|
muz

Vom Hörsaal auf den Laufsteg

Jura-Studentin ist als Model in der Modewelt gefragt

 Arabella2 

Will Strafverteidigerin werden: Jura-Studentin Arabella Liedtke    

Fotos (2): ps

 

Ob im Juridicum, im Hörsaal oder im kleinen Appartement zuhause: Zwischen dicken Büchern und Gesetzesparagraphen büffelt Arabella Liedtke  eifrig für ihr Jura-Examen. Das machen viele andere Studierende an der Uni Münster auch – soweit also nichts Besonderes. Doch die 22-Jährige führt ein aufregendes Doppelleben. Wenn sie gerade nicht lernen muss, wird aus der unscheinbaren Juristin im achten Semester das selbstbewusste Model Arabella. Dann tauscht sie ihr legeres T-Shirt, die Jeans und die flachen Freizeitschuhe gegen superkurze Miniröcke, tiefe Dekolletes und High Heels. Auch ihre Brille verschwindet. So jobbt sie dann etwa für die Kölner Agentur "fashion4art", die sie zu Foto-Shootings quer durch Europa schickt. Alles begann – man glaubt es kaum – im Konfirmanden-Unterricht.

Als 14-jährige wurde Arabella von ihrem fotobegeisterten Pfarrer angesprochen, der seriöse Bilder von ihr machte. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Kaum druckte eine Zeitung das erste Foto, rief schon eine Agentur an. Ein Selbstläufer: Ihr Bauch ziert eine Mineralwasser-Werbung, sie posiert für Schmuck, Unterwäsche, aber auch für edle Kleidung und Accessoires der renommierten Firmen L’Oreal oder La Bioesthetique. Seitdem kennt sie die Licht- und Schattenseiten des Model-Lebens: "Wenig Schlaf, weil frühmorgens einfach das beste Licht für Fotos ist." Dazu kommt jede Menge Stress, Umziehen im Akkord und Posieren, Posieren und wieder Posieren. Manchmal ist es schwierig, Jura-Studium und Modelbusiness unter einen Hut zu bringen. Manchmal kommt sie zu spät zu einem Termin, wenn sich zwischen Vorlesung und Parkplatzsuche auch noch ein Stau drängt.

Trotz ihres Erfolges und ihrer Maße von 85–58–88 ist die Jurastudentin selbstkritisch geblieben, hätte gerne längere Beine. Denn mit 1,73 Meter ist sie für die Modewelt eigentlich zu klein. Doch ihr unbedingter Wille, an sich zu glauben, bescherten ihr bereits regelmäßige Auftritte in der Modehochburg Düsseldorf und gemeinsame Shows mit Naomi Campbell, Nadja Auermann und Eva Padberg. "Eva gab mir tolle Tipps: Schnüre die Bänder bei den Schuhen nicht zu stramm, laufe vorsichtig, dennoch sexy."

 Arabella1 

 Die glitzernde Modewelt ist für Liedtke nur eine Zwischenstation.

 
Mit ihrem sympathisch lausbübischen Lächeln und ihrer direkten Ehrlichkeit wirkt Arabella jedoch eher untypisch für das Modelbusiness, weil fast schon zu bodenständig. Nicht zuletzt ihre Ernährungsgewohnheiten passen so gar nicht ins Bild: "Ich esse gerne Currywurst mit Pommes oder Tortellini mit geschmolzener Butter und Sahne." Die überflüssigen Kalorien verbrennt sie beim Kick-Boxen mit ihrem Freund Sebastian oder beim Reiten. Derzeit schaut sie sich nach einem geeigneten Pferd um, aber das passende Kleingeld fehlt ihr noch, denn einen Großteil ihrer Modelarbeit steckt sie ins Jura-Studium und das ist nicht gerade billig: "Allein schon die dicken Fachbücher haben ihren stolzen Preis."

Das härteste Erlebnis als Model war ein Shooting auf Ibiza: "Bei frostigen elf Grad habe ich stundenlang am ganzen Körper in knappen Bikinis im Wasser gebibbert – solange bis die Lippen blau wurden." Die Vorteile ihrer Arbeit sieht sie neben den Auslandsaufenthalten im selbständigen Arbeiten: "Da lernt man viel fürs Leben. Für die mündliche Examensprüfung an der Uni oder für spätere Vorstellungsgespräche bin ich so gut vorbereitet."

Trotz des Modelerfolges will Arabella aber hauptberuflich Strafverteidigerin werden, wie ihr großes Vorbild Rolf Bossi, der sie bei Auftritten in Hör- und Gerichtsälen begeisterte. Deshalb büffelt sie besonders fleißig, denn jetzt im November sind schon die Prüfungen. Diese Disziplin ist wichtig, wird sie doch beim Modeln auch verlangt: "Man muss schon mit 150 Prozent dabei sein, um Erfolg zu haben", weiß Arabella, und schaut sich noch mal die besonders schwierigen Gesetzesparagraphen an – ungeschminkt mit ungestylten Haaren, im gemütlichen Schlabber-Shirt mit Kaffeebecher in der Hand. Eine (fast) ganz normale Studentin eben.  

 ps