Chemische Prä-Lithiierung gleicht Kapazitätsverlust in Lithium-Ionen-Batterien aus
Lithium-Ionen-Batterien (LIB) gelten aktuell als die vielversprechendste Form und als Stand der Technik der elektrochemischen Energiespeichersysteme. Aus Sicht der E-Mobilität, muss ihre spezifische Energie und Energiedichte weiter erhöht werden. Eine Forschungsgruppe des Frontier Research Laboratory von LG Energy Solutions in Münster – eine Kooperation des MEET Batterieforschungszentrums, des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich und des Advanced Cell Research Center (LG Energy Solution) − hat nun die Wirkung bei der chemischen Prä-Lithiierung von Siliziumanoden in LIB-Zellen systematisch untersucht. Silizium gilt derzeit als „Material der nächsten Generation“ für den Einsatz als negative Elektrode, da es eine höhere spezifische und volumetrische Kapazität aufweist als die herkömmliche Anode Graphit. Ein noch ungelöstes Problem bei der Verwendung des Halbmetalls ist jedoch die starke Volumenänderung von bis zu 280 % während der (De-)lithiierung des Siliziums. Dadurch kommt es zur Fragmentierung der Siliziumpartikel und damit einhergehend zur fortlaufenden Zersetzung des Elektrolyten und zur kontinuierlichen Neubildung der Passivierungsschicht, der sogenannten Solid Electrolyte Interphase (SEI). Die Lebensdauer der Batterie wird so aufgrund von kontinuierlichen Lithium- und Kapazitätsverlusten erheblich verkürzt.
Chemische Prä-Lithiierung als praktischer Lösungsansatz
In ihrer Studie haben die Wissenschaftler*innen den Einsatz einer Lithium-Aren-Komplex-Lösung untersucht, mit der der aktive Lithiumverlust bereits im Herstellungsprozess der LIB-Zelle kompensiert wird. „Dieses Verfahren, bei dem das Silizium in die Lösung getaucht wird, gilt als ein aussichtsreicher Ansatz, um die Kapazitätsverluste zu kompensieren und dabei den Lithiierungsgrad und die homogene Lithium-Verteilung zu kontrollieren. Zudem ist es technisch vergleichsweise einfach umzusetzen“, erläutert MEET Wissenschaftler Lars Frankenstein die Untersuchungsreihe. „In unseren Versuchen haben wir uns auf extreme Bedingungen fokussiert, um Schlussfolgerungen zu chemischen Einschränkungen ziehen zu können und Einblicke in das Zusammenspiel der verschiedenen Parameter zu gewinnen“, so Frankenstein weiter. Die Wissenschaftler*innen konnten so etwa analysieren, dass sich nicht nur der Grad der Prä-Lithiierung, sondern auch die dabei herrschenden Bedingungen wie Zeit und Temperatur auf die Performanz der Zelle auswirken. Eine Herausforderung ist jedoch noch die Reaktivität der Lösung, insbesondere ihre chemische Instabilität, sowie ihre Fähigkeit, Lösungs- und Bindemittel zu zersetzen. Die Forscher*innen konnten aber passende Lösungs- und Bindemittel demonstrieren, um die chemische Prä-Lithiierung im Labormaßstab effektiv einzuführen. Somit bleibt die chemische Prä-Lithiierung im Labormaßstab zwar theoretisch vielversprechend und einfach umzusetzen, in ihrer praktischen Anwendung und Skalierung jedoch noch herausfordernd.
Komplette Studie online frei verfügbar
Die detaillierten Ergebnisse ihrer Studie haben die Autor*innen Lars Frankenstein, Christoph Peschel, Dr. Lukas Stolz, Dr. Aurora Gomez-Martin, Dr. Tobias Placke, Dr. Johannes Kasnatscheew (MEET Batterie-forschungszentrum) sowie Hyuck Hur (Advanced Cell Research Center, LG Energy Solution), Marvin Mohrhardt (Helmholtz-Institut Münster) und Prof. Dr. Martin Winter (MEET Batterieforschungszentrum und Helmholtz-Institut Münster) im Fachmagazin "Advanced Energy & Sustainability Research“ veröffentlicht.