Um "wahre" und "falsche" Heiligkeit ging es in einem Kolloquium des Historischen Kollegs in München, welches vom 19. bis 21. Januar 2012 stattfand. Prof. Dr. Hubert Wolf, der seit Oktober für ein Jahr Fellow der Einrichtung ist, stellte erste Ergebnisse seiner Forschungen zu einem Kriminalfall aus einem römischen Frauenkloster des 19. Jahrhunderts vor.
Die Referentinnen und Referenten fragten außerdem danach, wie bestimmten Personen Heiligkeit zugesprochen wurde – oft von breiten Bevölkerungsgruppen –, wie die kirchliche Hierarchie darauf reagierte und wie die Grenzen zwischen Heiligkeit, "falschem Mystizismus" und religiösem Wahn gezogen wurden. Außerdem ordneten sie die katholischen Formen der Heiligkeit im 19. Jahrhundert allgemein in die Mentalitätsgeschichte der Zeit ein, indem sie beispielsweise auf den Spiritismus eingingen. Abschließend diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie Heiligkeit mit Sexualität und sozial konstruieren Geschlechterrollen zusammenhing: War die "angemaßte Heiligkeit" etwa ein Mittel, mit dem Frauen in Männergesellschaften Selbstbestimmung und Einfluss erringen konnten?
Das 1980 gegründete Historische Kolleg in München dient seinem Statut zufolge der "Förderung namhafter, hervorragend qualifizierter Historiker des In- und Auslandes". Es wird von mehreren privaten Stiftungen und dem Freistaat Bayern finanziert. Hubert Wolf ist der erste Münsteraner, dem diese Auszeichnung zuteilwird. Der Kirchenhistoriker verpflichtete sich mit der Annahme des Stipendiums, ein Jahr lang in München zu arbeiten und ein Kolloquium zu seinem Thema zu halten.