Eminem und die deutsche Klassik
Die Geisteswissenschaften haben ein Image-Problem. Naturwissenschaften beeindrucken entweder durch hochkomplizierte Sachverhalte oder versprechen, mit ihren Ergebnissen konkrete Lebensumstände zu verbessern. Die Geisteswissenschaften dagegen scheinen vielen entweder selbstverständlich oder im Gegenteil fernab der eigenen Lebenswirklichkeit. Dabeihaben Geisteswissenschaften durchaus einen Bezug zu vielen alltäglichen Problemen, der sich aber erst auf den zweiten Blick entpuppt. Das Germanistische Institut will im vom Bundesforschungsministerium ausgerufenen "Jahr der Geisteswissenschaften" eben dies beweisen.
Sprache wird von uns allen genutzt und ist lebensnotwendig. Dabei ist sie kein festgefügter Monolith, sondern wandelt sich durch den Gebrauch. Während führende Sprachwissenschaftler diesen Wandel eher gelassen betrachten, rufen Lehrer, Journalisten und Laien schon den Sprachnotstand aus. Die Vortragsreihe "Die ,deutsche Sprachmisere’ – ein natürlicher Sprachwandel?", die die Universität verlässt und ab dem 10. Mai im Vortragssaal des Aschendorff-Verlages stattfindet, und die Vortrags- und Diskussionsreihe "Wie viel Standard braucht der Deutschunterricht?", die ab dem 20. April in Kooperation mit dem Gymnasium Paulinum veranstaltet wird, wollen sich dem Sprachwandel in vielfältiger Weise annähern. Ergänzt wird dieser Themenschwerpunkt, der von münsterschen, aber auch auswärtigen Wissenschaftlern gestaltet wird, durch eine Podiumsdiskussion am 22. Mai im Foyer des Stadttheaters.
Ehrfurchtgebietend, aber meist ungelesen stehen die Werke der deutschen Klassik in so manchem Bücherregal. Dafür verkauft ein Rapper wie Eminem Millionen Platten, die gerne gehört werden. Der eine wird gegen den anderen ausgespielt, Hoch- gegen Popkultur. Dabei speist sich auch die Unterhaltungskultur aus der Klassik, ja, hat vielleicht sogar in mancher Hinsicht das Erbe von Goethe und Schiller angetreten. In der Vortragsreihe "Eminem und die deutsche Klassik" werden diese mannigfaltigen Beziehungen genauer unter die Lupe genommen. Als Referenten konnten die Feuilletonchefs von FAZ und Süddeutscher Zeitung ebenso gewonnen werden wie der Bachmann-Preisträger Peter Glaser. Außerdem gibt es Vorträge aus der Musikwissenschaft, Mediävistik, Anglistik und Germanistik. Zum Auftakt referiert am 19. April Prof. Hartmut Möller von der Hochschule für Musik und Theater Rostock über "Aesthetics of Survival". Am 3. Mai wird sich Patrick Bahner von der FAZ mit den Donald-Duck-Übersetzungen von Dr. Erika Fuchs beschäftigen.
Die beiden großen Themenschwerpunkte werden ergänzt durch eine Vielzahl von Einzelveranstaltungen. So konnte das internationale Proust-Kolloquium nach Münster eingeworben werden, Studierende des Instituts bereiten gemeinsam mit den Städtischen Bühnen eine Ausstellung über die Spuren des Verführers Don Juan vor.
bn
Nähere Informationen sind unter www.uni-muenster.de/Germanistik/#jahr_geisteswissenschaft, beziehungsweise unter http://noam.uni-muenster.de/stoltenburg/projekte/jdgw2007_main.htm zu finden.