Auf der Suche nach fossilen Wäldern: Doktorand Jan Unverfärth berichtet aus der Antarktis

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Die Antarktis hat außer Eis nicht viel zu bieten? Falsch. Für Geologen wie Jan Unverfärth von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) bieten die aus dem Eis ragenden Gebirgsgipfel dieses unwirtlichen Kontinents einzigartige Möglichkeiten, um fossile Zeugnisse längst vergangener Wälder aufzuspüren. Auf Einladung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) ist der Doktorand der Forschungsstelle für Paläobotanik am Institut für Geologie und Paläontologie der WWU derzeit für drei Monate in der Antarktis unterwegs und berichtet von dort von seinen Eindrücken. Er gehört einem Forscherteam an, das im Rahmen der „GANOVEX XIII“-Expedition (13. German Antarctic North Victoria Land Expedition) Untersuchungen zur geologischen Entstehungsgeschichte der Antarktis durchführt. Bei dieser von der BGR finanzierten und organisierten Expedition kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Italien, Schweden, Australien und China zusammen, um gemeinsam die in weiten Teilen noch unerforschte Geologie des siebten Kontinents zu untersuchen.

Fotos

Thomas und ich an Deck der Araon. Bewaffnet mit Fernglas, auf der Suche nach der örtlichen Vogelfauna.
Thomas und ich an Deck der Araon. Bewaffnet mit Fernglas, auf der Suche nach der örtlichen Vogelfauna.
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Der erste Sonnenuntergang für mich nach über zweieinhalb Monaten mit durchgängigem Tageslicht.
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  • Der Morgen des 2. Februars; endlich wieder (Neusee-) Land in Sicht.
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  • Ein letztes Abschiedsfoto unserer GANOVEX XIII Heimreisecrew auf der Araon. (v.l. Jeremy (AUS), ich (DEU), Thomas (SWE), Yingchun und Chenguang (CHN))
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  • Die RV Araon am Pier im Hafen von Lyttelton, Christchurch.
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20. Februar 2019

Ein herzliches Hallo aus Münster.
Auf Leserwunsch schreibe ich heute noch einen letzten Eintrag in dieser Beitragsreihe. Hier möchte ich von den letzten Tagen auf See und der Ankunft in Neuseeland berichten. Zudem möchte ich ein kleines Expeditionsfazit der zurückliegenden drei Monate geben.
In meinem nun schon fast einen Monat zurückliegenden Beitrag schrieb ich davon, dass wir binnen 10 Tagen zurück in Christchurch sein würden. Daraus wurde dann doch nichts! Denn wie so oft, in den entlegenen Regionen dieser Erde, diktiert auch hier auf See das Wetter Was, Wann und Wie gearbeitet wird. Es zog ein riesiges Sturmtief durch die Südsee! Und so entschloss sich der Kapitän der Araon dazu, frühzeitig die Segel zu streichen und mit Vollgas zurück in Richtung Neuseeland zu schippern. Diese Tage waren für uns eine spannende Zeit, denn immer weniger spürte man den antarktischen Einfluss. So kletterte die Temperatur auf dem Thermometer immer höher, es waren immer neue Vögel, wie Seeschwalben, um das Schiff zu sehen und dann wurde es endlich zum ersten Mal wieder dunkel—nach über zwei Monaten in permanenter Helligkeit sahen wir zum ersten Mal den nächtlichen Sternenhimmel wieder. Und was für einen! Da wir uns auf der Südhalbkugel befanden, konnten wir gänzlich andere Sternenbilder erkennen. Und weil es auf dem Meer keine anderen Lichtquellen gibt, war auch die Milchstraße in ihrer vollen Pracht zu sehen.

So gelangten wir schließlich immer näher ans zivilisierte Festland zurück, und am Morgen des zweiten Februars erblickten wir das neuseeländische Festland. Am Nachmittag desselben Tages ging es dann mit etwas wackeligen Beinen (Landkrankheit) zurück in die Zivilisation und die erste Bar im Hafen von Lyttelton. Und so endete nach einigen herzlichen Umarmungen unsere gemeinsame Reise. Meine GANOVEX Reisekollegen flogen zurück in ihre Heimat und ich schloss mich mit den amerikanischen Kollegen von der Araon zusammen um mein nächstes Abenteuer, eine Neuseelandrundreise, zu starten. Eine andere Geschichte für ein anderes Mal.

Seit letzter Woche Freitag bin ich nun zurück in Münster und der Alltag und das Büro holen mich langsam wieder ein. Es ist also Zeit ein Fazit zur zurückliegende Expedition zu geben. Für die Paläobotanik war die GANOVEX XIII Expedition extrem erfolgreich. Wir haben von über 80 Fundstellen über 450 Kilogramm Probenmaterial gesammelt. Wir haben etliche neue Pflanzenfossilfundstellen entdeckt und konnten viele Stunden an den entlegensten Orten dieser Erde arbeiten. Wir waren auf über 3500 Metern Höhe, bei bis zu -30°C und für bis zu 10 Stunden täglich im Gelände. Ich habe meinen Horizont um so viele neue Erfahrungen und Erlebnisse erweitern können. Ich habe geflucht, gelacht, gefroren und geschwitzt. Aber die Antarktis hat uns so viele neue Erkenntnisse und Proben geliefert. Ich habe neue Freunde und Kollegen gefunden. Diese meine erste Antarktisexpedition wird mir für immer im Gedächtnis bleiben. Polarforschung mag extrem sein, aber für mich war sie vor allem eines: extrem schön! Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch einmal die Chance bekomme, zurück zu kommen.

Vielen Dank an die BGR für die Einladung zu dieser Expedition, vielen Dank an die Deutsche Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Unterstützung, lieben Dank an meinen Betreuer Benni für die massive Hilfe bei der Planung und Durchführung dieser Reise und Danke an die Pressestelle der Universität Münster für die Betreuung dieser Beitragsserie. Zu guter Letzt, vielen Dank an all die fleißigen Leserinnen und Leser für Ihr Interesse; bleiben sie neugierig!
Ihr Jan Unverfärth

Fotos

An Bord der RV Araon vor der koreanischen Station Jang Bogo
An Bord der RV Araon vor der koreanischen Station Jang Bogo
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  • Helikopter transportieren Spritfässer von Bord der RV Araon zur nächsten Campsite am Cape Hallett.
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  • Adeliepinguine auf einer Eisscholle
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  • Eine Schule von Zwergwalen
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  • Ein Abschiedsgruss der verbleibenden "Gondwana-Crew".
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  • Einholen eines Sedimentbohrkerns an Bord der RV Araon
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  • Fahrt durchs Eis
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  • Die 'Happy D', mit der der Rest des Gondwana-Teams zurückreisen wird.
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24. Januar 2019

Annyeonghaseyo (koreanisch für Hallo) und schwimmende Grüße aus dem Rossmeer! Seit 10 Tagen bin ich nun schon auf See. Denn nach der letzten Abschiedssauna, dem letzten Geländetag in der Mesa Range und dem letzten gemeinsamen Abend auf der Gondwana Station ging es für drei von uns als gewöhnliche Passagiere auf die wissenschaftlich-ozeanographische Ausfahrt auf der RV Araon.

Doch bevor ich zu meiner Seereise komme, noch einmal zurück zur Gondwana Station. Zwei Tage vor Abreise gab es noch ein besonderes Erlebnis. Unser australischer Kollege bestand auf eine sehr australische Antarktistradition; den „polar plunge“. Da sich gerade zu der Zeit etliche Eislöcher am Strand auftaten, ging er unter Aufsicht der Bergführer und johlendem Beifall aller Zuschauer im Meer Baden. Wobei man wohl eher sagen müsste: er sprang so schnell aus dem Wasser heraus, wie er hineinkam. Unser Helikopteringenieur ließ sich den Spaß nicht nehmen und ging splitterfasernackt hinterher. Somit war der letzte Saunaabend eröffnet, den sich vor allem die beiden redlich verdient hatten. Vom 14. auf den 15. Januar gab es dann einen doppelten Grund zum Feiern. Zum einen, weil sowohl wir Araon-Reisenden als auch unsere chinesischen Kollegen die Expeditionstruppe verließen, zum anderen, weil der chinesische Kollege Yinhchun seinen Geburtstag feierte. Dazu gab es am Abend handgefertigte dumplings, später auch Kuchen, sowie den obligatorischen Expeditionsrückblick mit rührseligen Ansprachen und Fotos und Videos, die während der Expedition entstanden waren.

Am Morgen des 15. Januar hieß es dann für uns Abschied nehmen. Da wir fast ganze zwei Monate zusammengelebt und gearbeitet haben, fiel der Abschied natürlich schwer. Wir haben zwischenzeitlich Nachricht bekommen, dass wir vor allem beim Schneeschippen schmerzlich vermisst wurden. Per Helikopter ging es also zu der nur wenige Hundert Meter entfernt liegenden RV Araon. Nachdem wir uns nach der Ankunft in einer der Kajüten eingerichtet hatten, ging es für uns zum Sicherheitstraining für den Notfall an Deck (siehe Foto). Währenddessen stach die Araon bereits wieder in See und unsere erste Woche auf der Araon konnte beginnen. Im Laufe dieser Woche fand sehr viel Wissenschaft an Bord statt. Die Biologen brachten Netze aus, um Krill zu fangen, um ihn später im Labor zu vermessen. Die Meeresgeologen nahmen Sedimentkerne vom Meeresboden, um den Meeresgrund zu untersuchen. Die Ozeanographen nahmen sidescan-Profile (akustische Untergrundscans) durch den Großteil der nördlichen Terra Nova Bucht auf und fuhren CTD-Profile (Salinität-Temperatur-Tiefe) ab. Gegen Ende der Woche wurde es dann etwas hektisch und die Arbeiten wurden reduziert, da ein Sturmtief in die Terra Nova Bucht hereinkam. Um uns und das Schiff vor meterhohen Wellen und driftenden Eisbergen zu schützen, fuhr die Araon daraufhin zurück zur koreanischen Jang Bogo Station, wo unsere Reise nur eine Woche vorher begann.

Während der Rückreise zur Jang Bogo Station fand ein Wissenschaftlermeeting an Bord der Araon statt, zu dem wir als Gäste ebenfalls eingeladen waren. So konnten wir uns ein genaueres Bild über die Forschung der letzten Wochen machen und erste Ergebnisse der Ausfahrt begutachten. Da wir in den vergangenen Monaten ja auch nicht untätig gewesen waren, war es uns zudem vergönnt, ebenfalls einen kleinen Vortrag zu unserer Arbeit am antarktischen Festland zu halten. Während der Zeit an Bord des Schiffs freundeten wir uns zudem mit den amerikanischen Kollegen an, die in der ersten Hälfte der Ausfahrt, bei der wir noch nicht dabei waren, mit einem autonomen Tauchroboter (AUV) Messprofile unter den ins Meer ragenden Gletscherzungen aufgenommen hatten. Mit den Amerikanern sitzen wir des Abends oft zusammen und schauen Filme, die rund um die Thematik von Schiffen spielen.

Nach dem Wissenschaftlermeeting erfuhren wir von einer nicht allzu erfreulichen Neuigkeit. Der ebenfalls in der Antarktis operierende Eisbrecher Xuelong, den wir nur wenige Wochen vorher noch besucht hatten, war in Bedrängnis geraten, weil er einen im Nebel versteckten Eisberg gerammt hatte und nun mit über 250 Tonnen Eis an Deck überschüttet war. Glücklicherweise ist offensichtlich kein ernsterer Schaden entstanden, aber der Eisbrecher wurde dennoch von den chinesischen Behörden umgehend zurückgerufen, um etwaige Schäden von Experten begutachten zu lassen. Nun sollten aber 24 Konstrukteure und Wissenschaftler der Chinesen dadurch in der Terra Nova Bucht am Baugrund der neuen chinesischen Station zurückbleiben. Sie ahnen es vielleicht: die Araon, die an der Küste vor dem Sturm Schutz suchte, wurde angefragt und eingesetzt, um 24 weitere Passagiere aufzunehmen. Und so schlossen wir am gestrigen Tage unerwarteterweise auch unsere beiden chinesischen Expeditionsteilnehmer freudig wieder in die Arme. Damit hatte nun keiner von uns gerechnet.
Am heutigen Tag liegen wir immer noch an der antarktischen Küste. Dieses Mal, weil wir Treibstofffässer an ein Depot bringen, an dem nächstes Jahr ein koreanisches Feldkamp stattfinden soll, das sich in der Nähe einer Pinguinkolonie befindet. Dafür fliegen schon den ganzen Tag Helikopter vom Deck der Araon zum Cape Hallett, mit Fässern voll Sprit an ihren Transportseilen (Foto).

Noch ein paar Worte zur Reise im Allgemeinen. Weil wir auf einem Eisbrecher sind, ist der Rumpf des Schiffs sehr rund, um bis zu 1 m dickes Eis zu brechen und im Falle des Festfrierens im Eis einfach an die Oberfläche gedrückt zu werden. Das bedeutet aber für offenes Wasser, dass die Araon schon bei leichtem Seegang stark zu rollen (schaukeln) anfängt. So hatten wir bei dem leichten Schneesturm vor ein paar Tagen bereits sehr viel Schwankung, was für Leute, die sehr schnell seekrank werden, kein Spaß ist. Für mich war es bisher okay, aber auf unserer Rückreise werden wir noch typischerweise stürmische See durchkreuzen, und das Schiff wird möglicherweise um bis zu 20° schwanken. Auf unserer bisherigen Reise wurden wir dafür mit wunderbaren Naturbildern belohnt. Wir haben auftauchende Walschulen gesehen, Seehunde und (Adelie- & Kaiser-) Pinguine, die auf dem Eis ausruhen oder im Meer schwimmen und Sturmvögel und Albatrosse, die um das Schiff flogen. Nun liegen noch 10 weitere Tage auf See vor mir, bevor es dann in Christchurch wieder an Land geht und mein Landurlaub beginnt.

Fotos

Chinesische Wissenschaftler von dem vor der Küste liegenden Eisbrecher "Xuelong" kommen mit einem Kamov Helikopter zu Besuch auf die Gondwana Station.
Chinesische Wissenschaftler von dem vor der Küste liegenden Eisbrecher "Xuelong" kommen mit einem Kamov Helikopter zu Besuch auf die Gondwana Station.
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Eine Weddellrobbe vor der Gondwana Station scheint die antarktische Sommersonne sichtlich zu geniessen.
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  • Mit dem Helikopter unterwegs in der Nähe des "Timber Peak", der seinen Namen dem massenhaften Vorkommen von fossilem Holz dort verdankt.
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  • Eine grosse, "Skua"genannte Raubmöwe.
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  • Eine Weddellrobbe auf "Spazierfahrt" in der Terra Nova Bucht.
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  • Reste eines mächtigen, versteinerten Baumstammes aus triassischen Sedimentgesteinen am Skinner Ridge.
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  • Ein Adeliepinguin inspiziert unseren Campingplatz vor der Gondwana Station der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
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11. Januar 2019

Aus gegebenem Anlass schreibe ich diesen Eintrag schon ein wenig früher, denn unsere Abfahrt aus der Terra Nova Bucht wurde noch einmal vorverlegt und so verlassen Thomas, Jeremy und ich schon am 15.01.19. die Gondwana Station mit dem koreanischen Eisbrecher Araon. Derweil zeichnet sich für den Rest des Expeditionsteams ab, dass sie erst gegen Ende Januar mit ihrem Schiff, der „Happy D“, zurück nach Christchurch gebracht werden. So brechen für uns die letzten Tage auf der Station an, während der Rest noch länger als geplant arbeiten können wird.

In der Zeit nach meinem letzten Eintrag hatten wir leider wieder mehrere Schlechtwettertage. Für den nun beginnenden Sommer in der Antarktis ist das aber leider normal; durch die höheren Temperaturen gibt es mehr Feuchtigkeit in der Luft, wodurch mehr Wolken entstehen und es auch zu erhöhtem Schneefall kommen kann. Durch die ungewöhnliche Windstille während dieser Saison hängen die Wolken zudem sehr lange über uns fest. Weil aber teils gar kein Wind bläst, war es uns möglich, Ziele anzufliegen, an denen der Wind sonst nur so peitscht und ein längeres Arbeiten, gar ein Fossilsuchen, unmöglich macht. So konnten wir tatsächlich neue Fundstellen für die „Beacon“ Sandsteine ausmachen, die noch dazu mit Pflanzenfossilien gefüllt waren. So fanden wir große massive Baumstammscheiben und weitere kleine delikate Blattfossilien, die bereits bei einem Windhauch davonfliegen. All das zeugt von den riesigen, mehr als 200 Millionen Jahre alten Wäldern auf dem antarktischen Kontinent.

Auch wenn das Wetter nicht ganz so gut war, wurde es auf der Station nicht langweilig. Zuerst hatten wir Besuch vom Überwinterungsteam der koreanischen Station, das zu uns herübergewandert kam. Um einen guten Eindruck zu hinterlassen, polierten wir dafür unsere kleine Station auf Hochglanz. Für das koreanische Team gab es eine Führung durch die ganze Station, vom Generatorraum, über die Küche bis zur Wasseraufbereitung. Bei Getränken und selbst gebackenen Keksen wurde sich danach über die unterschiedlichen Aufgaben und Pflichten der einzelnen Expeditionsmitglieder unterhalten. Zuletzt gab es eine Besichtigung der Zelte, in denen wir jede Nacht schlafen. Das war besonders spannend für unsere koreanischen Kollegen, da das Zelten einzigartig in der Terra Nova Bucht ist. So wurden Fragen geklärt, ob es nicht zu kalt in den Zelten wäre (1), wir nicht lieber in der Station schlafen würden (2) und warum die Zelte so weit entfernt von der Station stehen müssen (3). Um allen Lesern diese Fragen ebenfalls zu beantworten; (1) Nein, man gewöhnt sich sehr schnell an die Kälte und wir haben ja dicke Schlafsäcke. (2) Nein, es ist toll seine eigenen vier Wände zu haben und man wird wunderbar auf die für uns Geologen anstehenden Feldcamps vorbereitet. (3) Aus Sicherheitsgründen (Feuer o.Ä.) und weil sich die Plätze historisch so ergeben haben und diese bereits von Steinen eingerahmte, eingeebnete Flächen sind.

Zwei Tage später kam dann der nächste Besuch in Form einer „Kamov“, eines russischen Truppenhelikopters, mit einer Abordnung von 10 chinesischen Expeditionsteilnehmern. Da die Chinesen gerade auf einer Insel in der Terra Nova Bucht eine eigene Station aufbauen und in Zukunft ebenfalls in der Region forschen werden, sind sie zurzeit mit ihrem 180 Meter langen Forschungseisbrecher „Xuelong“ vor Ort um erste Bauvorbereitungen vorzunehmen. Der Besuch währte nur kurz, da das schlechte Wetter keinen langen Aufenthalt zuließ. Dafür erhielten wir die Einladung die Xuelong noch am selben Abend zu besuchen. Und so holte uns tatsächlich wenige Stunden später der Truppenhelikopter der Chinesen ab um uns einen besonderen Blick hinter die Kulissen des chinesischen Forschungsschiffs zu gewähren. Eine so offene und freundliche Atmosphäre lässt auf eine gute Zusammenarbeit in der nahen Zukunft hoffen! Neben der Schiffsmensa und der Brücke bekamen wir auch einen Einblick in die biologischen, chemischen und ozeanographischen Labore. Währenddessen wurden vom Schiff weitere Container entladen und mit Fähren zur nahegelegenen Insel transportiert. Die Wissenschaftler an Bord der Xuelong führten derweil eine Testfahrt mit einem ihrer autonom operierenden Tauchfahrzeuge (AOV) durch. Nach einigen anregenden Gesprächen zwischen uns Wissenschaftlern ging es auch schon wieder zurück zur Gondwana Station.

Nun blicke ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück auf meine Zeit hier in der Antarktis. Es ist wirklich gut für mich gelaufen und ich werde die anderen Expeditionsteilnehmer sicher bald alle schon vermissen. Aber ich freue mich auch schon auf meine nächste Etappe. Es warten drei Wochen Schiffsfahrt mit den Koreanern auf der Araon auf mich. Das nächste Mal gibt es dann hoffentlich einen Bericht vom Schiff. Ahoi, ihr Landratten!

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Camp Lakeview Resort
Camp Lakeview Resort
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  • Ein glücklicher Paläobotaniker vor der Hintergrundkulisse der Ricker Hills
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  • Weihnachten im Field Camp
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  • Weihnachten auf der Station. Wie kommen wir denn da rein?
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  • Geländearbeiten in den Ricker Hills im Schnee
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  • Die coolste Rutsche auf der Welt. Jan beim 'Abstieg' ins Ricker Hills Tal
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  • Eine Auswahl von Blattfossilien vom Benson Knob
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2. Januar 2019

Ein frohes Neues allerseits! Die letzten Wochen waren für uns sehr ereignisreich. Zuerst waren wir für über 10 Tage in unserem Satellitencamp nur auf uns Drei gestellt und haben dort Weihnachten verbracht; danach hatten wir wieder so gutes Wetter, dass wir viel mit dem Helikopter geflogen sind. Und dann galt es ja auch noch das neue Jahr mit einer coolen Party zu begrüßen. Es hat sich also wieder viel getan auf unserer Antarktis-Expedition.

Nach dem letzten Bericht sind wir dann tatsächlich zum Campen nach Süden in die Ricker Hills geflogen, um die riesigen Aufschlussgebiete Tag für Tag direkt vor Ort bearbeiten zu können. Mit unseren zwei Helikoptern flogen wir am Morgen des 18.12.18 voll beladen zu unserem neuen Zuhause, in das von uns spaßeshalber „Lakeview Resort“ getaufte Arbeitsgebiet. Um einen guten Schutz vor dem stetig blasenden Wind und Zugang zu frischem Wasser zu haben, lag unser Camp nämlich in einem geschützten Tal am Ufer eines gefrorenen Sees. Die Temperaturen waren dort mit -10 Grad Celsius zwar etwas kälter, aber dafür wurden wir mit spannender Geologie und einer unglaublichen Aussicht belohnt. Das Eis des Hollingsworth Gletschers fließt um die Bergkette der Ricker Hills herum und kommt nur hier und da mit kleineren Zungen über die niedrigeren Gipfel. So haben wir während der Geländearbeiten im Tal erstaunt festgestellt, dass von diesen Eiszungen an sonnigen Tagen tatsächlich Wasser in unseren gefroren See fließt und wir am Rand des Sees flüssiges Wasser für die täglichen Mahlzeiten und den unabdingbaren heißen Tee schöpfen konnten.

Da wir vor Ort nicht auf Flugzeiten mit dem Helikopter angewiesen waren und auch bei bewölktem Himmel und leichtem Schnee arbeiten konnten, hatten wir viel Zeit, uns die vor mindestens 220 Millionen Jahren von Flüssen abgelagerten Sedimente anzuschauen. Vor allem in Rinnen abgelagerte Hölzer und Baumstämme haben wir häufig gefunden. Nach einem zweistündigen Aufstieg aus dem Tal zum höher gelegenen Benson Knob fanden wir auch endlich die zum Teil wunderbar erhaltenen Blätter von Samenfarnen aus der mittleren und oberen Trias, die sicherlich ein Highlight der Geländearbeiten vor Ort waren. Währenddessen hatten die Kollegen auf der Gondwana Station nicht so viel Glück. Sie hatten zum Teil sehr viel Schnee und schlechtes Wetter, sodass sie in den zehn Tagen unseres Fieldcamps nur an zwei Tagen arbeiten konnten. Und so kam es dann auch, dass Raquelle, Thomas und ich Weihnachten im Außencamp verbracht haben. Da der 24. Dezember für uns auch ein Schlechtwettertag war, haben wir an dem Tag viel Zeit im Küchenzelt verbracht, Karten gespielt und dabei Weihnachtslieder gehört. Am ersten Weihnachtstag war das Wetter allerdings wieder so gut, dass wir schon wieder arbeiten konnten. Am 27. Dezember wurden wir schließlich in einem kurzen Schönwetterfenster aus dem Camp geholt, das eigentlich höchstens für 7 Tage geplant war. Aufgrund der wunderbaren Organisation der Logistiker vor Ort hat es uns aber an nichts im Camp gemangelt, sodass wir uns vor allem auf die anderen Leute auf der Station gefreut haben, die uns dann auch freudig begrüßten.

Inzwischen hat sich das Wetter hier im Nord-Viktorialand wieder deutlich gebessert. So stieg auch die Laune aller wieder deutlich, nachdem erneut die Arbeitsgebiete angeflogen werden konnten. Ein für uns besonderer Flug ging zurück in den Süden, südlicher noch als in die Ricker Hills, um uns mit italienischen Kollegen zu treffen, die dort die offiziellen geologischen Karten erstellen. Sie benötigten die Hilfe von uns Paläontologen, um die dort aufgeschlossenen Sedimentgesteine durch die Bestimmung von Fossilien einem Erdzeitalter zuordnen zu können. Vor Ort fanden wir dann zwar keine größeren Fossilien, nahmen aber Proben für die Analyse im Labor zu Hause mit, die hoffentlich Sporen und Pollen von Pflanzen enthalten, über die sich ein Alter ermitteln lässt.

Am Silvestertag waren aufgrund des Wetters fast alle Wissenschaftler im Gelände unterwegs. Die auf der Station Gebliebenen kümmerten sich derweil um die Vorbereitungen für eine Party am Abend. Zu dieser Party waren auch die Piloten der benachbarten koreanischen Jang Bogo Station eingeladen, die sich hier mit unseren ebenfalls neuseeländischen Piloten trafen. Um 18 Uhr wurde dann der Grill angeworfen, der aus einem alten Treibstofffass besteht. Es gab Essen in Fülle, da die Araon ein weiteres Mal gekommen war, um unsere Vorräte aufzustocken. Besonders das so leicht verderbliche frische Gemüse ist dann wieder verfügbar. Am weiteren Abend wurde getanzt, gelacht und in der Lounge der Station lief eine Diashow mit den lustigsten und denkwürdigsten Fotos der bisherigen Expedition. Nach einer langen Nacht und einem viel zu kurzen Schlaf, ging es für Thomas und mich am nächsten Tag wieder ins Gelände zum über 3600 Meter hohen Shafer Peak, um dort nach exzellent erhaltenen Pflanzen in den umgelagerten Aschen aus dem frühen Jura zu suchen.

Nun brechen auch schon die letzten Wochen unserer Expedition an. Die Abfahrt der Araon, auf der wir nach Hause fahren, hat sich bereits um zwei Tage nach vorn auf den 17. Januar verschoben. Thomas und ich liegen aber, auch dank der produktiven Arbeit in den Ricker Hills, gut in der Zeit und so hoffen wir nun in der verbleibenden Zeit unsere letzten Zielgebiete abgearbeitet zu bekommen.

Beste Grüße aus der Antarktis und einen guten Start ins neue Jahr!

Fotos

Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
    © Uni MS - Jan Unverfärth
  • Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
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  • Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
    © Uni MS - Jan Unverfärth
  • Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
    © Uni MS - Jan Unverfärth
  • Ein Teil des Geländeteams vor dem Aufbruch ins Außencamp
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  • Der Weg von Löwenzahn als Wildpflanze zur landwirtschaftlich anbaubaren Zuchtpflanze ist weit. (Symbolfoto)
    © Sharon Rosseels on Unsplash

15. Dezember 2018

Seit dem letzten Eintrag sind nun schon wieder eineinhalb Wochen vergangen. In ein paar Tagen, am 19. Dezember, haben wir bereits unser „Bergfest“ auf der Station. Das bedeutet, dass die Hälfte unserer Zeit hier auf dem antarktischen Festland bereits um ist!

Nach ein paar wechselhaften Tagen hier in Nord-Viktorialand war es uns wieder möglich, ins Gelände zu fliegen. An einem der besonders sonnigen Tage sind wir mit zwei Helikoptern in die Mesa Range geflogen, deren Massiv aus etwa 180 Millionen Jahre alten Lavaflüssen (Basalten) besteht. In den vulkanischen Ruhephasen bildeten sich Seen und Vegetation auf diesen erkalteten Laven, die heute als aschereiche Sedimente zwischen den Basalten erhalten sind. Dort fanden wir zum Beispiel ganze, noch aufrechtstehende, versteinerte Bäume. In den feinen Aschelagen dieser vulkanisch aktiven Phase finden sich zudem teils wunderbar erhaltene Blätter und Hölzer aus dem Jura der Antarktis. Denn wie auch heute bildeten aschereiche Böden in der Nähe von Vulkanen damals offenbar wunderbaren Nährboden für Pflanzen.

An einem weiteren Geländetag flogen wir weit in den Süden Nord-Viktorialands, in uns bisher völlig unbekannte Gebirgsregionen, denn voraussichtlich morgen früh werden Thomas, Raquelle—unsere Bergführerin—und ich wieder dorthin aufbrechen, um für eine Woche dort zu campen. Dadurch wird es uns möglich sein, helikopterunabhängig zu arbeiten, denn das Arbeitsgebiet liegt dann direkt vor dem Zelteingang. Dafür war es für uns aber unerlässlich, vorher mögliche Arbeitsgebiete zu erkunden und sichere Campingplätze auszusuchen. Dank der Mithilfe der koreanischer Kollegen von der benachbarten Jang-Bogo-Station wissen wir, dass es dort unten sehr gut erhaltene Pflanzenfossilien gibt. Die Koreaner waren bereits auf früheren Expeditionen in diesem Gebiet unterwegs und haben uns von einigen Fundstellen erzählt. Wir sind also besonders aufgeregt und freuen uns schon auf die bevorstehende Zeit.

Dementsprechend wurde die letzten Tage besonders viel geplant und Zelte, Essen und Arbeitsmaterial zusammengepackt, um uns diese außergewöhnliche Arbeitszeit zu ermöglichen. Unklar ist bisher noch, ob wir Weihnachten auf der Station oder in unserem Camp verbringen werden. Um es in umgeformten, aber bekannten Worten eines polarisierenden Mannes wiederzugeben: Science first, Christmas second! :-)

Auf der Station geht die Arbeit ebenfalls voran. Wir Wissenschaftler haben unsere Proben beschriftet, in große Säcke verpackt und katalogisiert. Diese ersten Probensäcke gingen bereits mit dem Helikopter zur Mario-Zucchelli-Station der Italiener. Dort wird Ende Januar das Transportschiff Happy D anlegen, um Personal und Expeditionsmaterial auf einer einwöchigen Reise zurück nach Christchurch zu transportieren. Thomas, ein australischer Kollege, und ich werden dann allerdings mit dem im letzten Betrag erwähnten koreanischen Eisbrecher Araon als Gäste auf einer dreiwöchigen wissenschaftlichen Ausfahrt zurück nach Christchurch kommen. Bis dahin haben wir aber noch über einen Monat Geländearbeit vor uns.

Auf der Station sind wir inzwischen fast schon so etwas wie eine richtige Familie und bei gemeinsamen Freizeiteinheiten finden Yoga, Filmabende, Saunanächte und Wanderungen in die stationsnahen Berge statt. Durch das internationale Team und die selbst organisierten Mahlzeiten haben wir eine sehr abwechslungsreiche Küche und konnten bereits Kollegen von der italienischen Station bei uns zum Abendessen bewirten. Heute Abend steht dann ein Gegenbesuch an, bei dem es Pizza auf der italienischen Station geben wird.

Neues wird es dann wohl erst nach Weihnachten von mir zu hören geben. Daher wünsche ich hiermit allen Lesern bereits ein paar schöne Feiertage. Ich selbst habe jedenfalls hundertprozentig gesichert weiße Weihnachten. Auf bald!

Fotos

Fantastisches Wetter mit viel Sonne und wenig Wind
Fantastisches Wetter mit viel Sonne und wenig Wind
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Fantastisches Wetter mit viel Sonne und wenig Wind
    © Uni MS - Jan Unverfärth
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6. Dezember 2018

Einen fröhlichen Nikolaus allerseits! Nun sind wir bereits zwei Wochen in der Antarktis. Davon waren wir nicht jeden Tag im Gelände. Aber mit Vor- und Nachbereitung und mit den Aufgaben, die man auf der Station übernimmt, vergeht die Zeit doch sehr schnell. Bis zum Ende der letzten Woche hatten wir fantastisches Wetter mit viel Sonne und wenig Wind und man konnte fast schon im T-Shirt im Gelände arbeiten.

Wegen des guten Wetters war es Thomas und mir möglich, einen der sehr weiten Helikopterflüge von der Gondwana-Station an der Küste zum stationären deutsch-italienischen Außencamp Litell Rocks, nahe der Helliwell Hills, zu machen. Nachdem wir die uns bekannten Höhenzüge der Deep Freeze Range überquert hatten, flogen wir Entlang der Mesa Range, die auf einer Länge von gut 80 km Überreste massiver Flutbasalte darstellt. Im Vergleich zu Sedimenten lassen sich diese nicht einfach vom Gletschereis abtragen, und so entstehen teils bizarre Gesteinsformationen, die aussehen, als seien sie Menschenhand geschaffen (Foto). Den zweiten Teil des Fluges ging es über eine nicht weniger eindrucksvolle, aber völlig monotone Eiswüste, einen Teil des Rennick Glaciers, den zweitgrößten Gletscher der Antarktis. Nach gut zwei Stunden erreichten wir endlich das Außencamp, in dem zurzeit drei unserer Wissenschaftler, ein Helikopterpilot sowie ein Techniker arbeiten. In der Regel werden Wissenschaftler und Ausrüstung mit kleinen Flugzeugen in die entlegeneren Teile der Antarktis geflogen. Da wir zu zweit aber nur für einen Tagesaufenthalt bleiben konnten, ergab sich für uns die Gelegenheit, eine weitaus bessere Sicht mit dem Helikopter auf die sich ausbreitende Landschaft zu erleben. Vor Ort im Gelände haben wir bei bestem Wetter Sedimentproben für Sporen und Pollenanalysen entnommen (Foto), um später im Labor bestimmen zu können, wie alt die dort aufragenden Gesteinsformationen sind. An weiteren Geländetagen besuchten wir weitere Aufschlüsse in den höher gelegenen Bergen um die Station, an denen wir fossile Baumstämme, Abdrücke von Blättern, verkieselte/versteinerte Torfe und dünne Kohleflöze fanden. Diese sind Zeugnis einer ganz anderen Antarktis als der heutigen, mit Flusssystemen, Sümpfen und Wäldern.

Anfang dieser Woche hat sich dann eine Schneefront über das Nord-Viktoria-Land geschoben und eine gut 20 Zentimeter dicke Schneedecke über alles gelegt. Das setzt unsere Geländearbeiten schachmatt, denn nur wenn der Himmel frei ist und gute Sicht herrscht, können wir mit den Helikoptern ins Gelände fliegen. Vorgestern kam dann ein Schiff am Horizont der Bucht in Sicht, der koreanische Eisbrecher Araon. Er ist gekommen, um die koreanische Station (Jang Bogo), die italienische Station (Mario Zucchelli) und die deutsche Station (Gondwana) zu versorgen, welche alle drei in der Bucht liegen. Gut einen Tag lang kämpfe sich der Eisbrecher durch das Meereis der Bucht, dann hieß es anpacken! Während ein Teil unserer Stationscrew mit dem Helikopter zum Schiff flog und unsere Landung (hauptsächlich Lebensmittel) in großen Netzen verschnürte, verblieben wir Wissenschaftler an der Station und räumten die vom Helikopter vor der Station abgeladenen Güter in die Stationsgebäude.

Am heutigen Tag ist immer noch kein Arbeiten möglich. Nachdem wir gestern Abend in der im Zuge der Modernisierung neu gebauten Sauna geschwitzt haben, begannen sogenannte katabatische Winde aus den Bergen durch unser Stationscamp zu fegen. Damit einher geht allerdings auch, dass der frisch gefallene Schnee verdriftet wird und in den Windböen teils keine Sicht auf drei Meter möglich ist. Meine Nacht im Zelt war dann auch sehr laut, ich habe fast kein Auge zu bekommen, mein Zelteingang ist nachts mehrfach aufgeweht worden. Die Zeltplane schlug einem an den Kopf und Schnee hat sich in die Zeltzwischenwände gedrückt. So ging es aber auch vielen anderen, und da immer noch nicht an fliegen zu denken ist, schlafen heute viele ein paar Stündchen in der Lounge vor dem warmen Kamin.

Stürmische Grüße

Jan

Fotos

Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
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  • Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
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  • Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
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  • Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
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  • Wedell-Robben (im Bildhintergrund) ruhen sich gerne auf dem Eis in unmittelbarer Nähe der Gondwana-Station aus. Um sie in ihrer Verschnaufpause nicht zu stören, darf man sich ihnen nur bis auf einen bestimmten Mindestabstand nähern.
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26. November 2018

Hallo und frostige Grüße aus der Antarktis!

Mit einem Tag Verspätung hat es dann geklappt. Am letzten Dienstagmittag um 12 Uhr Ortszeit ging es mit einer Hercules C-130 auf in Richtung Antarktis. Beinfreiheit und Komfort gibt es in diesen Militärmaschinen nicht. Ich saß also mit etwa 60 weiteren Passagieren und dem ganzen Gepäck im Laderaum eines Flugzeugs, das so laute Motorengeräusche macht, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte; aber wir waren vorgewarnt und hatten alle Ohrstöpsel dabei. Mit einer Flugzeit von nur sechseinhalb Stunden waren wir dann doch recht schnell im Nord-Viktorialand. Am Tag zuvor war wegen des Gegenwindes noch die Rede von zehn Stunden Flugzeit.

Schon nach etwa fünf Stunden Flugzeit war das erste Eis auf dem Meer zu erkennen, dann kamen die ersten Gletscherzungen in Sicht und schließlich konnte man die ersten aus dem Eis ragenden Gebirgsgipfel sehen. Die Landung auf dem Meereis der Terra-Nova-Bucht ging reibungslos vonstatten. Dann zogen sich alle dicke Jacken, Mützen und Handschuhe an und es ging hinaus in die kalte Umgebung der Antarktis. Die Luft war sehr klar, beißend kalt und merkwürdig geruchslos. Auf dem Eis erwarteten uns einige Kollegen von der Gondwana-Station, mit denen wir auf Quads und Skidoos (Motorschlitten) über das Meereis der Terra-Nova-Bucht zur Station fuhren.

Da der Wind hier besonders beißend ist, ist man stets darum bemüht, alle freien Körperstellen vor selbigem zu schützen. Zudem ist die Sonneneinstrahlung aufgrund der dünneren und sehr klaren Luft und des reflektierenden Schnees besonders intensiv. Daher trägt man neben Sturmhauben und dicken Handschuhen auch immer spezielle Gletscher- oder Skibrillen. Derart vermummt kamen wir also an der Station an. Nach einem ausgiebigen Abendessen ging es zum Schlafen in pyramidenförmige, nach dem berühmten Polarforscher benannte „Scott-Zelte“ vor der Station, in denen wir für die nächsten zweieinhalb Monate schlafen werden.

Seit der Ankunft sind nun schon einige Tage vergangen. Nach zwei Tagen Survivaltraining, Helikoptersicherheitseinweisung und dem Einrichten auf der Station und in den Zelten sind wir bereits zwei Tage in Folge im Gelände gewesen. Man gewöhnt sich relativ schnell an die Kälte. Inzwischen ist es uns nachts in den Zelten schon zu warm! Hier an der Küste sind gerade mal minus zwei Grad Celsius. Wirklich kalt wird es hier nur, wenn der Wind stärker bläst. Vom Eis aus sind Rufe der Weddel-Robben zu hören und von der Anhöhe vor der Station aus krähen die Skuas (Raubmöwen), die dort bald ihre Brutzeit beginnen. In unseren Arbeitsgebieten wird es hingegen sehr ruhig, hier hört man ausschließlich den Wind blasen. Die sedimentären Gesteine, die uns als Paläo-Team interessieren, liegen oft auf über 3000 Metern Höhe. Dort hatten wir gestern minus 27 Grad Celsius. Zusammen mit dem Wind hat man nach nur zwei Minuten ohne dicke Handschuhe komplett taube Finger, Wasser gefriert innerhalb von Sekunden und man ist froh über seinen dicken Polaroverall. Erste Pflanzenfossilien haben wir trotzdem schon gefunden und etliche Proben wurden bereits eingetütet. Mein Kollege Thomas hatte leider noch kein Glück bei der Suche nach Knochen, aber wir sind weiter hoch motiviert, den ersten Saurierfund im Nord-Viktorialand zu machen.

Die wissenschaftlichen Kollegen, das Stationspersonal, die „Field guides“ und die Helikopterpiloten sind allesamt sehr nett, und da alle mit anpacken müssen, die Station sauber und am Laufen zu halten, herrscht eine fast familiäre Atmosphäre. Neben der Arbeit gibt es Aktivitäten wie Yoga, Saunieren oder Filmabende. Heute bin ich auf der Station geblieben, da die Helikopter, die uns ins Gelände fliegen, uns Wissenschaftler nur tageweise abwechselnd in die Berge bringen können. Drücken sie mir weiterhin die Daumen—dieses Mal für spannende Funde im Gelände. Ich melde mich, sobald es Neues aus dem Eis zu berichten gibt.

Fotos

Vegetation im Botanischen Garten, der im Herzen von Christchurch liegt.
Vegetation im Botanischen Garten, der im Herzen von Christchurch liegt.
© Uni MS - Jan Unverfärth
  • Vegetation im Botanischen Garten, der im Herzen von Christchurch liegt.
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  • Vegetation im Botanischen Garten, der im Herzen von Christchurch liegt.
    © Uni MS - Jan Unverfärth
  • Vegetation im Botanischen Garten, der im Herzen von Christchurch liegt.
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19. November 2018

Vor zwei Tagen bin ich nach 30 Stunden Flugreise in Neuseeland gelandet. Von hier soll es morgen früh weiter in die Antarktis gehen. Dazu fliegen wir mit einer C-130 Hercules, einem neuseeländischen Militärtransportflugzeug, über den offenen Ozean in die Antarktis, wo wir auf dem Meereis der Terra-Nova-Bucht landen werden. Von dort aus soll es weiter in die frisch renovierte deutsche Sommerforschungsstation „Gondwana“ gehen.

Doch der Reihe nach. Vorgestern bin ich also in Christchurch, Neuseeland gelandet. Dort habe ich am Nachmittag meinen Geländepartner für die Expedition getroffen, den Paläozoologen Thomas Mörs (Schwedisches Museum für Naturkunde, Stockholm). Mit ihm teile ich seitdem ein Motel-Apartment und warte auf einen Anruf, dass es in die Antarktis geht.

Da unser Abflug in die Terra-Nova-Bucht für den 20. November geplant ist, haben Thomas und ich gestern ein wenig die Stadt Christchurch erkundet. Im Kontrast zu dem, was uns in der Antarktis erwartet, ist es hier sehr grün und die Pflanzen stehen hier wegen des beginnenden Sommers auf der Südhalbkugel zum Teil bereits in voller Blüte. Christchurch ist eine beindruckende Stadt, die auch unter anderen geologischen Gesichtspunkten als meinen Forschungsschwerpunkten bemerkenswert ist: Sie zeugt an vielen Ecken und Enden von schweren Erdbeben der vergangenen Jahre. Denn im Untergrund verläuft die Grenze der tektonischen Platten des Pazifiks und Australiens, was aufgrund von Kollisionen zu Erdbeben führen kann.

Wer nach Christchurch kommt, wird aber auch Zeugnisse der Antarktisforschung überall in der Stadt finden können. So kann ich empfehlen, das „Antarctic Center“-Museum zu besuchen. Dort können Besucher zum Beispiel einen antarktischen Sturm live in der Kältekammer erleben, Pinguine bei der Fütterung bestaunen und sich über laufende und abgeschlossene Forschungen in der Antarktis informieren. Im Canterbury-Stadtmuseum sind zudem Zeugnisse vergangener Antarktisexpeditionen zu bestaunen, die unter anderem in Christchurch ihren Anfang nahmen.

Thomas und ich haben die bestehende Zeit in Christchurch zudem dafür genutzt, unsere Kollegen aus Australien und China zu treffen, die mit uns zusammen zur Gondwana-Station fliegen werden, um von dort ihren ganz eigenen Forschungsfragen nachzugehen. Zudem haben wir zufällig auch Forscher getroffen, die in den letzten Wochen bereits erfolgreich von der Gondwana-Station aus geforscht haben. Von ihnen haben wir auch erfahren, dass das Wetter vor Ort dieses Jahr sehr wechselhaft ist und die Forschung zu einer Herausforderung macht. Daher gehen Flüge von und in die Antarktis nur sehr spontan nach aktueller Wetterlage. So kann es durchaus passieren, dass wir unseren Aufenthalt in Christchurch unfreiwillig verlängern müssen. Es bleibt also spannend! Drücken Sie mir alle die Daumen, dass es bald weitergeht. Die nächste Nachricht kommt dann hoffentlich aus der Antarktis.

Jan Unverfärth forscht seit gut einem Jahr an der WWU Münster. Als Doktorand ist er in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Emmy-Noether-Projekt „Latitudinal Patterns in Plant Evolution“ unter Leitung von Dr. Benjamin Bomfleur beschäftigt. In diesem Projekt werden wiederkehrende Muster in der Entstehung, der Ausbreitung und dem Aussterben von Pflanzengruppen über geologische Zeiträume hinweg untersucht. Als Teil dessen ist Jan Unverfärths Arbeit in der Antarktis von zentraler Bedeutung, da in der Antarktis in Gesteinen des frühen Erdmittelalters vor etwa 250 bis 200 Millionen Jahren reichhaltige Vorkommen ungewöhnlich gut erhaltener Pflanzenfossilien überliefert sind.