Verleihung der Ehrendoktorwürde an den Dalai Lama
Der Dalai Lama, im indischen Exil lebendes geistliches und politisches Oberhaupt der Tibeter, wird Ehrendoktor der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Der Fachbereich Chemie und Pharmazie der WWU zeichnet den Friedensnobelpreisträger am 20. September 2007 im Schloss zu Münster mit der Ehrenpromotion in Naturwissenschaften aus. Die Veranstaltung findet mit geladenen Gästen statt. Es ist der erste Ehrendoktor einer deutschen Hochschule für den Dalai Lama und der erste aus dem Bereich Naturwissenschaften.
Mit der selten verliehenen Auszeichnung will die Universität die besonderen Verdienste des Dalai Lama bei der Verbindung von Religion und Wissenschaft, insbesondere auch der Naturwissenschaften, würdigen. Der münstersche Biochemiker Prof. Dr. Hans-Joachim Galla weist auf das bereits mit dem Friedensnobelpreis und zahlreichen weiteren Preisen und Ehrungen in aller Welt bedachte Engagement des Dalai Lama für Weltfrieden, Gewaltfreiheit und Harmonie zwischen den Religionen hin. Sein wesentliches Verdienst für die Verleihung des Ehrendoktors in den Naturwissenschaften liege aber in der Anerkennung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse für die Religion: "Es war der Dalai Lama, der erstmals durch Neuinterpretation der Schriften von der dogmatischen buddhistischen Lehre abwich und forderte, dass auch in einer Religion die Bereitschaft, sich von lange gehegten allgemeinen Ansichten zu trennen, vorherrschen muss".
Der münstersche Theologe und Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf kommt zu dem Ergebnis, der Dalai Lama habe als bedeutender Religionsführer die Autonomie naturwissenschaftlicher Erkenntnisse in geradezu einmaliger Weise anerkannt: "Er steht für Dialog, für Humanität, für Toleranz, für Frieden und Versöhnung - nicht zuletzt, weil er eine tiefe religiöse Überzeugung und spirituell-meditative Versicherung mit naturwissenschaftlichen Einsichten verbindet - und damit die Zerrissenheit einer ganzen Generation zwischen Glauben und Wissen, zwischen Religion und Wissenschaft in seiner Person aufhebt und so zu einem Hoffnungszeichen in einer Welt wird, die diese Einsicht in allen Bereichen dringend braucht".
Der Dalai Lama hält seit vielen Jahren enge persönliche Kontakte zu Wissenschaftlern, insbesondere auch zu Naturwissenschaftlern in aller Welt, darunter auch zu dem an der Universität Münster tätigen Chemiker Prof. Dr. Jan Andersson, und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gemeinsamkeiten zwischen Naturwissenschaften und Religion, speziell dem Tibetischen Buddhismus, zu entdecken. Zu diesen Gemeinsamkeiten gehört ganz wesentlich eine undogmatische und offene Geisteshaltung, die es erlaubt, ja sogar fordert, Tatbestände und Zusammenhänge kritisch zu hinterfragen und neu zu überdenken. Im Dialog zwischen Religion und Wissenschaft wünscht sich der Dalai Lama aber auch von der Wissenschaft eine Offenheit für Ideen außerhalb des eigenen Erkenntnishorizonts, vor allem aber ein ethisches Bewusstsein des eigenen Handelns.
Aus dieser Grundüberzeugung heraus unterstützte der Dalai Lama die Einführung naturwissenschaftlicher Fächer in die Ausbildung an buddhistischen Klöstern. In seinem indischen Exil Dharamsala organisiert er regelmäßig alle zwei Jahre wissenschaftliche Konferenzen zum Thema "Mind and Life" und führt dabei regelmäßig intensive Gespräche mit Naturwissenschaftlern, Medizinern und anderen Forschern. Die erste Konferenz fand bereits im Jahr 1987 statt, zwei Jahr vor der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn.
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