Wer unglücklich ist, macht auch keinen guten Job

Lehramtsstudierende sollen frühzeitig erkennen, ob sie als Lehrer geeignet sind



Stressig und belastend ist der Beruf für viele Lehrer. Studierende sollen jetzt frühzeitig erkennen können, ob sie tatsächlich als Lehrer geeignet sind. 

  Foto: Peter Grewer


Etwa 50 Prozent aller Lehrer, die in den vorzeitigen Ruhestand gehen, tun dies, weil sie psychische Probleme haben. Bei rund 35 Prozent wurde das Burn-Out-Syndrom diagnostiziert, bereits 15 Prozent aller Lehramtsstudierenden sollen sich, so eine Studie aus Düsseldorf, in der Frühphase des Burn-Out-Syndroms befinden. Erschreckende Zahlen, die darauf beruhen, so Prof. Wolfgang Böttcher, dass viele Lehrer schlicht den falschen Beruf ergriffen haben. "Dass die Studierenden gut durchs Studium kommen, bedeutet noch lange nicht, dass sie später auch gute Lehrer sein werden", meint der Erziehungswissenschaftler. Er erarbeitet deshalb derzeit zusammen mit dem Organisationspsychologen Dr. Uwe Kanning einen internetbasierten Test, mit dem die Studierenden bereits in den ersten Semestern erfahren können, ob sie für den Lehrerberuf geeignet sind.

Denn die sozialen Kompetenzen werden im Studium nicht vermittelt, die müssen die Studierenden selbst mitbringen. Frustrationstoleranz und Extroversion zählt Böttcher zu den wichtigsten. "Wer nicht in einer Gruppe mit 30 Menschen aufrecht stehen kann, wird als Lehrer nicht glücklich werden. Und wer unglücklich ist, macht auch keinen guten Job", so der Pädagoge. Viele Kompetenzen könne man sich aneignen und trainieren, aber eben nicht alle.

Welche nun tatsächlich ausschlaggebend für den Beruf des Lehrers sind, wollen Böttcher und Kanning zunächst einmal in Workshops mit Experten aus der schulischen Praxis und der Wissenschaft herausarbeiten. Darauf aufbauend wird ein Fragebogen entwickelt, der 100 bis 150 Fragen umfasst. "Natürlich können wir mit diesem freiwilligen Instrument nur die Selbsteinschätzung erfassen. Deshalb werden wir auch entsprechend vorsichtig mit Empfehlungen sein", so Kanning. "Wir wollen die Studierenden zur Selbstreflektion darüber ermutigen, über welche Fähigkeiten sie verfügen, damit sie eventuell entsprechende Beratungsangebote in Anspruch nehmen." Auch wer ängstlich sei, könne an sich arbeiten und später noch ein guter Lehrer werden. Auf der anderen Seite aber sollten die Extremtypen erkennen, dass sie nicht als Lehrer geeignet sind. "Wir wollen die Lebensplanung nicht zerstören, sondern sie im Gegenteil unterstützen. Wer nur deshalb Chemie-Lehrer werden will, weil er sich für die Inhalte interessiert, sollte überlegen, ob er nicht in die chemische Industrie geht und dort glücklicher wird", so Kanning.

Auch für andere Studiengänge könnte solch ein Self Assessment sinnvoll sein, glaubt er. Beispielsweise seien die Anforderungen an die sozialen Kompetenzen von Medizinern mindestens ebenso hoch wie die an Lehrer. Zweckmäßig sei ein solcher Test allerdings nur, wenn das spätere Berufsbild der Studierenden einigermaßen homogen sei.

In einem Jahr soll der Fragebogen fertig und wissenschaftlich fundiert getestet sein. Er richtet sich vor allem an die jährlich rund 1.500 Studienanfänger im Lehramtsbereich, die möglichst frühzeitig erkennen sollen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen, um nicht erst im Referendariat einen Praxisschock zu erleben.

   bn