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Weiße Westen

Richtlinie zur Korruptionsvorbeugung verabschiedet

Wl 1003 Korruption
"Schmieriges Geld" hat an einer Hochschule nichts zu suchen. Deswegen gibt es neue Richtlinien zur Korruptionsprävention.

Foto: Peter Grewer

"Eine Kontrolle ist ja im ureigensten Sinn der Menschen, die in solchen Abteilungen arbeiten", meint Prof. Mark Deiters. Der Jurist ist der neue Korruptionspräventionsbeauftragte der WWU und meint die Mitarbeiter in den besonders korruptionsgefährdeten Abteilungen. Dazu gehören all jene Dezernate, die viel mit Beschaffung oder anderen Aufträgen an die freie Wirtschaft zu tun haben. "Da hat es eine entlastende Funktion, wenn es genau festgelegte Richtlinien und Verhaltensmaßstäbe gibt", sagt Mark Deiters, dessen Forschungsschwerpunkt die Korruption ist. Er hat maßgeblich dabei mitgeholfen, die Korruptionspräventionsrichtlinie der WWU auszuarbeiten.

Korruption umfasst laut Strafgesetzbuch mehrere Delikte: die Vorteilsannahme beziehungsweise -gewährung und die Bestechlichkeit beziehungsweise die Bestechung. "Von der Vorteilsannahme sprechen wir, wenn jemand zwar entsprechend den Vorschriften handelt, dafür aber einen gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteil erhält. Bei Bestechung wird eine pflichtwidrige Diensthandlung erkauft oder belohnt", erklärt er. Der Strafrahmen hängt unter anderem von der Wichtigkeit der Entscheidung, dem Wert des Vorteils und der Art des Vorgehens ab und liegt bei Vorteilsnahme bei bis zu drei Jahren Haft. Für Bestechlichkeit können bis zu fünf Jahre verhängt werden.

Ralph Harnacke von der Innenrevision hat den Entwurf einer Korruptionspräventionsrichtlinie und einen Leitfaden für Vorgesetzte erarbeitet, dem das Rektorat jetzt zugestimmt hat. Er betont, dass die Universität Münster die erste in Nordrhein-Westfalen sein dürfte, die eine eigne Richtlinie und einen Leitfaden entwickelt hat. "Damit setzt die WWU gesetzliche Vorgaben zur Korruptionsprävention um und gibt Vorgesetzten und Mitarbeitern zugleich ein hoffentlich praxistaugliches Instrument an die Hand." Das war auch deshalb notwendig, weil sich die Sensibilität in Sachen Korruption in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat. "Die Leute sind verunsichert und fragen sich, was  erlaubt  ist und was nicht", sagt Mark Deiters.

"Korruption in der Wissenschaft ist so augenfällig, dass wir keine besonderen Regeln brauchen."

Das ist nun auf sieben Seiten genau definiert. "Geringwertige Aufmerksamkeiten" dürfen einen Geldwert von 15 Euro nicht übersteigen, Einladungen können angenommen werden, wenn der Mitarbeiter im Rahmen seines Amtes an gesellschaftlichen Verpflichtungen teilnimmt. Eine Tasse Kaffee muss niemand ablehnen. Bei Einladungen zum Essen ist außerhalb des Bereichs repräsentativer Dienstaufgaben aber Vorsicht geboten – insbesondere dann, wenn die Bewirtung in einer Preisklasse liegt, die sich der Mitarbeiter privat nicht leisten könnte. Sind sich Beschäftigte unsicher, was sie dürfen und was nicht, sollten sie sich bei ihren Vorgesetzten rückversichern.

Die wiederum werden in der nächsten Zeit einen Leitfaden zur Korruptionsprävention in die Hand bekommen. Wichtigste Grundregel: das Vier-Augen-Prinzip. Alle Vorgänge, die sich um Beschaffung oder andere Möglichkeiten drehen, Dritten einen Vorteil zu verschaffen, dürfen nicht nur von einer Person bearbeitet werden. Darüber hinaus gibt der Leitfaden wertvolle Hinweise, wie sich mögliche Schwachstellen erkennen lassen. Dazu gehört beispielsweise, wenn ein Beschäftigter einen auffällig hohen Lebensstandard pflegt, wenn es intensive private Kontakte gibt, wenn ein Beschäftigter sich ohne Grund dagegen wehrt, dass er eine neue Aufgabe erhalten soll, ungewöhnliche Entscheidungen, das Umgehen von Vorschriften oder eine abnehmende Identifizierung mit dem Dienstherrn.

Es muss nicht immer direkt Geld fließen, um sich Leistungen zu erkaufen. Möglich ist beispielsweise, dass Gefälligkeitsentscheidungen mit einer Nebentätigkeit belohnt werden. Eine Einladung zu einem Kongress auf die Bahamas kann ebenso als Vorteil gewertet werden wie das "Sponsoring" einer Veranstaltung. Der neue Leitfaden richtet sich vor allem an Mitarbeiter in der Verwaltung. Doch auch in der Wissenschaft gibt es Fälle von Korruption. Das reicht vom Herzklappen-Skandal über gekaufte Doktortitel bis hin zu Gefälligkeitsgutachten. "Das sind allerdings Fälle, die so augenfällig sind, dass wir keinen besonderen Leitfaden brauchen", sagt Mark Deiters.

Persönlich ist ihm noch kein Fall von Korruption an einer Hochschule untergekommen. "Es gibt viele Zahlen, die alle von enormen Schadenssummen ausgehen, aber die sind nur wenig empirisch erhärtet", weiß der Strafrechtler. Zusätzlich sind die Grenzen zwischen erlaubt und verboten fließend. Das richtige Verhalten ist im Zweifelsfall aber ganz einfach: nichts annehmen, ob nun Geld oder eine Einladung zum Essen.

Brigitte Nussbaum