Die Speicherstadt Münster

Die Westfälisch-Lippische Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (WLV) erwarb 1998 vom Bundesvermögensamt das 115.000 qm umfassende Gelände des als Winterbourne Barracks (1945-1994) bekannten Areals im Ortsteil Münster-Coerde. Bei der heutigen Speicherstadt Münster handelt es sich um eine umfangreiche Gebäudegruppe aus neun ehemaligen Speichergebäuden (sieben Bodenspeichern plus zwei Zellenspeichern) und einer ehemaligen Heeresbäckerei sowie einigen kleineren Verwaltungs- und Betriebsgebäuden. Die Gebäude wurden in den späten 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von der Wehrmacht als Heeresverpflegungshauptamt errichtet. Von hier aus wurde vor und während des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) ein Teil der Soldaten im damaligen Wehrkreis VI mit dem Hauptsitz in Münster versorgt. Neben Münster gab es noch fünf weitere Heeresverpflegungshauptämter im Wehrkreis VI. Dabei handelte es sich um die Standorte Düsseldorf, Köln, Köln-Wahn, Minden und Paderborn-Neuhaus. Zusätzlich existierten zahlreiche untergeordnete Heeresverpflegungsämter. Die Soldaten bekamen aus diesen Heeresverpflegungsämtern Lebensmittelkonserven und das so genannte Kommissbrot. Auch für die Versorgung der Pferde wurde gesorgt. In Rauhfutterscheunen lagerten Heu und Stroh. In Münster nutzte nach dem Krieg die britische Armee bis 1994 die gesamte Anlage für Lagerzwecke.

Seit 1998 erfährt die ehemals militärisch genutzte Liegenschaft eine zivile Umnutzung (Konversion) durch die WLV. Das Umbauprojekt stellte die neuen Eigentümer vor bisher unbekannte Herausforderungen. Die bauliche Hinterlassenschaft musste hinsichtlich der Vermarktungs- und Gestaltungsmöglichkeiten überprüft und neu definiert werden, da bundesweit keine Erfahrungen mit der Konversion derartiger Anlagen vorlagen. Sukzessiv wurden die einzelnen Speichergebäude, die Bäckerei und die Verwaltungsgebäude umgebaut, saniert und einer Neunutzung zugeführt. Das Nutzungskonzept sah vor, alle Objekte aus einer Hand zu vermarkten. So blieb der einheitliche Charakter des Gebäudeensembles erhalten.

Um der historischen Verantwortung im Umgang mit den während der Zeit des Nationalsozialismus errichteten Gebäuden gerecht zu werden, wurden bewusst zahlreiche Spuren der Vergangenheit bewahrt, die an die Funktion der Anlage als Versorgungslager des Heeres erinnern. Dazu gehören z.B. die alten Gleisanlagen auf dem Gelände, die teilweise in den Gebäuden erhaltene Fördertechnik für das Getreide und die originale Ausstattung mit zehn doppelgeschossigen Backöfen in der Backhalle der ehemaligen Heeresbäckerei. 1998 erfolgte die Unterschutzstellung des ehemaligen Heeresverpflegungshauptamtes seitens der Denkmalpflege. Die historische Bedeutung dieser Anlage wird dadurch akzentuiert und setzt darüber hinaus ein Signal für den verantwortungsvollen Umbau anderer, vergleichbarer Ensembles. Heute präsentiert sich die Speicherstadt als ein modernes Kommunikations- und Dienstleistungszentrum. Zahlreiche Unternehmen, Büros und Archive haben sich hier niedergelassen. Die Speicherstadt Münster ist ein Beispiel für eine erfolgreich abgeschlossene Konversionsmaßnahme, die den gesamten Gebäudebestand eines ehemals militärisch genutzten Objektes einer Neunutzung zugeführt hat.

Die Aufarbeitung der Geschichte der Speicherstadt wurde vom Institut für vergleichende Städtegeschichte wissenschaftlich umgesetzt und mündete Ende des Jahres 2008 in der Präsentation einer umfangreichen Publikation sowie einer Ausstellung. Die Ausstellung war zunächst im Landeshaus des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und im Anschluss in der Speicherstadt in Münster zu sehen. Das Buch und die Ausstellung wurden von der WLV gefördert.

www.speicherstadt-muenster.de

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