Begegnung mit einem fremden Medium
![]() | |
Sachlich kühl behandelte Christina Dohle die "Sachliche Romanze" von Erich Kästner für das Projekt "Literatur und Fotografie" der Germanistik-Studierenden. |
Organisiert wurde sowohl das Foto-Projekt als auch die Ausstellung in Eigenregie von den Studierenden. Zu sehen sein werden Bilder zum "Panther" von Rilke, zu Kästners "Sachlicher Romanze", zu Thomas Mann, Kafka und Brecht. "Die Themen konnte jeder frei wählen, aber wir haben vorgegeben, dass es Texte aus dem Lektürekanon deutschsprachiger Literatur sein sollen, damit sie auch wiedererkannt werden", so Geppert. Herausgekommen sind Farb- und Schwarz-Weiß-Bilder, die mal assoziativ-verfremdend, mal illustrativ-anschaulich Prosa-Szenen oder Lyrik aufgreifen. Kombiniert werden sie in der Ausstellung mit jenen Textausgaben, die in der Bibliothek der "neueren Abteilung" vorhanden sind. "Wir konfrontieren das alte Medium Buch mit dem neuen Medium Fotografie. Das wird sicher spannend", meint Geppert. Für einen Ausstellungskatalog sucht die Gruppe im Augenblick noch nach Sponsoren.
Fotografie ist ein relativ neues Medium, das auch Gefahren in sich berge, so Geppert. Denn anders als in fiktionalen Texten halte man Fotografien oft für authentisch. "Wenn etwas im Bild festgehalten ist, dann ist es auch wirklich passiert. Dabei lässt sich durch Bildbearbeitung jede beliebige Realität erschaffen", meint Geppert. Deshalb hat sie sich für ihre eigene Arbeit Marcel Beyers "Spione" ausgesucht: Dem Leser wird ein Foto als Beweis präsentiert, dass eine Szene tatsächlich stattgefunden hat, doch am Ende stellt sich heraus, dass er vom Autor in die Irre geführt wurde.
Die enge Verbindung zwischen Text und Bild ist für Dozent Dr. Jürgen
Gunia auf der fachwissenschaftlichen Ebene bezeichnend: "Literatur und
Fotografie bilden ein intermediales Arrangement, in welchem man
wunderbar beobachten kann, ob und wie sich Zeichensysteme – hier
Schrift und Bild – ineinander übersetzen lassen und/oder sich
gegenseitig kommentieren." Von der Initiative der Studierenden ist er
begeistert: "Sie müssen ihre eigenen Assoziationen und Imaginationen zu
einem literarischen Text ernst nehmen. Das wird häufig im Unterricht an
der Uni übersehen, bildet aber die zentrale Grundlage für den weiteren
analytischen Zugang zur Literatur." Bei seinen Studierenden hat er mit
diesem Angebot offene Türen eingerannt. Das beweist nicht nur die
Ausstellung an sich, sondern auch das Engagement, mit dem sie sich
neben ihrem Studium dafür engagiert haben. Zu sehen sein soll sie bis
zum Ende des Sommersemesters.
bn