Reichlich trainieren und an sich selbst glauben
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Eine wichtige Rolle spielt der Kopf. Nur wer an sich selbst glaubt, kann auch gewinnen. Foto: Peter Grewer |
"Als Spitzenleistung bezeichnen wir eine Leistung, die unter den besten fünf Prozent zu finden ist", definiert Strauß. Das beziehe sich in der psychologischen Forschung nicht nur auf Sportler, sondern beispielsweise auch auf Musiker, Mediziner und Piloten. Empirische Studien haben immer wieder dasselbe Bild gezeichnet: Nur bei einem steten Training können Spitzenleistungen erreicht werden – und zwar unabhängig vom Fachgebiet über eine Dauer von ungefähr zehn Jahren. "Dabei gibt es eine starke Abhängigkeit zwischen der Art der Übung und der Intensität", erläutert Hagemann. Wichtig ist vor allem, dass mit dem Ziel der Verbesserung trainiert wird. "Dabeisein ist eben nicht alles, man muss sich auch verbessern wollen", präzisiert Tietjens. Doch nicht das "zielorientierte Training" allein macht einen Spitzensportler aus. Denn man muss die harten Übungen auch zehn Jahre lang durchhalten, eine entsprechende Motivation besitzen. Auch der Glaube an sich selbst ist von entscheidender Bedeutung.
Training, Selbstwirksamkeit, Motivation – Aspekte, die bei allen Experten in ähnlicher Weise wirksam sind. Aber natürlich gibt es Faktoren, die von Sportart zu Sportart differieren. Bei Mannschaftssportarten beispielsweise ist die Wahrnehmung von Situationen und die taktische Spielübersicht mit entscheidend, ebenso wie die Fähigkeit, sich selbst zum Wohle der Gruppe zurückzustellen und der Mannschaft zu dienen. "Die besten Einzelspieler ergeben nicht unbedingt das beste Team", so Strauß.
Die Fähigkeit zur schnellen Wahrnehmung und Reaktion werden zur Zeit in der Arbeitseinheit Sportpsychologie in verschiedenen DFG-Projekten untersucht. Als Jens Lehmann Arsenal London in der 90. Minute ins Champions-League-Finale rettete, erklärte er im Nachhinein, dass er an der Körperhaltung erkannt habe, in welche Ecke der Elfmeter-Schütze zielen würde. Bei Test-Videos aus dem Fußball und dem Tennis, bei denen jeweils ein Körperteil abgedeckt wurde, mussten die Probanden bestimmen, in welche Richtung der Sportler zielen würde. Standbein und Hüftstellung geben Anhaltspunkte, nicht so sehr das Schussbein, weil das zu spät bewegt wird, um noch reagieren zu können. Das sind wertvolle Hinweise, beispielweise für das Training von Torwarten. Für jede Sportart kann so definiert werden, welche Bereiche für ein frühes Reagieren relevant sind. "Worauf er achtet, muss dem Experten nicht bewusst sein. Man kann es zwar trainieren, aber im Ernstfall müssen die Wahrnehmung und die Bewegung vollkommen automatisch ablaufen", so Hagemann.
Auch wenn die deutsche Mannschaft trainiert bis zum Umfallen, viel wird
darauf ankommen, wie sie auf den öffentlichen Druck reagiert. Denn
nicht immer ist es hilfreich, wenn die Fans zu sehr hinter ihrer
Mannschaft stehen. Empirische Untersuchungen belegen, dass eine zu
große Erwartung zum so genannten "choking under pressure", dem Versagen
unter Druck, führen kann. Dazu kommt, dass sie bisher den Ernstfall
nicht in Qualifikationsspielen erlebt haben. "Aber die Deutschen sind
ja eine Turniermannschaft", hofft Hagemann.
bn