Was macht Entscheiden möglich?
Konferenz des SFB 1150 beleuchtet Ressourcen des Entscheidens aus verschiedenen Perspektiven
Ressourcen des Entscheidens standen im Mittelpunkt einer Konferenz des Sonderforschungsbereichs 1150 „Kulturen des Entscheidens“, die vom 24. bis 26. Mai 2017 in Münster stattfand und an der mehr als 100 Wissenschaftlerinnen teilnahmen. Den öffentlichen Abendvortrag hielt Prof. Dr. Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), über Förderentscheidungen im Wissenschaftssystem. Er ging darin unter anderem auf die Frage ein, wie Entscheidungsprozesse über die Vergabe öffentlicher Fördermittel so ausgestaltet sein können und sollen, dass ihre Ergebnisse als legitim erachtet werden. Prof. Strohschneider ging dabei auch auf die Kritik an den aktuellen Vergabepraktiken ein, verteidigte aber die Verfahren, wie sie im Rahmen der DFG praktiziert werden.
In sechs Panels und neun Sektionen gingen die Teilnehmer der Konferenz in historischer und systematischer Weise nicht nur der Frage nach, wer welche Ressourcen in welcher Weise in Prozessen des Entscheidens einsetzt, sondern es wurde noch grundsätzlicher danach gefragt, welche Ressourcen des Entscheidens überhaupt zur Verfügung stehen, was als relevante Ressource des Entscheidens wahrgenommen wird und inwieweit der Rückgriff auf bestimmte Ressourcen Entscheiden überhaupt erst möglich bzw. wahrscheinlich macht. Dabei wurde aus unterschiedlichen Perspektiven die Ausgangsthese der Konferenz beleuchtet, dass nämlich verschiedene Kulturen des Entscheidens sich sowohl in ihren jeweiligen Repertoires an Ressourcen des Entscheidens unterscheiden, als auch in der Art und Weise, in der diese in kulturell spezifischer Weise in Prozessen des Entscheidens mobilisiert und genutzt werden (können).
Die einzelnen Beiträge, die aus einem breiten geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächerspektrum stammen, beschäftigten sich etwa mit Personalentscheidungen in modernen Unternehmen und am frühneuzeitlichen Hof, mit der Rolle von Gnade und Divinatorik in vormodernen Entscheidungsprozessen, mit Familien- und reproduktiven Entscheidungen oder mit der Repräsentation von Entscheiden und Entscheidensressourcen bei Homer und Goethe.
In vielen Beiträgen wurde auf konkrete materielle und immaterielle Ressourcen des Entscheidens eingegangen und ihre jeweils spezifischen Bedeutungen und Funktionen für Prozesse des Entscheidens untersucht: So referierte die Soziologin Eva Illouz (Jerusalem) etwa darüber, ob emotionale Entscheidungen beispielsweise im Fall von Heiratsentscheidungen wirklich auf Gefühlen basieren oder auch von rationalen Erwägungen geleitet sind. Weiter wurde etwa nach der Rolle von Experten und Expertise für herrschaftliches Entscheiden im Mittelalter wie auch für (atom-)politische Entscheidensprozesse des 20. Jahrhunderts gefragt, nach dem Einsatz materieller und symbolischer Ressourcen wie etwa von Perücken in frühneuzeitlichen und modernen Gerichtsprozessen oder welche Rolle Gewalt wie auch das Reden über Gewalt in unterschiedlichen historisch-gesellschaftlichen Kontexten für (politisches) Entscheiden hat.