Wl 1107 Rossbach

Matthias Roßbach

Sein Jura-Studium an den Universitäten Münster und Cambridge hat Matthias Roßbach  2008 als Bester in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. Für sein Masterstudium – er erhielt einen von 24 Plätzen  an der renommierten Yale Law School – zog er im August 2011 nach New Haven/USA. Welche Erlebnisse den 27-Jährigen besonders in den ersten Wochen an der Elite-Uni überraschten, unter welchen Bedingungen er in den USA studiert und was er besonders an Yale schätzt, berichtet Matthias Roßbach in wissen|leben:

Tony Blair erklärt uns die Euro-Krise, Henry Kissinger spricht über China, und das Porträt des Yale-Absolventen Bill Clinton hängt über unseren Köpfen: Besuche von bekannten Persönlichkeiten sind an der Yale Law School nicht selten. Was das Studium hier aber so besonders macht, lässt sich besser durch meine Erfahrungen aus den ersten Wochen beschreiben:

Mit einem Bootsausflug zur Strandvilla einer Professorin wurden wir, die Studenten des Masterstudiengangs, begrüßt. 24 Jura-Absolventen aus 14 Ländern hatte Yale für das Programm ausgewählt. Beim Picknick im Garten der Professorin lernten wir uns kennen: Südamerikaner, Kanadier, ein Inder, drei Chinesen, Studenten aus Israel und Iran, ein Italiener und vier Deutsche, darunter drei Alumni der Universität Münster. So merkten wir, dass unser Jahr an der Yale Law School mehr sein wird als der Besuch von Vorlesungen.

"The Yale Law School is not only regarded as the best law school in America. It is also a big and very exciting family", sagte mir ein Absolvent vorher. Diese Atmosphäre spürte ich schnell selbst: Gleich zu Beginn meines ersten Seminars lud der Professor die 15 Teilnehmer zum Abendessen ein. Das Seminarthema – The Law of American Politics – ist beispielhaft für die Themen an der Yale Law School: Politisch, philosophisch und historisch wird das Recht hier betrachtet. Mein Kurs im Verfassungsrecht ist gleichzeitig eine Reise durch die amerikanische Geschichte.

Besonders spannend werden die Diskussionen dank der amerikanischen Kommilitonen: ehemalige Redenschreiber von Hillary Clinton und George W. Bush, U-Boot-Offiziere, Entwicklungshelfer. Viele der im Schnitt 25 Jahre alten Studenten haben zwischen College und Law School etwas Außergewöhnliches unternommen. Und so gingen kürzlich mehrere Arme in die Höhe, als ein Professor fragte, wer über seine Arbeit im Weißen Haus berichten kann.

Doch was macht die Yale Law School zu einer akademischen "Familie"? Natürlich ist es zuerst die geringe Größe von 600 Jura-Studenten und die Betreuungsquote von einem Professor für sieben Studenten. In jedem Kurs kennt der Professor uns mit Namen und hat Zeit für Einzelgespräche. Das bedeutet auch: Bei Kursgrößen zwischen drei und 75 Studenten fällt schnell auf, wenn man die umfangreiche "Reading List" nicht bearbeitet hat. Das möchte keiner – auch wenn es Notendruck praktisch nicht gibt. Im ersten Semester werden an der Law School gar keine Noten vergeben. Wer die Aufnahme geschafft hat, soll sich mehr auf Inhalte als auf Noten konzentrieren. Das bedeutet zwar nicht weniger Arbeit, aber größere Unbeschwertheit.

Ebenso wichtig wie die Kurse sind die zahlreichen Veranstaltungen, die Studentengruppen organisieren. Bei kostenlosem Mittagessen gibt es allein an der Law School jeden Tag mehrere Diskussionen und Gastvorträge von Politikern, Managern und Wissenschaftlern. Jeden Montag können wir Masterstudenten zudem beobachten, wie die Professoren bei ihrem "Faculty Workshop" in einem Kaminzimmer Aufsätze diskutieren.

Geprägt wird mein Leben an der Yale Law School schließlich auch durch das Umfeld. Die neogotische Architektur erinnert eher an das britische Cambridge. Um die Universität herum erstreckt sich jedoch die amerikanische Kleinstadt New Haven, in der man sich häufig über den Weg läuft – wenn man nicht gerade 90 Minuten mit dem Zug nach New York fährt. So ist die Universität für viele auch der soziale Mittelpunkt. Daher bietet die Bibliothek nicht nur Bücher zur Ausleihe, sondern auch Fußbälle, DVDs, Laptops und den Law-School-Hund Monty.

Am meisten hielten die "Yalies" natürlich zusammen, als vor einigen Wochen der Rivale Harvard zu Gast war: Zwar musste die Yale University im traditionellen Football Game eine deutliche Niederlage einstecken. Doch für die Yale Law School war die Welt halbwegs in Ordnung: Unsere Mannschaft hatte am Vorabend die Harvard Law School im Basketball geschlagen. Dass die Hauptsache des Wochenendes jedoch weniger der Sport und mehr die Harvard-Yale-Partys waren, ist eine andere Geschichte ...