Theorie von Reaktionen in Kern- und Atomphysik
Im Vergleich zu der Behandlung gebundener Zustände von Mehrteilchensystemen ist die mikroskopische Theorie von Reaktionen zwischen komplexen Stoßpartnern und ihre Anwendung in Kern- und Atomphysik noch unterentwickelt. Wesentliche Elemente einer solchen Theorie sind antisymmetrisierte Wellenfunktionen für die Konstituenten (Elektronen, Nukleonen) und deren elementare Zweiteilchenwechselwirkung. Zu dieser Problemstellung werden Variationsverfahren entwickelt und getestet, mit denen sich Reaktionsraten und Zerfallsbreiten metastabiler Zustände direkt berechnen lassen, auch für solche Fälle, in denen die störungstheoretische Methode nicht anwendbar ist. Im Rahmen der Mean-Field-Approximation wählt man für die Variationsfunktionen Slater-Determinanten; Korrelationen zwischen den Teilchen können anschließend durch eine verallgemeinerte Random-Phase-Approximation erfaßt werden. Als typisch nicht-lineare Theorie zeigt die Mean-Field-Methode das Phänomen der spontanen Symmetriebrechung in endlichen Systemen und eröffnet eine Möglichkeit für das Studium chaotischer Bewegung in Quantensystemen. Für die Anwendung solcher Methoden bieten sich Probleme aus Atom- und Kernphysik an:
- Das Studium der Nukleosynthese und der Energieerzeugung in Sternen erfordert eine genaue Kenntnis von Reaktionen geladener Teilchen. Da die experimentellen Daten bei den relevanten (niedrigen!) Energien mit großen Unsicherheiten behaftet sind, hat das theoretische Verständnis dieser Reaktionen eine wichtige Funktion bei der Extrapolation der Daten.
- Für die Berechnung der totalen Zerfallsbreiten von doppelt- angeregten Atomen wie z. B. für Helium bietet die Variationsmethode eine interessante Alternative zu hoch-dimensionalen Diagonalisierungsverfahren.
Ausgewählte Veröffentlichungen:
- Lemm, J.; Weiguny, A.; Giraud, B.G.: Mean field approximation versus exact treatment of collisions in few-body systems, Z. Phys. A 336, 179 (1990)
- Giraud B.G.; Lemm, J.; Weiguny, A.; Wierling, A.: Generator coordinate representations of the time independent mean field theory of collisions, Z. Phys. A 343, 249 (1992)
- Wierling, A.; Giraud, B.G.; Mekideche, F.; Horiuchi, H.; Maruyama, T.; Ohnishi, A.; Lemm, J.; Weiguny, A.: Antisymmetrization of a mean field calculation of the T-matrix, Z. Phys. A 348, 153 (1994)
- Lemm, J.C.; Giraud, B.G.; Weiguny, A.: Beyond the time-independent mean field theory for nuclear and atomic reactions: Inclusion of particle-hole correlations in a generalized random phase approximation, Phys. Rev. Lett. 73 (1994) 420
Pressemitteilung (Mai 2000): Prof. Dr. Achim Weiguny wird 65
Laudatio zu Prof. A. Weigunys Emeritierung aus: Few-Body Systems 29 (2000) 3