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Verwandtschaft lässt die Gene springen

Experimentelle Pathologen beweisen nahe genetische Verbindung zwischen Spitzhörnchen und Mensch

 Muz 703 Spitzmaus 

Spitzhörnchen gehören zu den nahen Verwandten der Menschen.

Foto: jw

 
Die tierische Verwandtschaft des Menschen war in den vergangenen Jahren immer neu im Fokus wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Dahinter steckte nicht nur der allgemeine Wissensdurst der Forscher, sondern auch ganz handfeste Interessen. Zum Verständnis seiner Biologie bedient sich der Mensch seit langem vergleichender Studien an so genannten Modellorganismen. Für die Beurteilung vergleichender Studien ist ein korrekter Stammbaum die wichtigste Grundlage. Von Studie zu Studie unterschieden sich diese Säuger-Stammbäume jedoch gewaltig. Letztlich kristallisierte sich mit immer neuen Methoden ein stabiler Stammbaum heraus, zu dessen Erforschung Wissenschaftler des Instituts für Experimentelle Pathologie der Uni Münster mit der Erforschung der springenden Gene (Retrotransposons) entscheidend beigetragen haben (siehe auch muz 2/06).

Demnach gehören die Primaten und damit der Mensch in eine Gruppe von Ordnungen, die der so genannten Supraprimaten, zu denen auch Hasenartige, Spitzhörnchen – die seit einigen Jahren verstärkt als Modellorganismen in der Neurobiologie und der Stressforschung eingesetzt werden – Pelzflatterer und Nagetiere gehören, während sich Hund, Schwein, Pferd, Igel und Fledermaus auf einem benachbarten Ast tummeln.

Die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Supraprimaten blieben jedoch weiter umstritten. Jetzt haben die Münsteraner Jan Ole Kriegs, Gennady Churakov und Kollegen aus der Gruppe um Jürgen Schmitz und Institutsleiter Jürgen Brosius nachgelegt und die Supraprimaten, wiederum mit Hilfe der springenden Gene, in zwei Teile gespalten, womit sie eine alte Hypothese bestätigten und in der April-Ausgabe von "Trends in Genetics" publizierten. Die Überordnung "Glires" beherbergt Nagetiere und Hasenartige, während sich die Überordnung "Euarchonta" aus Primaten, Pelzflatterern und Spitzhörnchen zusammensetzt. Der Modellorganismus Spitzhörnchen steht uns also näher als die Labormaus.

Eine weitere Erkenntnis hatten die münsterschen Forscher zu den springenden Genen selbst. Exklusiv in den Supraprimaten gibt es eine Klasse springender Gene, die aus der so genannten 7SLRNA, einer kleinen nicht protein-kodierenden RNA mit zellulärer Funktion entstanden sind. Beim Menschen sind dies vor allem die so genannten Alu-Elemente. Sie werden ähnlich einem Retrovirus kopiert und an anderer Stelle im Genom eingepflanzt, wobei sie auch Gendefekte und somit Erbkrankheiten auslösen können, aber auch in bestehende Gene integriert werden können. Lange wurde gemutmaßt, ob die 7SlRNA-abgeleiteten springenden Gene unabhängig in Nagern, Primaten und Spitzhörnchen entstanden sind oder ob sie auf einen gemeinsamen Vorfahren der Supraprimaten zurückgehen. Jetzt ist klar, dass es diesen gemeinsamen Ursprung gibt. Die Münsteraner haben "fossile" springende Gene eines 7SLRNA-abgeleiteten Typs, den es auch in Nagern gibt, im menschlichen Genom nachgewiesen und damit das entscheidende Stück im genomischen Puzzle gefunden.

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