 299), Wiesbaden 1991, 47-156.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082030 Kurs: Religion im Mittelalter
Mi., 10-12, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 16.10.2013
Religion war eine grundlegende Kategorie, die das Leben der Menschen im Mittelalter maßgeblich bestimmte. Aus diesem Grund lebten Menschen in dieser Zeit nach eigener Vorstellung nicht in „Europa“, sondern in der „Christenheit“, woraus sich–nicht nur aus heutiger Sicht–die Frage ergibt, welchen Platz nichtchristliche Nachbarn in einer solcherart konzeptualisierten Gemeinschaft haben konnten. Der Kurs behandelt zunächst Grundzüge der Religionsgeschichte der drei monotheistischen Weltreligionen, die das mittelalterliche Europa prägten, und wendet sich dann systematisch Strukturen und Institutionen, Glaubenslehre und Glaubenspraxis, dem Zusammenhang von Religion, Politik und Gesellschaft sowie abschließend der komplexen Problematik von Interaktion und Konflikten zu.
Literatur: Angenendt, Arnold, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997. Angenendt, Arnold, Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter (Enzyklopädie deutscher Geschichte 68), München 2003. Berkey, Jonathan P., The Formation of Islam. Religion and Society in the Near East 600–1800, Cambridge 2003. Cohen, Jeremy, Living Letters of the Law. Ideas of the Jew in Medieval Christianity, Berkeley/Los Angeles/London 1999. Lewis, Bernard/Friedrich Niewöhner (eds.), Religionsgespräche im Mittelalter (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 4), Wiesbaden 1992. Maier, Johann, Jüdische Geschichte in Daten (Beck'sche Reihe 1653), München 2005. Nagel, Tilman, Die islamische Welt bis 1500 (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte 24), München 1998. Schreiner, Klaus (ed.), Frömmigkeit im Mittelalter. Politisch-soziale Kontexte, visuelle Praxis, körperliche Ausdrucksformen, München 2002. Stemberger, Günter, Das klassische Judentum. Kultur und Geschichte der rabbinischen Zeit (Beck'sche Reihe 1904), München 2009.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082098 Hauptseminar: Religiöse Vielfalt im mittelalterlichen Spanien
Do., 10-12, Raum: F 33 (F-Haus); Beginn: 17.10.2013
In der Mitte des 20. Jahrhunderts entstand der Mythos vom vermeintlichen goldenen Zeitalter im mittelalterlichen Spanien, als Vertreter der drei monotheistischen Weltreligionen, also Juden, Christen und Muslime, in friedlichem Nebeneinander zusammengelebt hätten (convivencia). In der jüngeren Forschung ist dieses etwas einseitige Bild korrigiert worden, indem einerseits auf die tatsächlich nicht so seltenen Konflikte und andererseits auf die ideologischen Voraussetzungen und Implikationen dieser spezifischen Interpretation der spanischen Geschichte verwiesen wurde. Das Seminar behandelt ausgewählte Problemkonstellationen aus der mittelalterlichen spanischen Geschichte seit der westgotischen Spätantike und richtet das Augenmerk insbesondere auf das Verhältnis zwischen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen sowie auf ihre jeweilige Bedeutung für die Konstruktion einer kohärenten Erzählung von einer „spanischen“ Geschichte. Während des Sommersemesters 2014 wird voraussichtlich eine Exkursion nach Mittel- und Nordspanien durchgeführt. Der Besuch des Hauptseminars stellt keine notwendige Vorbedingung für die Teilnahme an dieser Exkursion dar, kann aber doch zur Vorbereitung genutzt werden.
Literatur: Deimann, Wiebke, Christen, Juden und Muslime im mittelalterlichen Sevilla. Religiöse Minderheiten unter muslimischer und christlicher Dominanz (12. bis 14. Jahrhundert) (Geschichte und Kultur der Iberischen Welt 9), Berlin 2012. Herbers, Klaus, Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Stuttgart 2006. Maser, Matthias, Die Historia Arabum des Rodrigo Jiménez de Rada. Arabische Traditionen und die Identität der Hispania im 13. Jahrhundert (Geschichte und Kultur der Iberischen Welt 3), Münster 2006. Maser, Matthias (ed.), Die Mozaraber. Definitionen und Perspektiven der Forschung (Geschichte und Kultur der Iberischen Welt 7), Berlin 2011. Vones, Ludwig, Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter (711-1480). 35 Reiche, Kronen, Regionen, Sigmaringen 1993. Walther, Helmut G., Der gescheiterte Dialog. Das ottonische Reich und der Islam, in: Orientalische Kultur und europäisches Mittelalter (Miscellanea Medievalia 17), ed. Albert Zimmermann/Ingrid Craemer-Ruegenberg, Berlin/New York 1985, 20-44. Wasserstein, David J., The Caliphate in the West. An Islamic Political Institution on the Iberian Peninsula, Oxford 1993. Watt, W. Montgomery, A History of Islamic Spain, Edinburgh 1965.
Jan Clauss, m.Ed.
081823 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Wissen und Weisheiten im Frühen und Hohen Mittelalter - Inhalte, Orte und Ressourcen
Mi., 12-16, Raum: F 029 (F-Haus); Beginn: 23.10.2013
Knowledge and Wisdom in the Early and High Middle Ages – Topics, Locations and Resources
Dass das Mittelalter gemeinhin als “finster”, “archaisch” und „rückständig” gilt hängt u.a. mit der Beurteilung der Wissenskultur dieser Epoche zusammen. Besagter Gemeinplatz soll als Ausgangspunkt wahrgenommen werden, um sich im Proseminar mit zentralen Aspekten von „Wissen“ und „Bildung“ auseinanderzusetzen. Der Zugang bezieht sich auf das Früh- und Hochmittelalter, sodass Entwicklungen und Kontinuitäten des Feldes herausgearbeitet werden können. Neben Bildungsinhalten und einem spezifisch mittelalterlichen Bildungsverständnis werden Wissenstransfers und die Frage nach institutionellen und personalen Trägern von Bildung im Fokus des Seminars stehen. An thematisch relevanten Quellen werden im propädeutischen Teil des Seminars die für die mittelalterliche Geschichtswissenschaft erforderlichen Methoden, Hilfs- Mittel und- Wissenschaften vorgestellt und erprobt. Somit kann durch das Quellenstudium auch Gelegenheit geschaffen werden, um über Epochengrenzen, ihre unterstellten Charakteristika und die Konsequenzen für das historische Arbeiten zu reflektieren. Bedingungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige und aktive Teilnahme, das Halten eines Referats, sowie das Bestehen der Abschlussklausur und einer Hausarbeit.
Literatur: Angenendt, Arnold: Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900, 2. Aufl., Stuttgart 1990. Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter, 3. Aufl., Stuttgart 2006. Hartmann, Martina: Mittelalterliche Geschichte studieren, 2. Aufl., Konstanz 2004. Riché, Pierre: Education et culture dans l’Occident médiéval, Aldershot 1993. Steckel, Sita: Kulturen des Lehrens im Früh- und Hochmittelalter Autorität, Wissenskonzepte und Netzwerke von Gelehrten, Köln 2011.
Torben Gebhardt, m.a.
081838 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Wahl - Erbe - Gewalt: Königserhebung im Mittelalter
Di., 10-14, Raum: F 3 (F-Haus); Beginn: 22.10.2013
Es ist ein weit verbreiteter Trugschluss, dass die Königserhebung im Mittelalter durch nicht in Frage gestellte Erbmonarchien geprägt war. Gerade im Reich dauerte es sehr lange bis sich ein klarer Modus für die Thronerhebung herausgebildet hatte. Dabei wurden Pläne für einer Erbmonarchie vom Adel wehement bekämpft. Am Ende des Proseminars sollen die Studierenden den Entwicklungsprozess der Königserhebung im Mittelalter kennen, sowie die dafür prägendsten Königswahlen. Im propedeutischen Teil werden den Studierenden außerdem die methodischen Grundzüge der Mediävistik vermittelt.
Literatur: Rogge, Jörg: Die deutschen Könige im Mittelalter–Wahl und Krönung (Geschichte kompakt), Darmstadt 2006. Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter (utb.de Bachelor Bibliothek), Stuttgart 3 2006.
Dr. Christian Scholl
081861 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Intimität im Mittelalter
Di., 14-18, Raum: F 029 (F-Haus); Beginn: 22.10.2013
Intimität (von lateinisch intimus= der innerste/der vertrauteste) bezeichnet verschiedene Formen von Nähebeziehungen. Charakteristisch für intime Beziehungen ist eine emotionale Nähe zwischen den Beteiligten. Ferner sind solche Beziehungen offen für körperliche Nähe und sie können, müssen aber nicht notwendigerweise sexuell konnotiert sein. Dieser, auf Klaus van Eickels zurückgehenden Arbeitsdefinition für Intimität folgend, werden im Seminar verschiedene Formen von Nähebeziehungen im Mittelalter untersucht. So werden Beziehungen innerhalb der Familie, sei es zwischen Verwandten oder Ehepartnern, ebenso in den Blick genommen wie Beziehungen zwischen „Freunden“ oder politischen Herrschern und ihren „Günstlingen“. In diesem Zusammenhang werden außerdem mittelalterliche Konzepte von Freundschaft, Ehe, Liebe und „Sexualität“ näher betrachtet. Ein letzter Schwerpunkt liegt auf verbotener Intimität, etwa auf geschlechtlichen Beziehungen zwischen Verwandten (Inzest) oder zwischen Männern („Sodomie“). Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einenEinblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme die Beteiligung an einer Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literatur: Klaus Oschema, Freundschaft und Nähe im spätmittelalterlichen Burgund. Studien zum Spannungsfeld von Emotion und Institution (Norm und Struktur 26), Köln/Weimar/Wien 2006; Leah Otis-Cour, Lust und Liebe. Geschichte der Paarbeziehungen im Mittelalter, Frankfurt 2000; Karl Ubl, Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens (Millennium-Studien zur Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n. Chr. 20), Berlin/New York 2008; Jean Verdon, Irdische Lust. Liebe, Sex und Sinnlichkeit im Mittelalter, Darmstadt 2011; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart ³2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz3 2011.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2013
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews
Prof. Dr. Wolfram Drews
082166 Oberseminar/Masterseminar: Asketische Lebensformen im transkulturellen Vergleich
Mi., 16-18, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 10.04.2013
Askese ist ein Phänomen religiöser Praxis, das sich in vielen, aber keineswegs allen Kulturen nachweisen läßt. Asketische Lebensformen entwickelten sich unter ganz unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen, die wiederum von historisch wandelbaren gesellschaftlichen Voraussetzungen abhängig waren. Das Seminar konzentriert sich im wesentlichen auf die Entstehung und Ausdifferenzierung einerseits des christlichen Mönchtums (in der orientalischen kirchlichen Tradition sowie anschließend in der lateinischen und byzantinischen Kirche) sowie andererseits des islamischen Sufismus (in unterschiedlichen Bruderschaften, aber auch in Wechselwirkung mit Phänomenen wie der futuwwa). Zu Beginn werden die antiken Voraussetzungen in den Blick genommen, wozu einerseits asketische Lebensformen in der vorchristlichen Antike zählen (z. B. Kyniker und Neupythagoräer), andererseits aber auch die jüdischen Essener und Therapeuten (nach den Zeugnissen des Flavius Josephus). Angestrebt wird ein transkultureller Vergleich zwischen unterschiedlichen historischen Ausprägungen asketischer Ideale, der in die Frage münden könnte, ob es sich bei diesen unterschiedlichen historischen Lebensformen überhaupt um Erscheinungsformen ein- und desselben historischen Phänomens handelt, oder ob nicht eher ein christliches Vorverständnis von Askese auf andere kulturelle Traditionen projiziert wird.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081912 Hauptseminar: Kulturgeschichte der Karolingerzeit
Do., 10-12, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 11.04.2013
Anstelle des in der älteren Forschung beliebten Begriffs der „karolingischen Renaissance“ wird in jüngerer Zeit eher der in den Quellen belegte Terminus renovatio verwendet. Was aber wollten die Karolinger erneuern, und was hofften sie zu erreichen? Das Seminar wendet sich dieser Problematik aus kultur- und ideengeschichtlicher Perspektive zu und behandelt einen zentralen Aspekt beim Übergang von der „antiken“ zur „mittelalterlichen“ Kultur, der für die nachfolgende Geschichte Europas bis in die Neuzeit prägend sein sollte.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081710 Vorlesung: Einführung in die mittelalterliche Geschichte
Mi., 10-12, Raum: F 1 (F-Haus); Beginn: 10.04.2013
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die Geschichte des mittelalterlichen Jahrtausends von der Spätantike bis zur beginnenden Renaissancezeit. Ausgehend von einer Problematisierung von Versuchen, Beginn und Ende des Mittelalters zu datieren, werden Grundzüge der Forschungsgeschichte überblicksartig vorgestellt. Thematisiert werden nicht nur Grundzüge der Geschichte des lateinischen Europa, sondern ebenso auch Grundlinien der Entwicklung des Byzantinischen Reiches, des Islams und des Judentums, sowohl im sephardischen als auch im aschkenasischen Bereich. Bei der Gegenüberstellung der Geschichten von lateinischem und griechischem Christentum sowie von unterschiedlichen jüdischen und islamischen Gemeinschaften werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verständlich gemacht; darüber hinaus werden Phänomene der Interaktion, der Verflechtung und der Hybridisierung der „Kulturen“ thematisiert, die in jüngerer Zeit verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung erregt haben. Die Vorlesung stellt wesentliche Etappen der Geschichte unterschiedlicher „Zivilisationen“ oder „Kulturen“ im mittelalterlichen Europa sowie im – geographisch weit gefaßten – Mittelmeergebiet vor, vermittelt einen Überblick über einige grundlegende Perioden der Forschungsgeschichte und thematisiert darüber hinaus ausgewählte Phänomene von Kontinuität und Wandel zwischen Spätantike und Früher Neuzeit auf den Gebieten der Verfassungs-, Rechts-, Sozial-, Religions- und Kulturgeschichte.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2012/13
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Jan Clauß, Herrn Torben Gebhardt und Herrn Christian Scholl.
PROF. DR. WOLFRAM DREWS
081730 Vorlesung: Monarchische Herrschaftsformen im Mittelalter
Do., 10-12, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!; Beginn: 18.10.2012
In der Zeit zwischen der Spätantike und dem ausgehenden Mittelalter – und darüber hinaus – waren die meisten politischen Gemeinwesen in unterschiedlichen, aber jeweils monarchisch verfaßten Formen institutionalisiert. Die Vorlesung behandelt unterschiedliche monarchische Herrschaftsformen, ausgehend von der römischen Spätantike, über König- und Kaisertümer des Mittelalters bis hin zum islamischen Kalifat, Emirat und Sultanat. Dabei werden Formen der politischen und sakralen Legitimierung, das Verhältnis des Monarchen zu unterschiedlichen Elitengruppen sowie Formen von Dynastiebildung und Perpetuierung der Herrschermemoria vergleichend in den Blick genommen.
Literatur: Dagron, Gilbert, Emperor and Priest. The Imperial Office in Byzantium, Cambridge 2003; Drews, Wolfram, Die Karolinger und die Abbasiden von Bagdad. Legitimationsstrategien frühmittelalterlicher Herrscherdynastien im transkulturellen Vergleich, Berlin 2009; Oesterle, Jenny Rahel, Kalifat und Königtum. Herrschaftsrepräsentation der Fatimiden, Ottonen und frühen Salier an religiösen Hochfesten, Darmstadt 2009.
PROF. DR. WOLFRAM DREWS
081855 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Religiöse Devianz im Mittelalter
Mi., 14-18, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!; Beginn: 17.10.2012
Im Hochmittelalter entstanden erstmals seit der Spätantike wieder Bewegungen, die von kirchlichen Institutionen als „häretisch“ eingestuft und bekämpft wurden. Ziel des Proseminars ist die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen diese Gruppen entstanden, worauf ihr Selbstverständnis gründete und warum sie von „offizieller“ Seite in Lehre bzw. Praxis als „Abweichler“ wahrgenommen wurden. Die Analyse des Verhältnisses von Orthodoxie und Heterodoxie leistet zugleich einen mentalitäts- und sozialgeschichtlichen Beitrag zum Verständnis des Hochmittelalters als Umbruchszeit. Anhand verschiedener Quellenarten wird zugleich in Techniken wissenschaftlichen Arbeitens eingeführt.
Literatur: Grundmann, Herbert, Religiöse Bewegungen im Mittelalter, Berlin 1935, 21961; Grundmann, Herbert, Oportet et haereses esse. Das Problem der Ketzerei im Spiegel der mittelalterlichen Bibelexegese, Archiv für Kulturgeschichte 45 (1963), 129-164; Moore, Robert Ian, The Formation of a Persecuting Society. Power and Deviance in Western Europe, 950-1250, Oxford/New York 1987, 1990; Kurze, Dietrich, Häresie und Minderheit im Mittelalter, HZ 229 (1979), 529-573; Lambert, Malcolm, Medieval Heresy. Popular Movements from the Gregorian Reform to the Reformation, Oxford - Cambridge/Mass. 1977, 21992; Patschovsky, Alexander, Häresie, LexMA 4 (1989), 1933-1937; Wakefield, Walter L./Austin P. Evans, Heresies of the High Middle Ages (Records of Civilization 81), New York 1969.
PROF. DR. WOLFRAM DREWS
082010 Hauptseminar II: Religion und Politik im frühen Mittelalter
Mi., 10-12, den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!; Beginn: 17.10.
Im spätantiken römischen Reich wurde Religion zunehmend zur Legitimation politischer Machtausübung instrumentalisiert. Als unterschiedliche barbarische Gemeinschaften mit der römischen Welt in Kontakt kamen, wurden Prozesse der Adaptation, Übersetzung und Verflechtung initiiert, in deren Verlauf diese Gemeinschaften Formen der römischen Machtausübung übernahmen und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen trachteten. Einzelne barbarische Herrscher trafen dabei sehr unterschiedliche Entscheidungen, deren Langzeitwirkung in den einzelnen Regna sehr verschieden war. Das Seminar behandelt wichtige politische und religiöse Weichenstellungen in der Epoche zwischen der Spätantike und dem beginnenden Hochmittelalter im lateinischen und byzantinischen Europa sowie in der islamischen Welt.
Literatur: Airlie, Stuart/Pohl, Walter/Reimitz, Helmut (eds.), Staat im frühen Mittelalter, Wien 2006; Al-Azmeh, Aziz/Bak, János M. (eds.), Monotheistic Kingship. The Medieval Variants, Budapest 2004; Al-Azmeh, Aziz, Muslim Kingship. Power and the Sacred in Muslim, Christian, and Pagan Polities, London 1997; Becher, Matthias, Chlodwig I. Der Aufstieg der Merowinger und das Ende der antiken Welt, München 2011; Berkey, Jonathan Porter, The Formation of Islam. Religion and Society in the Near East, 600 – 1800, Cambridge 2003.
PROF. DR. WOLFRAM DREWS
082369 Übung: Exkursion zur Ausstellung „Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“ (Kulturhistorisches Museum Magdeburg)
Di., den 16.10 und 23.10, 14-16 Uhr, 16.-17.11 (jeweils ganztägig); die Räume bitte dem HISLSF entnehmen!!!
Die Magdeburger Ausstellung vermittelt einen umfassenden Überblick über die Genese und Transformation imperialer monarchischer Herrschaftsformen in der Antike und im frühen Mittelalter anhand zahlreicher Originalquellen aus unterschiedlichen Regionen Europas. Im Rahmen einer zweitägigen Exkursion am Freitag, dem 16. und am Samstag, dem 17. November besteht die Möglichkeit, sich vertieft mit der Problematik verschiedener Kaisertümer auseinanderzusetzen. Im Magdeburg wird einer der Kuratoren der Ausstellung eine Führung anbieten, außerdem wird im Rahmen eines Gesprächs mit Mitarbeitern des Ausstellungsteams in die Problematik der Planung, Vorbereitung und Durchführung historischer Großausstellungen eingeführt. Daneben besteht Gelegenheit, die Ausstellung individuell anzusehen. Vorbereitend werden zu Semesterbeginn im Wochenrhythmus einige einführende Seminarsitzungen durchgeführt.
Literatur: Leppin, Hartmut/Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan (eds.), Kaisertum im ersten Jahrtausend. Wissenschaftlicher Begleitband zur Landesausstellung „Otto der Große und das Römische Reich, Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“. Magdeburg 2012, Regensburg 2012.
PROF. DR. ROLF AHMANN / PROF. DR. HEIKE BUNGERT / PROF. DR. WOLFRAM DREWS / PROF. DR. WERNER FREITAG / PROF. DR. THOMAS GROßBÖLTING / PROF. DR. SILKE HENSEL / JUN. PROF. DR. ISABEL HEINEMANN / PROF. DR. CHRISTIAN JANSEN / PROF. DR. JAN KEUPP / PROF. DR. MARTIN KINTZINGER / JUN. PROF. DR. ANDRÉ KRISCHER / JUN. PROF. DR. MATTHIAS POHLIG / PROF. DR. BARBARA STOLLBERG-RILINGER / PROF. DR. WOLFGANG E. WAGNER / PROF. DR. MARTINA WINKLER
082741 Kolloquium: Münsteraner Gespräche zur Geschichte: Entscheidungskulturen
Mi 18-20, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!! Die Vorträge entnehmen Sie bitte den besonderen Aushängen!!!
TORBEN GEBHARDT, M.A.
081965 Kurs: Geschichte Schottlands im Mittelalter
Di., 14-16, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!
Schottlands Mittelalter ist in den meisten Köpfen geprägt durch edle Wilde die beeindruckende Bärte haben und mit Kilts, die eigentlich nicht vor dem 16. Jh. Eingeführt wurden, durch hügelige Landschaften wandern. Dabei scheint es die einzige Aufgabe des Schotten zu sein, seine Unabhängigkeit gegen ungerechte Engländer durchzusetzen. Vor allem Mel Gibsons Braveheart hat zu diesem Bild beigetragen. Das Ziel des Kurses ist es einen, von medialen Werken bereinigten, Überblick über Schottland im Mittelalter zu vermitteln. Die Zeitspanne mit der sich der Kurs befasst reicht vom Reich der Pikten, über die kaum etwas bekannt ist, bis zum Herrschaftsbeginn der Stuarts im 14. Jh. In einzelnen Sitzungen werden auch so berühmte Figuren der schottischen Geschichte wie Macbeth, William Wallace oder Robert the Bruce ihren Platz finden. Als Leistungsnachweis wird in der letzten Sitzung eine Klausur geschrieben.
Literatur: Barrell, A.D.M.: Medieval Scotland (Cambridge Medieval Textbooks), Cambridge 2000. Barrow, G.W.S.: Kingship and Unity: Scotland 1000-1306 (New History of Scotland), 2. Aufl. Edinburgh 2003. Maurer, Michael: Geschichte Schottlands (reclam 18862), 2. Aufl. Stuttgart 2011.
Jan Clauss, m.Ed. / Torben Gebhardt, M.A. / Christian Scholl
083292 Übung: König Artus, Braveheart & Co – Das Mittelalter im Film: Sichtweisen und Sehgewohnheiten auf das Mittelalter zwischen Kino und Hörsaal
Mi., 16-18, Beginn: 17. 10. 2012, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!
In der letzten Dekade scheint sich im populären Kino eine Renaissance des Historienfilms abzuzeichnen, die besonders mittelalterliche Epochen, Personen und Probleme auf die Leinwand bringt. Offenkundig steht dieses Interesse am Mittelalter, das sich im Verkauf von Kinokarten abbildet, in Kontrast zur marginalen Rolle, die die Epoche etwa in schulischen Curricula einnimmt, bzw. zu wissenschaftlich gestützten Vermittlungsangeboten. Von der medialen Vermittlung des Mittelalters durch den modernen Film geht daher ein nicht zu unterschätzenden Einfluss als Quelle von Informationen, besonders aber Impressionen, Emotionen und Werturteilen, die das allgemeine Bild vom Mittelalter prägen, aus. – Das bunt oder besonders dunkel inszenierte bewegte Bild sagt und prägt mehr als hundert gedruckte Buchseiten. Daher wird die Übung anhand ausgewählter Filmbeispiele mediävistische Fragestellung an das Medium Film herantragen; dabei gilt es jedoch nicht den Film als geschichtswissenschaftlich unhaltbar zu verreißen, sondern Wege zu suchen, wie konstruktiv mit cineastischen Adaptionen mediävistischer Themenkreise umgegangen werden kann. Um eine solche Kommunikation zwischen Film und Fachwissenschaft anzuregen, soll in der Übung u.a. ergründet werden, wie sich der jeweilige Film zum aktuellen Forschungsstand verhält, ob und von welchen Quellen er sich in seiner Darstellung leiten lässt und besonders auch aus wessen Perspektive Geschichte erzählt wird. Jedoch erscheint eine Auseinandersetzung mit dem „Mittelalter im Film“ nicht allein aus geschichtsdidaktischen Erwägungen reizvoll und wichtig; die Übung bietet bei ihrer exemplarischen Analyse von Filmen immer wieder auch Gelegenheit zur Frage, warum sich Filmemacher in ihrer spezifischen Gegenwartssituation ihrem jeweiligen (mittelalterlichen) Thema bedienen. Der jeweils filmisch vermittelte Ausschnitt vom Mittelalter wird somit auch als ein Spiegel der Zeitgeschichte seiner Entstehung interpretierbar.
Als Leistungsnachweis ist neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme ein Referat im Rahmen der Übung erforderlich. Im Sekretariat von Fr. Michelson (Fürstenberghaus, Raum 145) liegt zu den Öffnungszeiten eine Anmeldeliste vom 25.06.2012 bis 13.07.2012 sowie vom 24.09.2012 bis zum 12.10.2012 aus - die Teilnehmerzahl ist auf 40 Plätze begrenzt.
Literatur: Beicken, Peter: Wie interpretiert man einen Film? (Reclam 15227), Stuttgart 2004. Kiening, Christian & Heinrich Adolf (Hrsgg.): Mittelalter im Film, Berlin u. New York 2006. Meier, Mischa & Simona Slanicka (Hrsgg.): Antike und Mittelalter im Film, Köln u.a. 2007. Faulstich, Werner: Grundkurs Filmanalyse, 2. Aufl. Stuttgart 2008.
CHRISTIAN SCHOLL
081836 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die sog. Völkerwanderung
Do., 14-18, Den Raum bitte dem HISLSF entnehmen!!!, Beginn: 18. 10. 2012
Der thematische Teil des Proseminars befasst sich mit den Wanderungsbewegungen verschiedener „barbarischer“ Völkerschaften, die in Folge des Einfalls der Hunnen in Osteuropa ab dem späten 4. Jahrhundert verstärkt ins Römische Reich eindrangen. Dabei werden sowohl die wandernden „Völker“ (z.B. Franken, Ost- und Westgoten, Vandalen, Burgunder, Langobarden) als auch die von diesen auf römischem Boden gegründeten Reiche näher analysiert. In diesem Zusammenhang wird die herkömmliche Sicht auf die sog. „Völkerwanderung“, der zufolge ethnisch geschlossene „Abstammungsgemeinschaften“ auf der Suche nach Ackerland durch Europa wanderten, einer radikalen Modifizierung unterzogen. Im Zuge der Neubewertung dieser Epoche soll abschließend verdeutlicht werden, dass die „Völkerwanderung“ keinesfalls ein abruptes Ende der antiken Kultur und Zivilisation mit sich brachte, sondern dass die „barbarischen“ Nachfolgereiche des Imperium Romanum vielmehr große Teile der antiken Traditionen bewahrten und ins frühe Mittelalter transportierten.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme ein Referat, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literatur: Peter J. Heather, Invasion der Barbaren. Die Entstehung Europas im ersten Jahrtausend nach Christus, Stuttgart 2011; Jochen Martin, Spätantike und Völkerwanderung (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 4), München 42001; Walter Pohl, Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration, Stuttgart u.a. 22005; Verena Postel, Die Ursprünge Europas. Migration und Integration im frühen Mittelalter, Stuttgart 2004; Klaus Rosen, Die Völkerwanderung, München 42009; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart ³2006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2012
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Jan Clauß, Herrn Torben Gebhardt und Herrn Christian Scholl. Die Kommentare zu den Lehrveranstaltungen des vergangenen Semesters finden Sie weiter unten.
Jan Clauß, m.ed.
081813 Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Das mittelalterliche Kloster. Institution, Funktion, Entwickelung
Mi., 12-14 und Mi., 16-18; Raum: ULB 1
„Seht doch, wie gut und schön ist es, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen.“ (Psalm 133,1) Das Klosterwesen, ist eine der zentralen Einrichtungen der mittelalterlichen Lebenswelt. Das gilt in sozialer, politischer, ökonomischer wie auch kultureller Hinsicht. Nicht nur stellte das klösterliche Leben eine „typisch mittelalterliche“ Biographie für den Einzelnen zur Verfügung, deren Charakteristika wie weltliche Entsagung, ortsgebundene Zurückgezogenheit und Unterordnung unter religiös legitimierte Hierarchien aus heutiger Sicht bisweilen für das Mittelalter insgesamt repräsentativ erscheinen mögen. Das Kloster als Institution und Personen aus dem monastischen Kontext standen aber nicht neben der Gesellschaft, sondern übernahmen in ihr wichtige Funktionen und konnten oft einflussreiche Schlüsselpositionen in Politik und Herrschaft für sich reklamieren. Das Proseminar will die Dimensionenvielfalt des mittelalterlichen Klosterwesens beleuchten. Dazu sollen neben der historischen Genese monastischer Organisationen und ihrer variierenden Ausprägungsformen im mittelalterlichen Europa, exemplarisch eine Reihe von Klöstern, Klosterverbänden, Orden und Einzelpersonen vorgestellt werden. Damit ist im Seminar auch Möglichkeit gegeben, einführend unter sozial- und kulturgeschichtlichen Fragestellungen mediävistische Themenfelder zu erschließen.
An thematisch relevanten Quellen werden im propädeutischen Teil des Seminars die für die mittelalterliche Geschichtswissenschaft erforderlichen Methoden, Hilfs-Mittel und -Wissenschaften vorgestellt und erprobt. Bedingungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige und aktive Teilnahme, das Halten eines Referats, sowie das Bestehen der Abschlussklausur und einer Hausarbeit.
Literatur: Angenendt, Arnold: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 4. Aufl., Darmstadt 2000. Angenendt, Arnold: Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900, 2. Aufl., Stuttgart 1990. Goetz, Hans-Werner: Proseminar Geschichte: Mittelalter, 3. Aufl., Stuttgart 2006. Hartmann, Martina: Mittelalterliche Geschichte studieren, 2. Aufl., Konstanz 2004. Klueting, Edeltraud: Monasteria semper reformanda. Kloster- und Ordensformen im Mittelalter, Münster 2005.
Torben Gebhardt, m.a.
081961 Kurs: Die Staufer und die Kirche
Mo., 14-16, Raum: H 4
In der Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts als idealtypische deutsche Herrscher verklärt waren die Staufer seitdem eine Konstante, zumindest in der deutschen Mediävistik.
Schillernde Figuren wie Friedrich I. Barbarossa und Friedrich II., sowie der Aufstieg von einem wenig profiliertem Adelsgeschlecht hin zur Königs- und Kaiserdynastie boten immer wieder Stoff für Diskussionen in der Wissenschaft. Der Kurs wird sich auf das Verhältnis der Staufer mit der Kirche und vor allem dem Papsttum konzentrieren. Hauptberührungspunkte wie die Kreuzzüge, bspw. von Friedrich Barbarossa, der deutsche Thronstreit oder der ausufernde Konflikt in den letzten Jahren der Regentschaft Friedrichs II. werden genauso Teil der Veranstaltung sein wie die Kirchenpolitik im Reich.
Literatur: Engels, Odilo: Die Staufer (Kohlhammer 154), 9. Aufl., Stuttgart 2010. Engels, Odilo: Art. Staufer, in: Lexikon des Mittelalters VIII (1999), Sp. 76-79. Görich, Knut: Die Staufer – Herrscher und Reich (Beck‘sche Reihe 2393), München 2006.
Christian Scholl
Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Kreuzzüge
Di., 14-18 Uhr, Raum: Krummer Timpen 5 (ULB 1)
Der thematische Teil des Proseminars befasst sich mit den Kreuzzügen in den Orient, die durch den Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. im November 1095 ausgelöst wurden und die mit dem Fall Akkons im Mai 1291 endeten. Dabei wird das Phänomen der Kreuzzüge aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet: So wird nicht nur die westeuropäische Sicht auf die Kreuzzugsbewegung in den Blick genommen, sondern es wird auch danach gefragt werden, wie Byzantiner und Muslime die Kreuzfahrer wahrnahmen und welche Konsequenzen sich aus dem Eindringen der lateinischen Christenheit in den Vorderen Orient für Byzanz und die arabische Welt ergaben. Abschließend sollen die Nachwirkungen der Kreuzzüge bis in die heutige Zeit („Kreuzzug gegen den Terrorismus“) kritisch beleuchtet werden.
Vor dem Hintergrund dieser Thematik gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs Mittelalterliche Geschichte. Als Leistungsnachweise sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme eine Stundengestaltung, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literatur: Thomas S. Asbridge, Die Kreuzzüge, Stuttgart 2010; Nikolas Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt 52010; Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 102005; Peter Thorau, Die Kreuzzüge, München 32007; Ralph Johannes Lilje, Byzanz und die Kreuzzüge, Stuttgart 2004; Francesco Gabrieli (Hg.), Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, München 21976; Amin Maalouf, Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber, München 52008; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, Stuttgart 32006; Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren, Konstanz 32011.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2011/2012
Hier finden Sie die kommentierten Veranstaltungshinweise von Herrn Prof. Dr. Wolfram Drews, Herrn Jan Clauß und Herrn Christian Scholl.
Prof. Dr. Wolfram Drews
081739 Vorlesung: Geschichte Spaniens im Mittelalter
Di., 10-12, Raum: F 2 (F-Haus); Beginn: 1. Woche
In der Mitte des 20. Jahrhunderts entstand – motiviert durch zeitgenössische Problemlagen – der Mythos vom vermeintlichen goldenen Zeitalter im mittelalterlichen Spanien, als Vertreter der drei monotheistischen Weltreligionen, also Juden, Christen und Muslime, in friedlichem Nebeneinander zusammengelebt hätten (convivencia). In der jüngeren Forschung ist dieses etwas einseitige Bild korrigiert worden, indem einerseits auf die tatsächlich nicht so seltenen Konflikte und andererseits auf die ideologischen Voraussetzungen und Implikationen dieser spezifischen Interpretation der spanischen Geschichte verwiesen wurde. Die Vorlesung stellt die Hauptepochen der mittelalterlichen spanischen Geschichte seit der westgotischen Spätantike vor und richtet das Augenmerk insbesondere auf das Verhältnis zwischen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen sowie auf ihre jeweilige Bedeutung für die Konstruktion einer kohärenten Erzählung von einer „spanischen“ Geschichte.
Literatur: Herbers, Klaus, Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Stuttgart 2006; Vones, Ludwig, Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter (711 - 1480). Reiche, Kronen, Regionen, Sigmaringen 1993; Walther, Helmut G., Der gescheiterte Dialog. Das ottonische Reich und der Islam, in: Orientalische Kultur und europäisches Mittelalter (Miscellanea Medievalia 17), ed. Albert Zimmermann/Ingrid Craemer-Ruegenberg, Berlin/New York 1985, 20-44; Wasserstein, David J., The Caliphate in the West. An Islamic Political Institution on the Iberian Peninsula, Oxford 1993; Watt, W. Montgomery, A History of Islamic Spain, Edinburgh 1965.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082314 Übung: Transkulturelle Geschichte im Mittelalter: Juden zwischen christlicher und islamischer Herrschaft
Mi., 16-18, Raum: F 104 (F-Haus); Beginn: 1. Woche
In jüngerer Zeit werden in der Geschichtswissenschaft verstärkt Fragen und Ansätze der globalen und transkulturellen Geschichte diskutiert. Die Übung stellt eingangs einige der in diesem Zusammenhang vertretenen Positionen vor und behandelt anschließend die Frage, ob derartige Zugänge auch für die vormodernen Epochen, namentlich das Mittelalter, fruchtbar gemacht werden können. Als Beispiel für die Diskussion von Problemen der Verflechtung und Migration wird die Geschichte einer jüdischen Familie aus dem byzantinischen und islamischen Süditalien vorgestellt, deren Lektüre im Zentrum der Veranstaltung steht. Im Jahre 1054 vollendete der jüdische Gelehrte Ahimaaz ben Paltiel aus Oria in Süditalien eine Familienchronik, in der er die Erinnerung an Taten und Leistungen seiner Vorfahren mit legendenhaften Schilderungen sowie mit Reminiszenzen an die süditalienische Lokal- und Regionalgeschichte verband, aber auch mit Hinweisen auf die byzantinische Geschichte sowie auf diejenige arabisch-islamischer Fürstentümer im Mittelmeerraum. Die Geschichte dieser jüdischen Familie zeigt beispielhaft, wie Juden im Mittelmeerraum als Vermittler zwischen unterschiedlichen politischen Herrschaftsbereichen, aber auch verschiedenen kulturellen und religiösen Traditionen agierten.
Literatur: Borgolte, Michael/Juliane Schiel/Bernd Schneidmüller/Annette Seitz (eds.), Mittelalter im Labor. Die Mediävistik testet Wege zu einer transkulturellen Europawissenschaft (Europa im Mittelalter 10), Berlin 2008; Conrad, Sebastian/Andreas Eckert/Ulrike Freitag (eds.), Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen (Globalgeschichte 1), Frankfurt/New York 2007; Drews, Wolfram, Koordinaten eines historischen Bewußtseins in der mittelalterlichen jüdischen Historiographie. Das Beispiel des Ahimaaz von Oria, in: Klaus Hödl (ed.), Historisches Bewußtsein im jüdischen Kontext. Strategien – Aspekte – Diskurse (Schriften des Centrums für Jüdische Studien 6), Innsbruck/Wien/München/Bozen 2004, 13-28; Höfert, Almut, Anmerkungen zum Konzept einer „transkulturellen“ Geschichte in der deutschsprachigen Forschung, in: Wolfram Drews/Jenny Rahel Oesterle (eds.), Transkulturelle Komparatistik. Beiträge zu einer Globalgeschichte der Vormoderne = Comparativ 18/3 (2008), 15-26; Kaufmann, David, Die Chronik des Achimaaz von Oria (850-1054). Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Süditalien, Frankfurt/ M. 1896; Die Chronik des Achimaaz von Oria [850-1054], in: id., Gesammelte Schriften, Bd. 3, Frankfurt/ M. 1915, 1-55; Osterhammel, Jürgen, Transkulturell vergleichende Geschichtswissenschaft, in: Heinz-Gerhard Haupt/ Jürgen Kocka (eds.), Geschichte und Vergleich. Ansätze und Ergebnisse international vergleichender Geschichtsschreibung, Frankfurt/ M. – New York 1996, 271-313
Salzman, Marcus, The Chronicle of Ahimaaz (Columbia University Oriental Studies 18), New York 1924, ND 1966; Skinner, Patricia, Gender, Memory and Jewish Identity. Reading a Family History from Medieval Southern Italy, Early Medieval Europe 13 (2005), 277-296.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082056 Hauptseminar: Ritterorden und Rittergesellschaften
Mi., 10-12, Raum: F 3 (F-Haus); Beginn: 1. Woche
Als Folge der Kreuzzugsbewegung bildete sich eine neue Form geistlicher Gemeinschaften heraus, in denen das altkirchliche Ideal der militia Christi neu interpretiert wurde: Der Kampf für Christus wurde nicht mehr wie vorher rein spirituell verstanden, sondern auch als tatsächlicher Kampf mit Waffen. Trotz anfänglicher Widerstände gegen diese neue Form des geistlichen Lebens entstanden mehrere geistliche Ritterorden, einige als Umbildungen bereits bestehender Einrichtungen zur Armen- und Krankenpflege. Den geistlichen Ritterorden kam eine erhebliche Bedeutung bei der Verteidigung der lateinischen Kreuzfahrerherrschaften in der Levante zu. Daneben leisteten die spanischen Ritterorden einen wichtigen Beitrag nicht nur zur sogenannten Reconquista, der „Rückeroberung“ ehemals christlicher Territorien durch nordspanische Königreiche, sondern auch bei der nachfolgenden Besiedlung neueroberter Gebiete. Dem Deutschen Orden gelang gar der Aufbau eines eigenen Ordensstaates im Baltikum.
Im späten Mittelalter entstanden mit den sogenannten weltlichen Ritterorden neue institutionelle Formen, die auf einen Fürsten als Ordenssouverän ausgerichtet waren und der Propagierung der ritterlicher Lebensweise dienten, darüber hinaus aber auch als Mittel zur Integration des Adels in monarchische Herrschaftssysteme und als Instrument fürstlicher Außenpolitik eingesetzt wurden. Davon zu unterscheiden sind genossenschaftlich ausgerichtete Adelsgesellschaften. Das Seminar stellt die unterschiedlichen Formen geistlicher und weltlicher Rittergemeinschaften vor, analysiert ihre politische und kulturelle Bedeutung und zieht abschließend einen Vergleich zu islamischen Institutionen (ribāt und futuwwa), die in der Forschung als mögliche Parallelen oder gar Vorbilder für christliche Institutionen des Glaubenskampfes diskutiert worden sind.
Literatur: Czaja, Roman/Jürgen Sarnowsky (eds.), Die Ritterorden als Träger der Herrschaft: Territorien, Grundbesitz und Kirche (Colloquia Torunensia Historica 14), Torun 2007; Demurger, Alain, Die Ritter des Herrn. Geschichte der geistlichen Ritterorden, München 2003 Elm, Kaspar, Die Spiritualität der geistlichen Ritterorden des Mittelalters, in: Militia Christi e Crociata neo secoli XI-XIII (Miscellanea del Centro di studi medioevali 30; Scienze storiche 48), Mailand 1992, 477-518; Fleckenstein, Josef, Die Rechtfertigung der geistlichen Ritterorden nach der Schrift De laude novae militiae Bernhards von Clairvaux, in: id., Ordnungen und formende Kräfte des Mittelalters, Göttingen 1989, 377-392; Nowak, Hubert Zenon/ Roman Czaja (eds.), Vergangenheit und Wirklichkeit der Ritterorden. Die Rezeption der Idee und die Wirklichkeit (Ordines militares 11), Torun 2001; Sarnowsky, Jürgen, Das historische Selbstverständnis der geistlichen Ritterorden, Zeitschrift für Kirchengeschichte 110 (1999), 315-330.
Prof. Dr. Wolfram Drews
082204 Oberseminar/Masterseminar: Reconquista und Kreuzzüge
Di., 16-18, Raum: F 153 (F-Haus); Beginn. 1. Woche
Bald nach 711 wurden große Teile der Iberischen Halbinsel von muslimischen Truppen erobert; lediglich im Norden blieben einige Landstriche in christlicher Hand. Aus späterer Rückschau erschien es so, als hätte bald darauf die christliche „Rückeroberung“ des „verlorenen“ Gebietes begonnen. Die Forschung hat kontrovers darüber diskutiert, ob für die hiermit verbundenen militärischen Unternehmungen religiöse oder vielmehr nur politische oder auch ökonomische Gründe angenommen werden müssen. Erst mit der Entstehung der Kreuzzugsbewegung in Frankreich ab dem 11. Jahrhundert kam es verstärkt zur Teilnahme nichtspansicher Kämpfer an den Kriegszügen auf der Iberischen Halbinsel, was deren Charakter nachhaltig veränderte. Der päpstliche Kreuzzugsablaß wurde auf Spanien übertragen, und hier entstanden eigene Ritterorden, die nicht nur militärische, sondern auch siedlungspolitische Aufgaben übernahmen. Das Seminar behandelt Grundzüge der Ereignisgeschichte, was als Grundlage für die Diskussion unterschiedlicher Forschungspositionen zur Verhältnisbestimmung zwischen der (vermeintlichen) Reconquista und der vornehmlich französisch-päpstlichen Kreuzzugsideologie dient.
Literatur: Bronisch, Alexander Pierre, Reconquista und Heiliger Krieg. Die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frühe 12. Jahrhundert (Spanische Forschungen der Görres-Gesellschaft II/ 35), Münster 1998; Engels, Odilo, Reconquista und Landesherrschaft (Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft N. F. 53), Paderborn/München/Wien/Zürich 1989; Erdmann, Carl, Die Entstehung des Kreuzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6), Stuttgart 1935, ND Darmstadt 1965; Forey, Alan J., The Military Religious Orders and the Spanish Reconquest in the Twelfth and Thirteenth Centuries, Traditio 40 (1984), 197-234; Jaspert, Nikolas, Die Kreuzzüge, Darmstadt 2003; Lomax, Derek W., The Reconquest of Spain, London/ New York 1978; Schwenk, Bernd, Calatrava. Entstehung und Frühgeschichte eines spanischen Ritterordens zisterziensischer Observanz im 12. Jahrhundert (Spanische Forschungen der Görres-Gesellschaft II/ 28), Münster 1992.
Prof. Dr. Gerd Althoff, Prof. Dr. Wolfram Drews, Prof. Dr. Werner Freitag, Prof. Dr. Michael Grünbart, Prof. Dr. Martin Kintzinger
082590 Kolloquium: 800-1800 Forschungskolloquium Mittelalter und Frühe Neuzeit
Mi., 18-20, Raum: F 102
Jan Clauß, m.ed.
Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Auswärtige Beziehungen und Kulturpolitik unter Karl dem Großen
Mi., 12-14 und Mi., 16-18; Raum: F 030 (F-Haus)
Das Seminar will neben einem zur Orientierung nötigen Überblick über die Epoche Karls des Großen das Wechselspiel zwischen innerer Herrschaftspraxis im Frankenreich und Beziehungen zu seinen Nachbarn beleuchten. Dabei steht die Frage im Hintergrund, ob sich eine übergreifende Herrschaftsprogrammatik identifizieren lässt und aus welchen Bedingungsfaktoren eine solche ggf. erwächst. Am Beispiel des prominenten Karolingers und seines Umfeldes werden dazu zentrale Begrifflichkeiten und Themenfelder wie „Hof“, „Außenpolitik“ oder die Frage nach historischen Akteuren und ihrer zeitgenössischen Rezeption aufgegriffen und problematisiert. An thematisch relevanten Quellen werden im propädeutischen Teil die für die mittelalterliche Geschichtswissenschaft erforderlichen Methoden, Hilfs-Mittel und -Wissenschaften vorgestellt und anfänglich erprobt. Bedingungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind regelmäßige und aktive Teilnahme, das Halten eines Referats, sowie das Bestehen der Abschlussklausur und einer Hausarbeit.
Literatur: Arnold Angenendt, Das Frühmittelalter. Die abendländische Christenheit von 400 bis 900, Stuttgart 32001, S. 292-360. Matthias Becher, Merowinger und Karolinger (Geschichte kompakt: Mittelalter), Darmstadt 2009. Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter (UTB 1719: Geschichte), Stuttgart 32006. Martina Hartmann, Mittelalterliche Geschichte studieren (UTB 2575: UTB basics Geschichte), Konstanz 22004.
Christian Scholl
Proseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Juden im mittelalterlichen Reich
Do., 12-14 und 16-18 Uhr; Raum: F 029 (F-Haus)
Im thematischen Teil des Proseminars werden verschiedene Aspekte jüdischen Lebens im mittelalterlichen Reich behandelt. Dazu zählen insbesondere die Anfänge jüdischer Besiedlung im 9./10. Jahrhundert, das jüdische Gemeindeleben, die Rechtsstellung der Juden („Kammerknechtschaft“ und Bürgerstatus), ihre wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder sowie die vielfältigen Beziehungen zur christlichen Umwelt, die sich von friedlicher Koexistenz zu beiderseitigem Vorteil (concivilitas) bis hin zu Judenverfolgungen und -vertreibungen erstreckten. Vor dem Hintergrund dieses Themas gibt der propädeutische Teil des Proseminars einen Einblick in die Arbeitsweisen, Hilfsmittel und Methoden des Fachs mittelalterliche Geschichte. Für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme ein Referat, eine Abschlussklausur und eine Hausarbeit erforderlich.
Literatur: Michael Toch, Die Juden im mittelalterlichen Reich (Enzyklopädie deutscher Geschichte 44), München ²2003; Germania Judaica, Bd. 1: Von den ältesten Zeiten bis 1238, hg. von Ismar Elbogen, Aron Freiman und Haim Tykocinski, Breslau 1917-1934, Ndr. Tübingen 1963; Germania Judaica, Bd. 2: Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, hg. von Zvi Avneri, Tübingen 1968; Germania Judaica, Bd. 3: 1350-1519, hg. von Arye Maimon, Mordechai Breuer und Yacov Guggenheim, Tübingen 1987-2003; Europas Juden im Mittelalter. Beiträge des internationalen Symposions in Speyer vom 20.-25. Oktober 2002, hg. von Christoph Cluse, Trier 2004; Hans-Werner Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter (UTB 1719: Geschichte), Stuttgart ³2006.