Erdsystemforschung in Münster

Die Arbeitsgruppe Erdsystemforschung an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster beschäftigt sich mit der Frage:

Warum reagieren das Klimasystem und der globale Kohlenstoffkreislauf unter verschiedenen Rahmenbedingungen unterschiedlich auf den astronomischen Einfluss von Milankovitchzyklen?

Der Begriff "Rahmenbedingungen" kann sich auf jedes Element im Erdsystem beziehen, das sich in der geologischen Vergangenheit signifikant verändert hat. Zum Beispiel ein Planet mit unipolaren Eisschilden, ein Planet ohne 8000 m hohe Himalaya-Berge, ein Planet mit einem weit geöffneten Indonesischen Durchfluss, oder ein Planet mit mehr als 500 ppm CO2 in der Atmosphäre.

Zur Beantwortung der oben gestellten Frage untersuchen wir die Erdgeschichte über die verschiedenen geologischen Epochen hinweg, wobei wir uns auf das späte Devon (~375 Ma), das Eozän (~40 Ma) und das Miozän bis in die jüngste Zeit (die letzten 23 Ma) konzentrieren. Keiner dieser Zeitabschnitte ist ein perfektes Analogon für das Anthropozän, aber sie sind es wert, untersucht zu werden, da sie wertvolle Einblicke in den Mechanismus des Klimasystems unter Rahmenbedingungen bieten, die den heutigen sehr ähnlich sind.

Natürlich ist das Alter der untersuchten Sedimente und Gesteine in den verschiedenen geologischen Epochen sehr unterschiedlich, aber unsere Arbeit hat immer ein einheitliches Ziel: Die Integration der paläoklimatischen und geochronologischen Aspekte der Sedimentarchive, um besser einzugrenzen, wie stark und wie schnell sich unser Planet verändert hat.

Zu diesem Zweck führen wir Feldforschungen durch (sowohl an Aufschlüssen als auch bei Expeditionen auf See), wir führen Labormessungen durch (isotopische, elementare und geophysikalische Proxies), und wir verwenden numerische Ansätze für die Datenanalyse und -visualisierung.

© Nina Papadomanolaki

cGENIE Modellierung (Alexander von Humboldt Postdoc-Stipendium 2023 - 2025)

Nina Papadomanolaki zielt in ihrer Postdoc-Phase darauf ab, die Rolle von orbital getriebenen Veränderungen in der terrestrischen Verwitterung während vergangener Klimawandelintervalle einzugrenzen. Der Einfluss der temperaturabhängigen Verwitterung auf den CO2-Absatz und die Nährstoffversorgung des Ozeans (und damit die Vergrabung von organischem Kohlenstoff im Meer) wird mit dem Erdsystemmodell cGENIE mittlerer Komplexität untersucht. Drei Intervalle vergangener Klimaveränderungen und Ozean-Desoxygenierung werden untersucht: das Obere Kellwasser-Ereignis im Devon, das Ozeanische Anoxische Ereignis 2 in der Kreidezeit und das Paläozän-Eozän-Thermische Maximum des Paläogens.

© Rohit Samant

Australian Hydroclimate
(DFG Project: 2023 -2026)

In seiner Doktorarbeit will Rohit Samant die zeitliche und räumliche Entwicklung des australischen Klimas während der letzten 23 Millionen Jahre rekonstruieren, indem er die Dynamic Time Warping-Technik und natürliche Gammastrahlungsdaten von industriellen und wissenschaftlichen Standorten anwendet. Dieses Projekt wird die Qualität, die zeitliche Reichweite und die räumliche Abdeckung der Aufzeichnungen des Offshore-Hydroklimas für den australischen Kontinent verbessern und Verbindungen zwischen der australischen und der globalen Klimaentwicklung aufzeigen.

© Jakob Quabeck

SCATTER                                                                                                                                                                                                             (DFG und FWO Projekt: 2024 - 2027)

In seiner Doktorarbeit möchte Jakob Quabeck einen möglichen systematischen Zusammenhang zwischen dem Fluss kosmischer Materie und der Exzentrizität der Erdumlaufbahn im Phanerozoikum untersuchen. Gegenstand dieser Studie sind zyklische Sedimentabfolgen in den Ardennen und im Rheinischen Massiv aus dem späten Devon und frühen Karbon. Diese Sedimente wurden in einer CO2-reichen Welt abgelagert und ermöglichen die Rekonstruktion des Paläoklimas im Zusammenhang mit zyklischen Veränderungen der Sonneneinstrahlung. Darüber hinaus werden pleistozäne Lösssedimente zyklostratigraphisch und paläozeanographisch analysiert.

© Jing Lyu

Tasman Leakage
(DFG Projekt: 2021 - 2024)

In ihrer Doktorarbeit versucht Jing Lyu, den Beginn der "Tasman Leakage" in geologischer Zeit zu bestimmen. Die "Tasman Leakage" ist ein Weg des interozeanischen Austauschs zwischen dem Pazifischen und dem Indischen Ozean. Bis heute ist deren Veränderung als Reaktion auf klimatische (Nord-Süd-Wanderung der Klimagürtel) und tektonische Prozesse (Bewegung des australischen Kontinents nach Norden) unbekannt. Die Arbeiten von Jing an den ODP-Standorten 752 und 754 (Broken Ridge) sollen dies ändern.

© Nina Wichern

DevonianAstro
(DFG Projekt: 2021 - 2024)

In ihrer Doktorarbeit zielt Nina Wichern darauf ab, die Zyklizität spätdevonischer Sedimentabfolgen im Rheinischen Schiefergebirge zu verstehen, um zum einen die geologische Zeitskala zu verfeinern und zum anderen Erkenntnisse über das Paläoklima in dieser CO2-reichen Welt zu gewinnen. Es werden drei Episoden der Schwarzschieferablagerung untersucht: Die Kellwasser-Krise am Winsenberg bei Diemelsee-Adorf, die Annulata- und die Dasberg-Krise im Effenberg-Steinbruch und die Hangenberg-Krise am Profil Borkewehr.

© cyclostratigraphy.org

Zyklostratigraphie

Die Erforschung astronomischer Klimaeinflüsse und die Anwendung der Zyklostratigraphie haben in den letzten Jahrzehnten ein spektakuläres Wachstum erfahren. In der Tat ist die Zyklostratigraphie ein leistungsfähiges Instrument, um paläoklimatische Veränderungen zu verstehen und die geologische Zeit in Sedimentabfolgen zu lesen. Damit befindet sich die Zyklostratigraphie an der Schnittstelle zwischen Astronomie, Paläoklimatologie und Stratigrafie.

Erfahren Sie mehr über Zyklostratigraphie auf der Open-Access-Lernplattform www.cyclostratigraphy.org

© William Crawford, IODP/TAMU

Paläoozeanografie

Die Paläozeanografie ist das Studium der alten Ozeane und ihrer Wechselwirkungen mit dem Klimasystem der Erde. Durch die Untersuchung von Sedimentkernen aus dem Meeresboden können Paläozeanographen vergangene Klimabedingungen, Ozeanzirkulationsmuster und biogeochemische Zyklen rekonstruieren. Dieses Forschungsgebiet liefert wertvolle Erkenntnisse darüber, wie der Ozean auf Klimaveränderungen in der Vergangenheit reagiert hat und wie er auf zukünftige Veränderungen reagieren könnte.

Die Arbeitsgruppe Erdsystemwissenschaften in Münster ist auf die Analyse von Sedimentkernen aus allen Ozeanbecken spezialisiert, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Indischen Ozean und den interozeanischen Verbindungen zwischen dem Indischen und dem Pazifischen Ozean liegt. Konkret untersuchen wir den "Indonesian Throughflow" im Norden und das "Tasman Gateway" im Süden Australiens. Durch die Untersuchung von Sedimentkernen aus diesen Regionen können wir die Mechanismen hinter den Ozeanzirkulationsmustern und deren Auswirkungen auf das Klima besser verstehen. Unsere Forschung trägt zu einem breiteren Verständnis der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ozeansysteme der Erde bei.