(A2-11) Der Einfluss des Platonismus im Kontext der Normbegründung des Deutschen Idealismus und des Naturrechts
Die normativen Grundlagen der Politik werden in den idealistischen Systementwürfen nicht nur im Anschluss an die kantische Theorie der Moralität, des Rechts und der Subjektivität diskutiert, sondern auch im Rückgriff auf antike Modelle der Sittlichkeit, des Guten und der Metaphysik. Dabei orientiert sich der Idealismus insgesamt ebenso wie der Platonismus an einem Einheitsmodell der Philosophie, das keine strikte Differenz zwischen Theorie und Praxis vorsieht.
Für die politische Philosophie des Idealismus bedeutet dies, dass die praktische Aufgabe der Normenbegründung durchgängig auch auf theoretische Grundperspektiven bezogen wird, seien sie nun eher transzendentalphilosophisch und prinzipientheoretisch (Fichte), naturphilosophisch (Schelling) oder dialektisch (Hegel) zu artikulieren. Auch theologische Begründungsfiguren werden in diesem Zusammenhang transformiert.
Das Projekt soll untersuchen, welche Rolle dabei der Rückgriff auf platonische Vorbilder spielt. Unter den idealistischen Autoren wird Hegel im Zentrum stehen. Es ist aber auch beabsichtigt, die platonische Vorgeschichte der idealistischen Konzeptionen zu untersuchen, sofern sie für Entwicklungen im Idealismus von Relevanz ist.
Wichtige Einzelfragen wären etwa die platonischen Voraussetzungen des Naturrechts in der natürlichen Gerechtigkeit, die platonische Begrenzung handelnder Subjekte durch objektive Strukturen der vorhandenen Welt und die theologische Dimension der Normenbegründung aus platonischer Sicht.
Angesichts der durch die Hinwendung zu naturwissenschaftlichen und szientistischen Weltdeutungen ausgelösten Normen- und Sinnkrise sollen die historischen Wurzeln und die systematische Leistungsfähigkeit idealistischer (transzendentaler oder prinzipienbasierter) Begründungsfiguren ausgewiesen und dieser Begründungstyp auf seine systematische Leistungsfähigkeit für die Lösung gegenwärtiger normativer Krisen ausgelotet werden.
Eine enge Kooperation mit den drei Projekten von Bayertz, Quante und Siep, mit denen das Fach Philosophie einen Themenschwerpunkt „Materialismus und Anthropologie als Idealismus- und Religionskritik“ in der Säule Normativität einbringt, ist vorgesehen. In der Kooperation der vier Projekte sollen die verschiedenen Dimensionen der materialistischen und anthropologischen Wende in der Philosophie als Strategien der Säkularisierung herausgearbeitet werden, die in ihrer antireligiösen und antiidealistischen Stoßrichtung gravierende Konsequenzen für die moderne Weltdeutung und für die Reichweite und Grenzen normativer Begründungen in Ethik, Recht und Staat mit sich bringen.
Das Projekt ist Teil der Arbeitsplattform E Differenzierung und Entdifferenzierung und der Koordinierten Projektgruppe Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse.