"Domino-Day" und Besuch auf dem Weihnachtsmarkt
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Attraktion für die Westfalen war am 18. November auch der Dortmunder Weihnachtsmarkt. Foto: Stadt Dortmund/Jan Heinze |
Schülerinnen, Studierende und Senioren, Gefängnisinsassen und hohe Regierungsbeamte, Menschen aus allen Gegenden, Alters- und Sozialgruppen haben auf den Aufruf der Volkskundler, die mit ihrem Projekt ein möglichst detailliertes Abbild des westfälischen Alltags schaffen wollen, geantwortet. "Wir können nicht sagen, wie lange es dauern wird, bis wir das alles archiviert haben. Bei einem ähnlichen Projekt in den Niederlanden im Jahr 1998 hat der Archivierungsprozess sechs Jahre gedauert", berichtet Mohrmann. 21 Prozent der Zuschriften sind als E-Mail eingegangen, der Rest muss noch eingescannt oder eingetippt werden. Das ist gar nicht so einfach, denn 60 Prozent der Briefe sind handschriftlich verfasst, manche sogar in Sütterlinschrift. Volmer ist jedoch zuversichtlich: "Die Berichte, die ich bisher gelesen habe, sind sehr sorgfältig abgefasst." Archiviert werden sie nach Alter, Geschlecht, Wohn- und Geburtsort und Beruf – selbstverständlich anonymisiert.
Volmer liest die Briefe schon jetzt fleißig und mit großem Interesse: "Es ist spannend, den fremden Alltag mit dem eigenen zu vergleichen. Kurios ist zum Beispiel, wie viele der Einsender die Show "Domino-Day" bei RTL gesehen haben." Die Volkskundliche Kommission und das Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie wollen noch bis zum 18. November dieses Jahres ein Buch mit 60 bis 100 repräsentativen Beiträgen aus ihrer großen Sammlung fertig stellen. Schon jetzt haben sie einige der Einsendungen ins Internet gestellt.
Dort ist zum Beispiel vom 18. November einer 23-jährigen Studentin aus Bochum zu lesen. Sie berichtet von einer interessanten Mittelalter-Vorlesung, von ihrem Job im Westfälischen Industriemuseum und von leckerem heißen Tee. Ihr Tagesresümee: "Irgendwie habe ich den ganzen Tag nichts anderes gemacht, als mir andauernd selbst in den Hintern zu treten. Aber ich glaube, dass das schließlich doch zu einigem Erfolg geführt hat. Zumindest habe ich nicht schon wieder den halben Tag vor dem Fernseher verbracht."
Dem Fernsehen entgangen sind auch zwei Westfalen, die am 18. November eine Reise nach Sachsen-Anhalt unternahmen. Ein 28-jähriger Referendar aus Tecklenburg und sein Bruder besuchten Magdeburg, Dessau und Wittenberg. Sie begannen ihren Tag um 4.37 Uhr und beendeten ihn kurz nach Mitternacht. Nicht so, aber doch sehr früh scheint der Freitag für viele der Einsender zu beginnen. Im Bericht einer 30-jährigen Sekretärin aus der Nähe von Iserlohn klingelt der Wecker auch schon um fünf. Sie erzählt, wie sie sich noch einmal kurz umdreht, um dann mit dem Auto anstatt mit dem Zug etwa eine Stunde zur Arbeit zu fahren. Den Tag verbringt sie bei der Arbeit in einem mittelständischen Unternehmen, bei einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Dortmund und bei einem Video-Abend.
Die Beiträge auf der Internetseite des Projekts und das Buch werden
zunächst das Einzige sein, was die große Öffentlichkeit von den
Zuschriften zu sehen bekommt. Die Datenbank wird nur Wissenschaftlern
mit konkretem Forschungsziel zur Verfügung stehen. So soll der
Missbrauch der Daten vermieden werden. Es macht aber auch das Warten
auf die ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen
spannend.
ab
Erste Berichte sind im Internet unter www.mein18november.de zu finden.