Der Garten im 19. Jahrhundert
1797 wird an der Medizinischen Fakultät der noch jungen Universität Münster ein Lehrstuhl für Naturgeschichte (Botanik) eingerichtet, auf den der praktische Arzt Dr. Franz Wernekinck (1764 – 1839) berufen wird. Da ihm kaum Lehr- und Anschauungsmaterial zur Verfügung steht, wird nach einem geeigneten Ort für einen Hortus Botanicus gesucht. Hier bietet sich der fürstbischöfliche Residenzgarten hinter dem Schloss an. Der weit über die Ländergrenzen hinaus bekannte Freiherr von Stein, zu dem Zeitpunkt oberster Regierungsbeamter und Repräsentant Preußens in Westfalen, fördert das Projekt, und so wird 1803 per Dekret die Anlage eines Botanischen Gartens verfügt.
Viele Initiativen und Konzeptionen für den neuen Garten gehen auf seinen Direktor, Prof. Dr. Wernekinck, zurück. Bereits 1804 entstehen die ersten Gewächshäuser. Der Garten war von Anfang an als ein Lehr- und Forschungsgarten konzipiert. Es gibt jedoch bereits zu Beginn und auch in der Folgezeit immer wieder finanzielle Probleme, die z.T. durch einen regen Handel mit Pflanzen ausgeglichen werden müssen, welcher zu Lasten der eigentlichen Aufgaben des Gartens geht. Die erste existenzielle Krise kommt bereits 1806 mit der Besetzung Westfalens durch französische Truppen. Die erneuten politischen Veränderungen nach dem Wiener Kongress 1815 und die folgenreiche tiefe Umstrukturierung der Universität führen zu einer veränderten Rolle des Botanischen Gartens, in dem jetzt bevorzugt einheimische Pflanzen kultiviert werden sollen.
Nach Wernekinck erfolgen relativ häufige Wechsel in der Leitung des Botanischen Gartens. Glücklicherweise wird dieser Umstand durch den Gärtner (heute vergleichbar mit dem Technischen Leiter) Bernhard Revermann aufgefangen, der über 50 Jahre von 1817 - 1869 Kontinuität in den Garten einbringt. Ihm wird auch zugeschrieben, dass der Botanische Garten 1827 erstmals einen Samenkatalog herausgibt. Revermann obliegt außerdem die Aufsicht über den gesamten Schlosspark einschließlich der seit langem bestehenden Fischerei in der Schlossgräfte und einer kommerziell betriebenen Baumschule. In seiner Zeit wird 1840 auch die Orangerie gebaut, die heute unter Denkmalschutz steht.
Mit Prof. Dr. Theodor Nitschke (1834 - 1883) übernimmt 1867 erstmals ein Botaniker die Direktion des Botanischen Gartens. Ihm verdankt der Botanische Garten 1878 den Bau eines neuen Palmenhauses. Nitschke betreibt erstmals intensiv Öffentlichkeitsarbeit und erreicht u.a., dass der rege Pflanzenhandel zurückgedrängt wird. Inzwischen hat Hugo Heidenreich 1871 (- 1911), späterer Königlicher Garteninspektor, die von Revermann jun. nur kurz besetzte Stelle des Gärtners übernommen. Sein besonderes Interesse gilt dem Alpinum.
Als Nachfolger von Nitschke übernimmt Prof. Dr. Oskar Brefeld 1884 die Leitung des Botanischen Gartens. Ihm gelingt es, 1887/88 einen bereits früher geplanten kleinen Hörsaal hinter dem jetzigen Bromelienhaus errichten zu lassen, der später zur Gärtnerwohnung umgebaut wird und heute wieder als Seminarraum dient. In seine Amtszeit fällt auch der Neubau des Botanischen Instituts an der Südseite des Botanischen Gartens. Die flächenmäßige Ausdehnung des Gartens wird dadurch kaum berührt.