Wie viel Identitätspolitik braucht unsere Gesellschaft?
Podium des Exzellenzclusters und des Zentrums für Islamische Theologie am 21. April mit Wolfgang Thierse, Mithu M. Sanyal und Andrea Geier – Gespräch über Auswege aus den Konflikten der Identitätspolitik mit Mouhanad Khorchide und Detlef Pollack – Anmeldung zur digitalen Veranstaltung bis 18. April
Pressemitteilung vom 16. April 2021
Wie viel Identitätspolitik braucht unsere Gesellschaft? Das diskutieren Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ am kommenden Mittwoch mit dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der Buchautorin Mithu M. Sanyal und der Literaturwissenschaftlerin Andrea Geier. Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide und der Soziologe Detlef Pollack wollen mit ihnen Auswege aus den sich eigendynamisch verstärkenden Konflikten der Identitätspolitik suchen, wie die Wissenschaftler ankündigten. „Die Anhänger*innen von Identitätspolitik fordern mehr Gerechtigkeit und erwarten von der Gesellschaft, dass sie die Rechte der sozialen Minderheiten garantiert. Für sie fordern sie Anerkennung und Gleichberechtigung“, so Khorchide und Pollack. „Die Gegner*innen der Identitätspolitik meinen hingegen, dass die Einteilung der Gesellschaft in Menschengruppen nach Merkmalen wie Sexualität, Geschlecht, Hautfarbe, Ethnie und Herkunft sowie der Ruf nach ihrer Beachtung nicht primär der Gleichberechtigung, sondern der Bevorzugung dieser Gruppen diene. Kränkungsgefühle würden bewusst instrumentalisiert und als Legitimation von Privilegien eingesetzt. Was allerdings ist hier erlebte Herabsetzung, was Inszenierung und politisches Kalkül?“
Wolfgang Thierse schlägt als Ausweg aus den sich eigendynamisch verstärkenden Konflikten der Identitätspolitik die Rationalisierung emotionaler Betroffenheitsrhetorik vor, den Bezug auf Werte und Argumente, auf die sich zu verständigen möglich sein muss. „Dieser der europäischen Aufklärung verpflichtete Ansatz wirkt auf viele gewiss sympathisch. Doch er berücksichtigt zu wenig, dass gerade der ‚Westen‘ und seine Werte in der Identitätsdebatte hochumstritten sind“, sagen Mouhanad Khorchide und Detlef Pollack. Für viele sei die westliche Dominanzkultur, die mit dem „weißen Mann“ symbolisiert werde, Teil des Problems. Die Podiumsdiskussion über diese Spannungsfelder rund um die Frage danach, wie viel Identitätspolitik unsere Gesellschaft braucht, moderiert der Journalist Meinhard Schmidt-Degenhard. Die Veranstaltung ist Teil des laufenden Themenjahrs „Zugehörigkeit und Abgrenzung“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Die Forschenden aus Geistes- und Sozialwissenschaften erörtern an Fallbeispielen von der Antike bis heute, wie Zugehörigkeiten zu Gruppen und Identitäten entstehen, wie sie Konflikte provozieren und sozialer Ausgleich zustande kommen kann. (sca/vvm)