ORIGENES UND SEINE BEDEUTUNG
Origenes (185–253/54) ist der erste christliche Theologe, der sich auf intellektuell höchstem Niveau an den theologischen, philosophischen, religiösen und gesellschaftlich-politischen Debatten seiner Zeit beteiligte. Mit seinem akademischen Denkstil und mit seinen originellen Gedanken zu so zentralen Themen wie Freiheit, Geschichte und Gerechtigkeit hat er Maßstäbe gesetzt, die – ungeachtet der postumen kirchlich-offiziellen Verketzerung seines Denkens – die christliche Theologie und über diese hinaus die Geistesgeschichte späterer Jahrhunderte umfassend und tiefgreifend geprägt haben. Die Geschichte des Christentums in der Spätantike und damit einhergehend der kulturelle Wandel dieser Epoche, der die östliche wie die westliche Welt des mediterranen und europäischen Raumes bis heute nachhaltig prägt, sind ohne die Impulse aus dem Denken des Universalgelehrten Origenes nicht zu verstehen. Mit seinem Ethos dialogischer Wahrheitsfindung, das auffällig dem kommunikativ-diskursiven Stil gegenwärtigen wissenschaftlichen Forschens und Lehrens entspricht, und mit einem prinzipiell und konsequent gewaltfreien Konzept christlicher Universalität und einer damit kombinierten Staats- und Gesellschaftstheorie gehört Origenes zu den attraktivsten historischen Gesprächspartnern für aktuelle religiös-kulturelle und theologische Probleme.