Lehrstuhl für Historische und Regionale Geologie
Forschung und Lehre im Bereich der Historischen und Regionalen Geologie sind darauf ausgerichtet, zeitliche und räumliche Veränderungen des Systems Erde aufzuzeigen. Im Mittelpunkt stehen dabei Variationen in der chemischen Zusammensetzung des Ozean-Atmosphäre-Systems in Abhängigkeit der Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre und Lithosphäre.
20 Jahre Geochemie der Stabilen Isotope am Institut für Geologie und Paläontologie
Die Entwicklungsgeschichte des Systems Erde und die Rolle der Geochemie
Die Historische und Regionale Geologie hat sich in den vergangenen Jahren von deskriptiv-dokumentierender zu prozessorientierter Forschung weiterentwickelt. Aufbauend auf den mit klassischen Methoden erarbeiteten Grundlagen stehen heute moderne Konzepte wie globale Korrelationsprogramme, Sequenzstratigraphie, Zyklen- und Beckenanalyse im Vordergrund. Sie sind für das zeitliche und räumliche Verständnis regionaler und globaler geologischer Prozesse unentbehrlich. Das Verständnis der Entwicklungsgeschichte unserer Erde setzt einen ganzheitlichen fachübergreifenden Ansatz voraus, eine Betrachtung des SYSTEMS ERDE.
Das Studium geologischer Phänomene, sowohl der 'Produkte' im Sinne von Gesteinseinheiten als auch der endogenen und exogenen Prozesse ihrer Genese, hat sich von einer rein qualtitativen Beschreibung zu einer quantitativen Charakterisierung gewandelt. Die moderne Betrachtung der erdgeschichtlichen und auch regionalgeologischen Entwicklung beschränkt sich nicht mehr auf die Identifizierung lithologischer Zusammenhänge und relevanter biostratigraphischer Einstufungen, sondern versucht durch Integration verschiedener geowissenschaftlicher Disziplinen die Prozesse zu charakterisieren, die zur Bildung des vorhandenen geologischen Befundes geführt haben.
Neben den 'klassischen' petrographischen und paläontologischen Ansätzen repräsentieren geochemische Untersuchungsmethoden ein erfolgreiches Werkzeug, sowohl in der Identifizierung der Herkunft eines Materials als auch der relevanten Prozesse. Diese Prozesse, die zum heutigen geologischen Inventar geführt haben, haben ihre entsprechenden geochemischen Fingerabdrücke in den verfügbaren Gesteinen hinterlassen. Alternativ zu den klassisch-geochemischen Ansätzen im Sinne reiner Konzentrationsbestimmungen bieten isotopengeochemische Untersuchungen (sowohl stabile als auch radiogene) die Möglichkeit, direkt auf Prozesse rückschliessen zu können. Entsprechende Ergebnisse können im Sinne regionalgeologischer Interpretationen wichtig sein, aber auch helfen, die Entwicklungsgeschichte unseres Planeten näher zu beleuchten. Prominente Beispiele sind die Charakterisierung der Ablagerungsbedingungen sowie der diagenetischen Geschichte von Sedimenten in einem Sedimentbecken (eher regionale Aspekte) oder aber das Konzept des Sedimentrecycling und der Entwicklung unserer Erdkruste im Verlauf der Erdgeschichte ('provenance studies'). Stratigraphische Korrelationen bedienen sich vielfach nicht nur der klassischen Biostratigraphie, sondern integrieren auch die Chemostratigraphie. Eine moderne Betrachtung der Entwicklungsgeschichte des Lebens auf unserem Planeten geht über die klassischen Ansätze einer systematischen Paläontologie hinaus. Heutige Untersuchungskonzepte versuchen das Ökosystem in der geologischen Vergangenheit zu rekonstruieren, wobei biologisch gesteuerte Stoffumsetzungen durch geochemische und isotopengeochemische Analytikcharakterisiert werden können. Schließlich ist eine Betrachtung der erdgeschichtlichen Entwicklung von Atmosphäre und Hydrosphäre untrennbar vom Gesamtverständnis des Werdegangs unseres Planeten.
Die Rolle der Geochemie (einschliesslich der Isotopengeochemie) in den Geowissenschaften muß als universell verstanden werden. Es ist keineswegs die alleinige und erschöpfende 'Quelle der Weisheit'. (Isotopen-) geochemische Untersuchungen repräsentieren jedoch ein Werkzeug, welches universell für Fragestellungen aus der Allgemeinen, Historischen, Regionalen und Angewandten Geologie eingesetzt werden kann und - national wie international - erfolgreich eingesetzt wird. Unser heutiges Verständnis des Istzustandes und der Enwicklungsgeschichte der Erde, und damit dem Kernaspekt der Historischen und Regionalen Geologie, beruht auf der Integration von Ergebnissen aus allen geowissenschaftlichen Disziplinen. Die Geochemie hat dabei einen festen Stellenwert.