Wir werden Weltmeister!
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Nationale Symbole spielen eine wichtige Rolle bei der
Fußballweltmeisterschaft. Schüler sollen durch Umfragen herausfinden,
wie sie das Nationalgefühl beeinflussen. Foto: Peter Grewer |
Kernstück der Reihe ist eine Umfrage, die die Schülerinnen und Schüler selbst konzipieren, durchführen, auswerten und präsentieren. Möglich macht dies GrafStat, bereits vor 20 Jahren von Uwe Diener entwickelt und im Laufe der Jahre kontinuierlich von ihm und Sander weiter gepflegt. "Wir wollen, dass die Schüler aktiv an dem Projekt teilnehmen", erläutert Sander. Module zu Landtags- oder Bundestagswahlen werden seit Jahren erfolgreich im Politik- oder Sozialkundeunterricht eingesetzt. "Viele Lehrer haben GrafStat während ihres Studiums bei uns kennengelernt und wissen, wie sie damit umgehen müssen. Inzwischen ist die Ausbildung mit GrafStat zu einem Markenzeichen geworden", erläutert Sander. Da lag es nahe, das aktuelle Thema "Weltmeisterschaft" aufzugreifen. Die Schüler sollen nicht nur passiv Wissen konsumieren, sondern selbst Daten und Fakten zusammentragen. "Die aktive Teilnahme unterstützt entdeckendes Lernen der Schüler", erklärt Sander.
Für die Lehrer bedeutet das einen erhöhten Aufwand, denn die Befragungen sind nicht im üblichen 45-Minuten-Rhythmus abzuhandeln. "Durch die Neuen Medien werden die Lehrer nicht überflüssig, aber sie bekommen eine andere Aufgabe und müssen sich mehr als Manager eines Projektes verstehen", skizziert Sander. Dafür haben die Wissenschaftler, unter anderem Andrea Meschede, dazu passende didaktische Planungsvorschläge und Arbeitsmaterialien zusammengetragen. Sieben einzelne Module, die kombinierbar sind, beleuchten alle Aspekte des Themengebietes. Wie entsteht ein "Wir"-Gefühl anlässlich der Fußball-WM? Welches Bild hat das Ausland von den Deutschen? Was denken die Deutschen über sich und ihre Nation? Welche Berührungspunkte gibt es zwischen Nationalgefühl und Staatsangehörigkeit? Und was hat Fußball damit zu tun? Antworten darauf sind zudem in zahlreichen kommentierten Links zu finden. Zeitungsartikel, Statistiken und Kommentare finden sich zu den Themenkomplexen "Die Welt zu Gast bei Freunden", "Nationale Symbole", "Medien und Kommerz", "Fußball und Nationalbewusstsein" und "Die Meinung der Jugend".
Zwar haben die Wissenschaftler einen Muster-Fragebogen konzipiert, doch können sich die Schüler selbst überlegen, inwieweit sie ihn modifizieren wollen. "Die Klassen sollen planvoll auswerten", erklärt Sander. "Mit GrafStat ist es möglich, eine Vielzahl von Auswertungen zu bekommen, doch die Schüler sollen sich vorher überlegen, was sie wissen wollen." Durch Formulierung von Hypothesen bekämen sie am ehesten eine Vorstellung davon, wie Umfragen funktionieren.
Auch zur Präsentation der Ergebnisse haben die Münsteraner ein Modul entwickelt. Die Schüler lernen, wie man sie mit Ausstellungen oder einer Wandzeitung in der Schule bekannt macht. Zusätzlich bietet das Zusatzprogramm GrafShow die Möglichkeit, aussagekräftige Tabellen und Grafiken zu einer optisch ansprechenden Grafikshow auf dem Computer zusammen zu stellen. Für den Auftritt im Internet können die Ergebnisse der Befragung mitsamt der Grafiken ohne eigene HTML-Kenntnisse mithilfe von GrafStat zu einer Dokumentation zusammengefügt werden. Und schließlich besteht auch die Möglichkeit, mit den lokalen Medien zu kooperieren, wie es in Münster beispielsweise bei den Bundestagswahlen regelmäßig der Fall ist.
Denn es sind keine reinen Sandkastenspiele, die die Schüler da betreiben. Folgen sie den Hinweisen der Erziehungswissenschaftler, sind die Daten seriös und auch für die Forschung tauglich. "Bei der letzten Bundestagswahl hat es gut geklappt, die Ergebnisse einzelner Schulen zusammenzuführen und die Wahlprognose zu erstellen. Da lokale Politikforschung noch ein Defizit ist, könnten die Daten eine große Hilfe sein", meint Sander. Zur Fußball-Weltmeisterschaft werden diesmal keine repräsentativen Befragungen in der Bevölkerung durchgeführt, zumal sinnvolle Alternativen realisierbar sind: "Die Schüler sollen ihre Mitschüler befragen und eventuell noch eine Straßenumfrage unter Jugendlichen machen", erläutert Andrea Meschede.
Wie viele Schulen das bundesweit bestehende Unterrichtsangebot
tatsächlich nutzen, werden die beiden wohl nie erfahren. Denn die
GrafStat-Seiten sind selbst lernend aufgebaut, das heißt, Feedback
kommt meist nur, wenn es Probleme gibt und die Lehrer die münstersche
Hotline anrufen. Und je weniger das in Anspruch nehmen, desto besser
war wohl die Arbeit von Sander und Meschede ...
bn