Wl 1105 Jucks

Prof. Regina Jucks

Mit rund zwei Milliarden Euro wollen Bund und Länder bis 2020 die Studienbedingungen und Lehre verbessern. Kürzlich hat das Bundesforschungsministerium den WWU-Antrag über knapp 30 Millionen Euro fast vollständig bewilligt. Mit dieser Summe ist die Uni Münster bundesweit Förderspitze. Unter anderem baut die WWU ein Zentrum für Hochschullehre auf. Brigitte Nussbaum sprach mit der wissenschaftlichen Leiterin Prof. Regina Jucks.

Wir möchten Sie gleich zu Beginn testen. Und zwar, ob Sie es schaffen, auf eine einfache, aber wichtige Frage ebenso einfach zu antworten: Was macht gute Lehre aus?
Ganz einfach: die Studierenden dazu anzuregen, sich interessiert mit den Inhalten zu beschäftigen, egal auf welchem Weg. 

Respekt, Test bestanden. Aber wie funktioniert das?
Dafür gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist, dass wir Lehrende die jeweiligen Rahmenbedingungen, Ausgangsvoraussetzungen der Studierenden und eigene Lehrvorstellungen bedenken. Wir wollen keinen Methoden-Katalog vorlegen, sondern die Bedingungen schaffen, dass jeder Lehrende über seine Lehre nachdenken kann.

Kann man die Lehre verbessern, ohne zu definieren, was gute Lehre ist?
Natürlich. Es gibt nicht die eine gute Lehre. Gute Lehre funktioniert, wenn die Lehrenden ihr Handeln und die Grundlagen ihres Handelns reflektieren. Das reicht von konkreten Überlegungen zum Einsatz von Lehrmethoden in einer konkreten Situation bis zu grundsätzlichen Überlegungen zu den eigenen Lehr- und Lernvorstellungen. 

Warum?
Jedes Fach hat seine eigene Lernkultur. Das zeigt sich daran, wie in den Fächern gelehrt und gelernt wird. Diese Herangehensweisen an die Wissensvermittlung und den Wissenserwerb sind nicht zufällig, sie enthalten grundlegende Haltungen an den Erkenntnisgewinn in einem Fach und die Belohnungsstrukturen.

Aber die meisten Meriten erntet man als Hochschullehrer nach wie vor, indem man möglichst viele Drittmittel einwirbt, also durch Forschung.
Ja, das stimmt. Hier gilt es gegenzusteuern. Aber nicht indem sich die Wissenschaftler dafür entscheiden, ob sie eher Forscher oder Lehrende sind. Für mich sind Forschung und Lehre eine Einheit. Es ist keine gute Entwicklung, diese beiden Grundpfeiler einer jeden universitären Kultur auseinander zu dividieren. Insofern halte ich es auch für bedenklich, wenn reine Lehrprofessuren eingeführt werden. 

In den USA ist das nicht unüblich.
Das stimmt. Genauso wie es stimmt, dass man sich in den USA mit seinen Drittmitteln von der Lehre freikaufen kann. Ich finde einen anderen Weg besser: Mit dem Geld, das jetzt eingeworben wurde, werden Anreize geschaffen, über gute Lehre nachzudenken.

Ist das eine der Aufgaben des geplanten Zentrums für Hochschullehre?
Auf jeden Fall.  Sich mit der Lehre zu beschäftigen soll Freude machen und spürbare positive Effekte auf die Lehrenden haben. Neben grundlegenden Weiterbildungsveranstaltungen sind daher Vernetzungsaktivitäten ein wichtiger Bereich. Wir werden auch daran arbeiten, das Thema Gute Lehre breiter zu diskutieren und das Spannungsfeld zwischen Forschung und Lehre in den Blick nehmen. Das gilt auch für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zentrum für Hochschullehre. Sie werden lehren, beraten und die Lehrenden der WWU bei ihren Lehraufgaben unterstützen, aber sich auch wissenschaftlich weiterqualifizieren, also forschen.

Was wird das Zentrum, der sogenannte Teach Tank, konkret an Hilfestellungen anbieten?
Die großen Veränderungen wird es natürlich in den Fachbereichen geben. Wir können und werden nicht alles vorgeben. Wir werden gleichwohl ab diesem Wintersemester ein Programm mit etwa 20 Kursen pro Semester anbieten. Die Kurse sind vor allem für Nachwuchswissenschaftler gedacht, damit sie sich systematisch weiterbilden können. Wer 120 Einheiten absolviert hat, erhält ein Zertifikat, das bei Bewerbungen eine zusätzliche Qualifikation darstellt.  

Gibt es eigentlich eine ideale Lehrperson?
Eine Universität ist glücklicherweise ein Arbeits- und Lernort für sehr unterschiedliche Charaktere und Menschen. Natürlich ist es hilfreich, vor großen Gruppen sprechen zu können und Freude am Kontakt mit Studierenden zu haben. Dennoch sind kommunikative Fertigkeiten nicht alles.

… der beste Lehrende ist also nicht automatisch derjenige, der die beste Power-Point-Präsentation anbietet?
Sicher nicht. Jeder Studierende und Lehrende sollte sich schon die Mühe machen, die Inhalte vor die Formate zu stellen und den Unterhaltungsfaktor vor dem Informationsgehalt zurückzustellen.