© Ulrike Arnold | Victor van Keuren | Ludger Hiepel

Ausstellung im Bunker 2 im Bioenergiepark Saerbeck

07.–30.11.2021 | freitags–montags: 11–17 Uhr | Im Bioenergiepark 102, 48369 Saerbeck | Eintritt frei

Die Düsseldorfer Künstlerin Ulrike Arnold (*1950) arbeitet seit über 40 Jahren an den entlegensten und einsamsten Orten der Welt mit dem Material, was ihr die Natur liefert: Die matten Farben von Erde und Sand entfalten ihre Leuchtkraft neben dem metallischen Glanz von Meteoritenstaub und Vulkanasche; kräftige Zeichenstriche auf Papier; Leinwände, die wie Häute der Landschaften jeden Rahmen zu sprengen scheinen – hinten gezeichnet mit s.d.g., soli deo gloria.

Die Künstlerin arbeitet monatelang in ihrer Ermitage in der amerikanischen Wüste, setzt sich der Raumerfahrung eines desert space aus. Ihre Werke sind visuelle Tagebücher der Reisen in Sand-, Salz- und Steinwüsten – die abstrakte Portraits dieser Landschaften bilden. Immer wieder sucht sie dort Höhlen oder Klöster auf, jahrhundertealte Orte mit ritueller, magischer oder sakraler Bedeutung. Sie transformiert das Material in ihrem Schaffen zu einer neuen Landschaft – einer Oberfläche, die Betrachter*innen herausfordert, sie zu erforschen, hinter ihre Schichten zu blicken: Die Energie, die der Aufenthalt in der Einsamkeit der Natur freisetzt, lässt den Menschen verändert zurück. Die Ausstellung vollzieht anhand von fünf Schritten diesen Wandlungsprozess nach:

IMPULSE | MOVEMENT | CREATION | SUBSTANCE | BODY

Die Ausstellung wird gemeinsam realisiert von der Arbeitsstelle für Christliche Bildtheorie (ACHRIBI) und dem Institut für Biblische Exegese und Theologie (IBET) an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster. Die beiden Kurator*innen Carolin Hemsing und Ludger Hiepel laden ein, die Wirkung von desert spaces zu erleben: Der Bunker 2 im Bioenergiepark Saerbeck ist selbst ein solcher Raum. Eine Betonwüste in der Stille des riesigen Areals im Bioenergiepark, in dem Solaranlagen auf dem Dach und Windräder lautlos die Kraft der Natur zu Energie transformieren. Schon die Umgebung wirft die existentiellen und drängenden Fragen des Verhältnisses von Mensch und Natur auf. Das inspirierende Potential der Einsamkeit – zurückgeworfen auf die Kraft der Natur – zu nutzen und zu erforschen, ist nicht erst seit der Pandemie ein aktuelles Thema, sondern seit Menschengedenken ein wiederkehrender kulturgeschichtlicher Topos: Die Wüste in der Spannung zwischen Weite und Enge, menschengemachter und ursprünglicher Leere – mit Arnolds Werk lässt sich theologisch nach der Wüste als Ort göttlicher Offenbarung und seiner Bedeutung in der Spiritualitätsgeschichte, nach der durch sie freigesetzten Energie und Bewegung fragen.

Den Flyer können Sie hier [de] herunterladen.

Der Bunker 2 als Ausstellungsraum

Die Ausstellung befindet sich im Bunker 2 im Bioenergiepark Saerbeck. Er liegt im Norden des ehemaligen Munitionshauptdepots, das 1988 in der Spätphase des Kalten Kriegs eingerichtet wurde. Ursprünglich streng bewacht und mit einem Tarnwald überpflanzt, erschien es auf Landkarten als Teil der Grünfläche. DIe Anlage brachte zwar Wirtschaftskraft, war im Ort aber umstritten. Mitglieder der Friedensbewegung demonstrierten an den Zäunen. Die Bundeswehr lagerte hier bis 2010 noch Munition und Waffen. Die oberirdisch angelegten Bunkeranlagen bilden mit 74 Einzelgebäuden Betonreihen in der Abgeschiedenheit des 90 Hektar großen Areals.

DIe Gemeinde Saerbeck betreibt heute auf einem Gelände den preisgekrönten und öffentlich zugänglichen Bioenergiepark. So tragen die Dächer der  Bunker Solarpanels und sind von Windrädern und Biogasanlagen zur Stromerzeugung umgeben. Der Stauraum in den Bunkern wird in der Regel zur Lagerung von Streusalzvorräten verwendet. Zwei der Bunker mietet die WWU Münster, die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) verwaltet diese und stellt den Bunker 2 für Seminare und Ausstellungen zur Verfügung.

Vom Tor des Bioenergieparks aus ist der Bunker in weniger als einer Viertelstunde zu Fuß erreichbar. Im Blick auf die Bunkerreihen wird deutlich, wie sehr sich der universitäre Kontext im nur 35 Kilometer entfernten Münster von der Einsamkeit des ehemaligen Militärgeländes unterscheidet: Ein außergewöhnlicher Lernort, der Studierende, Kolleginnen und Kollegen aller Fachrichtungen der WWU und verschiedenste Künstlerinnen und Künstler inspiriert. Die Arbeit in Gruppen kann durch die Atmosphäre ein völlig anderes Niveau der Konzentration und intensiven Dialogs erreichen. Die nüchternen Betonwände erlauben eine besondere Inszenierung von Werken bildender Kunst.

Im Inneren des 60 Quadratmeter großen Bunkers erwartet Besucherinnen und Besucher ein Betonkubus, der gleichzeitig durch seine dicken Wände von der Außenwelt isloiert, Stimmen und Geräusche jedoch akustisch verstärkt. Aufgezogen durch eine schwere Eisenkette gibt das breite Tor den Eingang frei zum Bunker. Einfallendes Tageslicht und Neonröhren erhellen den Raum.

(Vgl. Heeke, wissen|leben Nr. 5, 15. Juli 2020)

Koordinaten zur Anfahrt mit Google Maps [de]

Im Bioenergiepark 102, 48369 Saerbeck
(Alte Adresse bis 2016: Riesenbecker Str. 52)

 

 

© OpenStreetMap

Ausstellungskatalog erschienen

© C. Hemsing

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, den Carolin Hemsing und Ludger Hiepel herausgegeben haben. Auf 126 Seiten finden Sie:

Grußwort des Prorektors für Internationales und Transfer an der WWU Münster
Michael Quante
transformation: desert space. Zur Wüste als locus theologicus
Carolin Hemsing und Ludger Hiepel
Körper | Farbe | Form. Natur als Impulsgeber in Malerei und Zeichnung von Ulrike Arnold
Katharina Grote
Transformation. Die Wüste als Lebensraum im frühen Mönchtum
Norbert Köster
Von Krisen im Paradies und paradiesischen Zuständen in der Wüste. Bibeltheologische Überlegungen zu Nachhaltigkeit und (Neu-)Schöpfung in beiden Testamenten
Volker Niggemeier

Biografie von Ulrike Arnold
Ausstellungen von Ulrike Arnold
Der Bunker 2 im Bioenergiepark Saerbeck als Ausstellungsraum
Danksagung
Autorinnen und Autoren
Hinweis zur digitalen Fortsetzung dieses Katalogs

Zum Katalog auf der Verlagshomepage von Zaphon [de]

Verkaufsexemplare sind in der Ausstellung selbst sowie im Buchhandel erhältlich.


transformation: desert space
Ulrike Arnold | Bunker 2, Bioenergiepark Saerbeck

Herausgegeben von Carolin Hemsing und Ludger Hiepel

Münster 2021
ISBN 978-3-96327-182-3 | 126 Seiten / 21 x 21 cm / Softcover
10 €

Vernissage

© Victor van Keuren

Zur Vernissage am Samstag, 6. November 2021 reiste die Künstlerin Ulrike Arnold mit ihrem Partner Victor van Keuren aus Düsseldorf an.

Etwa 50 geladene Gäste begrüßte Prof. Norbert Köster als Leiter der Arbeitsstelle für Christliche Bildtheorie. Nach dem Geleitwort von Prof.in Astrid Reuter, Prodekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster, stellten die Kurator*innen Carolin Hemsing und Ludger Hiepel das Ausstellungskonzept vor und ließen die Künstlerin anschließend feierlich das Bunkertor an der schweren Kette für die Besucher*innen öffnen.

 

RückblicK

Am 29. November 2021 – leider ohne Finissage wegen der hohen Corona-Inzidenzen – ist die Ausstellung zu Ende gegangen. Gut 130 Besucher:innnen konnten wir im November in der Ausstellung begrüßen. Im Video bekommen alle diejenigen, die nicht die Möglichkeit hatten, nach Saerbeck zu kommen, einen Eindruck von der Ausstellung im Bunker 2. In der Broschüre, die alle Besucher:innen beim Betretten der der Austellung erhalten haben, finden Sie Informationen und Denkanstöße der Kurator:innen.

Digitale Fortsetzung des Ausstellungskatalogs erschienen

Ulrike Arnold in der Ausstellung transformation: desert space
© Victor van Keuren

Die digitale Fortsetzung des von Carolin Hemsing und Ludger Hiepel herausgegebenen Ausstellungskatalogs transformation: desert space ist im Verlag Zaphon erschienen. Im Hauptseminar Dialogue Earth. Die Wüste als locus theologicus in Bibel, Geschichte und Kunst erarbeiteten die fortgeschrittenen Studierenden während des Wintersemesters 2021/2022 die Grundlagen zur Wüste als spirituellem Ur-Ort des Christentums. Im Rahmen eines Block-Wochenendes in der Ausstellung im Saerbecker Bunker im November wählten die Studierenden ein Werk aus, zu dem sie im Dialog mit der Künstlerin, den Dozierenden und den Kommiliton*inn*en eine theologische Fragestellung entwickelten und diese in einem Essay für diese digitale Erweiterung des Katalogs ausarbeiteten.

Daraus entstand ein literarischer Rundgang durch den Ausstellungsraum: Leser*innen können so die Werke der durch die Kurator*innen präsentierten Reihung nach erschließen. Die Studierenden führen dabei als Nachwuchsforschende in die jeweiligen Arbeiten und ihr eigenes theologischen Denken ein, das die Wüste in ein weites Spektrum einfasst: Schöpfung, Himmel und Erde, anthropologische Frage und Pilgern, Gottesbeziehung und Exodus.

In der digitalen Fortsetzung des Ausstellungskataloges finden Sie folgende Beiträge:

Eine christliche Wüsten-Theologie für die Gegenwart. Das Hauptseminar „Dialogue Earth. Die Wüste als locus theologicus in Bibel, Geschichte und Kunst“ im Wintersemester 2021/2022 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Carolin Hemsing, Ludger Hiepel und Norbert Köster
Alles (und nichts)
Niklas Roman Hesselmann
Das Motiv der Bewegung in der Erzählung nach Exodus. Eine theologische Spurensuche anhand des Werkes Rheinsand von Ulrike Arnold
Robert Richard Renner
ItaberitaEine Meditation über die göttliche Schöpfung
Miriam Elisabeth Görtz
Himmel und Erde. Zum Werk Valle de Arcoiris von Ulrike Arnold
Mara Albracht
Creating Creation. Gedanken zur Stellung von Gndevank in Ulrikes Arnolds Gesamtwerk
Justine Dörtelmann
Mit der Sehnsucht vor Gott – oder: Wie ein Taschentuch der anthropologischen Frage dienen kann
Frieda Kries
„In ihr Herz werde ich sie ihnen schreiben“ (Jer 31,33). Spuren von Gottesbeziehungen und Transformationen auf Ulrike Arnolds Malkittel
Vanessa Landwehr

Die digitale Fortsetzung des Ausstellungskataloges steht hier als Download bereit.
Der gedruckte Katalog ist im Buchhandel und beim Verlag Zaphon erhältlich. Er kann nun auch hier heruntergeladen werden.