Laufende Forschungsprojekte
The Evolution of the Passover Haggadah as an Independent Book Genre (13th–17th Centuries)
DFG Sachmittelprojekt KO 5639/2-1Projektleitung: Katrin Kogman-Appel; DFG Sachmittelprojekt KO 5639/2-1
Oktober 2021–September 2024
Beschreibung:
The precept to celebrate Passover every spring in commemoration of the liberation of Israel from Egypt is biblical (Exod. 12 and 13:6–8): a lamb is to be slaughtered and consumed; no leavened bread is to be eaten for seven days; and every father is obliged to tell his son about “what the Lord did for me, when I went free from Egypt.” The last implies that the performance of the ritual involves a significant didactic element, and a liturgical text was compiled toward this goal. Known as the haggadah, it was to be recited during a family-based ritual meal on the eve of the Passover holiday
The project explores the emergence of the Passover haggadah as an individually bound, often illustrated book. Its results will offer a chapter in the social and cultural history of the Jewish book. As a statutory prayer, the haggadah text was originally included in the general prayer book, the siddur, and occasionally also in the mahzor, the festival prayer book. However, when one opens a modern Jewish prayer book, one observes that the haggadah is no longer part of it. Pursuing a material approach to the book as an object, the project will shed light on the social and cultural processes that determined the detachment of the haggadah (often as an illuminated codex) from the general prayer book, which has come to be understood as a long-term evolution between the 13th and the 17th century rather than a sudden phenomenon as was the former belief. It will illuminate the social and cultural factors that determined the handling of ritual books within the various Jewish societies (Central Europe, Italy, Iberia, and the Middle East) in an age of transition and migration.
Expected outcome: Monograph by the PI under the above title
Rhetorische Strategien in jüdischen und islamischen Rechtstexten
Sonderforschungsbereich 1385 "Recht und Literatur", Teilprojekt B04Teilprojektleitung: Prof. Dr. Regina Grundmann, Prof. Dr. Norbert Oberauer
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Sehra El-Khodary, Dr. Nicola Kramp-Seidel
Das Teilprojekt zielt auf einen Vergleich von islamischer Fatwa- und jüdischer Responsa-Literatur. Diese beiden literarischen Genres stellen bis zu einem gewissen Grade funktionale Pendants dar: In beiden Fällen handelt es sich um Stellungnahmen von Gelehrten zu primär rechtlichen und ritualgesetzlichen Problemen, die von Laien, Gerichten oder anderen Gelehrten an sie herangetragen werden. Das Erteilen von Fatwas geht bis in die Frühzeit des Islam zurück und die jüdische Responsa-Literatur weist eine Geschichte von mehr als 1300 Jahren auf. In beiden religiösen Traditionen entstanden mit der Zeit Sammlungen von Fatwas bzw. Responsa und es wurden in unterschiedlichem Umfang auch Empfehlungen für das Verfassen solcher Rechtsgutachten gegeben.
Der geplante Vergleich bezieht sich nicht auf die juristische, sondern primär auf die literarische Dimension dieser Rechtstexte. Wir fragen nach den rhetorischen Strategien, welche die Verfasser von Fatwas und Responsa entwickelt haben, um Autorität zu generieren. Dazu gehören stilistische und sprachliche Mittel ebenso wie spezifische Argumentationsformen, aber auch Formen der Intertextualität, etwa in Gestalt von Zitaten und anderen autoritätsstiftenden Verweisen. Darüber hinaus interessieren uns auch außersprachliche Aspekte der Performanz wie etwa Verhaltensnormen bei der Kommunikation zwischen Laien und Gelehrten.
Wir gehen davon aus, dass Umfang und Art der verwendeten Strategien maßgeblich durch institutionelle Rahmenbedingungen der jeweiligen Rechtsdiskurse geprägt sind. Wichtige Rahmenfaktoren könnten z.B. die Existenz von Rechtsschulen oder von (anderen) hierarchischen Strukturen innerhalb des Diskurses sein, wie auch das Verhältnis zwischen Gelehrten und staatlicher Macht oder die Strukturen religiöser Wissensproduktion. Ein weiterer entscheidender Faktor dürfte der hermeneutische Umgang mit Rechtsquellen sein. Diese Rahmenfaktoren sind in der jüdischen und islamischen Tradition nicht identisch, weshalb wir annehmen, dass sich in ihnen teilweise unterschiedliche rhetorische Strategien herausgebildet haben. Es gilt aber für beide Traditionen, dass die genannten Rahmenfaktoren keine Konstante darstellen, sondern seit je her durch geographische Unterschiede und historische Wandlungsprozesse geprägt sind. Zum jüdisch-islamischen Vergleich treten daher im Teilprojekt auch räumliche und diachrone Vergleichsperspektiven hinzu. Insbesondere wollen wir untersuchen, wie sich rhetorische Strategien mit dem Übergang zur Moderne verändert haben, denn mit ihr haben sich die oben angesprochenen Rahmenfaktoren in besonders signifikanter Weise verschoben. Durch diesen Fokus will das Teilprojekt zugleich eine weiterführende Perspektive für die zweite und dritte Förderphase erschließen. Mit der Moderne gewinnen sowohl die Globalisierung als auch die Entstehung neuer Medien eine zentrale Bedeutung für die Produktion von Fatwas. Im Judentum haben sich in der Moderne in verschiedenen jüdischen Zentren neue Genres etabliert, die zum Teil eine Nähe zu der Responsaliteratur aufweisen bzw. in denen über die Halacha reflektiert wird.Mit dem Projekt verfolgen wir einen in doppelter Hinsicht neuen Forschungsansatz in Judaistik und Islamwissenschaft: Innovativ ist zum einen der systematische Fokus auf die literarische Dimension von Fatwas und Responsa, die bislang fast ausschließlich auf ihre rechtlichen oder institutionellen Aspekte hin untersucht wurden. Innovativ ist weiterhin der komparative Ansatz des Projekts, der ein multipler ist: Wir vergleichen rechtliche Literaturproduktion in unterschiedlichen Epochen und Regionen, die zudem durch unterschiedliche religiöse Traditionen bestimmt sind. Durch diesen breit angelegten Vergleich erhoffen wir uns neue Erkenntnisse darüber, wie institutionelle, politische, technische, kulturelle und andere Rahmenfaktoren die literarische Gestaltung von Rechtstexten beeinflussen.
Polemik, Gesellschafts- und Religionskritik in Talmudparodien des 19. bis 21. Jahrhunderts
Exzellenzcluster Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation, Projekt C3-6Beteiligte Personen: Professor Dr. Regina Grundmann, Maria Teresa Hartmann, M.A.
Projektbeschreibung:
Parodien des babylonischen Talmuds, des monumentalen Hauptwerks des rabbinischen Judentums, zeichnen sich durch eine komplexe Überlagerung von religiösen und nichtreligiösen Diskursen, von Tradition und Innovation, Normativität und Kreativität, Geschichte und Aktualität aus. Die Texte parodieren ihre Vorlage, den babylonischen Talmud, oftmals bis ins kleinste Detail in formaler, sprachlicher, inhaltlicher und hermeneutischer Hinsicht. Seit dem 19. Jahrhundert wird das Genre der Talmudparodien insbesondere für politische Themen, Gesellschaftskritik und -satire, Religionskritik und innerjüdische Polemik genutzt. Die thematische Spannbreite der ab dem 19. Jahrhundert verfassten Parodien in Form und Stil des Talmuds ist äußert groß: Überliefert sind u.a. Parodien über die Lebensumstände der jüdischen Bevölkerung im zaristischen Russland, über das Leben jüdischer Immigranten in den USA, über die amerikanische Gesellschaft zur Zeit der Prohibition sowie gegen den Chassidismus und das Reformjudentum gerichtete Parodien. Das Projekt untersucht die religions- und kulturgeschichtliche Bedeutung dieser Parodien, ihre gesellschaftlichen und politischen Funktionen, ihr Verhältnis zur rabbinischen Tradition sowie den Zusammenhang zwischen Polemik, Gesellschafts- und Religionskritik.Religious Buildings Change their Identity: Iberia 711–1609
Exzellenzcluster Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation, Projekt A3-6Beteiligte Personen: Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel, Franziska Kleybolte, M.A.
In the course of Iberia’s political history religious buildings frequently changed hands. Most often these buildings were not destroyed, but, rather, appropriated. These acts transported conquerors and conquered, majority and minority of different religious background from a zone of political conflict into one of cultural confrontation. Such appropriations most commonly followed conquests, acts of religious persecution, expulsions of either the Jewish or the Muslim minority, and as a by-product of forced baptism among large groups of population. While the appropriation of religious buildings occurred under a variety of circumstances, modern art historians and archeologists so far attended primarily to the material aspects and the physical changes these buildings underwent. The cluster project is dedicated to synagogues that passed into the hands of Christian organizations. The focus will, however, not be put on physical change, but, rather, on the cultural aspects of these appropriations. For several decades now, the historical discourse on religious minorities in Iberia is governed by the so-called “Convivencia” controversy. Recent scholarship addresses the tensions, conflicts and modes of co-existence of the divers religious groups in attempts to contextualize them in the political, theological, social, and cultural developments of the period. Whether pregnant with tension or not, these groups were entangled with each other to varying degrees. Thus, the appropriation of religious buildings is a visible marker of the extent of such processes. While expulsions and the following appropriation of buildings were often a clear symptom of disentanglement, several of these structures changed hands already prior to the expulsions of the minorities in the late fifteenth (the Jews) or the early seventeenth century (the Muslims), while the different groups were still intensely entangled.
From Manuscript to Printing Press: The Illustrated Book in Jewish Culture (Fourteenth–Sixteenth Centuries)
Alexander von Humboldt ProfessurProjektleiterin: Katrin Kogman-Appel, gefördert von der Alexander von Humboldt Professur (2015–2022)
From the moment the idea of multiple reproduction began to occupy the minds of makers of books in the fourteenth century, the manuscript and the printed book entered into a complex relationship. Over some centuries these two media co-existed and their ways often crossed. The project examines the cultural, religious, social and economic background of illustrated Hebrew books in Europe during this crucial period in the history of the book. First changes in the culture of books occurred since the late fourteenth century in the German Lands in the style and techniques of illustration, changes that appear to be a by-product of the emergence of print culture. These changes, observable also in vernacular and Latin book history, reflect the economic and social developments that ultimately led to the printing press. The project will identify these changes as they can be observed specifically in Hebrew manuscripts, compare them to similar processes in non-Jewish book production, and examine them against the background of social and economic developments during that period within the different Jewish communities.
The Visual in the Medieval Jewish World: Perspectives from Art History, Literary History, and Social History
Alexander von Humboldt ProfessurProjektleiterin: Katrin Kogman-Appel, gefördert von der Alexander von Humboldt Professur (2015–2022)
The project examines medieval Jewish textual evidence about visuality, visualization, and different functions of the visual in various contexts: halakhah, magic, science. The project aims at analyzing findings from various sources in an interdisciplinary, integrative approach against the background of methodologies applied in the research of acculturation and cultural exchange in the field of social history and historical anthropology.