Ernst Robert Curtius sur Aragon
(1925)
[...] Aber Aragon zu lesen - das allerdings gehört für mich zu den intellektuellen Genüssen, mit denen uns die moderne Literatur nicht verwöhnt. Denn während die literarischen Moden vergehen, besitzt Aragon das, was allen Wechsel der Generationsstandpunkte überdauert: ein originelles Temperament, Charme, Phantasie, Anmut und einen Stil von schneidender Eleganz. Bei der ersten Begegnung mit seinen Büchern spürt man das undefinierbare Fluidum der starken und echten Begabung. Und man weiß: dieser Name wird bleiben.
Wenn man das Bedürfnis dazu verspürt, kann man Aragon Zynismus und Affektation vorwerfen. Er wird viele Leser empören, und das will er auch. Er ist das enfant terrible der jüngsten französischen Literatur. Zwei Elementartriebe der Jugend brechen leidenschaftlich in seinen Büchern aus: das Bedürfnis, zu zerstören und der fleischliche Liebeshunger. Es sind dieselben Explosivstoffe wie bei Rimbaud. Und, wie bei Rimbaud, die Wollust des Schimpfens. Aber dahinter ein geheimes, schmerzliches Suchen. [...]
Ernst Robert Curtius, 1925
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