Ein Traum von PISA: Schüler, die wissen wollen
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Mit ihren quietschgrünen T-Shirts stechen die Schülerinnen und Schüler des Windhorst-Gymnasiums immer aus der Masse heraus. Foto: beu |
Etwa 20 schlaue Füchse treffen sich einmal wöchentlich, um die Themen der Vorlesungen selbstständig vorzubereiten und in Referaten oder Wandzeitungen zu präsentieren. „Die Kinder sind alle freiwillig hier. Anders als im Unterricht haben wir mit keinerlei Motivationsproblemen zu kämpfen, da die Kinder ein enormes Interesse sowohl für die Themen als auch die Universität an sich mitbringen“, sind sich die AG-Leiterinnen Gabriele Oehm und Jutta Ulferts einig. Obwohl natürlich der Spaß am Entdecken der Wissenschaft im Vordergrund steht, soll auch der Lerneffekt nicht völlig untergehen. „Wir konzentrieren uns bei der Vorbereitung der Themen auf das Erlernen des methodischen Werkzeugs: Wie lese ich einen Text, wie verarbeite ich das Wichtige und kann es am besten präsentieren. Das Inhaltliche kommt dann ganz von selbst.“
Recherchiert wird in Kleingruppen im Internet, oder – wie die echten Wissenschaftler – bei Besuchen der Bibliothek. Der krönende Abschluss einer jeden Vortragsreihe ist für die Studenten von morgen der gemeinsame Ausflug zur Vorlesung in den Hörsaal am Hindenburgplatz. Damit die Schülergruppe nicht in der Masse des Auditoriums untergeht, wurde vom Förderverein des Gymnasiums ein Satz knallgrüner T-Shirts gesponsert.
Und was halten die Schüler von dem ganzen Uni-Rummel? Die meisten bekommen leuchtende Augen, wenn sie von ihren ersten Erfahrungen an der Uni erzählen, doch auf Dauer sei das Studentenleben für sie noch zu anstrengend. Einige genießen hingegen offenbar schon jetzt die neuen Freiheiten als Junior-Student: "Ich find’s super, dass man immer zu spät kommen darf", gibt einer entzückt zu Wort. "Und wenn man mal gar keine Lust hat, kann man alles im Internet nachlesen", pflichtet ihm seine Klassenkameradin aus der letzten Reihe bei. "Selektive Wahrnehmung" nennt Jutta Ulferts das, und schmunzelt. Auch Brigitte Nussbaum, zusammen mit Carsten Wehmschulte eine der Organisatorinnen der Kinder-Uni, muss schmunzeln: "Natürlich ist es uns lieber, wenn die Kinder pünktlich sind. Aber wir legen ganz großen Wert auf die Freiwilligkeit. Keiner soll sich gezwungen fühlen, zu uns zu kommen."
Bei den Kindern kommt die alltagsbezogene Wahl der Vorlesungsthemen gut an, vor allem auch, weil sie den üblichen Lehrplänen an den Schulen entrückt ist. Die Schüler sollen schließlich nicht den Eindruck bekommen, sie würden später über den Vorlesungsstoff von ihren Lehrern ausgequetscht werden. Niklas aus der sechsten Klasse sagt das so: "Ich finde das ja superinteressant, aber was soll ich denn in der Schule damit anfangen, wenn ich weiß warum Schokolade glücklich macht?" Eine gute Frage. Aber die Kinder, so Nussbaum, sollten ja vor allem Spaß am Lernen haben, unabhängig davon, ob ihnen das Wissen im konkreten Augenblick etwas nutzt. Und womöglich wird Niklas einmal im Chemieunterricht bei Gabriele Oehm von seinem durch die Kinder-Uni geweckten Interesse profitieren.
beu