„Zwischen Revolution und heiligem Kampf: Zur Darstellung des Mahdi und seines Reiches in der deutschsprachigen Literatur und Kultur“ (Working Title)
Im Jahr 1844 wurde Muhammed Ahmed als Sohn eines arabisierten nubischen Bootbauers auf einer kleinen Insel namens Labab bei Dunqula im Norden Sudans geboren. Das Land war damals unter türkisch-ägyptischer Herrschaft, die 1820 begann. Im Jahr 1881 erklärte sich Muhammed Ahmed zum Mahdi, einem in der islamischen Religion erwarteten Nachfolger des Propheten Muhammed, der der Erde und Menschheit Gerechtigkeit zurückbringen würde. Unter einer religiös konservativen, mehrheitlich ungebildeten und von Kolonialherren unterdrückten armen Gesellschaft fand sein Ruf zum Kampf gegen die Ungläubigen, die Kolonisatoren, nämlich die Türken und Ägypter, einen großen Erfolg. Der Aufstand wächst rasch und schnell, die Aufständischen unter ihrem heiligen Führer holen einen Sieg nach dem anderen, bis zum Höhepunkt: am 26. Januar 1885 ist die Hauptstadt Khartum in die Hände der Aufständischen gefallen, der Generalgouverneur des Sudan, der in ganz Europa wohl bekannte General Charles George Gordon wurde getötet, der erste islamische Gottesstaat der Neuzeit wurde gegründet.
Der Fall von Khartum und Tod von Gordon waren ein heißes Thema in Europa, Schriftsteller eilten sich, um über den Mahdi zu schreiben, der in ihren Schriften mal als fanatischer Asket, andersmal als Sozialrevolutionär oder auch Freiheitskämpfer auftrat. Wegen Existenz deutschsprachiger Missionare, Diplomaten, Händler und Offiziere fanden die Geschehnisse im Sudan große Aufmerksamkeit im deutschsprachigen Raum. Von Karl Mai Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit seinem u.a. dreibändigen Werk Im Lande des Mahdi, und den Berichten des österreichischen Missionars Joseph Ohrwalder und Offiziers Rudolf Slatin, die jeweils zehn und zwölf Jahre im Gefängnis des mahadistischen Staates verbrachten und bis zu Walter Püschels Die Trommel des Mahdi vom Jahr 1973. Trotzdem gibt es kaum eine umfassende Studie, die sich wissenschaftlich mit dieser literarischen Verarbeitung auseinandersetzt. Diese Studie geht der Frage nach der Rezeption des Mahdi und seines Reiches in der deutschsprachigen Kultur nach und geht von der Hypothese aus, dass die Darstellung des Mahdi eigener Geschichtsdeutung bzw. von den Autoren vertretenden Ideologien bestimmt wurde.
Die Daten werden von diversen Texten über den Mahdi und sein Reich erhoben und anhand von Ansätzen, die im Bereich der interkulturellen Literatur und Postcolonial Studies, vor allem Edward W. Saids Orientalismus, und basierend auf der ,,dichten Beschreibung‘‘ gemäß dem US-amerikanischen Anthropologen Clifford Geertz gelesen und analysiert. Ansätze der interkulturellen Literatur zur Frage nach ,Fremdem/ Vertrautem‘ und ,Eigenem/ Anderem‘ werden hier zur Untersuchung von eventuellen Vorurteilen und Stereotypen eingesetzt.
Mit Hilfe einer intensiven Forschung und breiter Kontextualisierung zielt die Studie auf eine umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Mahdi-Rezeption in der deutschsprachigen Literatur und damit die Schließung der Forschungslücke, dass dieses Thema, die literarische Verarbeitung von der Mahdi-Rezeption in der deutschsprachigen Kultur, noch nie auf diesem umfassenden Niveau erforscht wurde.