|
muz

"Wer zieht bloß in so ein Verlies?"

Gerade zu Beginn eines jeden Semesters sind WG-Zimmer heiß begehrt, und nicht selten geben sich bei Wohnungsbesichtigungen und Vorstellrunden die Wohnungssuchenden die Klinke in die Hand. Pjer Biederstädt sprach mit Studierenden über ihre skurrilsten, lustigsten und abschreckendsten "WG-Castings".

Gerrit Winterboer (28), 15. Semester Geschichte und Deutsch auf Lehramt: In der Anzeige stand nur, dass ein Zimmer in einer WG frei wäre. Beim Casting wurde mir aber schnell klar, dass es sich um eine selbstversorgende Hippie-Kommune vor den Stadttoren handelte. Die Bewohner wollten mich mit frischen Eiern, selbst gemolkener Milch und einem zu bunt angemalten Zimmer zum Einzug überreden – ich habe abgesagt.

Lukas Hilgemann (26), 13. Semester Mathe und Geschichte auf Lehramt: Unsere WG suchte einen neuen Mitbewohner. Die Bewerber kamen zahlreich, doch der Ausziehende hatte versehentlich sein Zimmer abgeschlossen, bevor er in den Urlaub fuhr. In aussichtsloser Lage retteten wir uns in Ironie und erzählten, es stünde ein Bagger im Zimmer, um Umbauarbeiten vorzunehmen. Einer hatte Humor und zog ein – ohne das Zimmer vorher gesehen zu haben.


Tilman Jendrisek (28), 9. Semester Soziologie: Als ich neu in der Stadt war, sah ich mir eine Neuner-WG in der Weseler Straße an. Das Problem: Es war eine Kellerwohnung, komplett fensterlos, und kein Zimmer war größer als zwölf Quadratmeter. Die Tür zu meinem potenziellen Zimmer ging zudem nach innen auf. Mein Doppelbett hätte nicht einmal hineingepasst. Wer zieht bloß in so ein Verlies?

Maren Reinecke (22), 4. Semester Berufsschullehramt Evangelische Theologie und Gesundheit/Pflege: Das WG-Casting hatte noch gar nicht richtig begonnen, da war für mich schon klar, dass ich in die Zweier-Wohngemeinschaft am Inselbogen niemals einziehen könnte. Die potenzielle Mitbewohnerin war zwei Meter groß und hatte die Küchenzeile, Hängeschränke, ja einfach alles, auf ihre Größe ausgerichtet. Als ich mir das Badezimmer ansah und im Spiegel nur meine Stirn sehen konnte, entschloss ich mich, weiterzusuchen.

Theresa Petrausch (20), 2. Semester Bachelor Kommunikationswissenschaft: Die Wohngemeinschaft, bei der ich mich vorstellte, war etwas dreckig, und manche Fliesen kamen von den Wänden. Das war aber längst nicht das Schlimmste: Einer der drei Mitbewohner, ein leidenschaftlicher Computerspieler, wollte partout nicht aus seinem Zimmer kommen. Ich bekam ihn und sein Zimmer während des gesamten Castings nicht zu Gesicht. Die andere Mitbewohnerin versuchte zu beschwichtigten: Sie selbst sehe den Mitbewohner und sein Zimmer auch nur selten.