In silico Identifikation und in vitro Evaluation von Naturstoffen als Inhibitoren der bakteriellen Zellwandsynthese
Antragsteller: Sebastian Schreiber
Fachbereich, Studienrichtung: Pharmazie
Projekttitel: In silico Identifikation und in vitro Evaluation von Naturstoffen als Inhibitoren der bakteriellen Zellwandsynthese
Fördersumme: 3.631,00 Euro
Kontakt: Sebastian Schreiber
Projektbeschreibung
Ziel der Arbeit war die Identifikation und Testung von neuen potentiellen Inhibitoren der bakteriellen Zellwandsynthese. Diese könnten z. B. als Ausgangspunkt für die Entwicklung dringend benötigter neuer Antibiotika dienen.
Zunächst wurden mittels eines strukturbasierten in silico Screenings vielversprechende Verbindungen aus zwei Naturstoffdatenbaken für die Testung im Labor ausgewählt. Dazu wurden die Datenbanken in das aktive Zentrum des Enzyms MurD gedockt und die am besten passenden Verbindungen ausgewählt. MurD synthetisiert Vorstufen der bakteriellen Zellwand und ist essentiell für das Überleben der Bakterien. Von den so identifizierten 20 Naturstoffen wurden anschließend zehn in zwei Schritten auf ihre Wirksamkeit untersucht. Ein einfacher Viabilitätstest sollte dabei erst Informationen über die Wirkung der ausgewählten Substanzen auf ganze Bakterien liefern. Die mikroskopische Untersuchung der Bakterien mittels Rasterkraftmikroskopie und der Vergleich der ultrastrukturellen Merkmale, mit einer zu diesem Zweck angelegten Datenbank, sollten im Anschluss einen Hinweis auf den Wirkungsmechanismus der eingesetzten Verbindungen geben.
In dem verwendeten in vitro Testverfahren, das die metabolische Aktivität der Bakterien mittels 3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyltetrazoliumbromid (MTT) nachweist, reduzierte nur eine der untersuchten Substanzen die Zellviabilität signifikant (siehe Abb. 1: "Einfluss verschiedener Substanzen auf die Zellviabilität von Escherichia coli MG1655" im PDF-Dokument unten). Die Zellen wurden kultiviert und anschließend über Nacht mit 100 µM der Testsubstanz behandelt. Am nächsten Tag wurde die Viabilität der Zellen bestimmt. Lediglich Verbindung NP-013378 zeigte bei einer Konzentration von 100 µM einen signifikanten Einfluss auf die Zellviabilität. H2O2 diente als Negativkontrolle. Gezeigt sind Mittelwert und Standartabweichung aus drei Experimenten. Als Signifikanztest wurde ein ungepaarter t-Test, bezogen auf die unbehandelte Kontrolle, durchgeführt. (P<0,001:***)
Im nächsten Schritt wurden die morphologischen Veränderungen der Zellen durch die Behandlung mit NP-013378, mit den durch andere bekannte Antibiotika induzierten Veränderungen verglichen. Dazu wurde zunächst eine Bilddatenbank angelegt, in der die Wirkung der Antibiotika Ampicillin, Carbenicillin, Kanamycin, Gentamycin, Tetracyclin, Chloramphenicol, Metroniadazol und Ofloxacin festgehalten wurden. Abb.2 zeigt exemplarisch die beobachteten Veränderungen. Anhand der aufgenommenen Bilder wird deutlich, dass Antibiotika mit dem gleichen Wirkungsmechanismus, wie erwartet, zu ähnlichen morphologischen Veränderungen führen. So sind z. B. Zellen, die mit den zellwandaktiven Substanzen Ampicillin oder Carbenicillin behandelt wurden, deutlich länger als die unbehandelte Kontrolle (Abb. 2 B und C). Wohingegen die mit der Proteinsynthese interferierenden Substanzen Kanamycin und Gentamycin zu deutlich erkennbaren „Verdickungen“ an den Zellpolen führen (siehe Abb. 2: "Exemplarische Darstellung morphologischer Defekte nach Zugabe verschiedener Antibiotika anhand rasterkraftmikroskopischer Untersuchungen" D und E im PDF-Dokument unten). Die Bakterienzellen wurden kultiviert und über Nacht mit den entsprechenden Antibiotika inkubiert. Am nächsten Tag wurden die Zellen auf einen Objektträger überführt und mikroskopiert. A. Morphologie von Escherichia Coli MG1655 ohne Zugabe von Antibiotika. B. Zellen nach Inkubation mit 5 µg/mL Ampicillin. Die Zellen zeigen deutlich erkennbar eine elongierte Morphologie. C. Zellen nach Inkubation mit 5 µg/mL Carbenecillin. D. Die Inkubation mit 5 µg/mL Kanamycin führt bei den Bakterien zu Verdickungen an den Zellpolen. E. Zellen nach Inkubation mit 5 µg/mL Gentamycin. F. Zellen nach Inkubation mit 50 µg/mL Metronidazol. G. Zellen nach Inkubation mit 6 µg/mL Tetracyclin H. Zellen nach Inkubation mit 7,5 µg/mL Chloramphenicol. Alle Bilder sind repräsentative Beispiele ausgewählt aus min. 9 Aufnahmen aus min. 3 Experimenten.
Der Vergleich der Morphologie der Zellen nach der Inkubation mit NP-013378, mit den oben beschriebenen Vergleichsbildern zeigte keine eindeutige Übereinstimmung (Abb. 3: "Exemplarische Darstellung morphologischer Defekte nach Inkubation mit NP-013378 anhand rasterkraftmikroskopischer Untersuchungen" siehe PDF-Dokument unten). Insbesondere waren die charakteristischen elongierten Zellformen nicht erkennbar, die bei den zellwandaktiven Substanzen Carbenicillin und Ampicllin zu erkennen waren. Dies legt die Vermutung nahe, dass NP-013378 nicht wie beabsichtigt, in den Zellwandmetabolismus der Bakterien eingreift. So könnte NP-013378 z. B. auch eine unspezifische Toxizität gegenüber verschieden Proteinen oder Membranen haben. Es wäre auch möglich, dass NP-013378 wie beabsichtigt das Enzym MurD inhibiert, dies aber anders als bei den beiden getesteten Penicillinen zu einer anderen Zellmorphologie führt. Eine genauere Untersuchung dieser Vermutungen war im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr möglich.
Die Bakterienzellen wurden kultiviert und über Nacht mit den entsprechenden Antibiotika inkubiert. Am nächsten Tag wurden die Zellen auf einen Objektträger überführt und mikroskopiert. Abbildung 3 A und B. Morphologie von Escherichia Coli MG1655 nach Inkubation mit 100 µM NP-013378. Die Zellen zeigen im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrolle (Abb2a.) klar erkennbare morphologische Veränderungen.
Die Ergebnisse wurden auf dem PharMSchool Symposium 2019 einem breiten Fachpublikum präsentiert. Dabei stieß vor allem die Qualität der erstellten Bilder auf eine positive Resonanz. Mehrfach angemerkt wurde, dass die direkte Verknüpfung des Wirkungsmechanismus von Substanzen mit der Zellmorphologie weiterer Validierung bedarf.
Zusammenfassend wurde die Eignung von Rasterkraftmikroskopie zur Charakterisierung von antibiotikainduzierten Veränderungen der Zellmorphologie gezeigt. Es wurden klare Unterschiede in der ultrastrukturellen Beschaffenheit von Bakterien nach der Inkubation mit Antibiotika gezeigt. Dies könnte bei der Charakterisierung zukünftiger Inhibitoren wertvolle Hinweise auf deren Wirkungsmechanismus liefern. Die im Rahmen dieser Arbeit in silico identifizierten Verbindungen zeigten, mit Ausnahme einer Substanz, keine Wirkung auf die Bakterien. Auch bei der aktiven Substanz NP-013378 ist fraglich, ob sie wie beabsichtigt in den Zellwandmetabolismus eingreift.