Nichtlineare dynamische Systeme
Unter Dynamik wird in der Physik und anderen Naturwissenschaften Bewegung unter dem Einfluss von Kräften verstanden. Dabei meint „Bewegung“ die zeitliche Veränderung derjenigen Größen, welche den Zustand des betrachteten Systems kennzeichnen; mit „Kräften“ sind alle Einflüsse gemeint, die für die Bewegung ursächlich sind. Ein Bewegungsgesetz, das für ein physikalisches, chemisches, biologisches, … System den Zusammenhang zwischen zeitlicher Zustandsänderung und verursachenden Einflüssen modelliert, wird als dynamisches System bezeichnet. Es wird üblicherweise als Differentialgleichung (z. B. die Newtonsche Bewegungsgleichung oder die Schrödinger-Gleichung) oder als zu iterierende Abbildung (z. B. die logistische Parabel oder die Hufeisenabbildung) formuliert. Die Aufgabe des Dynamikers besteht darin, derartige Bewegungsgesetze aufzustellen und mit Methoden der Analysis, der linearen Algebra, der Differentialgeometrie und -topologie, … sowie der Numerik zu untersuchen.
Unter den dynamischen Systemen stellen die klassischen Hamilton-Systeme eine sowohl für die physikalische Modellbildung als auch für die Erörterung grundlegender Theoriefragen eine besonders wichtige Systemklasse dar. Die betrachteten Modelle reichen von der Himmelsmechanik über Systeme gekoppelter Oszillatoren und die Kreiseldynamik bis hin zu atomaren und molekularen Stoßprozessen. Die grundlegenden Fragen betreffen die enge Verzahnung von regulären und chaotischen Strukturen im Phasenraum dieser Systeme; ferner die qualitative Abhängigkeit des Phasenportraits von den Systemparametern (Bifurkationen). Notwendig (im Allgemeinen nicht hinreichend) für die Komplexität der betrachteten Dynamik ist ihre Nichtlinearität.
Die Bemühungen der Arbeitsgruppe liegen schwerpunktmäßig eher bei den Grundlagen der Theorie Hamiltonscher Systeme, wobei jedoch der Bezug zu realen physikalischen Situationen regelmäßig hergestellt wird. Typische Themen sind:
- Konstruktion und Untersuchung hyperbolischer Systeme; diese weisen sog. „hartes Chaos“ auf; die Dynamik wird hier durch die – ausschließlich instabilen – periodischen Orbits dominiert.
- Diskussion chaotischer Streuprozesse, insbesondere hinsichtlich der Skalierungseigenschaften der fraktalen Stukturen der Streuabbildung; Anwendung auf die Streuung an zeitperiodischen Targets oder an deformierten Zentralpotentialen.
- Analyse der Strukturen und der Transporteigenschaften stochastischer Netze im Phasenraum periodisch angeregter Oszillatoren; hierbei spielt die sog. „Anderson-Lokalisierung“ eine wichtige Rolle.
Darüber hinaus befasst sich die Arbeitsgruppe mit dem Thema Quantenchaos; damit sind die „Spuren“ gemeint, die klassisches Chaos im analogen Quantensystem hinterlässt. Hier werden sowohl gebundene Systeme als auch Streusysteme untersucht (vorwiegend geschlossene bzw. offene dispersive Billard-Systeme). Die Chaosspuren zeigen sich besonders deutlich im Gültigkeitsbereich der semiklassischen Mechanik.
Pressemitteilung (September 2004): Prof. Dr. Peter Eckelt wird 65 Jahre alt