Einige Leuchttürme im Sinn
Prof. Reinhard Kurth
Prof. Reinhard Kurth wurde zum Vorsitzenden des neuen Hochschulrates der WWU gewählt. Der 65-Jährige war Präsident des Robert-Koch-Instituts in Berlin und führte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn. Brigitte Nussbaum sprach mit dem Mediziner und Virologen, der auch Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen war.
Prof. Kurth, zur Universität Münster haben Sie bislang noch keinen besonderen Kontakt. Warum haben Sie sich trotzdem bereit erklärt, im Hochschulrat mitzuarbeiten?
Natürlich kenne ich einige Kollegen an der WWU, aber es stimmt, ich habe keine spezifische Verbindung zu Münster. Hochschulräte haben in den unterschiedlichen Bundesländern sehr unterschiedliche Funktionen. Gerade die nordrhein-westfälische Landesregierung hat den Hochschulräten erhebliche Aufsichtskompetenz zugebilligt, das heißt, man kann sehr kreativ sein. Ich sehe uns in einer kritisch-helfenden Funktion, nicht nur als Kontrollorgan. Wenn die Hochschulräte ausreichend gut besetzt sind, können sie die Hochschulen in wissenschaftlichen und administrativen Fragen sehr wirkungsvoll unterstützen oder auch einmal beim Ministerium für die Universität in die Bresche springen. An Münster speziell reizt mich erstens, dass sie eine große Universität ist, zweitens eine Volluniversität mit fast allen Fächern und drittens, dass wir nicht nur beraten, sondern mitgestalten können.
Nun sind Sie zum Vorsitzenden gewählt worden. Wie sehen Sie da Ihre Aufgabe?
Ich verstehe mich als Primus inter Pares, der seine Erfahrung als langjähriger Leiter von drei großen Bundesinstituten, als Hochschullehrer und als Mitglied des Hochschulrates der Universität Gießen einfließen lassen kann.
Wie stellen Sie sich die praktische Arbeit des Hochschulrates vor?
Wenn man sehr angesehene Menschen einwirbt, ist es klar, dass die sehr viele andere Verpflichtungen haben. Wir versuchen im Moment, die Termine für 2008 und sogar für das Jahr 2009 festzulegen. Aber es wird wohl immer jemand nicht kommen können. Wir haben vor, viermal im Jahr zu tagen. Bei unserem nächsten Treffen werden wir ausführlich unser Selbstverständnis diskutieren und die ersten Schritte überlegen. Und natürlich wollen wir erfahren, was die Hochschulgremien von uns erwarten.
Auch die Studierendenschaft?
Ja, natürlich. Alle Gremien, auch die Studierenden sind angesprochen, uns mitzuteilen, was sie für Wünsche an uns haben. Ich war selbst einmal vor langer Zeit im AStA, ich weiß, wie wichtig die Gremien sind.
Der Hochschulrat
Dr. Johannes Georg Bednorz
Physik-Nobelpreisträger
Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen
ehemaliger Rektor der WWU, ehemaliger Präsident der HRK
Prof. Dr. Gerhard Erker
Fachbereich Chemie und Pharmazie der WWU
Jürgen Kaube
FAZ-Hochschulredakteur
Prof. Dr. Reinhard Kurth
ehemaliger Präsident des Berliner Robert-Koch-Instituts
Dr. Thomas Middelhoff
Vorstandsvorsitzender der Arcandor AG
Prof. Dr. Wulf Plinke
European School of Management and Technology Berlin, Humboldt-Universität
Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger
Fachbereich Geschichte, Leibniz-Preisträgerin, Exzellenzcluster "Religion und Politik"
Wie stellen Sie sich das Verhältnis zum Rektorat vor?
Ich bin sehr neugierig, was daraus wird. Wir werden sehen, wie es sich
sachlich entwickelt. Ich sehe uns als Gremium, das zur Meinungsbildung
beitragen kann, denn wir müssen auch überzeugt werden. Wenn es
abweichende Meinungen zwischen Rektorat und Hochschulrat geben sollte,
dann müssen die ausdiskutiert werden. Was wir nicht werden wollen: ein
Gremium von Frühstücksdirektoren.
Gibt es besondere Leuchttürme hier an der WWU?
Ich habe da natürlich einige im Sinn, aber vor der nächsten Sitzung möchte ich dazu noch nichts sagen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass das Geld dahin fließen soll, wo die Stärken liegen. Aber wir müssen nicht nur die Leuchttürme stärken, sondern auch die Schwächen identifizieren. Wir müssen uns fragen, wie man sie beseitigen kann. Denn selten liegen die Ursachen in den Finanzen, häufig sind es die Strukturen oder die Personen, die hinter Schwachstellen stecken.
Wo sehen Sie im Moment die dringendsten Probleme?
Wir müssen uns erst orientieren, mit allen Gruppen der Hochschule ins Gespräch kommen, eine Bestandsaufnahme machen. Die Uni muss auch selbst äußern, was ihr wichtig ist, seien es nun die Studienbeiträge oder der Fächerkanon. Die Probleme müssen priorisiert werden, denn man kann nicht alles auf einmal diskutieren. Wir sind offen für alles, was uns die Gremien vortragen werden.