Universität Münster
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Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis: Archäologie einer Idee. Frühe Diskurse für das Textilgewerbe in arabischen und westeuropäischen Quellen (9.-13. Jahrhundert)
In meiner Habilitationsschrift möchte ich verstehen, ab wann und durch welche Faktoren das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis im europäischen Textilbereich sich als denkbare Kategorie etabliert hat. Als Gegenfolie beziehe ich das Textilgewerbe des islamischen Raums in meiner Studie mit ein. Dort hat sich die Textilindustrie technisch wie quantitativ früher entwickelt: Findet man auch dort ein ähnliches Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis, oder wurde die Textilarbeit in anderen Kategorien konzipiert?
Um möglichst frühe Hinweise von Arbeitsregime im Textilbereich zu erhalten, suche ich nach den frühen Erwähnungen von Webern in den lateinischen Quellen (12. Jahrhundert) und arabischen Quellen (8.-9. Jahrhundert). Meist sind es religiöse Texte. In beiden Fällen hat der Weberberuf einen schlechten Ruf. Wenn die Autoren erklären, was an den Beruf schlecht ist, geben sie unter anderen Hinweise darauf, wie das Arbeitsverhältnis der Weber damals gedacht wurde.
Auch die ersten Texte, die die gewerblichen und händlerischen Aktivitäten regulierten, werden berücksichtigt. Die ersten Zunftordnungen aus dem 13. Jahrhundert lassen sich gut mit den frühen islamischen Ḥisba-Traktaten aus den 10. bis 13. Jahrhunderten vergleichen, die Markt- und Gewerberegulierungen für den Marktaufseher (Muḥtasib) erläutern, der für die Kontrolle des allgemeinen Wirtschaftslebens in seiner Stadt zuständig war. Seine Zuständigkeit bezog sowohl die Transaktionen als auch die Arbeit der Handwerker mit ein. Manche Gelehrte haben Traktate für den Muḥtasib geschrieben, sogenannte Ḥisba-Traktate, die erklären, was bei den jeweiligen Berufen zu kontrollieren ist. Dabei liefern sie Hinweise auf die vorgesehenen Produktionsverhältnisse. Der Fokus wird hier auf die frühesten überlieferten Ḥisba-Traktate gelegt: die Traktate von al-Ibbiyānī (Tunis, Anfang 10. Jahrhundert), von Ibn ʿAbd al-Raʾūf, (Cordoba, Anfang 10. Jahrhundert), von Ibn ʿAbdūn (Sevilla, um 1100), Al-Saqatī (Malaga, 12. Jahrhundert) und Al-Šaizārī (Ägypten, 12. Jahrhundert).
Ähnliche Hinweise liefern die ersten westeuropäischen Arbeitsregulierungen aus Zünften oder städtischen Autoritäten ab ca. 1200. Vor 1250 sind nur einzelne Handwerksregulierungen zum Textilgewerbe überliefert, die jedoch auf dem gesamteuropäischen Level ein ausreichendes Quellenkorpus bilden, mit Dokumenten aus Norditalien, Spanien, Frankreich, Deutschland und Flandern. Einige Sammlungen von Zunftsstatuten aus dem 13. Jahrhundert (auch nach 1250), wie man sie für Venedig, Bologna, Toulouse, Paris oder Ypern findet, ermöglichen den Vergleich mit den anderen Zünften jenseits des Textilgewerbes, um die Spezifizität des Textilbereiches zu überprüfen, was das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis angeht.
Tatsächlich scheinen die Zünfte in ihrem Institutionalisierungsprozess eine entscheidende Rolle für die Etablierung eines klar definiertes Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses. In den arabischen Dokumenten wird die Textilproduktion eher als Lieferkette gedacht. Die Anstellung eines Webers ist auch vorgesehen, aber die Figur des professionellen Arbeitgebers existiert nicht. In den frühen Zunftordnungen erhalten Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft eine klar definierte Rolle, sie sind ein anderer Beruf, auch wenn die Konstellation von Stadt zu Stadt changiert.
Zusammen mit Nora Lafi und Alessandra Ferrighi: Forum ‘Transforming Cities, Negotiating Centrality: Markets and Civic Buildings in Comparative Perspective (XVth c. / XXth c.)’, in: Historical Social Research, 2022-2
Neighbourhoods and Urban Zoning, in: Cambridge Urban History of Europe, Volume 2: Middle Ages and Early Modern (c. 700-1850), Cambridge 2025, in Vorbereitung.
Zusammenfassung: Institutionalisierung und Semiotik kommerzieller Transaktionen im Mittelalter, in: Thomas Ertl (Hg.), Ars Vendendi: Werbung und kommerzielle Praktiken im Mittelalter (Vorträge und Forschungen / Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte 97), Ostfildern 2024, S. 483–496.
Trapped Maidens and Mocked Weavers. Semantics of Ambiguity Between Remunerated and Coerced Labour in Twelfth-Century Textile Production, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften / Austrian Journal of Historical Studies, 34/2 (2023), S. 80-105. hier
Social Topography Reloaded. Mapping Renaissance Görlitz in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 2022, S. 122-144.
Überlegungen zur frühmittelalterlichen Textilproduktion als Frauenarbeit anhand der Hubenlisten des Lorscher Codex und anderer Polyptycha, in: Frühmittelalterliche Studien 2022, 151-187.Link
Zusammen mit Nora Lafi und Alessandra Ferrighi: Transforming Cities, Negotiating Centrality: Markets and Civic Buildings in Comparative Perspective (XVth c. / XXth c.). An Introduction, in: Historical Social Research, 2022-2, 168-185.
Opposition entre ville et Faubourg ou entre citadin et faubourien ? Les exemples de Bologne, Strasbourg et Görlitz à la fin du Moyen Âge, in : Administrer la ville dans et hors les murs (Occident, XIVe-XVIe siècles) : Continuité(s) ou rupture(s)? hg. v. Mathieu Béghin und Catherine Xandry, Paris 2022, hier
La rue est à nous. Le rôle des voisins dans l’entretien des chaussées à Bologne (XIIIe-XVIIIe siècles), in: Histoire Urbaine 2022, 115-132.Link
Continuity in change. A comparison between the centres of Bologna and Strasbourg, 1200-1650, in: Transforming space. Structural and functional change in premodern European cities, hg. v. Jaap Evert Abrahamse and Heidi Deneweth, Turnout 2022, 111-123.
Colin Arnaud, ‘Wirtschaftstopografie vormoderner Städte: Methodische Ansätze und Perspektiven’, Mannheim Working Papers in Premodern Economic History, 2-2021: S. 39-69
Topographie der Künstlerhäuser in Straßburg im 15. Jahrhundert, in: Künstlerhäuser im Mittelalter und der Frühen Neuzeit / Artists‘ Homes in the Middle Ages and the Early Modern Era, hg. v. Andreas Tacke, Thomas Schauerte und Danica Brenner, Petersberg 2018 (artifex. Quellen und Studien zur Künstersozialgeschichte), S. 50-57.
Lohnverhältnisse, ‚Arbeitgeben‘ und Armenfürsorge im Wirtschaftsdiskurs der Textilunternehmer in Italien (13.-16. Jahrhundert), in: Wissen und Wirtschaft, hg. v. Marian Füssel, Philip Knäble und Nina Elsemann, Göttingen / Bristol 2017, S. 313-333.
Mapping urban communities. A comparative topography of neighbourhoods in Bologna and Strasbourg in the late Middle Ages, in: Cities and Solidarities: Urban Communities in Pre-Modern Europe, hg. v. Justin Colson und Arie van Steensel, London 2017 (Routledge Research in Early Modern History), S. 60-78.
Dallo zendado al velo. L'Arte della Seta a Bologna nel Medioevo, in: Nella città operosa: Artigiani e credito a Bologna fra Duecento e Quattrocento, hg. v. Rossella Rinaldi, Bologna 2016, S. 223-251.
Dörte Eriskat, Baumwollhandel und Barchentproduktion im Westen des Reiches (14. bis 16.Jahrhundert). (Studien zur Regionalgeschichte, Bd. 25.) Bielefeld, Verlag für Regionalgeschichte 2021, in: Historische Zeitschrift 317/3 (2023), S. 725-727.
Thomas Ertl: Wien 1448. Steuerwesen und Wohnverhältnisse in einer spätmittelalterlichen Stadt. Wien 2020, in: H-Soz-Kult, 05.01.2022
A tale of jailed remunerated weavers in Yvain ou le chevalier au Lion of Chrétien de Troyes (1178/80), WORCK Data Stories 2023, Link (Zugriff am 26.01.2024)
The chronicle of hired weavers forced to pull a false ship in the Deeds of the Abbots of Sint Truiden (1135), WORCK Data Stories 2023,Link (Zugriff am 26.01.2024)
Zusammen mit Syrinx von Hees: Das Alter bewältigen (13.-16. Jahrhundert): Orte für eine gefährdete Bevölkerung in Ägypten und Syrien und in Westeuropa, Freitagskolloquium des Institut für vergleichende Städtegeschichte, Beiträge des Münster Urban Research Network (MURN), 28. April 2023
Living near the dirty waters. Social topography of a particular urban population in the late Middle Ages. URBAN WATER II: Conference of the Excellence Cluster ROOTS, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 7.-9. Dezember 2022
Il controllo sociale, igienico e ambientale dell'Ufficio del Fango: I vacchettini dei decenni 1386-1397 e 1458-1467 a confronto. Bologna, Conferenza “La vita urbana e le pratiche sanitarie medievali a Bologna e in altre città”, 29. September 2022
Mit Daniel Stracke: Die digitale Sozialtopographie von Mühlhausen (Thüringen) im Spätmittelalter. Zwischenbilanz eines Projekts in Lehre und Forschung. Berlin, Tagung „Digitale Methoden und soziale Topographie in Spätmittelalter und Frühneuzeit“, 16.-18. Juni 2022.
Employment relations in the textile guilds of Toulouse in the 13th century. 9th international conference of the Research Group on Late Medieval Economic History (Arbeitskreis für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte) “Labour in premodern Europe”, 19.-21. Mai 2022.
Zusammenfassung. Reichenau, Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte „ Ars Vendendi: Rhetorik und Praktiken des Verkaufens im Mittelalter“ (15.–18. März 2022).
Work Regulations and Division of Labour in Textile Production in European and Islamicate cities (10th-13th centuries). Online EuroWeb Conference “From the Household to the Factory: Modes and Contexts of Textile Production from Prehistory to the Pre-Industrial Period” (24.–26. November 2021).