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Ohne Papiere und voller Angst

Dissertation über Situation illegaler Einwanderer

Er kam nach Deutschland, um zu studieren. Als seine Aufenthaltsgenehmigung ablief, ließ sich der junge Afrikaner auf eine Scheinehe mit einer Deutschen ein. Sie stellte unerfüllbare Forderungen – er tauchte unter. Es sind Geschichten wie diese, die Dr. Andreas Fisch, Sozialethiker im Sozialinstitut Kommende in Dortmund, während seiner Dissertation immer wieder gehört hat. "Das sind problematische Lebenslagen, die bei Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung entstehen", betont Fisch, der am Institut für Christliche Sozialwissenschaften bei Prof. Karl Gabriel promoviert wurde.

Wie viele Menschen sich derzeit ohne Papiere in Deutschland aufhalten ist unklar, weil sie nirgends erfasst sind. Schätzungen aus dem Jahr 2005 gehen von einer Zahl zwischen 500000 und 1,3 Millionen aus. Seit dem EU-Beitritt der osteuropäischen Länder 2005 dürfte die Zahl gesunken sein, da sich Osteuropäer nun legal in Deutschland aufhalten. Eingereist sind Statuslose meist als Touristen, bei anderen hat der Staat Asylanträge nicht verlängert. "In der Regel haben Statuslose ehrenwerte Motive, wenn sie kommen", ist sich Fisch sicher. Wirtschaftliche Notsituationen in ihrer Heimat oder Nachzug von Familienmitgliedern seien häufig Gründe für die illegale Einwanderung. 

Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, sind rechtlos. Ihr Arbeitgeber kann sie unter Druck setzen, ausbeuten oder nötigen – meist ohne Folgen. Zeigen Statuslose Verbrechen an, riskieren sie ihre eigene Abschiebung. Auch Krankheit birgt das Risiko, als Illegaler aufzufliegen: Ärzte sind verpflichtet, den Behörden Patienten ohne Aufenthaltsgenehmigung zu melden. "Ärzte befinden sich in einer rechtlichen Grauzone", kommentiert Fisch. Einerseits seien sie zur Nothilfe verpflichtet, andererseits machten sie sich schon der Beihilfe zu illegalem Aufenthalt schuldig, wenn sie statuslosen Patienten wärmere Kleidung schenkten. "Strafbarkeit beginnt dann mit dem Pullover, den der Arzt einem Kind im Winter gibt", kritisiert er.

Dennoch dürfe man die Situation Statusloser nicht dramatisieren, so Fisch. "Die Mehrzahl der Betroffenen hat sich eingerichtet und kann auf Netzwerke zurückgreifen." Trotzdem blieben Gefahren: Der Sozialethiker empfiehlt, Statuslosen neue Wege zu eröffnen: Asylbewerbern, deren Antrag nicht genehmigt wurde, müsse der Wiedereintritt in das Verfahren ermöglicht, arbeitenden Statuslosen eine Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt werden. "Notsituationen dürfen nicht genutzt werden, um sie ,einzufangen'", appelliert Fisch.

jri