Computer- und informationsbezogene Kompetenz im Sachunterricht fördern

Entwicklung und Evaluation einer Unterrichtsreihe für den naturwissenschaftlichen Sachunterricht
Abbildung: Erste Seite eines digitalen Forscherheftes auf einem Tablet
Abbildung: Erste Seite eines digitalen Forscherheftes auf einem Tablet
© Uni MS
Projektstatus
unbekannter Status
  • Beschreibung

    Die Nutzung digitaler Medien gehört bereits seit Jahren zur Lebenswelt von Kindern im Grundschulalter, aber eine systematische Auseinandersetzung in der Schule findet in Deutschland bislang nur selten statt (MPFS, 2014; MPFS, 2017). Daher überrascht nicht, dass die deutschen Lernenden des achten Jahrgangs in der internationalen Vergleichsstudie ICILS hinsichtlich ihrer computer- und informationsbezogenen Kompetenzen (CIK) ein nur mittleres Kompetenzniveau erreichen (Bos et al., 2014). Dabei gelten CIK als Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts (Gerick & Eickelmann, 2017; Zierer, 2017), die seit der Veröffentlichung des KMK-Strategiepapiers „Bildung in der digitalen Welt“ (KMK, 2016) bereits ab der Primarstufe und als integrativer Teil der Fachcurricula gefördert werden sollen (u.a. Bos et al., 2014; KMK, 2016).
    Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Einsatz digitaler Medien neue didaktische Möglichkeiten für die Förderung von Fachwissen bietet (Heinen & Kerres, 2015; Schirra & Peschel, 2016), allerdings fehlen bislang empirisch erprobte digitale Lernmaterialien, die sowohl den Erwerb von CIK als auch von fachlichen Kompetenzen ermöglichen (u.a. Aufenanger, 2017; Baumgartner et al., 2016; Gerick & Eickelmann, 2017; Herzig, 2014; Zierer, 2017). Diesem Desiderat versucht das Projekt zu begegnen.
       
    Im Rahmen des Projekts wird zunächst in Kooperation mit Grundschullehrkräften eine Unterrichtsreihe für Schülerinnen und Schüler des vierten Jahrgangs zum Thema „Verdunstung und Kondensation“ entwickelt, in der auf Tablets ein digitales Forscherheft erstellt wird. Aufgrund heterogener Vorerfahrungen der Lernenden erarbeiten sich diese in einer zusätzlichen Doppelstunde die grundlegenden Funktionen des Tablets anhand eines für das Projekt entwickelten E-Books. Weitere zentrale Bestandteile des Unterrichts sind die Erarbeitung von Regeln für die Dokumentation von Informationen im digitalen Forscherheft sowie die adäquate Verwendung der Kamera-Funktionen.
       
    Zur Evaluation der Unterrichtsreihe wird eine quasi-experimentelle Studie durchgeführt. Dazu werden zwei Experimentalgruppen mit einer Kontrollgruppe in einem Prä-Post-Design verglichen: EG 1 und EG 2 erhalten zunächst die oben genannte technische Einführung in die grundlegenden Funktionen des Tablets und erstellen im daran anschließenden Unterricht ein digitales Forscherheft. Um zu prüfen, ob die Forderung nach einer integrativen Vermittlung von CIK (KMK, 2016) durch den im Projekt entwickelten Unterricht umgesetzt werden kann, erhält EG 2 eine Doppelstunde weniger Zeit für den Unterricht. In der KG wird inhaltsidentisch, jedoch nur mit analogen Medien gearbeitet. Es wird angenommen, dass sich die CIK in EG 1 und EG 2 stärker verbessern als in der KG und dass die EG 1 der EG 2 überlegen ist (EG 1 > EG 2 > KG).
       
    Zur Messung des Fachwissens wird ein Paper-Pencil-Test (Pollmeier, 2015) eingesetzt. Zur überprüfung der CIK wird im Rahmen des Projekts ein Instrument entwickelt, das CIK tabletbasiert erfasst, da diese bei Grundschulkindern bislang lediglich über Selbsteinschätzungen (z.B. Gerick & Eickelmann, 2017) gemessen wurde und sich vor allem anwendungsbasierte Kompetenzen nur computerbasiert valide erfassen lassen (Senkbeil & Ihme, 2014). Das entwickelte Instrument enthält 11 offene, 30 Multiple-Choice- sowie 12 Performanz-Aufgaben, die in einer App auf dem Tablet bearbeitet werden.
       
    Das Projekt wird zudem Aufschlüsse darüber liefern, inwiefern bereits im Grundschulalter Disparitäten hinsichtlich der CIK im o.g. Bereich vorliegen, die durch einen Migrationshintergrund, die soziale Herkunft oder das Geschlecht begründet werden können. Die Erkenntnisse sollen zeigen, ob und inwiefern Risikogruppen besonders gefördert werden müssen, um einer langfristigen Benachteiligung hinsichtlich der CIK als Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts entgegenzuwirken und eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft für alle Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.
         
    Literatur:
    Aufenanger, S. (Hrsg.) (2017). Tablets in Schule und Unterricht. Forschungsmethoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien. Wiesbaden: Springer VS.
    Baumgartner, P., Brandhofer, G., Ebner, M., Gradinger, P. & Korte, M. (2016). Medienkompetenz fördern - Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter.Zugriff am 13.03.2017. https://doi.org/10.17888/nbb2015-2-3
    Bos, W., Eickelmann, B., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K. et al. (Hrsg.). (2014). ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.
    Gerick, J. & Eickelmann, B. (2017). Abschlussbericht im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Evaluation des Projekts „Lernen mit digitalen Medien“ in Schleswig-Holstein. Zugriff am 04.04.2017.
    Heinen, R. & Kerres, M. (2015). Individuelle Förderung mit digitalen Medien. Handlungsfelder für die systematische, lernförderliche Integration digitaler Medien in Schule und Unterricht. In Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Individuell fördern mit digitalen Medien. Chancen, Risiken, Erfolgsfaktoren (S. 95-161). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.
    Herzig, B. (2014). Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht?(Bertelsmann Stiftung, Hrsg.). Verfügbar unter https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/wie-wirksam-sind-digitale-im-unterricht/ 
    Kultusministerkonferenz. (2016). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz(KMK, Hrsg.). Berlin. Zugriff am 28.12.2018. Verfügbar unter https://www.kmk.org/aktuelles/artikelansicht/strategie-bildung-in-der-digitalen-welt.html
    Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. (2014). KIM Studie 2014. Kinder + Medien, Computer + Internet(Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, Hrsg.). 
    Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. (2017). KIM-Studie 2016. Kindheit, Internet, Medien(Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, Hrsg.). Stuttgart. Zugriff am 06.03.2017.
    Pollmeier, J. (2015). Kontextmerkmale und die Bearbeitung von Aufgaben in einem Test naturwissenschaftlicher Kompetenz in der Grundschule. Verfügbar unter https://nbn-resolving.org//urn:nbn:de:hbz:6-38209706140
    Schirra, S. & Peschel, M. (2016). Recherchieren, Dokumentieren und Präsentieren mit kidipedia im Zeitalter von Tablet & Co. In M. Peschel & T. Irion (Hrsg.), Neue Medien in der Grundschule 2.0. Grundlagen - Konzepte - Perspektiven(Beiträge zur Reform der Grundschule, Band 141, S. 235-246). Frankfurt am Main: Grundschulverband e.V.
    Senkbeil, M. & Ihme, J. M. (2014). Wie valide sind Papier-und-Bleistift-Tests zur Erfassung computerbezogener Kompetenzen? Diagnostica, 60(1), 22-34. https://doi.org/10.1026/0012-1924/a000114 
    Zierer, K. (2017). Digitales Lernen. Möglichkeiten und Grenzen einer Digitalisierung im Bildungsbereich. Analysen & Argumente Digitale Gesellschaft. Zugriff am 06.03.2017.
  • Publikationen

    Forschungsartikel (Zeitschriften)

    • Köhn, V., Fricke, K., Todorova, M., & Windt, A. (). Disparitäten bei Grundschulkindern bezüglich computer- und informationsbezogener Kompetenzen im Bereich Produzieren und Präsentieren. Zeitschrift für Grundschulforschung, 1/2020(13), 47–64. doi: 10.1007/s42278-019-00067-2.

    Konferenzbeiträge

    Forschungsartikel in Sammelbänden (Konferenzen)
    • Kasten, V., Fricke, K., Todorova, M., & Windt, A. (). Mit Tablets Fachwissen im Sachunterricht fördern. In Maurer, C. (Hrsg.): Naturwissenschaftliche Bildung als Grundlage für berufliche und gesellschaftliche Teilhabe , S. 922–925. Regensburg: Universität Regensburg.
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