Islamische Theologie an deutschen Universitäten. Eine Studie zum islamisch-religiösen Expertentum in Deutschland
Die Bundesregierung startete 2010 die Initiative, Imame und Lehrer für islamischen Religionsunterricht an deutschen Universitäten auszubilden. Der islamischen Theologie wurde damit eine wichtige Integrationsfunktion zugeschrieben. Das beantragte Forschungsprojekt setzt sich zum Ziel, einen empirisch fundierten Einblick in die Professionsbildung des Islam in Deutschland zu gewinnen. Das vergleichende Projekt fokussiert Zentren für islamischen Theologie an staatlichen Universitäten. Es ist auf zwei Jahre angelegt und als eine Implementationsstudie geplant.
Wir wollen erforschen, ob die eingesetzten Instrumente für die Ausbildung islamischer Religionslehrerinnen und -lehrer sowie des geistlichen Personals greifen und wie sich das institutionelle Verhältnis zwischen Universität und islamischen Verbänden gestaltet. Damit ist unsere übergreifende Forschungsfrage verbunden, ob das in Deutschland bislang für die christlichen Kirchen geltende Modell der Beziehung zwischen Staat und Religion auf den Islam anzuwenden ist.
Unser Projekt soll einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, welche Lösungsmodelle unter den zu untersuchenden Fällen tendenziell als erfolgsversprechend gelten können. Dabei konzentrieren wir uns auf die Zentren für islamische Theologie, die an den Hauptstandorten Tübingen, Frankfurt a.M., Münster, Osnabrück, Gießen sowie Erlangen-Nürnberg eingerichtet worden sind. Unser Forschungsdesign beleuchtet das Phänomen aus drei Perspektiven:
- Zunächst gilt es die tatsächliche Situation der islamischen Theologie an den Universitäten zu beleuchten. Welches Berufsprofil wird hier gezeichnet, institutionell fundiert und praxistauglich gemacht?
- Von besonderem Interesse sind zweitens die Beziehungen zwischen der Universität und den Verbänden (darunter auch transnationale Organisationen sowie Dependancen ausländischer Religionsbehörden wie der türkischen Diyanet), die in den dafür geschaffenen Beiräten als Repräsentanten der Religion kirchenanaloge Mitspracherechte besitzen sollen. Beziehungen zwischen den Professionellen (Theologen) und den Laien (in den Verbänden) bilden die zentrale Achse der Institutionenbildung. Diese Beziehungen können sich kooperativ oder konflikthaft gestalten.
- Drittens sind wir daran interessiert, die Realität der universitären Ausbildung in der Perspektive der Studierenden kennenzulernen. Ohne die Motive und Berufsvorstellungen, die Beurteilung des Studiums und der Berufsperspektiven und die möglichen Kontakte mit den künftigen Arbeitgebern zu kennen, wird man die Gegenwart und Zukunft der Professionalisierung und Berufsausbildung im Islam in Deutschland nicht beurteilen können. Hier wollen wir erforschen, in welchem Verhältnis die Freiheit der Wissenschaft und die Glaubensimperative der Studierenden zueinander stehen.
Die vergleichende Studie wird primär mit den Methoden der qualitativen Forschung durchgeführt, die durch eine quantitativ ausgerichtete Online-Befragung der Studierenden an allen Standorten ergänzt wird.