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Vortragsreihe "Philosophie in Münster"

 

Dienstag
"Geschichte des Philosophischen Seminars der WWU Münster"
Reinold Schmücker
Mittwoch
"Joachim Ritter"
Margarita Kranz
Donnerstag
"Hans Blumenberg"
Birgit Recki

 

Die Vortragsreihe findet jeweils von 16:00 Uhr bis 17:30 Uhr im Erbdrostenhof statt

 

Vortragsreihe Philosophie in Münster

Plakat zur Vortragsreihe "Philosophie in Münster" zum XXIII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Philosophie 2014 in Münster

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‚Das kann man nur historisch erklären‘ – Joachim Ritter in Münster
Vortrag von Margarita Kranz

Durch Joachim Ritter (1903-1974) wurde Münster zu einem der Zentren der Philosophie in Deutschland. Ritter lehrte hier seit 1946, war Rektor der Universität und blieb dieser bis zu seinem Tod verbunden. Als Mitwirkender an verschiedenen Universitätsneugründungen und in einflussreichen Wissenschaftsgremien zählte er zu den wichtigen Gestaltern der geisteswissenschaftlichen Landschaft der jungen Bundesrepublik.

Ritter veröffentlichte wenig. Vielmehr prägte er als Lehrer eine Generation von Intellektuellen („Ritter-Schule“), die im lebendigen Gespräch den freien Gedankenaustausch unter Gleichen erlebten. So wie er die Zugänge zu Aristoteles als praktischem Philosophen und zu Hegel als Theoretiker der Moderne eröffnete, bestand er stets mit Nachdruck darauf, die geschichtliche Herkunft für Diagnose und Gestaltung der Gegenwart zu erschließen.

Ritters leitende Auffassung von der Geschichtlichkeit der Philosophie kam besonders zur Geltung durch das interdisziplinäre Begriffslexikon Historisches Wörterbuch der Philosophie, das er zusammen mit seinen Schülern und Münsteraner Kollegen herausgab: ein Teamwork in der Philosophie. Zwanzig Jahre lang, über Ritters Tod hinaus, war das Philosophische Seminar in Münster der Regieort für dieses Großunternehmen mit über 1600 Autoren, das sich – auch in internationaler Perspektive – zum erfolgreichsten und bekanntesten philosophischen Nachschlagewerk entwickelte und schlicht „Das Ritter-Lexikon“ oder „Der Ritter“ genannt wird.

Margarita Kranz studierte Philosophie und Gräzistik in Würzburg und Tübingen, wo sie 1986 mit einer Arbeit über Platon promoviert wurde. Seit 1987 leitete sie die von Münster nach Berlin verlegte Hauptredaktion des Historischen Wörterbuchs der Philosophie bis zum Abschluss des Werkes 2007. Sie übersetzte Platons Menon (Reclam), war Herausgeberin für den Neuen Pauly in der Abteilung ‚Rezeption der Antike‘ und schrieb zahlreiche Wörterbuchartikel (u.a. Philosophie/Antike, Schicksal, Zufall, Sympathie, Weiblich/Männlich) sowie Abhandlungen zur Begriffsgeschichte und zur Wissenschaftsgeschichte der bundesrepublikanischen Philosophie in den 50er und 60er Jahren.

 


Flyer Margarita Kranz

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Gegen die Absolutismen der Wirklichkeit – Hans Blumenberg in Münster
Vortrag von Birgit Recki

Nach Stationen in Hamburg, Gießen und Bochum hat Hans Blumenberg in den Jahren von 1970 bis 1985 als Ordinarius für Philosophie in Münster gewirkt. Die zwei Jahrzehnte in Münster bis zum letzten selbst autorisierten Werk des Emeritus (Höhlenausgänge, 1989) waren die Zeit der großen Werke: Die Genesis der kopernikanischen Welt (1975); Arbeit am Mythos (1979); Die Lesbarkeit der Welt (1981); Lebenszeit und Weltzeit (1986). In gelehrten philosophie- und geistesgeschichtlichen Auseinandersetzungen, dabei in der Überzeugung, dass die Historie das Medium menschlichen Selbstverständnisses zu sein hat, erschließt Blumenberg die Dimensionen eines großen Problems: die Anstrengung, die der abendländische Mensch theoretisch, praktisch und poetisch unternimmt, um sich seiner Stellung in der Welt zu versichern. Die posthume Veröffentlichung der bis Ende der 70er Jahre entstandenen Beschreibung des Menschen macht es möglich, den damit verbundenen systematischen Anspruch in den Fokus zu rücken: Die Intentionen dieses Denkens konvergieren in einer philosophischen Anthropologie.

Birgit Recki studierte Philosophie und Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wo sie 1984 mit der Arbeit Aura und Autonomie. Zur Subjektivität der Kunst bei Walter Benjamin und Theodor W. Adorno promovierte (Würzburg 1988) und sich 1995 mit der Schrift Ästhetik der Sitten. Die Affinität von ästhetischem Gefühl und praktischer Vernunft bei Kant habilitierte (Frankfurt am Main 2001). 1997 wurde sie auf eine Professur für Philosophie an der Universität Hamburg berufen, wo sie von 1997 bis 2009 die Ernst-Cassirer-Arbeitsstelle leitete und die Hamburger Ausgabe (ECW) der zu Lebzeiten veröffentlichten Werke Cassirers in 25 Bänden edierte. Ihre Schwerpunkte liegen historisch im 18. Jahrhundert und in der Moderne, systematisch in Ethik, Ästhetik und Anthropologie. Zuletzt erschienen: Freiheit (Wien 2009) und Cassirer [Reihe Grundwissen Philosophie] (Stuttgart 2013).

 


Flyer Birgit Recki

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Pietät und Emanzipation: Das Philosophische Seminar in Münster Vortrag von Reinold Schmücker

Das Philosophische Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Gastgeber des XXIII. Deutschen Kongresses für Philosophie, besteht als Lehr- und Forschungseinheit seit dem Wintersemester 1910/11. Die Hochschullehrer, die seither am Seminar tätig waren – nur drei von ihnen waren Frauen –, haben es in sehr verschiedener Weise geprägt. Philosophiert und Philosophie gelehrt wurde in Münster jedoch stets im Spannungsfeld von Pietät und Emanzipation. Ist es einerseits der Respekt vor der Geschichtlichkeit des menschlichen Denkens wie der menschlichen Existenz überhaupt, der die Münsteraner Philosophie bis heute prägt, dokumentiert die Geschichte des Philosophischen Seminars andererseits eine bis heute anhaltende Offenheit für neue Impulse, wie sie beispielsweise in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts von der formalen Logik und der analytischen Philosophie ausgegangen sind: Gerade in Münster, der Geburtsstätte des Historischen Wörterbuchs der Philosophie, hat sich deutschsprachige Philosophie nachhaltig von einem Selbstverständnis emanzipiert, dem zufolge Philosophieren vor allem im Erforschen der Geschichte der Philosophie bestand.

Im Vortrag wird das Spannungsverhältnis ausgeleuchtet, in dem gelehrter Respekt vor der Tradition und die Suche nach neuer Orientierung in Münsters Universitätsphilosophie zueinander standen und stehen. Die Situation des Seminars im Nationalsozialismus, die durch die Forschung bisher am besten erschlossen worden ist, wird dabei ebenso zur Sprache kommen wie die wechselvolle Geschichte akademischer Philosophie in Münster von der Universitätsgründung 1780 bis zur Wiedererhebung der 1818 zu einer „Akademie“ herabgestuften Universität in ihren alten Stand zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, die der Einrichtung eines Philosophischen Seminars vor 104 Jahren vorausging.

Reinold Schmücker studierte Philosophie, Germanistik und Evangelische Theologie in Tübingen und Hamburg. Von 1991 bis 1995 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter und nach der Promotion über ein kunstphilosophisches Thema von 1997 bis 2004 Wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der Universität Hamburg. Von 2004 bis 2009 baute er als Wissenschaftlicher Geschäftsführer das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald auf. 2008 lehnte er einen Ruf an die RWTH Aachen ab und entschied sich für Münster, wo er seit 2009 als Professor für Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität lehrt. Er ist Mitglied der Kolleg-Forschergruppe Theoretische Grundfragen der Normenbegründung in Medizinethik und Biopolitik an der Münsteraner Universität, gibt im mentis Verlag die Buchreihe KunstPhilosophie heraus und leitet ab Oktober 2014 die Forschungsgruppe The Ethics of Copying am Zentrum für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld. Seine Forschungsinteressen liegen auf den Gebieten der Kunst- und Artefaktphilosophie, der Angewandten Ethik, der Politischen Philosophie und der deskriptiven Metaphysik. Zuletzt erschienen: Was ist Kunst? Eine Grundlegung (Neuausgabe 2014) und Identität und Existenz. Studien zur Ontologie der Kunst (4. Aufl. 2014).

 


Flyer Reinold Schmücker

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