Proteste gegen Studiengebühr verschärft
![]() | |
17. Mai, 15 Uhr: Vor der Senatssitzung treffen sich rund 600 Studierende, um gegen Studiengebühren und das Hochschulfreiheitsgesetz zu protestieren. Fotos (3): Peter Grewer |

22. Mai, 9 Uhr: Die Verwaltungsmitarbeiter des Südflügels stehen vor verschlossenen Türen.
Besser ist es immer, miteinander zu reden
![]() | |
22. Mai, 9 Uhr: Die Verwaltungsmitarbeiter des Südflügels stehen vor verschlossenen Türen. |
Bereits vor Beginn der Senatssitzung hatten es sich rund 20 Studierende auf dem Flur vor dem Rektorbüro im Südflügel des Schlosses bequem gemacht. Die bekamen zwar nichts vom Chaos im Senat mit, waren sich aber einig, dass sie Studiengebühren an der Universität Münster unbedingt verhindern müssen. Eine lose Gruppe hatte sich da zusammengefunden, zusammengehalten von der Angst, in Zukunft 500 Euro Gebühr pro Semester zahlen zu müssen. Schnell war ein organisatorischer Rahmen gefunden: Plenum der Schlossbesetzer um 13 und um 20 Uhr, Aufbau einer Internet-Seite, Essen aus der "Volx-Küche" an der Scharnhorststraße, auf jeden Fall gewaltfreier und möglichst legaler Widerstand. Was sie nicht wollten, kristallisierte sich ebenso schnell heraus: keine Studiengebühren, kein Hochschulfreiheitsgesetz, dafür Ausweitung des Mitspracherechts von Studierenden, weit reichende und gründliche Verbesserung der Lehre.
"Es ist immer besser, wenn man miteinander spricht, als wenn man auf Konfrontation geht", versuchte Rektor Prof. Jürgen Schmidt im Gespräch mit den Studierenden die Situation zu entschärfen. Doch er machte auch klar, dass viele der Forderungen nicht erfüllbar seien. Eine vollständige Ablehnung des Hochschulfinanzierungsgerechtigkeitsgesetzes (HFGG) durch die Universität beispielsweise sei nicht möglich, da es verfassungsgemäß zu Stande gekommen und die Uni als Landeseinrichtung an Gesetze gebunden sei. "18 Millionen Bürger haben dem Landtag ein Mandat gegeben, da können wir uns nicht drüber hinwegsetzen", so Schmidt. Das Hochschulfreiheitsgesetz (s. auch muz-Artikel "Keine Angst vor Insolvenz")in seiner Gänze abzulehnen sei nicht sinnvoll, da es zu 75 Prozent mit dem derzeit geltenden Hochschulgesetz identisch sei. Das Maß der studentischen Mitbestimmung an Hochschulen wiederum sei weitestgehend festgelegt durch Bund, Land und Bundesverfassungsgericht.
![]() | |
26. Mai, 11 Uhr: Noch ist der Südflügel blockiert. Doch der Rektor fordert den „unverzüglichen“ Abzug. Am folgenden Montag geben die rund 60 Studierenden auf. |
"Das ist hier keine reine Fun-Aktion, wir wollen inhaltlich arbeiten", hieß es immer wieder aus den Kreisen der Besetzer. Das Bemühen zeigte sich auch nach dem Abzug der Studierenden, nachdem Schmidt seine Duldung der Besetzung zurückgezogen hatte. Mit der Gründung der "Offenen Universität Münster" am 29. Mai hat sich eine Gruppe von rund 30 bis 40 Studierenden aller münsterschen Hochschulen konsolidiert, die zunächst in den Räumen der Fachschaft Soziologie unterkamen.
![]() | |
29. Mai, 14 Uhr: Die Besetzer hinterlassen ein sauberes Schloss. |
Billardkugel im Aasee versenkt
So brachten sie mit einer Aktionswoche Mitte Juni das Thema Studiengebühren wieder in die Öffentlichkeit. Eine überdimensionale Billardkugel, versenkt im Aasee, sollte symbolisieren, dass das Bildungssystem aus dem Gleichgewicht geraten sei, auf dem Prinzipalmarkt wurde ein "Haus für die Bildung" eingerichtet. Und das, obwohl das Thema "Studiengebühren" an der Universität vom Tisch ist? "Das ist doch nur vorläufig. Im Wintersemester kommt das Thema mit Sicherheit wieder auf die Tagesordnung. Wir wollen uns jetzt inhaltlich fortbilden, um später die Diskussion fortführen zu können", so Fritsch.
Die wird an den anderen münsterschen Hochschulen bereits geführt. Die Katholische Fachhochschule hat schon Studiengebühren für Erstsemester zum kommenden Wintersemester eingeführt, an der Fachhochschule wurde gemeinsam von Senat und Studierenden überlegt, wie Studiengebühren aussehen könnten, nachdem auch hier eine Senatssitzung von den Studierenden gesprengt worden war. Ob und wann hier die Einführung von Studiengebühren beschlossen wird, ist noch unklar. Andere nordrhein-westfälische Hochschulen wie Köln, Aachen und Bonn haben bereits beschlossen, Gebühren einzuführen, aber noch nicht die dafür notwendigen Satzungen erlassen.
"Noch stehen wir im Vergleich mit anderen Hochschulen vergleichsweise gut da, aber das kann sich sehr schnell ändern", sorgt sich Sven Fritsch. Vor dem Abzug aus dem Schloss hissten die Besetzer denn auch ein Transparent mit der Aufschrift: "Fortsetzung folgt" ...
bn