Der richtige Mann

WWU-Pressesprecher Norbert Frie verabschiedet sich

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Immer den Durchblick  hatte Norbert Frie in fast 30 Jahren in der Pressestelle der Universität Münster.

Foto: Wolfgang Heuer

Manchmal, sehr selten, wird Norbert Frie sentimental. Dann erzählt er davon, wie es vor fast 30 Jahren war, als pro Woche zwei bis drei Pressemitteilungen verschickt wurden. Per Post, nicht per E-Mail. Doch meist hat er seine Gedanken in der Gegenwart, vielleicht auch in der Zukunft, denn ab Ende September beginnt für den Pressesprecher einer der größten deutschen Hochschulen ein neuer Lebensabschnitt – der dann 62-Jährige tritt in den Vorruhestand.

Nach fast 30 Jahren an der WWU und davor sechs Jahren an der Pädagogischen Hochschule gehört Frie zu den bekanntesten Gesichtern der Uni Münster. Ob Auslandssemester taiwanesischer Studierender, Besuch des einen oder anderen Bundespräsidenten oder münstersche Studierende bei den Olympischen Spielen – Frie ist nicht aus der Ruhe zu bringen. "Souverän", das ist wohl der erste Gedanke, der einem kommt, wenn man ihn beobachtet, wie er an einem Samstagmorgen im Januar um 7.30 Uhr im kalten Scheinwerferlicht ein Interview zum Thema Studienbeiträge gibt – ohne sich von protestierenden Studierenden und einer Hundertschaft Polizisten aus der Ruhe bringen zu lassen.

Souverän war der studierte Soziologe stets, wenn es darum ging, das Rektorat zu beraten. Insgesamt fünf Rektoren und zwei Rektorinnen hat Frie als Chefs gehabt, darunter auch Prof. Maria Wasna, die im selben Haus wie er aufwuchs und von seinen Eltern um Babysitterdienste gebeten wurde. Von einer Chefin auf Knien gewiegt worden ist Frie danach nicht wieder, doch war sein Rat stets hoch geschätzt: "Ich danke Herrn Frie für seine freundschaftliche und – wenn nötig – kritische Begleitung durch drei turbulente Rektoratsjahre. In seiner Eigenschaft als Pressesprecher habe ich mit ihm immer den richtigen Mann an meiner Seite gewusst, auch und gerade wenn es mal brenzlig wurde: besonnen, klug und mit sicherem Gespür für das Wesentliche", lobt Rektorin Prof. Ursula Nelles den gebürtigen Münsteraner.

Was denn sein intensivster Moment an der WWU war? Frie muss länger nachdenken, schließlich hat sich da in 30 Jahren einiges angesammelt.  "Vielleicht der Besuch des Dalai Lamas", antwortet er schließlich zögernd. Zumindest am zeitaufwendigsten war der, fast ein halbes Jahr Vorbereitungszeit mit anfangs wöchentlichen, dann täglichen Sitzungen waren notwendig, um die Verleihung der Ehrendoktorwürde für den geistlichen Führer der Tibeter vorzubereiten. Und als zum Schluss natürlich nicht alles nach Plan klappte, als der Livestream zusammenbrach, die Kriminalpolizei bei der Akkreditierung auftauchte und der eine oder andere Journalist mit dem nicht immer perfekten Englisch des Dalai Lamas kämpfte, da tat Frie, was er in solchen Momenten häufig zu tun pflegt – er lachte.

Dass er Journalisten ernst nimmt, war  immer zu spüren, als Partner der Medien war er hoch geschätzt. Schließlich hat er bei der "Neuen Westfälischen" in Bielefeld selbst das Metier gelernt. Inzwischen sind es nicht mehr nur zwei bis drei Pressemitteilungen pro Woche, inzwischen kommt die Pressestelle auf bis zu 15 Pressemitteilungen pro Tag, nicht gerechnet die vielen Anfragen der Journalisten, die Arbeit am Internetauftritt, die interne Kommunikation mit Unizeitung und Mitarbeiterzeitung. Dass dieses gewaltige Pensum zu schaffen ist, ist unter anderem den neuen Medien zu verdanken, die die Arbeit gerade im PR-Bereich schneller gemacht haben. Zu verdanken ist dies aber vor allem Frie, der es nicht nur geschafft hat, seine Mitarbeiter immer aufs Neue zu motivieren, sondern auch, zu delegieren und zu vertrauen – im Wissen um die  eigene Souveränität.

Wenn Frie sich verabschiedet, wird er das leise tun, ohne großes Tamtam. Vielleicht gerade weil er ständig in der Öffentlichkeit präsent war, waren ihm Ehrungen nie wichtig. In den Mittelpunkt hat sich der bodenständige Westfale nie gedrängt, auch wenn er oft im Vordergrund stand. Die Dienstjubiläen wurden verschwiegen, die Geburtstage nur ungern gefeiert.

Sentimental wird Frie wahrscheinlich auch in Zukunft eher selten werden, wenn er auf seine Zeit an der WWU zurückblickt, das ist nicht seine Art. Aber fehlen wird sie ihm wohl schon  – ebenso wie Norbert Frie der Universität Münster.

Brigitte Nussbaum