Dr. Colin Arnaud

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Arnaud
© Arnaud

Universität Münster
Historisches Seminar
Domplatz 20-22
D-48149 Münster

Raum: 146
Tel.: +49 251 83-24311
Fax: +49 251 83-24306
arnaud@uni-muenster.de

 

Sprechstunde nach Vereinbarung per E-mail

CURRICULUM VITAE:

  • Seit 10/2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Wolfram Drews
  • SS 2016 Lehrauftrag für forschendes Lernen (Q-Team) an der HU Berlin durch die bologna.lab-Initiative
  • WS 2015-2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Michael Borgolte
  • 2009-2015 Promotion in mittelalterlicher Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin bei Prof. Dr. Michael Borgolte
  • 2003-2008 Studium der Geschichtswissenschaft und Literarurwissenschaft an den Universitäten Bielefeld, Paris 7 und Bologna

Forschungsinteressen:

  • Stadtgeschichte
  • Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
  • Geschichte der Arbeit
  • Textilgeschichte 
  • Italienische Geschichte
  • Transkultureller Vergleich

Habilitationsprojekt:

Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis: Archäologie einer Idee. Frühe Diskurse für das Textilgewerbe in arabischen und westeuropäischen Quellen (9.-13. Jahrhundert)

In meiner Habilitationsschrift möchte ich verstehen, ab wann und durch welche Faktoren das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis im europäischen Textilbereich sich als denkbare Kategorie etabliert hat. Als Gegenfolie beziehe ich das Textilgewerbe des islamischen Raums in meiner Studie mit ein. Dort hat sich die Textilindustrie technisch wie quantitativ früher entwickelt: Findet man auch dort ein ähnliches Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis, oder wurde die Textilarbeit in anderen Kategorien konzipiert?

Um möglichst frühe Hinweise von Arbeitsregime im Textilbereich zu erhalten, suche ich nach den frühen Erwähnungen von Webern in den lateinischen Quellen (12. Jahrhundert) und arabischen Quellen (8.-9. Jahrhundert). Meist sind es religiöse Texte. In beiden Fällen hat der Weberberuf einen schlechten Ruf. Wenn die Autoren erklären, was an den Beruf schlecht ist, geben sie unter anderen Hinweise darauf, wie das Arbeitsverhältnis der Weber damals gedacht wurde.

Auch die ersten Texte, die die gewerblichen und händlerischen Aktivitäten regulierten, werden berücksichtigt.  Die ersten Zunftordnungen aus dem 13. Jahrhundert lassen sich gut mit den frühen islamischen Ḥisba-Traktaten aus den 10. bis 13. Jahrhunderten vergleichen, die Markt- und Gewerberegulierungen für den Marktaufseher (Muḥtasib) erläutern, der für die Kontrolle des allgemeinen Wirtschaftslebens in seiner Stadt zuständig war. Seine Zuständigkeit bezog sowohl die Transaktionen als auch die Arbeit der Handwerker mit ein. Manche Gelehrte haben Traktate für den Muḥtasib geschrieben, sogenannte Ḥisba-Traktate, die erklären, was bei den jeweiligen Berufen zu kontrollieren ist. Dabei liefern sie Hinweise auf die vorgesehenen Produktionsverhältnisse. Der Fokus wird hier auf die frühesten überlieferten Ḥisba-Traktate gelegt: die Traktate von al-Ibbiyānī (Tunis, Anfang 10. Jahrhundert), von Ibn ʿAbd al-Raʾūf, (Cordoba, Anfang 10. Jahrhundert), von Ibn ʿAbdūn (Sevilla, um 1100), Al-Saqatī (Malaga, 12. Jahrhundert) und Al-Šaizārī (Ägypten, 12. Jahrhundert).

Ähnliche Hinweise liefern die ersten westeuropäischen Arbeitsregulierungen aus Zünften oder städtischen Autoritäten ab ca. 1200. Vor 1250 sind nur einzelne Handwerksregulierungen zum Textilgewerbe überliefert, die jedoch auf dem gesamteuropäischen Level ein ausreichendes Quellenkorpus bilden, mit Dokumenten aus Norditalien, Spanien, Frankreich, Deutschland und Flandern. Einige Sammlungen von Zunftsstatuten aus dem 13. Jahrhundert (auch nach 1250), wie man sie für Venedig, Bologna, Toulouse, Paris oder Ypern findet, ermöglichen den Vergleich mit den anderen Zünften jenseits des Textilgewerbes, um die Spezifizität des Textilbereiches zu überprüfen, was das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis angeht.

Tatsächlich scheinen die Zünfte in ihrem Institutionalisierungsprozess eine entscheidende Rolle für die Etablierung eines klar definiertes Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses. In den arabischen Dokumenten wird die Textilproduktion eher als Lieferkette gedacht. Die Anstellung eines Webers ist auch vorgesehen, aber die Figur des professionellen Arbeitgebers existiert nicht. In den frühen Zunftordnungen erhalten Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft eine klar definierte Rolle, sie sind ein anderer Beruf, auch wenn die Konstellation von Stadt zu Stadt changiert.

 

Publikationen:

Monographien

  • Topographien des Alltags. Bologna und Straßburg um 1400, Berlin [u. a.] 2018 (Europa im Mittelalter, 28).
    Informationen zur Dissertation finden Sie hier

Herausgeberschaften

  • Zusammen mit Nora Lafi und Alessandra Ferrighi: Forum ‘Transforming Cities, Negotiating Centrality: Markets and Civic Buildings in Comparative Perspective (XVth c. / XXth c.)’, in: Historical Social Research, 2022-2

  • Das Görlitzer Geschossbuch aus dem Jahr 1500. Edition und Studien, Berlin 2018 (Neue Lehre - Neues Lernen. Schriftenreihe des bologna.lab an der Humboldt-Universität zu Berlin)
    E-Publikation im edoc-Server der HU Berlinhier

Aufsätze

  • Neighbourhoods and Urban Zoning, in: Cambridge Urban History of Europe, Volume 2: Middle Ages and Early Modern (c. 700-1850), Cambridge 2025, in Vorbereitung.

  • Zusammenfassung: Institutionalisierung und Semiotik kommerzieller Transaktionen im Mittelalter, in: Thomas Ertl (Hg.), Ars Vendendi: Werbung und kommerzielle Praktiken im Mittelalter (Vorträge und Forschungen / Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte 97), Ostfildern 2024, S. 483–496.

  • Trapped Maidens and Mocked Weavers. Semantics of Ambiguity Between Remunerated and Coerced Labour in Twelfth-Century Textile Production, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften / Austrian Journal of Historical Studies, 34/2 (2023), S. 80-105. hier

  • Social Topography Reloaded. Mapping Renaissance Görlitz in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 2022, S. 122-144.

  • Überlegungen zur frühmittelalterlichen Textilproduktion als Frauenarbeit anhand der Hubenlisten des Lorscher Codex und anderer Polyptycha, in: Frühmittelalterliche Studien 2022, 151-187.Link

  • Zusammen mit Nora Lafi und Alessandra Ferrighi: Transforming Cities, Negotiating Centrality: Markets and Civic Buildings in Comparative Perspective (XVth c. / XXth c.). An Introduction, in: Historical Social Research, 2022-2, 168-185.

  • Opposition entre ville et Faubourg ou entre citadin et faubourien ? Les exemples de Bologne, Strasbourg et Görlitz à la fin du Moyen Âge, in : Administrer la ville dans et hors les murs (Occident, XIVe-XVIe siècles) : Continuité(s) ou rupture(s)? hg. v. Mathieu Béghin und Catherine Xandry, Paris 2022, hier

  • La rue est à nous. Le rôle des voisins dans l’entretien des chaussées à Bologne (XIIIe-XVIIIe siècles), in: Histoire Urbaine 2022, 115-132.Link

  • Continuity in change. A comparison between the centres of Bologna and Strasbourg, 1200-1650, in: Transforming space. Structural and functional change in premodern European cities, hg. v. Jaap Evert Abrahamse and Heidi Deneweth, Turnout 2022, 111-123.

  • Colin Arnaud, ‘Wirtschaftstopografie vormoderner Städte: Methodische Ansätze und Perspektiven’, Mannheim Working Papers in Premodern Economic History, 2-2021: S. 39-69.

  • Topographie der Künstlerhäuser in Straßburg im 15. Jahrhundert, in: Künstlerhäuser im Mittelalter und der Frühen Neuzeit / Artists‘ Homes in the Middle Ages and the Early Modern Era, hg. v. Andreas Tacke, Thomas Schauerte und Danica Brenner, Petersberg 2018 (artifex. Quellen und Studien zur Künstersozialgeschichte), S. 50-57.

  • Lohnverhältnisse, ‚Arbeitgeben‘ und Armenfürsorge im Wirtschaftsdiskurs der Textilunternehmer in Italien (13.-16. Jahrhundert), in: Wissen und Wirtschaft, hg. v. Marian Füssel, Philip Knäble und Nina Elsemann, Göttingen / Bristol 2017, S. 313-333.

  • Mapping urban communities. A comparative topography of neighbourhoods in Bologna and Strasbourg in the late Middle Ages, in: Cities and Solidarities: Urban Communities in Pre-Modern Europe, hg. v. Justin Colson und Arie van Steensel, London 2017 (Routledge Research in Early Modern History), S. 60-78.

  • Dallo zendado al velo. L'Arte della Seta a Bologna nel Medioevo, in: Nella città operosa: Artigiani e credito a Bologna fra Duecento e Quattrocento‏, hg. v. Rossella Rinaldi, Bologna 2016, S. 223-251.

 

Rezensionen

  • Dörte Eriskat, Baumwollhandel und Barchentproduktion im Westen des Reiches (14. bis 16.Jahrhundert). (Studien zur Regionalgeschichte, Bd. 25.) Bielefeld, Verlag für Regionalgeschichte 2021, in: Historische Zeitschrift 317/3 (2023), S. 725-727.

  • Thomas Ertl: Wien 1448. Steuerwesen und Wohnverhältnisse in einer spätmittelalterlichen Stadt. Wien 2020, in: H-Soz-Kult, 05.01.2022.

  • Thewes, Guy/Uhrmacher, Martin (Hg.): Extra muros. Vorstädtische Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit / Espaces suburbains au bas Moyen Âge et à l’époque moderne Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2019, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 84 (2020), 393-395.
  • Oberste, Jörg: Die Geburt der Metropole. Städtische Räume und soziale Praktiken im mittelalterlichen Paris. Regensburg 2018, in: H-Soz-Kult, 06.11.2019.
  • Amélia Aguiar Andrade / Adelaide Millà da Costa (Hrsg.), La ville médiévale en débat, Instituto de Estudos Medievais, Lisboa 2014, in: Urban History (42/2), 2015, S. 354-355
  • Huang, Angela: Die Textilien des Hanseraums. Produktion und Distribution einer spätmittelalterlichen Fernhandelsware. Köln 2015 , in: H-Soz-Kult, 20.07.2016.

Tagungsberichte

  • Städtische Wettkampfkulturen in der europäischen Vormoderne / Urban Cultures of Contest in Premodern Europe, 20.10.2016 – 22.10.2016 Münster, in: H-Soz-Kult, 21.03.2017.
  • Zusammen mit  Marcel Bubert, Nadeem Khan und Sebastian Rothe: Processes of Transcultural Entanglement and Disentanglement, 07.06.2017 – 09.06.2017 Münster, in: H-Soz-Kult, 07.07.2017.

Kleine Publikationen

  • A tale of jailed remunerated weavers in Yvain ou le chevalier au Lion of Chrétien de Troyes (1178/80), WORCK Data Stories 2023, Link (Zugriff am 26.01.2024)

  • The chronicle of hired weavers forced to pull a false ship in the Deeds of the Abbots of Sint Truiden (1135), WORCK Data Stories 2023,Link (Zugriff am 26.01.2024)

 

Vorträge:

  • Zusammen mit Syrinx von Hees: Das Alter bewältigen (13.-16. Jahrhundert): Orte für eine gefährdete Bevölkerung in Ägypten und Syrien und in Westeuropa, Freitagskolloquium des Institut für vergleichende Städtegeschichte, Beiträge des Münster Urban Research Network (MURN), 28. April 2023

  • Living near the dirty waters. Social topography of a particular urban population in the late Middle Ages. URBAN WATER II: Conference of the Excellence Cluster ROOTS, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 7.-9. Dezember 2022

  • Il controllo sociale, igienico e ambientale dell'Ufficio del Fango: I vacchettini dei decenni 1386-1397 e 1458-1467 a confronto. Bologna, Conferenza “La vita urbana e le pratiche sanitarie medievali a Bologna e in altre città”, 29. September 2022

  • Mit Daniel Stracke: Die digitale Sozialtopographie von Mühlhausen (Thüringen) im Spätmittelalter. Zwischenbilanz eines Projekts in Lehre und Forschung. Berlin, Tagung „Digitale Methoden und soziale Topographie in Spätmittelalter und Frühneuzeit“, 16.-18. Juni 2022.

  • Employment relations in the textile guilds of Toulouse in the 13th century. 9th international conference of the Research Group on Late Medieval Economic History (Arbeitskreis für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte) “Labour in premodern Europe”, 19.-21. Mai 2022.

  • Zusammenfassung. Reichenau, Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte „ Ars Vendendi: Rhetorik und Praktiken des Verkaufens im Mittelalter“ (15.–18. März 2022).

  • Work Regulations and Division of Labour in Textile Production in European and Islamicate cities (10th-13th centuries). Online EuroWeb Conference “From the Household to the Factory: Modes and Contexts of Textile Production from Prehistory to the Pre-Industrial Period” (24.–26. November 2021).

  • Städtische Wirtschaftstopografie – Methodische Ansätze und Perspektiven. Mannheim (online), 8. Jahrestagung des Arbeitskreises für spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte Konferenz „Methoden der vormodernen Wirtschaftsgeschichte“ (6.–7. Mai 2021).
  • Subdued wage labourers. Examples of ambiguity between wage labour and coercive labour in textile production in Western and Islamic Medieval sources. Budapest (Online), WORCK Conference “Reconceptualising Wage Labour From a Long-Term and Trans-Regional Perspective” (16.–19.09.2020).
  • Strategies for the mapping of markets and arts and crafts in historic town atlases. Münster, HOUSe Conference “State of the Art” (27.-30.04.2020).
  • Spatial Configurations of Medieval Textile Workshops between Occident and Orient. Leeds, International Medieval Congress, 3.-5.07.2019.
  • Die Weber im Hoch- und Spätmittelalter: Arbeitnehmer oder Arbeitgeber? Stuttgart, Konferenz „Handwerk. Akteure – Organisation – Kultur (1300–1800)“, (21.-22.11.2019).
  • Opposition entre ville et Faubourg ou entre citadin et faubourien ? Les exemples de Bologne, Strasbourg et Görlitz à la fin du Moyen Âge. Amiens, Konferenz « Administrer la ville dans et hors les murs (Occident, XIVe-XVIe siècles) : Continuité(s) ou rupture(s) ? » (21.-22.06.2018).
  • Multiplying the Indicators: Combining the Results of a Research Based Students' Team Work on the Topography of Görlitz in 1500, Belfast, 13th European Social Science History conference (4.-7.04.2018).
  • Arbeit und Häresie. Die Rolle der Markt- und Textilwirtschaft in der neuen Religiosität der Katharer und der Humiliati im 12. und 13. Jahrhundert. Bonn, II. Kongress für Wirtschafts- und Sozialgeschichte (19.-21.04.2017).
  • Continuity in Change. A Comparison between the Centres of Bologna and Strasbourg (13th-16th Centuries). Helsinki, 13th International Conference on Urban History (August 2016).
  • Der Wirtschaftsdiskurs der Textilunternehmer in Italien (13.-16. Jh.). Eine neue Caritas-Vorstellung. Göttingen, Workshop Experten des Ökonomischen – Ökonomie der Experte (Juni 2016).
  • Stadtmodelle für das Mittelalter. Die Beispiele Bologna und Straßburg. Kolloquium für Wirtschaftsgeographie von Prof. Elmar Kulke, HU Berlin (Dezember 2015).
  • Vertikale vs. horizontale Zentralität. Wirtschaft, Alltag und Politik im Stadtzentrum von Bologna und von Straßburg um 1400. Köln, Workshop: Städtische Interaktion – Interaktion in der Stadt (Oktober 2015).
  • Topographie der Künstlerhäuser in Straßburg im 15. Jahrhundert. Nürnberg, Tagung: Künstlerhäuser im Mittelalter und der Frühen Neuzeit (Mai 2015).
  • Wohn-, Arbeits- und Markträume in europäischen Städten des Spätmittelalters. Die Wirtschaftstopographie Bolognas und Straßburgs im Vergleich. Kolloquium für Geschichte des Spätmittelalters von Prof. Johannes Helmrath, HU Berlin, Mittelalterliche Geschichte (Oktober 2014).
  • Cartographier les communautés de voisins: Indicateurs pour une topographie du voisinage à Bologne et Strasbourg (XIV-XVèmes siècles). Lissabon, 12th International Conference on Urban History (September 2014).
  • La rue est-elle à nous? Les institutions fiscales et politiques concernant le voisinage à Bologne (1250-1750). Gent, 10th International Conference on Urban History (September 2010).