You Jie
Peter Handkes autobiographische Poetik
Peter Handke ist ein kontroverser und wichtiger Autor in der deutschsprachigen
Gegenwartsliteratur, der die Literaturwissenschaft und -kritik von Anfang an verunsichert hat. Von Anfang an wandte er sich gegen den literarischen Mainstream, indem er beispielsweise das Geschichtenerzählen negierte. Vielmehr konzentriert er sich auf das Erzählen selbst und sucht eine neue Erzählweise. Diese neue Erzählweise soll die ‚wahre‘ Welt ‚wahrhaftig‘ darstellen und neue Blickwinkel eröffnen. Dieses Dissertationsprojekt ist Peter Handkes autobiographischer Poetik gewidmet. Zwar hat Handke keine Autobiographie geschrieben, aber in all seinen Büchern ist das Autobiographische mehr oder weniger spürbar. Offensichtlich ist es die Person, und zwar seine eigene, die für das Erzählte bzw. die Erzählung bürgt. ‚Wahre Empfindung‘, ‚Wirklichkeit‘, ‚Erinnerung‘ und ‚Wiederholung‘ sind Leitkategorien der Handke’schen Poetik, die sich provokativ gegen literarische Traditionen richtet. Mit Hilfe der Kategorie der ‚Autofiktion‘ und ihren unterschiedlichen Bestimmungen untersucht das Projekt drei Texte, Die Hornissen (1966), Die Wiederholung (1986) und Die morawische Nacht (2008). Zwischen diesen Texten liegen jeweils ca. 20 Jahre und die späteren Texte greifen jeweils explizit auf die früheren zurück. Den Analyseschwerpunkt bilden die Techniken und Verfahrensweisen dieser intertextuellen Rückbezüglichkeit und die dabei zum Einsatz kommenden biographisch-autobiographischen Muster. Das Projekt verfolgt die Frage, wie die rückblickende Erzähl- bzw. Erzählergenealogie autobiographische Effekte hervorruft und in welcher Weise das Autobiographische oder das Autofiktionale in Handkes Erzählwerk literarisch produktiv und poetologisch reflexiv wird.
Fach: Neuere Deutsche Literatur
Betreuer/innen: Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf