Entwicklungsgeschichte der Pharmazeutischen Chemie in Münster/Westf.
Als Gründungsjahr des Fachs Pharmazie in Münster ist 1886 anzusehen - seit 1875 gab es für das gesamte Reichsgebiet eine einheitliche pharmazeutische Prüfungsordnung -, als der Flückiger-Schüler Paul Arthur Meyer (Straßburg, Göttingen) den Ruf auf das Extraordinariat für "Pharmazeutik" (Pharmazeutische Chemie und Pharmakognosie) an der damaligen Königlich theologisch-philosophischen Akademie annahm. Meyer gehörte als Leiter ("Dirigent") der Abteilung für Pharmaz. Chemie zum Chemischen Institut, das im ehemaligen Universitätsgarten an der Aa lag, und hielt im WS 1886/87 die ersten Vorlesungen. Bemühungen um eine Erweiterung der Laboratorien blieben ihm ebenso wie seinen Nachfolgern im Amt, Georg Max Julius Kassner (1891-1926) und Friedrich von Bruchhausen (1926-1931), die zudem einen Institutsneubau anstrebten, versagt; er nahm 1891 einen Ruf nach Marburg an. 1902 wurde die Akademie nach Errichtung der juristischen Fakultät zur Universität erhoben, 1907 erhielt sie den Namen Westfälische Wilhelms-Universität.
Gebäude der Universität zwischen Pferdegasse und Krummer Timpen (1773-1942) |
Mit Hans Paul Kaufmann, der 1931 unter Ernennung zum persönlichen Ordinarius von Jena nach Münster berufen wurde, erlangte das um einige Räume erweiterte Pharmazeutisch- chemische Laboratorium seine Selbständigkeit. Die Berufungszusage, ein eigenes Institut zu errichten, konnte aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden. Auf Vorschlag Kaufmanns erwarb die Regierung schließlich 1933 das dem Großkaufmann Althoff gehörende Privathaus Piusallee 7 und baute dies zu einem Institut um, dem am 7. Juli 1934 eingeweihten "Institut für Pharmazie und Chemische Technologie". Das Institut überstand, obwohl stark beschädigt, die Kriegswirren, beherbergte die Pharmazeutische Chemie bis 1966, war bis 1997 das Institut für Lebensmittelchemie und wurde im Herbst 1999 abgerissen.
Prof. Dr. Meyer (1850-1922) |
Prof. Dr. Kassner (1858-1929) |
Schon Hans Paul Kaufmann, der 1958 emeritiert wurde, versuchte, die zuständigen Stellen von der Notwendigkeit der Errichtung eines modernen Instituts zu überzeugen. Aber erst seinem Nachfolger Karl Ernst Schulte, der von Berlin nach Münster berufen worden war, gelang es, ein den wissenschaftlichen Erfordernissen adäquates Forschungsinstitut errichten zu lassen. Der Neubau erfolgte in der Nähe des für das naturwissenschaftliche Zentrum vorgesehenen Geländes ("Coesfelder Kreuz") an der Hittorfstraße und konnte 1965/66 fertiggestellt sowie seiner Bestimmung übergeben werden; die offizielle Einweihung fand am 18. November 1966 statt.
Das neue Institut für Pharmazeutische Chemie umfaßte ein Isotopenlaboratorium sowie die zum Extraordinariat für Pharmazeutische Technologie gehörenden Räume. Diese bezog als Nachfolger von Gerwalt Zinner (1963 aus Marburg), der 1965 einem Ruf nach Braunschweig gefolgt war, 1966 Theodor Eckert (aus Frankfurt). 1968 wurde der Lehrstuhl Ordinariat; 1971 erhielt die Technologie unter Beibehaltung der Räumlichkeiten Institutsstatus. Nach seinem Umzug 1984/85 befindet sich das Institut in der Corrensstr. 1 und wird seit 1989 von Rüdiger Gröning (aus Berlin) geleitet.
Prof. Dr. v. Bruchhausen (1886-1966) |
Prof. Dr. Dr. h.c. Kaufmann (1889-1971) |
K. E. Schulte wurde 1979 emeritiert, die Institutsleitung übernahm kommissarisch Peter Rohdewald. Die Nachfolge Schultes übertrug man auf zwei gleichberechtigte Direktoren. Zum WS 1980/81 folgte
Gottfried Blaschke aus Bonn dem Ruf auf die erste C4-Professur , zum SS 1982 Bernard Unterhalt aus Marburg dem Ruf auf die zweite C4-Professur.
Des weiteren waren am Institut die Professoren A. Kreutzberger (1972 FU Berlin, 1979 Mainz, 1991 emer., 1994 gest.),
G. Rücker (1979 Bonn, 1996 emer.), J. Reisch (1994 pens., 1994 gest.), W. Meyer zu Reckendorf (1995 pens.) und P. Rohdewald (1999 pens.) tätig. Neu berufen wurden K. Müller (aus Regensburg) im WS 1996/97 und M. Lehr (aus München) zum SS 1999. Es habilitierten sich für Pharmazeutische Chemie: G. Scriba (1995, 1999 Jena), P. Högger (2000, 2000 Würzburg) und M. Jung (2000).
B. Unterhalt wurde zum 1. März 1999 pensioniert, blieb aber noch einige Semester im Institut tätig, da seine Nachfolge sich verzögerte. Schließlich hielt er am 22. Oktober 2002 seine Abschiedsvorlesung "Hochschulpharmazie in Münster und Marburg - wechselseitige Beziehungen". Susanne Klumpp aus Marburg, vorher Tübingen, hatte zum SS 2002 seine Position übernommen.
G. Blaschke wurde zum 1. März 2002 pensioniert. Seine Abschiedsfeier fand bereits am 15. Februar 2002 statt. Auf der Jahrestagung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Berlin erhielt er für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Enantiomerenanalytik die Carl-Mannich-Medaille 2002.
Blaschkes Nachfolge trat zum 1. Oktober B. Wünsch aus Freiburg, früher München, an.
Im Sommersemester 2002 habilitierte sich G. Hempel für Pharmazeutische Chemie unter Einbeziehung der Klinischen Pharmazie.
Intensiven Bemühungen der Professoren der Pharmazie zusammen mit ihren Kollegen im FB Chemie - heute heißt der Fachbereich Chemie und Pharmazie - ist es zu verdanken, daß 1989/90 eine C3-Professur für Pharmakologie für Pharmazeuten (Naturwissenschaftler) in der Math.-Naturw. Fakultät in den Räumen des Instituts für Pharmazeutische Chemie eingerichtet wurde, auf die 1991 Eugen J. Verspohl aus Tübingen berufen werden konnte.