|
muz

Wie entsteht Aggression?

Verhaltensbiologen untersuchen Gen-Umwelt-Interaktion
Wl802 Maus Nightlife87 Pc

Ängstlich und aggressiv? An Mäusen soll die These getestet werden.

Foto: Nightlife87/pc

Wenn zwei Lebewesen in dieselbe Situation geraten, werden sie höchst unterschiedlich reagieren. Ihre Vorerfahrungen sind dafür ebenso ausschlaggebend wie ihre körperlichen Eigenschaften. Wie Umwelt und Gene interagieren und Aggression beeinflussen, untersuchen jetzt die Verhaltensbiologen in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt.

Die Doktorandin Friederike Jansen nutzt dazu Mäuse, bei denen der Transporter für den Neurotrasmitter Serotonin ausgeschaltet worden ist. Serotonintransportermangel, so ist es auch beim Menschen nachgewiesen, kann zu Angsterkrankungen und Depressionen führen. Aber führt ein Mangel auch zu erhöhter Aggression, wie es Jansen und ihr Doktorvater Prof. Norbert Sachser vermuten? Und welchen Einfluss hat die Umwelt? Denn nicht jeder Mensch, dessen serotonerges System gestört ist, entwickelt deshalb eine Angsterkrankung oder eine Depression.

Jansen nutzt Wildtyp-Mäuse, die die entsprechenden unveränderten Gene tragen, Knock-Out-Mäuse, bei denen die Gene für den Serontoin-Transporter ausgeschaltet sind, und so genannte Heterozygoten, Mischlinge, die nur eines der beiden Gene tragen, so dass nur 50 Porzent des Transportmoleküls ausgeschüttet werden. Alle drei Gruppen werden einer herausfordernden Situation ausgesetzt. "Wir lassen sie noch im Erwachsenenalter positive und negative Erfahrungen machen", so Jansen. Denn die Wissenschaftler gehen davon aus, dass entscheidende Wesenszüge nicht nur in der frühen Lebensphase geprägt werden, wie bislang angenommen. Auch später, wenn das Gehirn bereits ausgebildet ist, werden neue Verhalten erlernt.

In einem fremden Gebiet treffen die Mäuse auf unbekannte Artgenossen, wobei es zu aggressiven Interaktionen kommt. Egal, ob sie gewinnen oder verlieren, das Angstverhalten steigt an. Die Auswirkungen sind allerdings deutlich stärker, wenn sie verlieren. Die Knock-Out-Mäuse, so hat Jansen bereits in ihrer Diplomarbeit nachgewiesen, reagieren dabei am ängstlichsten. Nun will sie in drei Jahren testen, ob diese besonders ängstlichen Mäuse auch besonders aggressiv reagieren. "Natürlich wissen wir, dass die Gene eine entscheidende Rolle beim Verhalten spielen", sagt Sachser. "Aber die Erfahrungsabhängigkeit und der Einfluss der Umwelt auf aggressives Verhalten sspielen ganz sicher eine Rolle."

Funktioniert das Mausmodell, ließe sich auch ein Risikoprofil im Humanbereich erstellen. Die These der Biologen: eine hohe Dominanz, ein hoher Testosteron-Wert, niedrige Stresshormone und eine niedrige Aktivität des Serotonin-Systems führen dann zu einem hohen Aggressionspotenzial, wenn auch wiederholte Gewinnerfahrungen gemacht worden sind.

bn