Alles wird gut – mit dem Sonnenhut

Prof. Andreas Hensel

Prof. Thomas Schmidt
Was im Sommer wächst und gedeiht, kann im Winter nützlich sein: Arzneipflanzen. Echte Kamille, Fenchel, Thymian, Myrte oder auch Efeu helfen, Erkältungs-
krankheiten zu kurieren. An der Universität Münster erforschen Prof. Thomas Schmidt und Prof. Andreas Hensel vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie die komplexen Wirkstoffe von Arzneipflanzen und deren Anwendungen. Sie beschäftigen sich zudem mit der Qualitätssicherung, Verarbeitung und optimalen Darreichungsform für die Patienten.
Zwei echte Fachleute also, die sicher einige gute Ratschläge parat haben, wie man erkältungsfrei über den Winter kommt. "Wer vorbeugen will, ist mit dem Wirkstoff des Sonnenhuts gut bedient", sagt Thomas Schmidt. "Davon gibt es auch ganz leckere Pastillen", weiß Andreas Hensel. Er rät allerdings dazu, solche Präparate nur in der Apotheke zu kaufen. "Bloß nicht im Discounter, da sind kaum Wirkstoffe drin." Der Sonnenhut, Echinacea purpurea, punktet mit den enthaltenen Polysacchariden und Alkamiden, die stimulierend auf das Immunsystem wirken.
Hat trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein Infekt zugeschlagen, kommen weitere Arzneipflanzen ins Spiel. Die Echte Kamille etwa. "Wer mit Kamille inhaliert, tötet Bakterien ab, lindert die Entzündung und verflüssigt zähen Schleim, so dass er leichter abgehustet werden kann", erklärt Thomas Schmidt. Wer jetzt allerdings denkt, er könne die Kamille im nächsten Sommer selber an der Landstraße pflücken, hat weit gefehlt. "Davon raten wir dringend ab", sind sich Thomas Schmidt und Andreas Hensel einig. Dafür gibt es viele Gründe: "Eine eindeutige Identifizierung der Pflanzen ist oft nicht so einfach wie der Laie denkt", erklärt Andreas Hensel. Außerdem können die Pflanzen durch Umweltbelastungen wie zum Beispiel Autoabgase erhöhte toxikologische Werte aufweisen, also Giftstoffe enthalten. Auch mikrobieller Befall ist möglich. Mitunter ist zudem der Wirkstoffgehalt zu niedrig. Von einer positiven gesundheitlichen Wirkung also keine Spur. "Arzneipflanzen sollten also immer aus kontrolliertem Anbau stammen. Bei Produkten aus der Apotheke ist das gegeben. Die stehen unter ständiger Kontrolle. Das ist gesetzlich vorgeschrieben", erklärt Thomas Schmidt. "Und sie wurden korrekt geerntet", ergänzt Andreas Hensel. Die Kamille beispielsweise müsse nachts geerntet werden, am besten schon wenige Tage nach dem Erblühen.
Was nach Hexenküche und mittelalterlicher Heilkunst klingt, ist eine moderne Wissenschaft. "Natürlich greifen wir auf das Wissen unserer Vorväter zurück", sagt Thomas Schmidt, "aber es ist eine Fortsetzung dessen auf der Basis klinischer Studien und rationaler naturwissenschaftlicher Erkenntnisse." Er und Andreas Hensel wollen das Thema "entmystifizieren", wie sie sagen, und "Fakten vermitteln". Denn die Wirksamkeit pflanzlicher Arzneimittel unterscheide sich im Prinzip nicht von der synthetisch hergestellter. "Das zeigt auch die Tatsache, dass pflanzliche Wirkstoffe den synthetischen im deutschen Arzneimittelgesetz gleichgestellt sind", sagt Thomas Schmidt. Das Zulassungsverfahren sei zwar teilweise erleichtert, Wirkung und Sicherheit müssten aber ganz genauso gegeben sein.
Ihre Top-Five der Arzneipflanzen zur Erkältungsbekämpfung lauten übrigens: Kamille, Thymian, Efeu, Eukalyptus und Myrte. Alles Pflanzen, die auch im Arzneipflanzengarten der Universität Münster zu finden sind. Der Garten ist seit 2005 geöffnet. Mehr als 600 Besucher informieren sich dort jährlich über die Wirkstoffe, Kultivierung und analytische Überprüfung von Arzneipflanzen. Auf dem Programm stehen regelmäßige Aktionen, Führungen und Seminare. Der Garten ist ab Mai 2011 wieder geöffnet.
Alice Büsch
ERKÄLTUNGSTEE-REZEPTDie folgenden Zutaten sind getrocknet in der Apotheke zu bekommen und werden dort auf Nachfrage zusammengemischt. Die Teemischung sollte vor Feuchtigkeit, Licht und hoher Temperatur geschützt werden. |