

Inventarisierung im Rahmen des Projekts
Inventarisierung (lateinisch inventarium „Gesamtheit des Gefundenen“) meint eine Bestandsaufnahme von Objekten in Hinsicht auf bestimmte Merkmale. Erstellt werden im Rahmen der Forschungsdatensammlung über 700, mit dokumentarischen Fotografien illustrierte Inventare der künstlerischen Ausstattung von Kirchen und Kapellen in Pfarreibesitz, begrenzt auf den Bereich des Bistums Münster (nordrhein-westfälischer Teil). Diese werden in einer digitalen Datenbank gespeichert.
Im Dezember 2023 startete die Inventarisierungsinitiative des Projekts. Die Projektleitung nimmt dafür dekanatsweise Kontakt mit den Kirchengemeinden auf. Nach Absprache mit Pfarrern und Küsterinnen und Küstern werden die Kunstschätze in den Kirchen und Kapellen zusammengetragen:
Die Inventarisator:innen sichten, erfassen und fotografieren vor Ort die künstlerischen Ausstattungsgegenstände und pflegen die Daten in eine Datenbank ein. Die Ergebnisse werden den Gemeinden zusätzlich als gebundene Inventare überreicht.
Von 1970 an bis zum Projektbeginn wurden analoge Inventare in Form von Karteikarten (samt Fotodokumentation), Zustandsinventare von Restaurator:innen sowie Datensätze in einer vorherigen Datenbank erstellt. Diese Daten werden im Projekt in Kooperation mit der Kunstpflege der Abteilung Kunst und Kultur des Bistums Münster integriert. Die meisten Kirchen und Kapellen befinden sich allerdings in einer Neuverzeichnung und daher gibt es noch viele Schätze zu heben.
Standards der digitalen Inventarisierung

Im Hintergrund erfordert diese großflächige Inventarisierungs-Initiative drei aufeinander aufbauende Schritte. Zunächst 1.) die pragmatisch möglichst schnelle und gleichzeitig fachlich korrekte Erfassung der Objekte vor Ort, dann 2.) die zur späteren Datenübergabe geeignete Digitalisierung und darauf aufbauend 3.) die Kuratierung von Datensätzen zur Übertragung in die Deutsche Digitale Bibliothek und den digitalen Bildindex der Kunst und Architektur des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg.
Wie wird vorgegangen?
Vor Ort werden zunächst die intrinsischen Daten zu den Objekten und Kunstwerken gesammelt, wie etwa Maße, Materialien und Techniken, In- oder Aufschriften (z.B. Signaturen), sowie etwaige Schäden. Diese Informationen werden zusammen mit hochauflösenden Fotografien gesammelt und angereichert. Wichtig ist auch die genaue Standortangabe.

Alle Fotografien werden im RAW-Format (Rohformat) der Kamera angelegt mit voller Auflösung und niedrigsten Empfindlichkeitswert (ISO). Diese Rohdaten müssen im Nachgang bearbeitet werden, da z.B. der Weißabgleich der die Farben des Bildes beeinflusst nicht mit in die Datei eingebettet wird. In diesem Zuge werden auch die Metadaten (Rechteinhaber, Fotograf:in, Copyright, Urheberlizenz, Zuordnung zur Kirche, Zuordnung zum Sammlungsbereich, Datumsangaben) organisiert und angereichert. Die fertigen Fotografien werden im TIFF-Format für die Langzeitarchivierung gespeichert, da es sowohl eine gute Komptabilität gewährleistet und nicht reduziert oder heruntergerechnet ist.
Die im Projekt verwendete Datenbank ist fylr (vormals EasyDB). In der Datenbank werden die intrinsischen Daten mit den Fotografien verknüpft und mit extrinsischen Daten angereicht. Als extrinsische Daten gelten in diesem Zusammenhang die ikonografische Verortung (ICONCLASS), das LIDO-Mapping (internationaler Standard für Datenaustausch) sowie die Klassifizierung in DDC-Klassen der Nationalbibliothek.
In diesem Zuge werden auch Künstler:innen und Werkstätten verknüpft, sowie Datierungen vorgenommen. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Verwendung von Normdaten (GND, AAT, ULAN, Wikidata). So werden nicht unkontrolliert Materialien, Techniken, Objektbezeichnungen oder Persönlichkeiten und Institutionen angereichert, sondern mit Ankerpunkten an größere Forschungsverbünde verknüpft.
Damit auch innerhalb des Teams und der Projektlaufzeit konsistent verzeichnet wird, werden kontinuierlich Leitfäden gepflegt und mittels einem neu etablierten Redaktionssystem bearbeitet und zentral eingegeben.
Abschließend folgt der Inventarbericht, der zusammen mit dem gedruckten Inventar der Gemeinde übergeben wird.
Vorteile einer qualitativ hochwertigen digitalen Inventarisierung
Die Inventarisierung von Kulturerbe ist entscheidend, um es zu schützen und zu erhalten. Sie ist aber auch für Forschungszwecke und Bildungskontexte unverzichtbar. In verschiedenen Bereichen ist sie von großer Bedeutung:
Forschung: Die fachlich korrekte Erstellung von Kircheninventaren ist die Grundlage für weitere
(kunst-)historische und theologische Forschung sowie für die Entwicklung von Konzepten zur Vermittlung des christlichen Kulturerbes. Indem die gesammelten Daten nach hohen aktuellen Standards digitaler Forschungsdaten formatiert werden, können sie in Auswahl international online zugänglich gemacht werden. Auf den größten digitalen Plattformen für Kulturgüter erhalten Sie eine große Sichtbarkeit und sind für die Zukunft gesichert.
(Religiöse) Bildung und Tourismus: Durch die Erfassung und Dokumentation können Gemeinden, Museen, Bildungseinrichtungen und Tourismusbehörden Informationen über das christliche Kulturerbe bereitstellen und erhalten, um das Wissen und das Verständnis darüber zu fördern. Auch für pastorale Zwecke können die Kunstschätze als materielles Erbe besser genutzt werden.
Schutz und Erhalt: Die Inventarisierung hilft dabei, das Kulturerbe zu schützen und zu erhalten, indem es erfasst und dokumentiert wird. Dadurch können Maßnahmen ergriffen werden, um es vor Diebstahl, Vandalismus oder Verfall zu schützen. Durch die Erfassung können auch notwendige Instandhaltungs- und Restaurierungsarbeiten geplant und durchgeführt werden.
Verwaltung und Planung: Im Zeitalter zunehmender Säkularisierung müssen immer mehr Kirchen profaniert werden, Gemeindestrukturen ändern sich. Durch die Erfassung und Dokumentation der Ausstattung der Kirchen können das Bistum, aber auch Regierungsbehörden, Stadtplaner:innen, Architekt:innen u. a. Informationen über das Kulturerbe erhalten, um zukünftige Entwicklungen zu planen und Entscheidungen zu treffen.