Der Nachlass des Brahms-Freundes Julius Otto Grimm im Stadtarchiv Münster
Antragstellerin: Anna Maria Plischka
Fachbereich, Studienrichtung: FB 08, Institut für Musikwissenschaft
Projekttitel: Der Nachlass des Brahms-Freundes Julius Otto Grimm im Stadtarchiv Münster
Fördersumme: 4.981,08 Euro
Kontakt: annamaria.plischka@uni-muenster.de
Projektbeschreibung:
Julius Otto Grimm (1827–1903) wirkte von 1860 bis 1900 als Dirigent, Komponist und Musiker in Münster und verhalf der Westfalenstadt musikalisch zu überregionaler Bedeutung. Als langjähriger Musikdirektor und Dirigent des Musikvereins, Präsident des Akademischen Gesangvereins sowie Leiter der Münsterschen Liedertafel trug er auf verschiedenen Ebenen zur Professionalisierung des Konzertbetriebs in Münster bei. Durch Einstellung professioneller Konzertmeister (Gustav Adolph Bagheer, Heindrich Deeke und Richard Barth) gelang es ihm, das Niveau des Orchesters sukzessive anzuheben. Auch fungierte er als Lektor für Musiktheorie und Gesang und begründete damit gewissermaßen die Musikausbildung im akademischen Kontext Münsters. Zudem zog er immer wieder die zeitgenössische musikalische Elite an. So konzertierten, meist durch persönliche Beziehungen Grimms angeregt, neben Johannes Brahms wiederholt auch folgende KünstlerInnen in Münster: Clara Schumann, Joseph Joachim, Amalie Weis-Joachim, Antonie Kufferath-Speyer, Hans von Bülow und Franz Wüllner.
Den Nachlass des Komponisten und Musikers Grimm, der seit rund 100 Jahren weitestgehend unbearbeitet im Stadtarchiv Münster lag, wissenschaftlich aufzuarbeiten, zu systematisieren und anschließend sowohl Fach- als auch Lokalpublikum zugänglich zu machen, war ein Hauptanliegen des studentischen Forschungsprojekts. Dieser Nachlass beinhaltet neben Briefzeugnissen mit vielen Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musikwelt auch Notenmaterial, Skizzen, Fotos, Poesiealben, Konzertprogramme, Rechnungsbücher, Chroniken und Ehrungen. Das studentische Projekt nahm sich zur Aufgabe, diese Quellen genauer auszuleuchten und die Person Grimms im MusikerInnen-„Netzwerk“ des 19. Jahrhunderts um Johannes Brahms auszuleuchten.
Für diese Untersuchungen leistete das Projekt Vorarbeiten, die dann in einem Workshop, der am 12. und 13 Mai 2022 am Institut für Musikwissenschaft der WWU stattfand, präsentiert und diskutiert wurden. Dieser Workshop bot darüber hinaus einigen Studierenden die Möglichkeit, sich an diesem aktuellen und fachlich dynamischen Diskurs zu beteiligen. Die RednerInnen wurden durch einen Call for Paper ausgewählt. Drei wissenschaftliche Mentoren – Dr. Thomas Synofzik (Zwickau), Dr. Daniel Tiemeyer (Heidelberg) und PD Dr. Peter Schmitz (Münster) – vertieften die fachliche Diskussion und setzten durch Vorträge zusätzliche Akzente.
Da Grimms Kompositionen nur in Einzelfällen in Einspielungen vorliegen, war ein weiteres Bestreben des Projekts, Musik Grimms (erstmals) zu hören. Ein Konzert mit Klavierwerken und Liedern konnte ebenfalls im Rahmen des Workshops realisiert werden. Dabei sollten explizit auch bisher unveröffentlichte Lieder aus der frühsten bekannten Schaffensphase Grimms aufgeführt werden. Die Edition dieser nur handschriftlich überlieferten Werke entstand im Zuge des Projekts und wird zukünftig auch in der Reihe „Edition Papier.Klänge“ der ULB Münster, hrsg. von Burkard Rosenberger, erscheinen.
Verschiedene Projektteile richteten sich explizit an unterschiedliche Zielgruppen. So war etwa der Workshop für (angehende) MusikwissenschaftlerInnen ausgerichtet und wurde sowohl institutsintern als auch überregional wahrgenommen. Dass anschließend in der Musikzeitschrift DIE TONKUNST die Studierende Katharina Rücker über den Workshop berichtete, verhalf dem Projekt in Fachkreisen zu einer erhöhten Wahrnehmung. Auch ein Vortrag zu einem Teilprojekt in einem studentischen Workshop am Institut für Historische Musikwissenschaft der Universität Hamburg half, die Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und Verknüpfungen zu weiteren Forschungsthemen zu ziehen. Die Konzerte und ein gemeinsamer Abendvortrag mit Herrn Schmitz im Stadtarchiv hingegen haben explizit MünsteranerInnen und vor allem Interessierte der Musik und Stadtgeschichte angesprochen.
Die gesetzten Ziele des Projekts wurden somit allesamt erreicht, obwohl sie teilweise in anderer Reihenfolge umgesetzt wurden: So erfolgte etwa die Aufführung der bisher unveröffentlichten Lieder vor deren Publikation. Dank realistischer Planung und sparsamer Verwaltung der Gelder musste nicht das gesamte Budget ausgeschöpft werden.
Am Institut für Musikwissenschaft der WWU habe ich durchgängig großen Zuspruch und alle Unterstützung für jegliche Projektumsetzungen erfahren. Durch die Kooperation mit einem weiteren Grimm-Projekt von Herrn Schmitz, konnten über die geplanten Zielte hinaus noch weitere erreicht werden. Durch gemeinsame Projekte bricht auch die Weiterarbeit zum Leben und Wirken Grimms mit dem Abschluss dieses studentischen Projekts nicht ab. Eine Online-Ausstellung mit dem Titel „‚Wann und wo wird es mir beschieden sein, Dich wiederzusehen?‘ Der Brahms-Freund Julius Otto Grimm“ wird noch diesen Monat (Oktober 2022) online gehen und eine Sammelpublikation u.a. mit Beiträgen vom Workshop wird im kommenden Jahr veröffentlicht.
Durch das Projekt bin ich persönlich und auch als junge Wissenschaftlerin gereift. Ich habe zu Beginn nicht nur Einblicke in die (für mich bis dato noch unbekannte) Form des Antragsschreibens bekommen, sondern auch gelernt, meine eigenen Gedanken in eine schlüssige Projektidee zu verwandeln. Durch die Arbeit selbst habe ich allgemein mein Wissen zu Archiven und Quellentypen sehr praktisch weiter ausbauen können und auch meine Affinität für diese, gelegentlich der Lösung eines Puzzles sehr nahekommenden, Arbeiten kennengelernt.
Zur Online-Ausstellung zu "Julius Otto Grimm". Entstanden aus den Projekten von Peter Schmitz und Anna Maria Plischka (Forschungsprojekte Studierender). Gefördert durch die Universitätsförderung.